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Rosenkranz und Güldenstern sind tot

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10.10.2006
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Rosenkranz und Güldenstern sind tot

„Lass los. Gib auf.“

Bruno schreckte aus dem Traum hoch und schlug sich den Kopf an. Tränen schossen ihm in die Augen, sein Kopf vibrierte nach wie ein geschlagener Gong. Er quälte sich aus dem Bett und sprang nach unten. Der Schlafsaal war schon verlassen, wieder war er zu spät dran, so würde er nie befördert werden.
Grob strich er sein Betttuch glatt, der einzige Vorteil, wenn man eine Mittelkoje besaß. Bei der Unterkoje musste man sich bücken, bei der Oberkoje strecken. Trotzdem stand ihm bei seiner Dienstzeit schon lange eine Oberkoje zu. Aber dieser verdammte Pfeifenköber wollte ja einfach nicht verschwinden.
Bruno zog die Uniform an, setzte das rote Barett auf und schnürte die Stiefel eilig zu. Seine Zunge schmeckte nach Fell, als wäre ihm in der Nacht eine Raupe in den Mund gekrochen und verendet. Bruno warf sich einen Kaugummi ein, der nach nichts schmeckte, und stopfte die Taschen seiner Jacke mit Klebeband voll.

Auf dem Gang musste er blinzeln, die Helligkeit der Lampen war bereits auf Neun Uhr gedreht, während die im Schlafsaal konstant Mitternacht simulierten.
Der Gang war – eine Seltenheit für den Komplex - breit genug, zwei Personen zu gestatten, nebeneinander zu laufen. Auch dem eher stattlichen Bruno war es so möglich, entgegenkommenden Kollegen auszuweichen. Bei Kolleginnen verhielt es sich anders. Sein Gewicht und der Raum, den sein Körper beanspruchte, passten sich ganz wie von selbst der Brustgröße entgegenkommender Frauen an. Nur ranggleichen oder rangniedrigeren gegenüber selbstverständlich.
„Guten Tag, Tanja“, ging es, und „Wünsche wohl geruht zu haben, Kichiro.“ Wobei er Kichiro, mit deren Namen Bruno ohnehin seine liebe Mühe hatte, durchaus fast unangetastet passieren ließ, Tanja jedoch zwang, sich dicht an ihm vorbeizupressen. „Tut mir leid, Tanja!“, warf er noch hinterher. „Der Hackbraten war einfach zu gut!“ Was selbstverständlich eine glatte Lüge war. Bei dem Essen für die Mannschaftsdienstgrade, das wusste jeder, sparte man an Geschmackssubstanzen. Aber Offiziere, so erzählte man sich, speisten mit Geschmack.
Bruno leckte über seine Lippen, während er sich dicht an die Wand drückte, um einen dicken Oberen vorbeizulassen. Geschmack, davon hatte er früher geträumt. Ein saftiges Steak mit einer blutroten Chilli-Sauce. Und jetzt träumte er furchtbar.
Der Dienst begann und er war zu spät, so würde er nie befördert werden.

Im Saal, dem größten aller Zimmer des Komplexes, standen etwa fünfzehn Leute dichtgedrängt vor dem Lageplan, auch Bruno versuchte, einen Blick darauf zu erhaschen. Die unterste Ebene, so hörte er mehr, als er sah, war mal wieder verloren, dafür waren oben zwei neue Ebenen erschlossen worden. Drei Abgänge seien gestern verzeichnet worden und vier Zugänge. Ein guter Tag also.

„Du kommst schon wieder zu spät“, sagte Pfeifenköber, der hinter seinem winzigen Schreibtisch wie ein Stier wirkte, obwohl er im Vergleich zu Bruno eher ein Kälbchen war. „Sind schon alle unterwegs.“
„Willst du einen Kaugummi?“, fragte Bruno und kramte in den Taschen seiner Hose.
„Das bringt dir jetzt auch nichts mehr, du gehst runter.“
„Alleine?“, fragte Bruno.
„Neuer! Komm doch mal rein. Hey, Neuer!“
„Mein Name ist Gülden-“, hörte er zaghaft eine Stimme von draußen.
„Du heißt Neuer!“, schrie Pfeifenköber. „Denkst du, ich will mir den Namen von jeder Eintagsfliege merken? Wenn du in zwei Wochen noch da bist, denk ich noch mal drüber nach!“
„Runter?“, fragte Bruno.
Pfeifenköber stieß ein bedrohliches Schnauben aus, so schnarchte der Kerl auch nachts.
„Tief runter.“

„Stern“, quiekte die Stimme in seinem Nacken, während Bruno Wendeltreppen nach unten stieg. „Ich bin froh, Ihre Bekanntschaft zu machen, wie ist denn Ihr Name, wenn man fragen darf?“
„Klebeband“, sagte Bruno. „Immer genug Klebeband am Mann haben, das ist das Wichtigste, Neuer.“
Die Luft wurde dicker und muffiger, je tiefer er hinunterstieg. Früher hatte ihn das an Pfeifentabak erinnert, als er noch gewusst hatte, wie Pfeifentabak roch. Die Oberen, erzählte man sich, rauchten noch. Pfeifenköber behauptete das öfter.

