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Rote Linien

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25.10.2006
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Rote Linien

Frank Wendel

Rote Linien


Sie saßen vor dem Fernseher, als es an der Tür klingelte.
"Ich mach auf, warte hier", sagte Anthony und begab sich zur Haustür. Stefanie blieb in ihrem Sessel sitzen und hatte sich schon längst wieder mit voller Aufmerksamkeit dem Bildschirm zugewendet. In wenigen Sekunden würde der Filmregisseur in seinem Bett aufwachen und bemerken, dass man ihm die Beine abgeschnitten hatte. Und dass nur, weil der Schauspieler, den er nicht einstellen wollte, Beziehungen zur Mafia hatte. Sie hatten den Film schon mindestens fünf mal gesehen und sie konnte nicht genug davon bekommen. Anthony war der gleichen Auffassung: "Der Pate" war einfach ein Klassiker, über den man nicht streiten konnte. Aber was die Unterhaltungsbranche anging, so waren die beiden so gut wie immer einer Meinung.
"Du dreckiges Schwein", brüllte eine schrille Stimme plötzlich durch die Wohnung.
Stefanie fuhr erschrocken herum und sah zu, wie ihre Mutter soeben ihrem Freund die Faust ins Gesicht schmetterte. Eine kurze, aber schnelle Gerade direkt zwischen seine Augen. Anthony stöhnte leicht auf und stolperte einen Schritt zurück, wobei er mit den Armen ruderte, um nicht nach hinten überzukippen.
Stefanie schrie und rannte in den Flur. "Nicht, Mutter", rief sie ihr zu. Doch diese holte bereits ein zweites mal aus und schlug so kräftig, wie sie nur konnte Anthony in den Bauch. Erneutes Aufstöhnen, dieses Mal etwas lauter. Ruckartig riss er sein Oberkörper wieder nach vorne und sank auf die Knie. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer schmerzerfüllten Grimasse.
"Du vergreifst dich nicht noch einmal an meiner Tochter", brüllte ihm Stefanies Mutter aus Leibeskräften ins Gesicht. "Wenn du sie noch einmal anrührst..."
Doch die Wut ließ sie nicht aussprechen, sondern erneut ausholen. Stefanie stand mit beiden Händen an den Wangen und weit aufgerissenen Augen daneben. Die Plötzlichkeit, mit der sich die ganze Situation geändert hatte, verwirrte sie so sehr, dass sie einige Zeit brauchte, um zu begreifen, was los war. Es ging alles viel zu schnell, die Ereignisse überschlugen sich. Stefanie schrie...
Ihre Mutter ließ sich jedoch von dem Lärm nicht beirren und schleuderte ihre Faust ein weiteres Mal nach vorne. Der Schlag war mehr von Wut gesteuert und unkontrolliert, wodurch Anthony ihn dieses Mal abfangen konnte. Sein Arm schnappte nach oben und seine Finger klammerten sich fest um ihr Handgelenk.

Sie hatten ihn eines Abends in einer Disco kennen gelernt. Stefanie ging mit ihrer Freundin Denise oft dort hin und tanzte ein wenig. Anthony war einer von zwei Kerlen, von denen sie die ganze Zeit beobachtet wurde. Sie bemerkte das und amüsierte sich ein wenig darüber, wie die Jungs sich förmlich um sie stritten. Anthony war letztendlich der mit dem größten Selbstbewusstsein und derjenige, der das meiste Geld für sie springen ließ. Nach fünf Coctails war Stefanie so betrunken, wie sie es seit ihrer Schulabschlussfeier nicht mehr gewesen war. Sie fing an, heftig mit ihm rumzumachen; sie setzte sich auf seinen Schoß, ließ sich von ihm am gesamten Körper streicheln und knabberte an seinem Ohrläppchen. Denise kannte diesen Typen, sie hatte sich ein paar mal mit ihm unterhalten und empfand es als ungefährlich, dass er sich an ihre Freundin heranmachte. Sie sah, dass Stefanie versorgt war und verabschiedete sich schon bald.
"Lass uns zu mir nach Hause gehen", sagte Anthony und nahm Stefanie bei der Hand.
Sie lächelte nur und schwankte neben ihm her. Wenn sie sich heute an den Tag versuchte zu erinnern, so waren es nur wenige Bruchstücke, die ihr ins Gedächtnis gerufen wurden. Sie konnte sich nicht daran erinnern, ob sie mit dem Auto fuhren, den Bus genommen hatten oder zu Fuß waren. Sie konnte sich nicht an das Stadtviertel erinnern, in dem er damals wohnte, auch nicht, wie sie es geschafft hatte, durch die Tür bis in sein Wohnzimmer zu gelangen. Nur eine Sache blieb von damals haften: Sie hatten gevögelt. Fast die gesamte Nacht durch. Ein Wunder, dass sich niemand wegen Ruhestörung beschwert hatte. Am nächsten Morgen waren beide so erschöpft, dass sie kaum noch stehen konnten. Sie lagen fast den gesamten Tag eng umschlungen auf dem Bett und bestellten sich Pizza zum Mittagessen.

"Ich lasse nicht zu, dass du ihr nochmal wehtust", brüllte Stefanies Mutter, trotz dass sich Anthonys Finger allmählich in ihr Fleisch bohrten.
"Halt dein Maul und geh nach Hause, Fotze", sagte er und rappelte sich wieder auf. Der Schmerz in ihrem Arm wuchs und sie begann sich zur Wehr zu setzen, indem sie versuchte, ihren Arm gegen seinen Daumen zu verdrehen und seine Hand aufzudrücken. Als das keine Wirkung zeigte trat sie mit ihren Füßen um sich, doch Anthony schleuderte sie mit einem kräftigen Stoß zurück. Sie stolperte und verlor das Gleichgewicht. Ihr Hinterkopf schlug an der Wand auf, was Stefanie erneut Anlass dazu gab laut aufzuschreien.
"Geh nach oben Schätzchen", sagte Anthony und schaute ihr ernst ins Gesicht. Stefanie erkannte an seinem Blick, dass es womöglich besser wäre, zu gehorchen. Doch sie zögerte.

Nachdem sie fast ein Jahr zusammen waren, zogen sie in ein abgelegenes Häuschen am Rande der Stadt. Stefanie hatte sich sofort verliebt in die neue Wohnung, sie mochte den hübschen Anblick, wenn man es schon von weitem sah und sie liebte die rustikale Inneneinrichtung, die sie mit Anthony ausgesucht hatte. Eine schmale Straße führte zum Haus. Man fuhr etwa zehn Minuten mit dem Auto, um in die Stadt zu gelangen.
Anthony arbeitete in einem Großbetrieb, der Elektrogeräte herstellte und kaputte Ware wieder reparierte. Sein Nettoeinkommen belief sich auf knapp 2.500 Euro, und mit dem Geld, das Stefanie als Zahnarzthelferin verdiente konnten sie sich zusammen dieses Haus mieten.
Doch die Stille war trügerisch. Stefanie fühlte sich in dieser Abgeschiedenheit schnell einsam und hatte es wirklich schwer, sich als Großstadtmensch an diese Idylle zu gewöhnen. Sie brauchte ihre Freunde, mit denen sie reden konnte. Es waren Menschen, die ihr immer zugehört hatten, wenn es ihr schlecht ging. Und diese Menschen fehlten ihr, denn Stefanie verbarg vor Anthony ein Problem, das tief in ihr nagte und das sie ihm nicht anvertrauen wollte. Sie hatte Angst, er könnte ausrasten - so wie es für ihn üblich wäre - oder sie gar verlassen. Und diese Angst ließ sie lange Zeit schweigen. Doch es würde die Zeit kommen, in der sie herausfinden sollte, wie er reagieren würde... Und es sollte sich herausstellen, dass diese Reaktion noch viel schlimmer war, als befürchtet.

"Hast du nicht gehört?", setzte er mit einem Brüllen hinzu. "Du sollst nach oben gehen."
Stefanie schrak zurück. Mit langsamen und vorsichtigen Schritten näherte sie sich im rückwärts gehend der Treppe zum Obergeschoss.
"Brüll sie nicht an, sonst...", sagte ihre Mutter zu Anthony, als sie sich langsam wieder aufrichtete. Ihre Hand fasste an den Hinterkopf. Sie spürte eine warme Flüssigkeit daran hinunterlaufen und als sie die Hand wieder hervorholte erblickte sie jede Menge Blut daran.
"Sonst was?", fragte Anthony, breitete demonstrativ seine Arme aus, um zu zeigen, dass er keinerlei Angst vor ihr hatte. "Willst du mich etwa K.O. schlagen? Oder etwa umbringen? Du Miststück?"
"Anthony, bitte", flehte Stefanie vom Fuß der Treppe aus.
Er blickte ruckartig zu ihr. Er schien nicht fassen zu können, dass sie noch immer nicht gehorchte. "Bist du noch da?"
Stefanie senkte den Blick, rührte sich aber nicht.
"Zieh endlich Leine, Herrgott nochmal", brüllte er.
Stefanie blieb stehen. Sie rührte sich kein bisschen. Die Angst ließ sie erstarren.
"Um dich kümmere ich mich später." Er wandte sich wieder ihrer Mutter zu. Sie stand noch immer mit dem Rücken zur Wand und blickte ihn mit einem tiefzornigen Gesicht an.
Wenn Blicke töten könnten, dachte er. Doch sie wird nicht mal mehr in der Lage sein, ihre Schuhe anzuziehen, wenn ich mit ihr fertig bin.