Güldenstern kroch auf allen Vieren dem massigen Hinterteil Brunos hinterher. Ab und an furzte der, Güldenstern sah es an seiner Hose, sie flatterte kurz und heftig, aber gottlob roch er nichts.
„Wir sollen hier Lecks ausbessern?“, fragte Güldenstern.
Der Rücken seines Vordermannes krachte gegen die Decke des schmalen Gangs, doch er antwortete nicht.
Güldensterns Handgelenke schmerzten, die Luft war modrig, das Holz knirschte. Seine Handflächen brannten schon lange, wahrscheinlich hatte er Splitter gezogen.

In der trüben Dunkelheit des Gangs war es Bruno, als ob er schliefe. Ein traumloser Schlaf, fast traumlos. Manchmal hörte er noch das Rauschen der Wellen und fühlte seine Zehen, die sich in den warmen Sand bohrten. Oder er spürte den Hauch eines Kusses in seinem Ohr. Traumlos, dachte Bruno. Es ist ein traumloser Gang, ich muss damit aufhören. Ich werd noch zum Philosophen, die schaffen es nie bis zum Offizier. Bruno krabbelte weiter.

Als das Hinterteil seines Vordermannes endlich verschwand, jubilierte Güldensterns Nase. Phantomgerüche, dachte er.
Nun halbwegs aufrecht gingen sie zwar immer noch hintereinander, aber wenigstens war Güldensterns Nase nun auf einer Höhe mit dem Hinterkopf seines Vordermanns. Im Halbdunkel öffnete der eine Stahltür zu einem kleinen Spalt, wartete bis sich Güldenstern hindurchgequetscht hatte, presste sich dann selbst hindurch und machte: „Hmmm. Glück gehabt.“
„Bitte?“, fragte Güldenstern, während Bruno die Tür schloss.
„Kann manchmal sein, dass sie hier schon warten“, murrte Bruno. „Da ist das Leck, geh mal ausbessern. Ich halte so lange Wache.“
„Wo denn?“, fragte Güldenstern.
„Na dort hinten. Du hast doch genug Klebeband mit, oder? Klebeband ist das Wichtigste.“
Güldenstern ging ein paar Schritte in den Raum hinein, viel mehr als ein Gang war es auch hier nicht. Holz an den Wänden, Holz an der Decke, modriges Holz. Er massierte seine Handgelenke, einen Splitter hatte er sich nicht gezogen.
„Du wirst schon auf die Knie gehen müssen, Neuer.“
Und da war das Leck, tatsächlich, ein Spalt im Holz, so groß wie der Schlitz in einem Getränkeautomaten.
„Du musst viel Klebeband nehmen, echt viel“, brummte Bruno hinter ihm.

Bruno schob sich einen Kaugummi rein und lehnte sich gegen die Wand. Er gähnte und hielt sich dann die Hand vor den Mund. Obere konnten frei wählen unter allen Frauen, erzählte man sich. Diese Kichiro … es wäre schön, mal wieder etwas Warmes neben sich zu haben. Ihnen war der Kontakt mit den weiblichen Kameraden ja untersagt.
Eine Stimme drang zart an Brunos Ohr. Ein Säuseln nur, begleitet von Meeresrauschen. „Lass los!“, säuselte die Stimme, und „Gib auf!“
Bruno öffnete die Augen.

Güldenstern hatte das Klebeband neben sich auf den Boden gelegt und starrte durch den Schlitz nach draußen. Es war dunkel da, eine monddunkle, aber sternenhelle Nacht.
„Scheiße, Neuer! Was zum Teufel machst du da?“
Etwas klatschte von Außen gegen die Wand.
„Dreck, Dreck, Dreck! Komm da weg!“, schrie Bruno.
Ein filigraner Duft zwängte sich durch den Schlitz.
„Nimm das Klebeband! Verdammt noch mal!“
Er umwehte Güldensterns Nase, liebkoste ihn freundlich. Er spürte eine harte Hand an seiner Schulter und blickte in Brunos rotes Gesicht: „Weg da! Komm!“
Die Hand zerrte an ihm, der Duft noch mehr. Güldenstern fühlte sich leicht und machte sich ganz schwer.
Er dachte an den Strand, an warmen heißen Sand, und an das Rauschen des Meeres.

Scheiß Tür, geh doch endlich auf! Hinter sich hörte er das Rauschen des Meeres, Bruno wagte nicht, über die Schulter zu sehen. Er zerrte und zog an der Stahltür herum, „Lass los“, hörte er in seinem Rücken, da riss er endlich die Tür auf, zwängte sich hindurch – ein Duft strich um seine Nase – und er warf die Tür hinter sich zu, drückte seinen Rücken mit aller Gewalt dagegen und sank nach unten.

„Diese Neuen“, sagte Pfeifenköber. „Kaugummi?“
Bruno stand vor Pfeifenköbers winzigem Schreibtisch und starrte auf den Kaugummi.
„Nein“, sagte Bruno.
„Man hat nach mir gefragt“, sagte Pfeifenköber. „Ich glaub, jemandem da ganz oben ist aufgefallen, wie gut wir uns hier halten.“ Er zeigte mit einem Finger an die Decke.
„So?“, fragte Bruno.
Pfeifenköber stand aus seinem Stuhl auf, zwängte sich um den Tisch herum, hinter Bruno und sagte: „Nimm doch schon mal Platz. Noch ein, zwei Wochen, dann könnte das deiner sein.“
„Und die Oberkoje auch?“, fragte Bruno und schob sich einen Kaugummi in den Mund.
Pfeifenköber tat es ihm gleich. „Die Oberkoje auch.“
Bruno setzte sich. Der Kaugummi schmeckte nach nichts.

Güldenstern betrachtete seine nackten Zehen im Sand und schob träge den Fuß hin und her, vielleicht konnte er irgendwann mal ein Muster formen. Die Sonne brannte ihm den Bauch und das Rauschen der Wellen umhüllte ihn wie eine Mutter.
Eine Frau mit braunem Haar und bronzenem Körper lag neben ihm und nippte an einem Cocktail mit Schirmchen.
„Kenn ich Sie?“, fragte Güldenstern.
Die Frau nickte und machte ein leises, süßes Geräusch der Bestätigung.
Güldenstern lehnte sich zurück und dachte an Bruno und an andere Dinge, aus denen vor ein paar Stunden noch seine Welt bestanden hatte.
„Manche müssen einfach immer kämpfen“, sagte die Frau neben ihm und zeigte in den klaren Himmel nach oben. Güldenstern folgte ihrem Blick. Nach oben in den Himmel, hinaus ins schwarze, kalte All. Und da war der graue Gebäudekomplex mitten im Nichts. Wurmstichiges, kaltes Holz. Fensterloses Land.

 

Hey Quinn!

Das ist schön. Sehr absurd und wahr, genau die richtige Mischung dazwischen, regt zum Nachdenken an und wirkt. Sehr schön fand ich den Plot, die Charaktere hätte man ein wenig ausbauen können, nur ein bisschen plastischer darstellen, das hätte, denke ich, nicht geschadet.

Mir hats also gefallen.

Ein traumloser Schlaf, fast traumlos.

Der träumt aber viel nicht.

Schöne Grüße,

yours

 

Hey Quinn!

Ehm, ich hab diesen Film nicht gesehen, ich wusste nicht mal, dass das ein Film ist, ursprünglich ein Theaterstück, blabla. Shakespeare habe ich gelesen, Hamlet liebe ich, aber hat ja alles nix damit zu tun. Und deine GEschichte ist ja auch nur eine Kopie einer Kopie einer Kopie. Von daher hats nix mit Shakespeare und Hamlet zu tun.
Das Bild am Ende ist echt schön, du willst es wahrscheinlich nicht hören, aber es ging in Richtung Fantasy und es hat mich an den Zeichentrickfilm "Das wandelnde SChloss" erinnert, also nur das Bild. ;)
Den Namen Bruno finde ich lächerlich. So heißen doch Kleinganoven. ;D
Keine Ahnung wie ich die Geschichte finden soll, erstmal muss ich sie kapieren. Vielleicht ein zweites Mal lesen, bin aber gerade zu müde, um ein zweites Mal zu lesen.
Also, ich bin mir sicher, du willst uns was Interessantes erzählen, aber ich muss es erst durchblicken, bis ich es interessant finde, bis dahin, weißt du nur, dass ich neutral zu dieser Geschichte hier stehe. ;)

JoBlack

 

Hallo Quinn,
die Geschichte ist dir gut gelungen, wie yours truly schon sagte, hast die richtige Mischung getroffen.