Es war am späten Nachmittag. Das Herbstlaub flog durch den Wind getrieben vor dem Fenster herum und füllte die Landschaft ein wenig mit bunten Farben. Sie war in der Küche, als er wieder nach Hause kam und bereitete ein paar Salate für das Abendessen zu. Das Radio brachte etwas ziemlich rockiges von Genesis: "I Can´t Dance", einen alten Klassiker, als Phil Collins noch mit dabei war.
Anthony kam gegen 17 Uhr. Er stellte seine Tasche ab und zog seine Arbeitsklamotten aus. Stefanie warf ihm ein "Hy, Schatz." zu, wobei sie versuchte, ihre Stimme nicht all zu zittrig klingen zu lassen.
"Stell mir schonmal einen Klaren auf den Tisch", murrte er. "Der Tag war zum Kotzen."
Sie gehorchte und griff hektisch in den Kühlschrank nach dem Nordhäuser Doppelkorn. Schlagartig wurde sie wieder von diesem dumpfen Gefühl im Bauch erfüllt. Es ließ sie besonders vorsichtig werden. Sie wusste, wenn er so mies gelaunt war, dass es kein schöner Tag mehr werden konnte. Nur eine falsche Tat; nur ein falsches Wort und...
"Was hast du mit deinem Arm gemacht?", fragte er.
Stefanie erschrak und fuhr herum, wobei sie die Flasche beinahe hätte fallen gelassen - das hätte mächtigen Ärger gegeben. Sie hatte den Hemdsärmel die ganze Zeit lang hochgekrempelt gehabt und anschließend vergessen, ihn wieder runterzulassen, als Anthony nach Hause kam. Ein fataler Fehler, dachte sie.
"Zeig her, was ist das?" Er kam mit so hastigen Schritten zu ihr, dass sie gar nicht reagieren konnte. Er packte sie blitzschnell am Handgelenk.
Gleich wird er mich schlagen, dachte sie. Gleich wird er mich windelweich prügeln.
Ein paar Sekunden lang betrachtete er ungläubig ihre Narben, die wie Strichcodes querverlaufend und nebeneinander angeordnet ihren Unterarm zierten. Es waren Sekunden der Ungewissheit, die Stefanie fast in Panik versetzten. Er hatte soeben ihr kleines Geheimnis entdeckt, wofür sie sich jetzt in Grund und Boden schämte. Und in weniger als ein paar Sekunden würde sie seine Reaktion darauf erfahren. Und diese Reaktion konnte nur schlecht sein, davon war sie überzeugt.
"Was hast du gemacht?", fragte er.
Bitte schlag mich nicht! Bitte, bitte, bitte...
"Hast du dir das selbst zugefügt?" Sein Gesicht starrte leicht verbittert in ihres.
Stefanie schwieg. Sie befand sich in einem Zustand, in dem die Panik sie nicht antworten ließ. Sie versuchte es, doch es wollte kein Ton aus ihrer Kehle heraus.
"Rede!" Sein Tonfall war wie ein kurzer, aber unangenehmer Stromschlag.
"I-Ich... w-w-weiß es nicht", stotterte sie wobei ihre Lippen zitterten.
Kurzes Schweigen. Sprachlosigkeit. Dann entschied Anthony: "Lass das demnächst sein, hörst du? Das ist nicht gut für dich. Und ich will es nicht. Du zerstörst nur deine Schönheit, Schätzchen." Seine Stimme war sehr streng und Stefanie konnte nichts weiter tun als zustimmend zu nicken, während er sprach. Das war das einzige, wozu sie sich gerade in der Lage fühlte. Sie fing an noch heftiger zu zittern, weil sie jeden Moment seine Ohrfeige erwartete. Doch als er nur ihren Arm wegstieß und wieder ins Wohnzimmer ging, atmete sie einmal kräftig ein und stieß einen lautlosen Seufzer der Erleichterung aus.

"Wenn du mich noch einmal anfässt kannst du was erleben", sagte Stefanies Mutter in einem drohenden Tonfall.
"Komm doch her, wenn du noch mehr willst", erwiderte Anthony. "Ich versichere dir, ich brech dir alle Knochen."
Dann brüllte Stefanie: "Mutter, bitte geh!"
Und Anthony brüllte zu ihr zurück: "Habe ich dir nicht ausdrücklich gesagt, du sollst verschwinden?" Wie oft hatte sie diese Formulierung schon von ihm gehört? Habe ich dir nicht ausdrücklich gesagt... Er betonte jedes mal das Wort "ausdrücklich" so scharf, dass sie es immer wieder in ihrem Kopf hörte. Es klang wie ein Echo in einer Höhle, nur dass dieses Echo nicht verhallte sondern in einer endlosen Schleife immer wieder abgespielt wurde. Sie würde jedes Mal vor Schreck zusammenzucken, wenn sie dieses Wort irgendwann wieder hören sollte. Es hatte sich wie ein Trauma in ihrem Gehirn manifestiert.
"Lass sie in Ruhe", schrie ihre Mutter.
Und in diesem Moment schnellte Anthonys Faust hervor. Und Stefanies Mutter bekam seine Wucht zu spüren, so geballt, dass sie glaubte, ihr Inneres würde sich nach außen kehren. Die Schmerzen hatten eine lähmende Wirkung. Stefanie schrie ein weiteres mal.

Fast ein Monat war vergangen, seit er ihre Narben zum ersten mal bemerkt hatte. Und seit dem hatte sie noch mehr Angst davor gehabt, sich ein weiteres mal erwischen zu lassen. Doch trotzdem ritzte sie sich weiter. Sie konnte nicht anders. Es war wie ein Drang, der sich immer mehr in ihrem Kopf aufbaute. Sie fühlte sich immer leerer und alles um sie herum verschwamm. Es kam ihr vor, als hätte sie keinerlei Kontrolle mehr über sich; als würde ihr Körper durch eine fremde Macht gesteuert werden. Anthony hatte sie für ihre Tolpatschigkeit des öfteren geschlagen. Sie ließ Töpfe, Tassen und Gläser in der Küche fallen, wenn sie besonders nervös war. Und jedes mal setzte es eine kräftige Ohrfeige. Wenn sie seinen Kaffee verschüttete, schleuderte er seine Handfläche mit einer Wucht gegen ihre Wange, dass sie sich kaum auf den Beinen halten konnte. Wenn seine Wäsche nicht sauber genug gewaschen war, gab es eine Ohrfeige. Zusätzlich wurde er nachher sehr grob im Bett. Normalerweise war er zärtlich, aber wenn seine Wäsche schmutzig war, so gab es weder Vorspiel noch Rücksicht.
Und trotzdem liebte sie ihn und brachte es nicht fertig, ihn zu verlassen. Im Gegenteil: Sie gewöhnte sich an seine Schläge und empfand es mit der Zeit sogar als gerechtfertigt. Ihre tolpatschige und schwache Art musste bestraft werden, soweit war sie überzeugt. Und sie war auf dem psychischem Weg, sich seine Bestrafungen gefallen zu lassen und sie sogar als angenehm zu empfinden. Sie wandelte auf dem Pfad der Gedanken von "Ich verdiene es, zu leiden." hin zu "Ich will leiden."
Und manchmal fühlte sie sich sogar noch nicht genug bestraft und wollte auf eigene Faust nachhelfen. Stefanie zog sich zurück, wenn er auf Arbeit und sie alleine zu Hause war. Sie verabscheute die Einsamkeit und konnte spüren, wie die Leere sie einnahm und sie immer mehr die Kontrolle über sich verlor. Denn die Kontrolle über Stefanie hatte Anthony. Und seine Kontrolle war so stark, dass sich mit der Zeit ihre eigene Kontrolle ausgeschaltet hatte. Sie holte aus einer versteckten Seitenlasche ihrer Handtasche eine Packung Rasierklingen hervor. Sie nahm sich eine davon und schnitt sich so tief in den Unterarm, dass das Blut nur so strömte. Und beim Anblick des Blutes empfand sie jedes mal eine gewisse Befriedigung, die sie durch kein anderes Mittel erreicht hätte. Es tat verdammt gut...
Und Anthony entdeckte es wieder. Doch dieses Mal sollte sie nicht so ungestraft damit durchkommen. Seine Reaktion war verbittert. Sein Entsetzen tief und sein Brüllen laut...
"Was hast du schon wieder mit deinem Arm gemacht?" Ohne eine Antwort abzuwarten schlug er sie mit geballter Faust ins Gesicht. Er traf sie am linken Auge, das sofort anschwoll. Sie stürzte und konnte sich gerade so an der Kante des Küchenschrankes festhalten. Sie sank auf die Knie.
"Habe ich dir nicht ausdrücklich gesagt, du sollst es sein lassen?" Es schallte durch die gesamte Wohnung.
Stefanie kämpfte gegen die Schmerzen, die durch ihr Gesicht fuhren und sie von dem Gedanken ablenkten, dass sie besser antworten sollte. Er setzte noch einen Fußtritt hinterher, der sie vollends auf den Boden verfrachtete. Er traf sie am Beckenknochen und Schmerzen zerrten durch ihren gesamten Körper. Sie wollte schreien...
"Rede mit mir", brüllte er aus Leibeskräften. "Hast du mir nichts dazu zu sagen?"
"Anthony, bitte..." Ihr Schreien endete in einem jämmerlichen Heulen.
"Du verstehst es einfach nicht, hab ich Recht? Du bist ein nutzloses Stück Scheiße, eine elende Schlampe. Sieh zu, dass du mir aus den Augen kommst. Heute Nacht kannst du dich auf eine Lektion einstellen, die du nie vergessen wirst."
Er gönnte sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und verschwand wieder im Wohnzimmer.
Es war nicht der Schlag und der Fußtritt, die Stefanie noch so lange Zeit nachher zusetzten, sondern viel mehr seine Beschimpfungen. Es waren die gleichen Worte, die ihr Vater vor so vielen Jahren immer wieder verwendet hatte: Nutzlos, unfähig, dumm... Er hatte diese Worte so oft gebraucht, bis sie irgendwann selbst überzeugt war, dass es stimmte.

"Lass sie in Ruhe", schrie Stefanie und rannte auf Anthony zu. Sie wollte ihn tatsächlich angreifen. Sie hatte zwar nichts dagegen, wenn er sie schlug, aber wenn er anfing gegen ihre Mutter vorzugehen, dann wurde es zu viel. Sie rannte auf ihn zu und sammelte ihre Kräfte, doch zu einem Schlag konnte sie nicht ansetzen, denn er fuhr herum und schmetterte seine Faust so brutal gegen ihre Schläfe, dass sie quer durch den gesamten Raum geschleudert und beinahe bewusstlos wurde. Sie sank zu Boden und war einen Moment benommen. Und sofort darauf ging wieder ihre Mutter auf ihn los. Sie stemmte sich mit ihrem gesamten Körper gegen seinen und kompensierte ihre angesammelte Wut, um ihn zu Fall zu bringen.
Und er stürzte tatsächlich. Er fiel nach hinten. Doch er konnte Stefanies Mutter bei den Haaren packen und sie mitreißen.
"Du elender Scheißkerl", schrie sie. Sie setzte sich seiner Hand zur Wehr, doch er zerrte so kräftig an ihren Haaren, dass sie nur noch schreien konnte. Die Schmerzen waren so unerträglich, dass sie zu keinen weiteren Gegenschlag mehr fähig war.
Und sie würde auch keine Chance mehr dazu bekommen.

Es war noch nicht das letzte mal, dass er ihre Narben sehen sollte. Entgegen seiner Drohungen, ritzte sie sich weiter. Doch sie schnitt sich nicht länger die Unterarme auf, denn Anthony kontrollierte diese regelmäßig. Inzwischen waren es ihre Oberschenkel. An Tagen, in denen es Stefanie besonders schlecht ging, rammte sie die Rasierklingen teils so tief in ihr Fleisch, dass es schon gar nicht mehr aufhören wollte zu bluten.
Lange Zeit bemerkte er nichts und auch seine Gewalttaten ihr gegenüber ließen nach. Teilweise hatte er sie sogar wochenlang nicht ein einziges mal geohrfeigt und Stefanie dachte, dass sie wirklich wieder glücklich mit ihm werden könnte. Der Winter brachte ein paar angenehme Zeiten und Anthony war sehr liebevoll und zärtlich zu ihr. Sie unternahmen viele Ausflüge und fuhren zusammen in den Urlaub. Sie verbrachten zwei Wochen in der Schweiz, in denen sie hauptsächlich Wanderungen und Besichtigungen unternahmen. Sie gingen zum Mittagessen ins Restaurant, sie verschönerten sich die Abende mit klassischer Musik und Kerzenschein... Es waren für Stefanie sehr romantische Augenblicke, die sie zur Genüge genießen konnte. Teilweise erkannte sie Anthony gar nicht wieder, weil er so ungewöhnlich liebevoll und fürsorglich war. Zum ersten Mal seit einem Jahr glaubte sie wieder daran, mit ihm glücklich werden zu können. Und nicht nur mit ihm, sondern auch mit sich selbst und der Welt.
Und es wäre womöglich auch so gekommen, wenn Anthony nicht eines Abends plötzlich die seltsamen Unreinheiten auf ihren Beinen bemerkt hätte. Er erinnerte sich, dass an diesen Stellen eigentlich glatte Haut sein sollte. Und die Erkenntnis, als er das Licht plötzlich anschaltete, machte ihn so rasend vor Wut, wie seit eh und je nicht mehr.
"Du hast es schon wieder getan", schrie er aus Leibeskräften, so laut, dass sich seine Stimme beinahe überschlagen hätte. Es ging ihm weniger darum, dass sie es erneut getan hatte, sondern mehr, dass sie sich seinem Willen widersetzt hatte. Und er hatte entschlossen eine tiefe Abneigung dagegen, wenn sein "Eigentum" nicht das tat, was er verlangte.
"Es tut mir leid", heulte Stefanie, ihre Hände schützend über den Kopf haltend.
Doch er war schon längst auf den Beinen und brüllte, ohne Rücksicht auf seine Stimmbänder: "Was willst du damit bezwecken? Willst du dich unbedingt derart entstellen oder stehst du einfach nur auf Schmerzen?"
"Es tut mir leid."
"Willst du Schmerzen? Willst du es?" Seine Schreie wurden noch lauter, seine Stimme erlangte immer höhere Tonlagen. "Ich kann dir Schmerzen geben, wenn du willst." Und daraufhin packte er sie am Arm und zerrte sie mit einem heftigen Ruck aus dem Bett.
"Bitte nicht." Sie erwartete bereits die harte Tracht Prügel, sie sah seine Fäuste auf sich niederhageln, seine Füße nach ihr treten wie nach einem Fußball.
Doch ihm war etwas anderes eingefallen. Etwas viel besseres, dachte er.
Er zerrte sie quer durch die gesamte Wohnung, durch den Flur und die Treppe hinunter bis zur Küche.
"Ich zeig dir, was Schmerzen sind", brüllte er immer wieder. "Oh ja, ich werd dir Schmerzen zeigen, davon hast du nicht mal geträumt."
Er zerrte sie zum Elektroherd und presste ihre rechte Hand auf eine der Herdplatten. Stefanie schrie: "Nein, Anthony. Bitte, tu es NICHT!"
"Halt´s Maul, verdammt", brüllte er und schaltete die Platte auf volle Leistung.
Stefanie schrie so laut sie konnte und versuchte sich zu wehren. Sie wand sich hin und her und zerrte an seinem Arm, der ihre Hand mit gewaltiger Kraft auf die immer heißer werdende Fläche drückte. Sie fing an, ihn mit ihrer freien Hand zu kratzen. Und als das alles nichts half, biss sie zu. Es war ihr egal, wie er darauf reagieren würde, sie wollte sich nur noch aus seinem Griff befreien. Ihre Zähne drangen so weit in das Fleisch seines Unterarms, bis er vor Schmerzen einen kurzen Schrei von sich gab. Er grub seine andere Hand in ihre Haare und riss ihren Kopf von sich.
Es gelang ihr nicht, sich zu lösen, Anthony war zu stark. "Bitte, bitte, BITTE..." schallte Stefanie wie durch Lautsprecher verstärkt durch die Wohnung.
"Schrei nur", sagte er. "Dich wird sowieso niemand hören, Stefanie."
Und die Temperatur stieg immer weiter an. Es brannte so höllisch, dass die Hitze bereits ihren gesamten Körper einnahm.
"Na? Sind das Schmerzen? Tut es etwa weh?"
Und es tat entsetzlich weh. Sie spürte, wie ihre Haut verbrannte und sich die Hitze in ihr Fleisch grub. Der Schmerz war so groß, dass sie glaubte, er könne nie wieder aufhören. Sie riss mit verzweifelten Kräften an ihrem Arm - ohne Erfolg. Sie trat von einem Bein auf das andere, stampfte dabei heftig auf, um auf diese Weise Schmerzen zu erzeugen, die denen in ihrer Hand entgegenwirken könnten. Doch solch einer Hölle konnte man sich so gut wie unmöglich entziehen. Ihr Schreien verwandelte sich in ein unsagbares Kreischen und ihre Augen pressten sich immer fester zusammen. Sie glaubte, wenn sie laut genug schrie, dann würde vielleicht irgendjemand, der an ihrem Haus vorbeiging es schon hören und sie retten.
Doch nichts geschah. Ungefähr eine Minute lang drückte Anthony ihre Hand so fest auf die Herdplatte, wie es nur ging, doch Stefanie kam das alles vor wie Stunden. Erst als er glaubte, dass sie allmählich genug haben müsste, ließ er sie los. Und Stefanie riss ihre Hand an sich, ging zu Boden und heulte schreiend.
"Und das nächste mal", sagte Anthony. "Werde ich mir dein Gesicht vornehmen, Schätzchen." Und damit ging er wieder nach oben, ohne sich noch weiterhin mit ihr zu beschäftigen.
Stefanie blieb allein in der Küche. Sie betrachtete ihre Wunde und schrie jetzt mehr vor Entsetzen, als vor Schmerz. Ihre Hand war mindestens doppelt so dick angeschwollen, die Haut färbte sich dunkelrot bis schwarz und wellte sich zu dicken Blasen. Der Schmerz ließ sie keinen einzigen Finger mehr bewegen, die Hand war taub, fast abgestorben.
Sie beugte sich über die Spüle und ließ kaltes Wasser drüber laufen. Und als ihre Schreie allmählich nachließen, dachte sie bereits darüber nach, ob sie wirklich auf diese Weise weiterleben konnte.

Sie kam wieder zu Bewusstsein und schaute auf. Anthony hielt ihre Mutter an den Haaren gepackt, die wie eine hysterische Ziege durch die Wohnung brüllte.
"Hier eine Lektion, die du dir besser merken solltest", sagte Anthony. "Wenn du unser Haus noch einmal betrittst, passiert das." Er griff mit seinen Fingern fest an ihren Kopf und rammte ihn mit einem kräftigen Ruck gegen die Kante des Telefontisches neben ihnen. Stefanies Mutter wurde augenblicklich bewusstlos. Blut rann aus ihrer Stirn und verteilte sich gleich darauf im Gesicht.
Stefanie schrie, rappelte sich auf und rannte zur Treppe.
"Und du bist als nächstes dran", sagte Anthony und versetzte sich langsam und in voller Gelassenheit wieder auf die Beine.