[qoute]Auf dem Gang musste er blinzeln, die Helligkeit der Lampen waren bereits auf Neun Uhr gedreht, während sie im Schlafsaal konstant auf Dreiundzwanzig Uhr eingestellt waren..[/quote]
ich finde die Stelle ein bisschen seltsam, da musste ich kurz stutzen.

Der Dienst begann und er war zu spät, so würde er nie befördert werden.
da würde ich Das zu spät kommen an der Stelle raus lassen. 1. weil du es am Anfang schon gesagt hast und 2. kommt es kurz danach erneut in dem Dialog, das ist dann zu oft, finde ich.

Bruno zog sich die Uniform an, setzte das rote Barett auf und schnürte die Stiefel eilig zu. Seine Zunge schmeckte nach Fell, als wäre in der Nacht eine Raupe hineingekrochen und dort verendet. Bruno warf sich einen Kaugummi ein, der nach nichts schmeckte, und stopfte die Taschen seiner Jacke mit Klebeband voll.
Bei zweiten Bruno vielleicht lieber auf ein "er" ausweichen.

Ein traumloser Schlaf, fast traumlos.
Was nun?
Ich finde für die Kürze des Abschnitts hast du da zu oft "taumlos" drin.

und am Ende

„Kaugummi?“
, da verneint Bruno, kurz darauf steckt er sich doch einen Kaugummi in den Mund. Ist das genau so von der Beabsichtigt?

Aber sonst muss ich sagen. wirklich gut. An manchen Stellen auch zum Lachen, zum Beispiel

Güldenstern kroch auf allen Vieren dem massigen Hinterteil Brunos hinterher. Ab und an furzte der, Güldenstern sah es an seiner Hose, sie flatterte kurz und heftig, aber gottlob roch er nichts.
die Beschreibung fand ich super!

LG
Frenchy

 

Hey yours,

Hey Quinn!

Das ist schön. Sehr absurd und wahr, genau die richtige Mischung dazwischen, regt zum Nachdenken an und wirkt. Sehr schön fand ich den Plot, die Charaktere hätte man ein wenig ausbauen können, nur ein bisschen plastischer darstellen, das hätte, denke ich, nicht geschadet.

Mir hats also gefallen.

Jau, "plastischer" kann's praktisch immer sein. Es stimmt schon hier und in letzter Zeit scheine ich eine Tendenz dazu zu entwickeln, unplastischer zu schreiben. Es ist halt viel grau in grau dort in dem Komplex, Bruno versucht da das beste draus zu machen, aber viel ist da mit Sinneseindrücken nicht, ich guck mal, ob ich noch was daran machen kann.

Danke dir für die Rückmeldung
Quinn

Hey Jo,

Keine Ahnung wie ich die Geschichte finden soll, erstmal muss ich sie kapieren. Vielleicht ein zweites Mal lesen, bin aber gerade zu müde, um ein zweites Mal zu lesen.
Ich hab noch überlegt, so eine End-Szene einzubauen, die das ganze dann endgültig festzurrt; hab mich dann aber dagegen entschieden, weil das jeden Freiraum nehmen würden.

Bruno ist ein toller Name! Kleinganoven pah. ;) Wandelnde Schloss? Keine Ahnung. Güldenstern/Rosenkranz deshalb, weil die ja auch tot sind ...
Danke dir für die Kritik
Quinn

Hallo Frenchy,

danke erstmal für deine Anmerkungen, über die Stellen geh ich dann nochmal drüber. Bis auf das mit dem doppelten Kaugummi, das war schon so geplant.

Freut mich, dass es dir gefallen hat
Quinn

 

Hallo Quinn,

Jaaa... hat mir durchaus gefallen. Als Leser fragt man sich hier wirklich, was diese seltsamen Kerle da eigentlich tun und wo sie da genau sind. Wie bei vielen "seltsamen" Geschichten bekommt man die Antworten zum Schluss aber nicht gerade auf dem Silbertablett serviert. Ich habe zwar so eine ungefähre Ahnung, was mir die Geschichte alles sagen wollen könnte... bei der Ahnung bleibt's vorerst aber wohl auch.
Na, dafür räche ich mich im Detail:

Tränen schossen ihm in die Augen, sein Kopf vibrierte nach, wie ein geschlagener Gong.
Ich bin echt kein Komma-Experte, aber ist das zweite Komma wirklich richtig gesetzt? Bei so 'nem Vergleich?

Auf dem Gang musste er blinzeln, die Helligkeit der Lampen warebereits
Hast du dir da linguistische Synergie-Effekte erhofft? ;)

Im Saal, dem größten aller Zimmer des Komplexes, standen dichtgedrängt etwa fünfzehn Leute vor dem Lageplan umher,
Argh, "umher" und "herum" - ich würde gern mal lesen, wo genau die Unterschiede zwischen den beiden liegen. "umherstehen" klingt für mich jedenfalls unglaublich falsch. "umhergehen", okay, aber - lass sie doch bitte herumstehen.

der hinter seinem winzigen Schreibtisch wie ein Stier wirkte, obwohl er im Vergleich zu Bruno eher ein Käbchen war.
Finden Sie den Fehler im rechten Rind!

„Willst du einen Kaugummi?“, fragte Bruno und kramte in den Taschen seiner Hose vergeblich.
Entweder, du setzt das "vergeblich" weiter nach vorn oder du trennst es durch einen Gedankenstrich oder so was ab. So finde ich die Satzstellung schlimm.

Traumlos, dachte Bruno. Es ist ein traumloser Gang, ich muss damit aufhören. Ich werd noch zum Philosophen, die schaffen es nie bis zum Offizier, dachte Bruno grimmig und krabbelte weiter.
Zwei mal "dachte Bruno" ist mir auf so engem Raum einmal zu viel. Der zweite Satz könnte in Folgendes verwandelt werden:
"Ich werd noch zum Philosophen, die schaffen es nie bis zum Offizier.
Grimmig krabbelte er weiter."

Als das Hinterteil seines Vordermannes endlich verschwand, jubilierte Güldensterns Nase. Phantomgerüche, dachte Güldenstern.
Einen Güldenstern würde ich wegrationalisieren.

es wäre schön mal wieder etwas Warmes neben sich zu haben.
Hinter "schön" ein Komma, oder?

Scheiß Tür, geh doch endlich auf.
Hier würde ich mir mal ein Ausrufezeichen leisten!

Also, ich werde jetzt mal sehen, ob ich der Wahrheit näher komme, wenn ich die seltsamen Namen der Figuren google. Mal schaun.


Gruß,
Abdul

 

Hey Abdul,

das ist wieder typisch für mich. Selber fett 4 Seiten Detailkritiken schreiben und im eigenen Text so Klöpse einbauen. ;) Danke dir fürs Raussuchen.

Ehm, ja, ich weiß nicht, ob es bei der Geschichte sooo wahnsinnig viel zu kapieren gibt, für mich war das alles relativ klar, aber das ist oft so, dass ich denke, es wäre allen klar und es versteht wieder kaum einer. Es ist mal wieder eine Limbo-Variation, würde ich sagen.
Als zusätzliche Szene ging mir noch im Kopf rum: Intensivstation, Bruno und Güldenstern liegen nebeneinander im Koma, Güldenstern stirbt, Bruno kämpft noch, aber dann wär das alles wieder furchtbar aufgeladen gewesen und auch moralisch arg fragwürdig, deshalb wollte ich es gern offen lassen und hab drauf gehofft, dass jeder, der's liest, schon irgendwas findet. ;)
Man kann die Geschichte in der Form bestimmt auch anders lesen, freut mich, dass es dir "jaaaaaaaa" gefallen hat, diese Form des Gefallens kenn ich auch sehr gut.

Danke dir für deine Kritik und vor allem die Arbeit am Text
Quinn

 

Hi Quinn!

Tolle Idee! Agoraphobie wohl. ;)
Ich hätte mir allerdings das schiffsartige Komplex etwas konkreter gewünscht: Da sind Kojen, Holz und Geruchslosigkeit - die letzteren kann ich auch nicht so miteinander verbinden - und nicht viel mehr. Es gibt ein "tief" und ein "ganz tief" und "oben" gibt es irgendwie auch, und Röhren, enge Fluren und künstliches Licht. Schon klar, dass das Ganze nicht definiert werden soll - das merkt man der Geschichte schon an, sie ist so angelegt. Aber erlebbar ist für mich dieser abgeschlossene Raum auch nicht wirklich geworden, weil ünübersichtlich, verwirrend, widersprüchlich, irgendwie im Inneren unendlich und unüberschaubar, wie soll ichs dann von Außen nur mit Brettern und Klebeband abgrenzen? Ich merke schon, dass ich dabei bin, dir die Rechtfertigungsmotive zu liefern. *g Eine in sich abgeschlossene und labyrinthische Welt, die nur dürftig zusammengehalten wird - aber in der eigene Regeln gelten. Mja, aber innerlich ist sie für mich trotzdem nicht zusammenhängend, nicht greifbar, trotz Anlehnung an einem Schiff. So, jetzt will ich mit meinem Bewusstseinsstrom aufhören.