"Was hast du mit deiner Hand gemacht?", fragte Denise. Sie hatte Stefanie nach vielen Tagen zufällig in der Einkaufshalle getroffen.
"Ach, ich... äh..." Stefanie schaute an sich herab und erötete vor Scham, weil sie ihre Wunde die ganze Zeit so offen herumtrug. "Ich... äh... hab mich nur am Herd verbrannt, nicht weiter schlimm."
"Nicht weiter schlimm?" Denise blickte aufgebracht in ihr Gesicht. "Hast du dir das schon Mal angeschaut? Du musst zum Arzt, Kind."
Stefanie erwiderte nichts und senkte nur beschämt den Kopf.
Denise blickte in ihre Augen und meinte einen Moment lang, zu wissen, was passiert war. Zumindest hatte sie eine Ahnung. "Anthony hat dir das angetan, stimmt´s?"
Stefanie schwieg und verzog keine Miene.
"Und dass du manchmal mit einem blauen Auge herumrennst hast du doch sicherlich auch ihm zu verdanken."
Schweigen.
"Wieso hast du das nie erzählt?" Denise blieb fast die Stimme weg, als sie erkannte, wie viel Leid ihre Freundin womöglich zu ertragen hatte. Und sie selber hatte bis jetzt noch nichts davon geahnt. Oder hatte sie es geahnt? Wollte sie es nur nicht wahr haben? Dann packte sie die tiefe, innere Wut. Wut gegen Stefanies Freund, der sie so brutal zugerichtet und es wahrscheinlich auch regelmäßig getan hatte.
"Du schläfst heute bei mir", sagte Denise entschlossen und packte Stefanie am Arm.
"Nein, ich kann nicht."
"Oh doch, und ob du kannst." Sie zerrte sie hinter sich her - genau wie es Anthony mit ihr vor ein paar Tagen gemacht hatte - und schleppte sie in den nächsten Bus.
Denise kümmerte sich hingebungsvoll um ihre Freundin, machte ihr das Essen und versorgte ihre Wunden. Sie war sehr aufgebracht und konnte einfach nicht fassen, was dieses Arschgesicht Stefanie angetan hatte. Sie konnte diesen Typen zwar von Anfang an nicht leiden, aber sie hätte niemals geglaubt, dass er zu solchen abartigen Grausamkeiten fähig war. Doch noch viel mehr plagte sie die Frage, warum sie nicht schon eher etwas davon geahnt hatte. War sie so naiv, dass sie sich keine Sorgen mehr um eine ihrer besten Freundinnen machte? Hatte sie geglaubt, Stefanie würde glücklich werden, wenn sie mit ihrem Freund in diese einsame Abgelegenheit zog? Die Schuldgefühle nahmen zu, sie schmerzten, wie ein Speerstoß in der Seele. Doch sie war fest davon überzeugt, diese Beziehung unter keinen Umständen mehr zuzulassen.
"Wie lange geht das schon?", sagte sie im strengen Tonfall.
"Was meinst du?" Stefanie war die ganze Zeit am Heulen gewesen und Make-Up hatte sich durch die Tränen über ihrem gesamten Gesicht verteilt. Ihre Augen wirkten glasig und ihre Lippen zitterten.
"Jetzt tu nicht so, als wüsstest du nicht, was ich meine. Ich will wissen, wie lange er dich schon misshandelt?"
Alleine der Ausdruck "misshandelt" setzte Stefanie so sehr zu, dass sie erneut in ein jämmerliches Heulen ausbrach. Denise setzte sich zu ihr und legte einen Arm um ihre Schulter. Sie streichelte sie sanft und versuchte sie durch gutes Zureden zu beruhigen, doch es half nichts. Stefanie hatte innerlich bereits mit ihrem Leben abgeschlossen. Sie konnte nicht mit Anthony und auch nicht ohne ihn. Sie wusste, dass sie es nicht überleben könne, wenn sie die Beziehung weiterhin aufrecht erhalten würde. Doch sie hatte Angst davor, ihn zu verlassen. Angst vor dem, was er ihr antun könnte.
Sie blieb eine ganze Woche bei Denise und traute sich kaum aus dem Haus. Doch ihr seelischer Zustand besserte sich kein bisschen. Sie heulte teils stundenlang und verfiel ihren Depressionen. Sie ritzte sich weiterhin und blieb nur ihrer Freundin zu liebe am Leben. Sie verfluchte Anthony für alles, was er ihr angetan hatte, und gleichzeitig vermisste sie ihn auch so stark, dass es kaum auszuhalten war. Sie wünschte sich nicht nur ihren eigenen, sondern auch seinen Tod. Sie konnte nicht schlafen, weil das Verlangen nach seiner nächtlichen körperlichen Liebe zu groß war und auch, weil sie Alpträume hatte. Zusammengefasst dachte Stefanie, dass die Hölle nicht schlimmer sein könnte.
"Ich will dir wirklich helfen, Stefanie." Denise konnte sie gerade so weit beruhigen, dass sie sich zusammen an einen Tisch setzen konnten. Sie trank eine Tasse Kaffee, während Stefanie mit gesenkten Kopf auf ihrem Stuhl saß und sich für ihr Verhalten gegenüber ihrer Freundin schämte.
"Ich weiß, dass du dich richtig scheiße fühlen musst", sagte Denise in einem ernsten Tonfall. "Aber solange du an diesem Arschloch hängst, wirst du nicht glücklich, das verspreche ich dir."
"Ich kann aber nicht", sagte Stefanie, den Tränen schon wieder nahe.
"Was kannst du nicht?"
Kurze Pause. Sie zögerte, weil sie wusste, dass sie Denise enttäuschen würde.
"Ihn gehen lassen", sagte sie schließlich nach einem längeren Schluchzen.
Denise schwieg. Die Hoffnung schrumpfte, doch sie wollte nicht aufgeben. Sie fühlte sich zu sehr ihrer Freundin verpflichtet. Sie machte sich Vorwürfe und kämpfte gegen die immer größer werdende Verzweiflung an. Gab es denn wirklich nichts, was sie tun konnte, um diesem Alptraum ein Ende zu bereiten?
Und letztendlich sollte der Tag kommen, an dem sie einsehen musste, dass jeglicher Versuch, ihre Freundin zu retten vergeblich sein würde. Der Tag, als Anthony herausfand, wo Stefanie sich versteckt hielt.

Stefanie rannte die Treppe hinauf und den Flur entlang bis zum Schlafzimmer. Sie rammte die Tür hinter sich zu und wollte zuschließen. Sie betrachtete die Klinke und das Schlüsselloch und griff reflexartig mit der Hand nach dem Schlüssel bis ihr Gehirn registrierte, dass er verschwunden war. Der Schlüssel war nicht da.
"Du brauchst dich gar nicht erst zu verstecken", rief Anthony von unten herauf. "Ich krieg dich schon und dann bring ich dir eine neue Lektion bei."
Wo war der Schlüssel, verdammt? Sie versuchte fieberhaft sich daran zu erinnern, wo sie ihn das letzte mal gesehen hatte. Aber die Aufregung und die panische Angst bescherten ihrem Gedächtnis eine Blockade. Und die Gewissheit, dass Anthony bald hoch kommen würde, um mit ihr wer weiß was anzustellen steigerte ihre Angst nur noch mehr.
"Stefanie!", rief er, dieses mal etwas näher. Der Ton in seiner Stimme war wie ein Schlag in die Eingeweide. In wilder Panik fuhr sie herum und schaute sich ruckartig im Zimmer um. Hier irgendwo musste dieses blöde Stück Metall doch herumliegen. Irgendwo unter den Kissen, auf den Schränken oder dem Teppich... Oh, bitte lieber Gott, falls es dich geben sollte, dann lass mich den Schlüssel finden. Oder sorg dafür, dass Anthony die Treppe herunterfällt und sich das Genick bricht oder dass Leute von draußen den Lärm gehört und die Polizei gerufen haben, die jetzt bitte in die Wohnung stürmen mögen und...
"Stefanie", rief er erneut. Anthony musste jetzt die Treppe erklommen haben und war jetzt bestimmt nur noch ein paar Schritte von der Schlafzimmertür entfernt.
Stefanie erstarrte. Ihr kamen einfach keine Ideen, einen Ausweg zu finden. Das Herz raste wie in einer Extase, der Schweiß floss ihr in Bächen die Haut herunter und die Angst schaltete ihren Verstand komplett außer Betrieb.
Sie hörte seine Füße auf den Holzdielen dahinschreiten, langsam und kontrolliert. Daraus war zu entnehmen, dass er sich ihr immer mehr näherte. Und sie hörte auch ihren eigenen Atem, keuchend und hektisch. Ihr Brustkorb hob und senkte sich in einem Rhythmus, der dem Kessel einer rasenden Dampflok glich.
"Stefanie", sagte Anthony. Er brauchte jetzt nicht mehr laut rufen, denn er befand sich direkt vor der Schlafzimmertür. "Bist du soweit?"