*wiederaufgreif: Die Idee / die Vorstellung hat ja was - das Abgeschottetsein und alles dafür tun, damit es so bleibt! Das Neue wird eingesogen und nicht mehr rausgelassen, ein Ausbruch des Neuen wird als Sterbefall bescheinigt, was ja auch aus der Perspektive von Innen stimmt - ist ja für immer weg, weil man ihm nicht nach Außen folgt oder: Was man nicht sieht / erlebt, gibt es auch nicht! Das kommt gut raus, finde ich.
Ich habs gerne gelesen: die Sache mit der Verführung hat mich an Sirenengesang erinnert, beim Interpretieren kam mir Beeing John Malkowitsch in den Sinn - nur halt ein bisschen anders ;) und woher "Fensterloses Land" kommt, iss klar! :)

DAS ist ein wirrer Kommentar! :D

Gruß
Kasimir

 

Hallo Zimbru,

Tolle Idee! Agoraphobie wohl. ;)
Ja!

Ich hätte mir allerdings das schiffsartige Komplex etwas konkreter gewünscht: Da sind Kojen, Holz und Geruchslosigkeit - die letzteren kann ich auch nicht so miteinander verbinden - und nicht viel mehr. Es gibt ein "tief" und ein "ganz tief" und "oben" gibt es irgendwie auch, und Röhren, enge Fluren und künstliches Licht. Schon klar, dass das Ganze nicht definiert werden soll - das merkt man der Geschichte schon an, sie ist so angelegt. Aber erlebbar ist für mich dieser abgeschlossene Raum auch nicht wirklich geworden, weil ünübersichtlich, verwirrend, widersprüchlich, irgendwie im Inneren unendlich und unüberschaubar, wie soll ichs dann von Außen nur mit Brettern und Klebeband abgrenzen?
Ja, ich tu mich schwer damit, Szenerien zu verbinden, deshalb spielt sonst immer alles in einem Raum. ;) Ehm, es ist schon so wie du schreibst: dass es von innen eben anders wirkt als von außen. Es sollte auch so ein wenig U-Boot-Charakter haben. Die schmalen Gänge, dass im größten Raum auch nur 15 Leute stehen, die Enge in Pfeifenköpers Büro, also das begrenzte, funktionale.

Ich merke schon, dass ich dabei bin, dir die Rechtfertigungsmotive zu liefern. *g Eine in sich abgeschlossene und labyrinthische Welt, die nur dürftig zusammengehalten wird - aber in der eigene Regeln gelten. Mja, aber innerlich ist sie für mich trotzdem nicht zusammenhängend, nicht greifbar, trotz Anlehnung an einem Schiff. So, jetzt will ich mit meinem Bewusstseinsstrom aufhören.
Nee, nee, das stimmt schon. Mal schauen, wie das irgendwie geht. Also das plastischer, hm. ich weiß nicht.

*wiederaufgreif: Die Idee / die Vorstellung hat ja was - das Abgeschottetsein und alles dafür tun, damit es so bleibt! Das Neue wird eingesogen und nicht mehr rausgelassen, ein Ausbruch des Neuen wird als Sterbefall bescheinigt, was ja auch aus der Perspektive von Innen stimmt - ist ja für immer weg, weil man ihm nicht nach Außen folgt oder: Was man nicht sieht / erlebt, gibt es auch nicht! Das kommt gut raus, finde ich.
Ich habs gerne gelesen: die Sache mit der Verführung hat mich an Sirenengesang erinnert, beim Interpretieren kam mir Beeing John Malkowitsch in den Sinn - nur halt ein bisschen anders ;) und woher "Fensterloses Land" kommt, iss klar! :)
Ja, es ist schon ein abgeschlossenes System mit so einer Pseudo-Beschäftigung, als ewiger Kreislauf, mit dem Versprechen auf Besserung. So ein "Bei der Stange halten". Während das Außen weit ist und groß.

DAS ist ein wirrer Kommentar! :D
Passt zur Geschichte. ;)
Danke dir, hat mich gefreut
Quinn

 

Hallo Quinn!

Der Gang war – eine Seltenheit für den Komplex - breit genug, zwei Personen zu gestatten, nebeneinander zu laufen, und auch dem eher stattlichen Bruno gestattete der Gang, Kollegen auszuweichen
GANZ schlechter Satz! bitte neu machen!
Sein Gewicht und der Raum, den sein Körper beanspruchte, passten sich ganz wie von selbst der Brustgröße entgegenkommender Frauen an. Nur ranggleichen oder rangniedrigeren selbstverständlich.
Da fehlt was: entweder - "Nur bei ranggleichen ..." oder Nur ranggleichen ... gegenüber selbstverständlich
„Manche müssen einfach immer kämpfen“, sagte die Frau neben ihm und zeigte in den klaren Himmel nach oben
Das stört mich, diese Erklärung der Frau nimmt der Geschichte den Witz, ja, sie verrät die Geschichte, würde ich ersatzlos streichen, es ist auch so klar, welche Botschaft die Geschichte hat.

Das ist eine schöne Parabel, die sich gegen jede Art von entfremdende, sinnlose Beschäftigung wendet und den Hedonismus befürwortet. Gefallen hat mir auch die absurde Darstellung von hierarchischen Systemen und dass die in diesem Haus ihren Geschmacks- und Geruchssinn verloren haben. Es hätte noch eine Spur absurder sein können, aber es hat doch auch so natürlich an Kafka erinnert, bis auf den Schluss, Kafka hätte nie eine derart bündige Erklärung am Ende geliefert, und bei dem gab´s auch keine so vordergründige Botschaft.

Gruß
Andrea

 

Hallo Quinn,
zuerst dachte ich, es sei ein U-Boot an dem ständig Lecks repariert werden müssen. Ich verstand schon nicht, warum so viele Leute offensichtlich sterben und dieser Bruno immer müde ist, evtl, alles nur träumt? Dann dachte ich an einen Film, dessen Name mehr nicht mehr einfällt, in dem aber die Leute gar nicht wissen, dass sie tot sind und an einem Strand sitzen. Aber alles ist mir zu unverbunden, bleibt für meinen Geschmack zu sehr in deinem Kopf, um als Parabel für irgendwas durchzugehen. Dennoch: spannend geschrieben,gerne gelesen
LG,
Jutta

 

Hallo Andrea,

Das stört mich, diese Erklärung der Frau nimmt der Geschichte den Witz, ja, sie verrät die Geschichte, würde ich ersatzlos streichen, es ist auch so klar, welche Botschaft die Geschichte hat.
Najaaaaa, also "Botschaft" - es können doch jetzt schon viele gar nix mit der Geschichte anfangen, und so ist es ein bisschen noch gerichtet.

Das ist eine schöne Parabel, die sich gegen jede Art von entfremdende, sinnlose Beschäftigung wendet und den Hedonismus befürwortet.
Hm, kann man so lesen. Jap.

Gefallen hat mir auch die absurde Darstellung von hierarchischen Systemen und dass die in diesem Haus ihren Geschmacks- und Geruchssinn verloren haben.
Jap, da ging's mir mehr so um die Ziele; so'nen bisschen, dass man sogar im Nachleben auf später vertröstet wird.

Es hätte noch eine Spur absurder sein können, aber es hat doch auch so natürlich an Kafka erinnert, bis auf den Schluss, Kafka hätte nie eine derart bündige Erklärung am Ende geliefert, und bei dem gab´s auch keine so vordergründige Botschaft.
Kafka ist auch seit 80 Jahren tot. Also ich will ja nu nicht schreiben wie Kafka. ;) Schon mehr was Leichtes, klar, Unterhaltung, ein paar Bilder, schöne Idee - war hier das Ziel, und jetzt nichts Umfassendes, richtig Verstörendes.

Freut mich, dass es dir ganz nett gefallen hat, danke für die Kritik ;)
Quinn

Hallo Jutta,

Dann dachte ich an einen Film, dessen Name mehr nicht mehr einfällt, in dem aber die Leute gar nicht wissen, dass sie tot sind und an einem Strand sitzen.
Uh, sagt mir jetzt auch nix, tut mir leid.

Aber alles ist mir zu unverbunden, bleibt für meinen Geschmack zu sehr in deinem Kopf, um als Parabel für irgendwas durchzugehen. Dennoch: spannend geschrieben,gerne gelesen
Schade, ich kann's aber gut nachvollziehen. Ich glaub das ist dann die Länge einer Geschichte einfach, dass es nicht lange genug in den Szenen drinbleibt, vielleicht hier auch: Dass zu viel gewandert wird zwischen den Szenen, und es dadurch nicht plastisch genug wird. Es soll ja auch nicht unbedingt als Parabel funktionieren, sondern idealerweise als Geschichte.