Denise verließ mit voller Einkaufstüte den Supermarkt in ihrer Umgebung. Sie brauchte für ihren Einkauf im Durchschnitt meistens zwanzig Minuten, wenn man die Wegzeit mitrechnete. Und diese zwanzig Minuten waren für sie in der letzten Woche immer wieder zu einem Sorgenspaziergang geworden. Die Ungewissheit brachte ihr jedes mal Furcht und Angst ein. Sie befürchtete mit jeder Rückkehr vom Einkaufen, mit jedem Aufschließen ihrer Wohnungstür, dass sie ihre Freundin Stefanie entweder mit aufgeschnittenen Pulsadern in ihrer Badewanne oder gar nicht mehr vorfinden würde, weil sie sich eventuell auch aus dem Fenster gestürzt haben könnte. Oder (war diese Vorstellung nicht noch viel schlimmer?) sie könnte zu Anthony zurückgegangen sein.
Die Sonne wurde von dichten Wolken verdunkelt. Wind zog auf und wurde mit jeder Minute stärker. Ein Frühjahrsregen kündigte sich an und Denise spürte erste kleine Wassertropfen fallen, worauf sie ihren Schritt beschleunigte. Sie wartete an einer Hauptstraße mit dichtem Verkehr darauf, sie zu überqueren. Es war nach 15 Uhr und der Berufsverkehr war im vollen Gange. Der Strom von Autos riss nicht ab und sie beschloss nach längerem Warten, bis zur nächsten Fußgängerampel zu gehen. Regen setzte allmählich ein, erst vereinzelte Tropfen, anschließend nieseln. Der Wind zerstreute ihre Haare im Gesicht und sie musste mehrmals ihren Kopf nach hinten schütteln, um wieder freie Sicht zu bekommen.
Sie sah zwanzig Meter von sich entfernt, wie die Fußgängerampel auf Grün umschaltete und eine kleine Gruppe von Menschen sich aufmachte, die Straße zu überqueren. Denise beschloss, diese Grünphase noch zu erwischen und fing mit voller Einkaufstüte auf dem Arm an zu rennen. Sie wusste, dass es lange dauern würde, bis die Ampel das nächste Mal wieder auf Grün schaltete. Und sie wartete ungerne. In dieser Zeit könnte sonstwas passieren. Kostbare Minuten, in denen sie Stefanie vielleicht noch davon abhalten konnte, sich ein Messer in den Unterarm zu rammen oder sich aus dem Fenster zu stürzen. Bei ihr konnte man nie sicher sein. Sie war unberechenbar.
Fünf Meter vor der Ampel vernahm sie plötzlich das Geräusch einer Konservendose, die auf den Boden fiel.
"Verdammt", fluchte sie und registrierte, dass diese Dose nur von ihr stammen konnte und ihr aus der Tüte gefallen sein muss. Sie hielt inne und drehte sich um. Ihre Augen erfassten die Dose, auf dessen Etikett jede Menge Pilze abgebildet waren, wie sie auf dem Bürgersteig lag. Bis auf eine große Druckstelle schien sie unbeschädigt, vom Inhalt war noch nichts ausgelaufen. Denise lief zur Dose und stellte ihre Einkaufstüte daneben ab. Sie ging in die Hocke und griff danach, als eine fremde Hand plötzlich nach ihrer schnappte und sie unsanft wieder auf die Beine riss.
Vergessen war auf einmal die Fußgängerampel und die Pilzdose. Bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie verstand, was mit ihr geschah, zerrte sie Anthony in eine Hauseinfahrt und hinter die Grundstücksmauer. Er stieß sie mit dem Rücken gegen die Wand, was ihr einen ziemlich unangenehmen Schmerz bescherte. Sie erblickte sein Gesicht im gleichen Moment, als er ihr die Klinge eines Schnappmessers an die Kehle hielt.
Scheiße, dachte sie entsetzt vor Überraschung. Er ist total verrückt geworden. Nach wenigen Sekunden überfiel sie die pure Angst und ließ ihr Herz zu einem rasenden Tempo auflaufen. Sie spürte nicht mehr, wie sich eine warme Flüssigkeit in ihrer Hose ausbreitete.
"Die Schlüssel", sagte er mit einem solch ernsten Tonfall, dass man es fast unmöglich wagen konnte, Widerstand zu leisten. Denise Augen weiteten sich, ihr Unterkiefer hing schlaff herunter. Ein unangenehmer und zerrender Druck bildete sich auf ihrem Hals, als Anthony die Klinge seines Messers weiter nach vorne presste.
"Gib mir die scheiß Schlüssel, Miststück oder ich schneid dir deinen verdammten Kopf ab", sagte er, leise genug, dass es kein vorbeilaufender Passant hören konnte, aber laut genug, um seiner Stimme den nötigen Ausdruck zu verleihen und ihr mitzuteilen, dass er es gottverdammt nochmal ernst meinte.
Denise zögerte. Sie musste unweigerlich an Stefanie denken und daran, wie sie sich selbst geschworen hatte, auf sie aufzupassen und alles mögliche zu tun, um Anthony nicht mehr an sie heranzulassen. Es war ihre Freundin und sie konnte sie unmöglich im Stich lassen. Doch der immer größer werdende Druck an ihrem Hals ließ sie letztendlich doch nachgeben. Ihre Hand fuhr heftig zitternd in ihre Hosentasche und wühlte darin nach dem Schlüsselbund. Sie spürte, wie ihr die Luftröhre zu gedrückt wurde und sie kaum noch Luft bekam. Anthony ließ nicht einmal nach, als Denise ihm die Schlüssel schon vor die Augen hielt.
"Und wage es nicht noch einmal, mir in die Quere zu kommen, hast du das verstanden?" Er griff nach dem Schlüssel, ohne mit dem Messer von ihrem Hals abzulassen.
Denise versuchte zu nicken, um ihn zu beruhigen, traute sich aber nicht, ihren Kopf zu bewegen, da sie befürchtete, dass die Klinge dadurch nur noch tiefer in ihr Fleisch dringen könnte.
"Und zu deiner Information", brummte Anthony. "Wenn du die Polizei verständigen solltest, kann deine Freundin was erleben." Und darauf nahm er sein Messer und verschwand wieder auf der Straße.
Denise stieß einen lauten Seufzer der Erleichterung aus und sank auf die Knie. Sie zitterte am gesamten Leib und fasste sich an den Hals. Es blutete mehr, als sie befürchtet hatte. Doch es blieb jetzt keine Zeit, sich um die eigene Gesundheit Sorgen zu machen, dachte sich Denise und griff nach ihrem Handy.
Der Regen nahm erheblich zu und ging über in einen heftigen Niederschlag. Ihre Haare und ihre Kleidung waren innerhalb von wenigen Sekunden so klitschnass, dass sie an ihrer Haut klebten. Ihr Blut vermischte sich mit dem Wasser und rann über ihren Oberkörper. Mit nassen und vor Aufregung zitternden Fingern versuchte sie ihre eigene Festnetznummer auf der Handytastatur einzugeben. Sie brauchte mehrere Anläufe und musste einige Male korrigieren, bis die Nummer gewählt war und die Verbindung hergestellt wurde. Denise hielt sich das Handy ans Ohr und wartete mehrere Sekunden, bis der erste Rufton kam.
Komm schon, geh ran! Sie versuchte wieder aufzustehen und stützte sich dabei mit der freien Hand an der Mauer ab. Es klingelte ein zweites mal.
"Bitte geh ran", flehte sie.
Ein dritter Rufton. Dann der vierte.
Nach sechs mal Klingeln schaltet sich der Anrufbeantworter ein. Es war ihr im Prinzip egal, ob Stefanie ans Telefon ging oder nur den Anrufbeantworter hörte, aber sie musste sie vor Anthony warnen. Er würde nicht lange brauchen, um in ihre Wohnung einzudringen.
Der fünfte Rufton.
Denise schrie: "Geh ran!"

Mit einem lautstarken Krachen öffnete sich die Schlafzimmertür und wurde beinahe aus den Angeln gerissen. Anthony stand im Raum. Schweiß floss über sein zorniges, hoch errötetes Gesicht und seine Brust war ausgestreckt, als wolle er damit demonstrieren, dass nichts und niemand ihm etwas anhaben könne. Sein Blick suchte das gesamte Zimmer nach Stefanie ab und streifte von Ecke zu Ecke an jedem Möbelstück vorbei. Doch sie war nicht da.
"Komm schon", sagte er mit ruhiger Stimme. "Du brauchst dich nicht verstecken. Ich find dich so oder so. Mach es dir doch nicht so schwer."
Nichts tat sich. Im Zimmer herrschte totale Stille, bis auf das leise Ticken der Wanduhr. Anthony trat ein paar Schritte nach vorne und sah im Kleiderschrank nach. Nichts. Die Fenster waren alle verschlossen. Sie musste also noch in diesem Raum sein. Er ging auf die Knie und schaute auch unter dem Bett nach. Auch da war sie nicht. Doch in diesem Moment hörte er sie und ihm wurde sein Fehler bewusst. Er hatte vergessen, hinter der Tür nachzuschauen. Doch ehe er überhaupt reagieren konnte, stieß Stefanie hinter der geöffneten Tür hervor und schmetterte eine der Blumenvasen mit voller Wucht auf seinen Kopf hernieder. Sie zerbrach und Anthony fiel auf den Bauch. Für einen kurzen Moment schien er bewusstlos, seine Gedanken völlig benebelt und vor seinen Augen alles schwarz. Doch er riss sich zusammen und sammelte alle Kräfte, um wieder auf die Beine zu kommen. Er fuhr blitzartig herum und packte Stefanie, die gerade im Begriff war abzuhauen, an den Unterschenkel. Sie fiel und stauchte sich dabei den Knöchel. Mit zusammengebissenen Zähnen entriss sie ihren Fuß Anthonys Handgelenk und rappelte sich wieder auf. Humpelnd erreichte sie die Tür und verschwand im Flur.
Anthony fasste sich mit einer Hand an den Hinterkopf. Es blutete weniger, als er befürchtet hatte. Stefanie war halt eine schwache und unnütze kleine Schlampe. Und er würde sie für ihren Ungehorsam noch bestrafen. Überzeugt davon, dass er seine Freundin schon noch erwischen würde, stand er langsam wieder auf und ging zur Tür.

"Hallo?"
"Stefanie", schrie Denise aus dem Telefonhörer. "Verriegel sofort die Türen."
"Denise, was ist denn los?"
"Mach schon, was ich dir sage. Schieb den Riegel an der Wohnungstür vor und lass niemanden hinein. Um Gottes Willen, er ist fast bei dir."
"Wer? Denise, sag mir doch was los ist!"
"Tu es", brüllte sie aus Leibeskräften. "Verriegel die Tür! Verriegel die Tür! VERRIEGEL DIE TÜR!!!"
Stefanie ließ den Hörer fallen und blickte mit weit aufgerissenen Augen zur Wohnungstür. Nichts tat sich. Doch sie schluckte in dem Moment, als ihr der Grund einfiel, weshalb Denise so laut geworden war. Es konnte nur einen einzigen Grund dafür geben. Aus Jux und Tollerei heraus würde sie niemals so ausfällig werden.
Sie rannte durch´s Wohnzimmer bis in den Flur. Jeden Moment konnte die Tür aufgehen. Die Zeit bis zur Tür erschien ihr endlos. Ihre Bewegungen liefen in Zeitlupe ab und der Gang zur Wohnungstür erstreckte sich auf mehrere Kilometer. Die wenigen Sekunden, die sie brauchte, kamen ihr wie Minuten vor und die Bruchteile einer Sekunde, bis sie den Riegel vorgeschoben hatte, kaum weniger.
Keinen Augenblick später rastete ein Schlüssel von draußen in das Schloss und wurde herumgedreht.

Sie stolperte und fiel die Treppe hinunter. Durch den Aufprall zogen sich weitere Schmerzen durch ihren gesamten Körper. Sie landete auf den Knien und hoffte, dass sie noch halbwegs heil waren. Wenn nicht, so würde sie niemals vor Anthony fliehen können.
Bei dem Versuch aufzustehen, gaben ihre Füße nach und sie rutschte der Länge nach wieder hin.
"Stefanie", tönte es von oben.

"Stefanie", tönte es hinter der Tür.
"Verschwinde", brüllte sie. Sie sank auf die Knie herab.

"Mach es uns beiden...

...doch nicht so schwer!"

Sie kroch zur Küche, an ihrer bewusstlosen Mutter vorbei und hangelte sich an der Türklinke wieder auf die Beine. Mit schweren Schmerzen kam sie wieder zum Stehen. Doch zum Laufen fühlte sie sich nicht in der Lage. Sie brauchte einen Artzt. "Hau ab,...

...sieh zu, dass du wegkommst!"
"Komm schon, Baby. Mach die Tür auf!"

Dann sah sie zwei Meter von sich entfernt den Messerblock.

"Lass uns in Ruhe darüber reden." Sein Ton war so einfühlsam und freundlich, wie seit Wochen nicht mehr.

"Lass uns in Ruhe über alles reden, Schätzchen", rief er, während er langsam die Treppe herunter kam.
Stefanie stützte sich mit dem Ellebogen auf der Küchenplatte ab und kroch Zentimeter für Zentimeter nach vorne.

"Ich wüsste nicht, was du mir noch zu sagen hättest."
"Schätzchen, ich weiß, dass ich viel Mist gebaut habe", sagte Anthony geduldig. "Aber ich hab beschlossen, mich zu ändern, verstehst du?"

Noch einen Meter ungefähr.
"Wenn du mir nochmal verzeihst, dann vergessen wir das ganze."

"Ich war zur Kur und hab sogar mit dem Saufen aufgehört"
Stefanie fing wieder an, zu verzweifeln.
"Ich weiß, dass ich zu grob zu dir war", führte er seine Erklärung fort. "Ich weiß auch, dass es falsch war, dich wegen deiner Ritzerei zu bestrafen und dass ich besser hätte mit dir reden sollen."
Tränen flossen ihr über die Wangen. Ihr innerer Konflikt war erneut aufgewühlt.

Anthony setzte ruhig einen Fuß vor den anderen und stieg langsam Stufe für Stufe die Treppe hinab.
Noch etwa einen halben Meter...

"Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir alles tut und ich es so gerne wieder gut machen würde."

Anthony hatte den Fuß der Treppe erreicht. "Stefanie, wir gehören zusammen. Ich würde alles für dich tun. Es ist doch nur zu deinem besten."
Eine Armlänge entfernt...

"Bitte gib mir noch ´ne Chance!"

Handlänge...

"Es tut mir alles so leid."

Stefanie nahm das Messer.

Der Riegel fuhr aus dem Schloss zurück.

Sie drehte sich zur Küchentür.

Die Wohnungstür öffnete sich.

Anthony erblickte sie, als er die Küche betrat.

Sie blickte ihm mit Tränen in den Augen ins Gesicht.

"Stefanie, leg das Messer weg!"
"Fick dich", keifte sie zurück.
"Schätzchen, mach keinen Quatsch."
"Lass mich in Ruhe!"
Er näherte sich langsam und mit erhobenen Händen.
"Bleib zurück", schrie sie und stach in seine Richtung.
"Gib mir das Messer, du hast doch gar nicht den Mumm dazu."
"Leg es nicht drauf an."
"Gib mir das Messer."
"Bleib zurück!"
"Gib mir das Messer."
"Geh weg!"
"Verdammte Scheiße nochmal, gib mir endlich das Messer."
"NEIN! Und wenn ich uns beide umbringe, mir ist es egal."
"Du Miststück, gib endlich her..."
"NEIN..."

Anthony wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht. "Oh, Stefanie, es tut mir so leid."
Dann fiel sie ihm um die Arme und drückte ihn fest an sich. "Mir tut es auch leid." Sie wusste nicht, ob sie aus Trauer oder aus Freude weinte.
"Lass uns nach Hause fahren und glücklich zusammen leben. Nur wir beide."
"Ja, das will ich auch."
"Ich liebe dich, Stefanie."
Ein Schluchzen der Glückseeligkeit.
Und für diesen einen Moment glaubte sie, dass nichts und niemand mehr auf der Welt ihren Seelenfrieden stören könnte. Sie war so glücklich, wie seit Anfang der Beziehung nicht mehr.
"Ich liebe dich auch, Anthony."

 

Dies ist mein erster Kurzgeschichten-Beitrag. Vielleicht nicht eine meiner der besten, aber vielleicht eine der schockierendsten. Vom Thema her passt sie vielleicht nicht ganz ins Horrorgenre, aber durch die darin enthaltene Gewalt und Brutalität wird das wieder ausgeglichen. Eine bessere Kategorie wollte meiner Meinung nach nicht ganz passen.
Es ist ein Experiment mit der Parallelmontage, die gegen Ende etwas hektischer wird. Bin mal gespannt, was ihr dazu meint.

Dankeschön!

 

Hallo Bantam,

mir hat die Geschichte gefallen. Das Thema ist zwar nicht grade neu, aber es war sehr spannend geschrieben.

Ich fand´s nur etwas unrealistisch, dass die Mutter auch sofort zuschlägt. An ihrer Stelle hätte ich meine Tochter getreten, zur Polizei zu gehen oder so.

Am Ende hast du die Gegenwart kursiv gemacht und nicht die Vergangenheit. Oder war das Absicht?

Freu mich jedenfalls bald wieder was von der zu lesen.

mfg

pina colada

 

Tach Bantam!

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mir so "unphantastische" Themen weniger zusagen, weswegen das hier auch nicht eine sonderlich konstruktive Rückmeldung wird. Aber Deine Schreibe hat das Ganze echt spannend gemacht! Hut ab! Dieser Wechsel zwischen Jetzt und Rückblende war gelungen, Du formulierst rund und ausgewogen - fand ich echt gut zu lesen. Nur das Thema war halt nicht meine Kiste ... aber das ist ja Geschmackssache. Aber ich wollte Dir auf jeden Fall trotzdem was melden.
Nämlich: Spannend, spannend, spannend! :)

Dass bei den letzten beiden Absätzen Normal und Kursiv vertauscht wurden, halte ich mal für ein Versehen?!

Also: Bei dem Stil könntest Du mir mit einer phantastischen Prämisse eine Freude machen. :)

An Vertippern ist mir nur noch das in Erinnerung:

"näherte sie sich im rückwärts gehend" - da ist was zu viel

"Glückseeligkeit" - nur mit einem e (es sei denn die neue RS sagt was Anderes)

"Artzt" - nur mit einem t

"..." - vor die kommt immer ein Leerzeichen (es sei denn sie brechen ein Wort mittendrin ab)

So, das wär's von mir. Bis denne,
Fisch

 

Vielen lieben Dank an die Leser. :thumbsup: Ich habe es jetzt erst bemerkt, dass bei den letzten zwei Absätzen kursiv und normal falsch gesetzt wurden, also ein Versehen. Danke für den Hinweis, ich denke nicht, dass es weiter stört.
Danke auch für die Kritik. Die Person Mutter war auch diejenige, mit der ich mich am wenigsten auseinander gesetzt habe. Sie soll eigentlich von jemandem (wer ist egal) die Nachricht erhalten haben, dass ihre Tochter von Anthony schwer misshandelt wird und darauf wutentbrannt und ohne Nachzudenken im Mutterinstinkt auf ihn losgeht.

@ Fischstaebchen: Welche Themen interessieren dich denn nun so konkret? Vielleicht finde ich etwas aus meinem Archiv?;)

Vielen Dank nochmal und schöne Grüße.

 

Hallo Bantam!

Das ist eine der realistischsten Geschichten, die ich hier zu dem Thema bisher gelesen habe, dazu noch ein toller Aufbau, der der Spannung gut tut, und – abgesehen von ein paar Kleinigkeiten – sehr schön erzählt ist.

Nur ein Beispiel für Deine wirklich glaubwürdigen Beschreibungen:

Alleine der Ausdruck "misshandelt" setzte Stefanie so sehr zu, dass sie erneut in ein jämmerliches Heulen ausbrach. Denise setzte sich zu ihr und legte einen Arm um ihre Schulter. Sie streichelte sie sanft und versuchte sie durch gutes Zureden zu beruhigen, doch es half nichts. Stefanie hatte innerlich bereits mit ihrem Leben abgeschlossen. Sie konnte nicht mit Anthony und auch nicht ohne ihn. Sie wusste, dass sie es nicht überleben könne, wenn sie die Beziehung weiterhin aufrecht erhalten würde. Doch sie hatte Angst davor, ihn zu verlassen. Angst vor dem, was er ihr antun könnte.
Die Gefühle, die Ängste, das innere Aufgeben … Du stellst mich vor ein Rätsel: So glaubwürdig kann man das fast nicht schreiben, ohne eigene Erfahrungen, aber für die Rolle der Stefanie hast Du das falsche Geschlecht. Bleibt wohl nur die Möglichkeit, daß Du einfach ein sehr aufmerksamer Zuhörer bist, evtl. sogar in der Rolle von Denise steckst. Jedenfalls hast Du Dir damit meine volle Anerkennung verdient – Du weißt, wovon Du schreibst.