Danke dir für deine Kritik, freut mich, dass du's gern gelesen hast
Qunn

 

Servus Quinn,

Rosenkranz und Güldenstern zählt zu meinen Lieblingsfilmen, doch ich gestehe, ihn seit Jahren, eigentlich Jahrzehnten nicht mehr gesehen zu haben, was ich jedoch ein jedes Mal, wenn ich den Titel lese, wieder ändern will.

Die Geschichte nimmt an Fahrt auf und ist am Ende wirklich bilderstark in den letzten beiden Rumpfsätzen, davor hat sie auch für mich was Kafkaeskes - und ich finde Franz K. furchtbar, mein David Bowie der Literatur. Drum gefällt sie mir auch nicht so wirklich im Timbre, auch wenn ich die sinnentleerte Stimmung auf dem Mutterschiff präsent finde (oder genau deswegen).
Und wie gesagt, die beiden abschliessenden Sätzstummel finde ich groß, schönes Ende. Und das dazwischen ist grotesk, surreal und durch Brunos Innenwelt ziemlich griffig und gleichzeitig brefemdlich, die Stimmung mag ich nicht, doch sie kommt rüber.

„Willst du einen Kaugummi?“, fragte Bruno und kramte vergeblich in den Taschen seiner Hose.
Bruno schob sich einen Kaugummi rein und lehnte sich gegen die Wand.
taucht der Kaugummi hinter dem Ohr auf, oder woher entstammt er ?
Auch dem eher stattlichen Bruno war es so möglichen, entgegenkommenden Kollegen auszuweichen.
da fehlt was
Und da war der graue Gebäudekomplexe mitten im Nichts.
Gebäudkomplex

Grüße
Copf Seltsem

 

Hallo Seltsem, schön von dir zu lesen,

Rosenkranz und Güldenstern zählt zu meinen Lieblingsfilmen, doch ich gestehe, ihn seit Jahren, eigentlich Jahrzehnten nicht mehr gesehen zu haben, was ich jedoch ein jedes Mal, wenn ich den Titel lese, wieder ändern will.
Ich glaube mittlerweile, dass es nicht gut war, den Titel zu nehmen. Weil in dem Film ja noch eine viel größere Thematik steckt als in der Geschichte hier, hier findet sich nur - beziehungsweise sollte sich nur - das Rausgerissensein wiederfinden; also das "plötzliche da sein" - auch wenn Bruno da murmelt: wieder ein paar Neue bekommen, dass die plötzlich in dieser fremden Welt auftauchen. Und dann eben die Nach-Tod-Nummer noch, ja, da hätte man einen anderen Titel finden können, an dem nicht noch so viel dranhängt, das glaub ich mittlerweile auch.


Die Geschichte nimmt an Fahrt auf und ist am Ende wirklich bilderstark in den letzten beiden Rumpfsätzen, davor hat sie auch für mich was Kafkaeskes - und ich finde Franz K. furchtbar, mein David Bowie der Literatur.
Ich mag ihn auch nicht so; die Parabel mit dem Torhüter ist toll, die Verwandlung noch ... und bei "Der Prozeß" hört es für mich fast schon auf.
Das ist so ne Sache von mir, dass ich gerne solche "stumpfen" Settings entwerfe, die aber dann nicht gescheit schreiben kann. Ich kann die Kritik absolut nachvollziehen, da geht das bei mir auseinander.

Drum gefällt sie mir auch nicht so wirklich im Timbre, auch wenn ich die sinnentleerte Stimmung auf dem Mutterschiff präsent finde (oder genau deswegen).
Und wie gesagt, die beiden abschliessenden Sätzstummel finde ich groß, schönes Ende. Und das dazwischen ist grotesk, surreal und durch Brunos Innenwelt ziemlich griffig und gleichzeitig brefemdlich, die Stimmung mag ich nicht, doch sie kommt rüber.
Das freut mich, wobei ich das verstehen kann. Also die Welt ist ja schon offt stumpf genug, das dann in einer Geschichte auch noch stumpf wiederzuspiegeln, passt mir auch nicht.

taucht der Kaugummi hinter dem Ohr auf, oder woher entstammt er ?
Jau, ich Idiot. Das mal wieder ein typisches Ding hier, danke dir fürs Finden. ;) Und auch für die Kritik.
Hat mich gefreut und weitergebracht
Quinn

 

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