Einzig hier …

Sie wünschte sich nicht nur ihren eigenen, sondern auch seinen Tod. Sie konnte nicht schlafen, weil das Verlangen nach seiner nächtlichen körperlichen Liebe zu groß war und auch, weil sie Alpträume hatte.
… würde ich noch etwas ausführlicher werden. Auch, wenn es Stefanie wahrscheinlich nicht bewußt ist, würde ich stärker hervorheben, daß es eigentlich nicht die sexuelle Befriedigung ist, wonach sie sich sehnt, sondern das kleine bisschen Liebe, das sie, in der Hoffnung, er würde sie tatsächlich lieben, dabei zu spüren meint. Wie ein Hungernder über jeden Bissen froh ist, den er vor die Füße geworfen bekommt.

Außerdem würde ich die Geschichte nach Gesellschaft verschieben lassen, dort gehört so ein Thema nämlich hin – überhaupt, wenn es so realistisch beschrieben ist. :)

Soweit zum angenehmen Teil – jetzt noch was zum Arbeiten:

»"Ich mach auf, warte hier", sagte Anthony und begab sich zur Haustür. Stefanie blieb in ihrem Sessel sitzen und hatte sich schon längst wieder mit voller Aufmerksamkeit dem Bildschirm zugewendet.«
– »schon längst wieder« paßt hier meiner Meinung nach nicht, ich würde es überhaupt ganz normal erzählen: und wandte sich wieder mit voller Aufmerksamkeit dem Bildschirm zu.

»Und dass nur, weil der Schauspieler, den er nicht einstellen wollte,«
– das

»Sie hatten den Film schon mindestens fünf mal gesehen«
– fünfmal oder fünf Mal

»"Du dreckiges Schwein", brüllte eine schrille Stimme«
»"Nicht, Mutter", rief sie ihr zu.«
– wenn jemand schreit oder ruft, würde ich da auch ein Rufzeichen machen

»Doch diese holte bereits ein zweites mal aus und schlug so kräftig, wie sie nur konnte Anthony in den Bauch.«
– zweites Mal
– schlug so kräftig, wie sie nur konnte, Antony in den Bauch

»Ruckartig riss er sein Oberkörper wieder nach vorne«
– seinen Oberkörper

»"Wenn du sie noch einmal anrührst..."«
– Leertaste vor die drei Punkte (kommt auch im restlichen Text noch einige Male vor, ich zähle aber nicht alle auf; die Leertaste entfällt nur, wenn ein Wort unvollständig ist)

»Stefanie schrie...«
– wie/was schrie sie? (+ Leertaste)

»Sie hatten ihn eines Abends in einer Disco kennen gelernt.«
– kennengelernt (kennen gelernt hat sie ihn erst später)

»und tanzte ein wenig. Anthony war einer von zwei Kerlen, von denen sie die ganze Zeit beobachtet wurde. Sie bemerkte das und amüsierte sich ein wenig darüber,«
– zumindest eins der beiden »ein wenig« solltest Du weglassen, eigentlich sollte man sie aber überhaupt vermeiden.

»sie hatte sich ein paar mal mit ihm unterhalten«
– ein paarmal

»Wenn sie sich heute an den Tag versuchte zu erinnern,«
– schöner: Wenn sie heute versuchte, sich an den Tag zu erinnern, … (oder auch: Wenn sie sich heute an den Tag zu erinnern versuchte)

»den Bus genommen hatten oder zu Fuß waren.«
– zu Fuß unterwegs waren, zu Fuß gegangen sind

»Fast die gesamte Nacht durch.«
– hindurch

»brüllte Stefanies Mutter, trotz dass sich Anthonys Finger allmählich in ihr Fleisch bohrten.«
– »trotz dass« ist nicht besonders schön, eine Alternative wäre »obwohl«, aber das scheint mir zu schwach für die Aussage. Wie wäre es mit »ignorierend, dass sich Antonys Finger …«?

»Als das keine Wirkung zeigte trat sie mit ihren Füßen um sich,«
– zeigte, trat

»was Stefanie erneut Anlass dazu gab laut aufzuschreien.«
– gab, laut

»Mit langsamen und vorsichtigen Schritten näherte sie sich im rückwärts gehend der Treppe zum Obergeschoss.«
– entweder ohne »im« oder »im Rückwärtsgang«

»als sie die Hand wieder hervorholte erblickte sie jede Menge Blut daran.«
– hervorholte, erblickte

»"Willst du mich etwa K.O. schlagen?«
– klein: k.o.

»Sie war in der Küche, als er wieder nach Hause kam«
– »wieder« würde ich streichen

»Das Radio brachte etwas ziemlich rockiges von Genesis: "I Can´t Dance", einen alten Klassiker, als Phil Collins noch mit dabei war.«
– etwas ziemlich Rockiges
– die ganze Zeit lief nur diese eine Nummer? Ich finde das hier keine besonders gut passende Stelle, um Dein Musikwissen einzubringen. ;)

»Stefanie warf ihm ein "Hy, Schatz." zu,«
– »Hi, Schatz«, und ohne Punkt nach »Schatz«

»Stefanie erschrak und fuhr herum, wobei sie die Flasche beinahe hätte fallen gelassen«
– meiner Meinung nach: »beinahe fallen gelassen hätte«

»"I-Ich... w-w-weiß es nicht", stotterte sie wobei ihre Lippen zitterten.«
– I-ich …
– sie, wobei (und schon das dritte »wobei« innerhalb des Absatzes, vielleicht kannst Du da noch was umformulieren ;))

»Sie fing an noch heftiger zu zittern, weil sie jeden Moment seine Ohrfeige erwartete.«
– Sie zitterte noch heftiger

»"Wenn du mich noch einmal anfässt kannst du was erleben",«
– anfasst, kannst

»Und Anthony brüllte zu ihr zurück:«
– das »Und« würde ich streichen

»Er betonte jedes mal das Wort "ausdrücklich" so scharf,«
– »jedesmal« oder auch »jedes Mal«

»nur dass dieses Echo nicht verhallte sondern in einer endlosen Schleife«
– verhallte, sondern

»Und in diesem Moment schnellte Anthonys Faust hervor. Und Stefanies Mutter bekam seine Wucht zu spüren,«
– mindestens das erste »Und« kannst Du streichen, besser aber beide

»Stefanie schrie ein weiteres mal.«
– ein weiteres Mal

»seit er ihre Narben zum ersten mal bemerkt hatte.«
– zum ersten Mal

»Und seit dem hatte sie noch mehr Angst davor gehabt, sich ein weiteres mal erwischen zu lassen.«
– seitdem (zusammen)
– ein weiteres Mal
– das »Und« am Beginn würde ich streichen

»Anthony hatte sie für ihre Tolpatschigkeit des öfteren geschlagen.«
– Tollpatschigkeit des Öfteren

»Und jedes mal setzte es eine kräftige Ohrfeige.«
– jedesmal oder jedes Mal

»Und trotzdem liebte sie ihn und brachte es nicht fertig, ihn zu verlassen.«
– der Satz braucht kein »Und«

»Ihre tolpatschige und schwache Art musste bestraft werden,«
– tollpatschige

»Und sie war auf dem psychischem Weg, sich seine Bestrafungen gefallen zu lassen«
– schon wieder ein »Und« ;-)
– »psychischen« würde ich weglassen, der Leser weiß auch so, wie es gemeint ist.

»Sie wandelte auf dem Pfad der Gedanken von "Ich verdiene es, zu leiden." hin zu "Ich will leiden."«
– … leiden (ohne Punkt)“ hin zu „Ich will leiden“.

»Und beim Anblick des Blutes empfand sie jedes mal eine gewisse Befriedigung,«
– jedesmal oder jedes Mal
– auch dieses »Und« ist entbehrlich

»Er traf sie am Beckenknochen und Schmerzen zerrten durch ihren gesamten Körper.«
– Schmerzen zerren nicht (zerren braucht ein »an«), sie ziehen

»Es war nicht der Schlag und der Fußtritt, die Stefanie noch so lange Zeit nachher zusetzten,«
– »Es waren nicht der Schlag und der Fußtritt«
– besser wäre »danach« statt »nachher«

»Worte, die ihr Vater vor so vielen Jahren immer wieder verwendet hatte: Nutzlos, unfähig, dumm...«
– da nur eine Aufzählung nach dem Doppelpunkt folgt: nutzlos

»Sie hatte zwar nichts dagegen, wenn er sie schlug,«
– würde das »sie« wegen der Betonung kursiv schreiben

»dass sie zu keinen weiteren Gegenschlag mehr fähig war.«
– zu keinem weiteren

»Es war noch nicht das letzte mal, dass er ihre Narben sehen sollte. Entgegen seiner Drohungen, ritzte sie sich weiter.«
– das letzte Mal
– im zweiten Satz keinen Beistrich (kein Komma)
– würde noch »Verbote« einfügen: Entgegen seiner Verbote und Drohungen ritzte …

»dass es schon gar nicht mehr aufhören wollte zu bluten.«
– entweder »wollte, zu bluten« oder »gar nicht mehr zu bluten aufhören wollte«

»Und es wäre womöglich auch so gekommen, wenn Anthony nicht eines Abends plötzlich die seltsamen Unreinheiten auf ihren Beinen bemerkt hätte.«
– der Satz davor beginnt ebenfalls mit »Und«
– ich würde hier nicht von »Unreinheiten« sprechen, sondern von »Unebenheiten«

»wenn sein "Eigentum" nicht das tat, was er verlangte.«
– die Anführungszeichen sind meiner Meinung nach nicht nötig

»heulte Stefanie, ihre Hände schützend über den Kopf haltend.«
– schöner fände ich: und hielt ihre Hände schützend über den Kopf.

»"Bitte, bitte, BITTE..." schallte Stefanie wie durch Lautsprecher verstärkt durch die Wohnung.«
– statt der drei Punkte (Leertaste!) würde ich ein Rufzeichen machen
– außerdem würde ich es auf ihre Stimme beziehen, denn nicht Stefanie, sondern ihre Stimme schallt, wie durch Lautsprecher verstärkt, oder?

»"Schrei nur", sagte er. "Dich wird sowieso niemand hören, Stefanie."«
– »Stefanie« würde ich weglassen

»Und die Temperatur stieg immer weiter an.«
– es wird nicht spannender durch das »Und«. ;)

»"Und das nächste mal", sagte Anthony. "Werde ich mir dein Gesicht vornehmen, Schätzchen." Und damit ging er wieder nach oben,«
– das nächste Mal“, sagte Anthony,werde
– Und wieder so ein »Und«.

»und ließ kaltes Wasser drüber laufen. Und als ihre Schreie allmählich nachließen,«
– würde statt dem verkürzten »drüber« »darüber« oder »über die Hand« schreiben
– Und dann war da noch Dein Lieblingswort. ;-)

»Blut rann aus ihrer Stirn und verteilte sich gleich darauf im Gesicht.«
– wie gefällt Dir »Blut rann von ihrer Stirn über ihr Gesicht«? Jedenfalls würde ich das »aus« in ein »von« ändern.

»Stefanie schaute an sich herab und erötete vor Scham,«
hinab und errötete

»Hast du dir das schon Mal angeschaut?«
– schon mal (als verkürztes »einmal« immer klein)

»"Und dass du manchmal mit einem blauen Auge herumrennst hast du doch«
– herumrennst, hast

»Und sie selber hatte bis jetzt noch nichts davon geahnt. Oder hatte sie es geahnt? Wollte sie es nur nicht wahr haben?«
– schöner: selbst (selber ist umgangsprachlich)
– zusammen: wahrhaben

»machte ihr das Essen und versorgte ihre Wunden.«
– das klingt wie »macht ihr das Bett«, würde schreiben »machte ihr etwas zu essen«

»"Wie lange geht das schon?", sagte sie im strengen Tonfall.«
– in strengem Tonfall (und statt »sagte« würde ich »fragte« schreiben)

»Ich will wissen, wie lange er dich schon misshandelt?«
– entweder Punkt oder Rufzeichen, das ist keine Frage, sondern eine Aufforderung

»blieb nur ihrer Freundin zu liebe am Leben.«
– zusammen: zuliebe

»weil das Verlangen nach seiner nächtlichen körperlichen Liebe zu groß war«
– nächtlichen, körperlichen Liebe (und ich meine, auch nach »war« gehört ein Beistrich, bin mir aber nicht sicher)

In dem Absatz fallen mir gerade einige »dass« auf (ab »Alleine der Ausdruck „misshandelt“«)

»Und letztendlich sollte der Tag kommen, an dem sie einsehen musste, dass jeglicher Versuch, ihre Freundin zu retten vergeblich sein würde.«
– Wenn Du alle überflüssigen »Und« streichst, spart sich der Leser ein Blatt Papier beim Ausdrucken. :p
– retten, vergeblich

»Sie versuchte fieberhaft sich daran zu erinnern, wo sie ihn das letzte mal gesehen hatte.«
– fieberhaft, sich
– das letzte Mal

»Und die Gewissheit, dass Anthony bald hoch kommen würde, um mit ihr wer weiß was anzustellen steigerte ihre Angst nur noch mehr.«
– Es scheint sich um den Und-Virus zu handeln, hoffentlich ist der nicht ansteckend. ;-)
– zusammen: hochkommen
– anzustellen, steigerte

»Oder sorg dafür, dass Anthony die Treppe herunterfällt«
hinunterfällt

»Anthony musste jetzt die Treppe erklommen haben und war jetzt bestimmt nur noch ein paar Schritte von der Schlafzimmertür entfernt.«
– das zweite »jetzt« kannst Du streichen

»der Schweiß floss ihr in Bächen die Haut herunter«
hinunter

»Denise verließ mit voller Einkaufstüte den Supermarkt in ihrer Umgebung.«
– »in ihrer Umgebung« würde ich streichen

»Und diese zwanzig Minuten«
– ohne Worte ;-)

»Die Ungewissheit brachte ihr jedes mal Furcht und Angst ein. Sie befürchtete mit jeder Rückkehr vom Einkaufen,«
– jedesmal
– Furcht/befürchtete

»Es war nach 15 Uhr und der Berufsverkehr war im vollen Gange.«
– in vollem Gange
– Zahlen sollte man in Geschichten ausschreiben, solange sie keinen Buchstabenwurm ergeben: fünfzehn

»Regen setzte allmählich ein, erst vereinzelte Tropfen, anschließend nieseln.«
Nieseln oder anschließend nieselte es

»Und sie wartete ungerne.«
– ungern (mit e hört es sich komisch an)
– Und *hüstel*

»Ihre Augen erfassten die Dose, auf dessen Etikett jede Menge Pilze abgebildet waren,«
– die Dose, auf deren Etikett

»Denise Augen weiteten sich,«
– bin mir nicht sicher, aber es muß entweder »Denises« oder »Denis’« heißen

»Gib mir die scheiß Schlüssel, Miststück oder ich«
– Miststück, oder

»auf sie aufzupassen und alles mögliche zu tun,«
– alles Mögliche

»Sie spürte, wie ihr die Luftröhre zu gedrückt wurde und sie kaum noch Luft bekam.«
– zusammen: zugedrückt
– den letzten Teil würde ich umdrehen: und sie bekam kaum noch Luft (in dem Fall aber mit Beistrich nach »wurde«), denn »Sie spürte, wie … sie kaum noch Luft bekam« klingt etwas seltsam.

»Und darauf nahm er sein Messer und verschwand wieder auf der Straße.«
– statt »Und darauf« würde ich »Daraufhin« oder »Danach« schreiben

»Nach sechs mal Klingeln schaltet sich der Anrufbeantworter ein.«
– sechs Mal

»packte Stefanie, die gerade im Begriff war abzuhauen, an den Unterschenkel.«
– war, abzuhauen, an den Unterschenkeln.

»Sie rannte durch´s Wohnzimmer bis in den Flur.«
– durchs ohne Apostroph

»"Mach es uns beiden...

...doch nicht so schwer!"«
– wofür der Zeilenabstand? Reichen die drei Punkte nicht? :susp:

»Sie brauchte einen Artzt. "Hau ab,...«
– Arzt
– Hau ab … (ohne Beistrich, aber mit Leertaste)
– auch hier brauchst Du keinen Zeilenwechsel

»Stefanie stützte sich mit dem Ellebogen auf der Küchenplatte ab«
– entweder Ellbogen oder Ellenbogen

»"Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir alles tut und ich es so gerne wieder gut machen würde."«
– zusammen: gutmachen
– Vorschlag: und wie gerne ich es wieder gutmachen würde

»Es ist doch nur zu deinem besten."«
Besten

»"Du Miststück, gib endlich her..."
"NEIN..."«
– beide sagen das glaub ich nicht mit drei Punkten, sondern mit Rufzeichen. ;-)

»Dann fiel sie ihm um die Arme und drückte ihn fest an sich.«
– oder doch »in die Arme«?

»Ein Schluchzen der Glückseeligkeit.«
– hat nichts mit Seele, sondern mit selig zu tun: Glückseligkeit

»Und für diesen einen Moment glaubte sie,«
– … daß das alles war, aber dann fand sie noch ein »Und« … :D

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi,

Vielen lieben Dank für deinen ellenlangen Beitrag, dein Lob, das Auskramen dieser Geschichte und deine Korrekturen. Da les ich seit Langem mal wieder etwas positives und dann zu einer Geschichte, die ein Jahr alt ist. ;)

Du stellst mich vor ein Rätsel: So glaubwürdig kann man das fast nicht schreiben, ohne eigene Erfahrungen, aber für die Rolle der Stefanie hast Du das falsche Geschlecht. Bleibt wohl nur die Möglichkeit, daß Du einfach ein sehr aufmerksamer Zuhörer bist, evtl. sogar in der Rolle von Denise steckst.
Hmmm... Das ist eine gute Frage. Also ich kann erstmal verneinen, dass ich selber nicht in der Rolle der Stefanie stecke, so viel steht fest. Dann sehe ich mich schon eher als Denise, die (vorerst) stille Beobachterin. Ich habe in den letzten Jahren so viele Menschen mit dem Borderline-Syndrom kennengelernt, die selbstverletzendes Verhalten an den Tag legen oder von ihren Partnern schlecht behandelt werden... ich musste einfach etwas dazu schreiben.
Nach dem Entschluss, eine Geschichte über eine Frau mit Borderline zu schreiben, habe ich angefangen zu recherchieren und mir Berichte über Menschen, die ritzen oder sich selbst verstümmeln, gelesen.
Stefanie ist dementsprechend angelegt: Ihr Selbstwertgefühl war noch nie richtig groß. Doch das, was sie davon noch hatte, wird von Anthony zerstört, so dass die Möglichkeit einer Heilung eigentlich unmöglich wird.
Um diese Tatsache zu erkennen, funktioniert Denise als von vornherein gescheiterter Mentor.

Ich erzähle sozusagen keine eigenen Erfahrungen, sondern mehr die der Menschen, die ich getroffen habe und die ihre zerstörte Seele offenbart haben. Und wenn man das schafft, hat man schon fast alles erreicht, denn heilen kannst du solche Menschen nicht...

OK, deine Korrekturen muss ich bei Gelegenheit mal umsetzen, danke noch mal für deine Mühen. :-)

Gruß
Bantam

 

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