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Rote Lippen sollten lachen

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20.12.2009
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Rote Lippen sollten lachen

Es klingelte zweimal, plötzlich stand diese Frau vor der Tür. Als ich sie öffnete sah ich zunächst schwarze Stiefel mit hohen Absätzen, enge, dunkelblaue Jeans, einen dunkeln Herbstmantel, darunter eine rote Bluse mit kleinen goldenen Knöpfen und einen leichten, weissen Seidenschal mit gestickten weissen Blumen darauf. Sie war schlank und ich denke um die 30. Die Frau trug einen riesigen, geflochtenen Hut mit einem roten Band darum gebunden. Da sie den Kopf zu Boden gesenkt hatte, sah ich zuerst gar nichts von ihrem Gesicht, sondern nur den Hut. „Guten Tag“, sagte ich zu der Unbekannten. Sie hob ihren Kopf und schob mit ihren langen Fingernägeln ihr schwarzes, gelocktes Haar beiseite, sodass ich ihr Gesicht sehen konnte. Ihre Lippen glänzten feuerrot und ihre Wangen waren rosa. Als ich ihre Augen erkennen konnte wusste ich, es musste etwas Schlimmes passiert sein. Sie funkelten, als ob gleich eine Träne runterkugeln würde. Sie wirkte, als ob sie Mitleid für mich empfinden müsste, aber andererseits auch vollkommen gelassen, nicht ein bisschen aufgewühlt, bis sie endlich das aussprach, warum sie gekommen war. „ Wer sind Sie und was wollen Sie?“, fragte ich. „Komm bitte mit, es ist etwas Schlimmes passiert“ . In diesem Augenblick als sie diese Worte sprach, und als ich mich wieder auf ihre roten Lippen fixierte und auch ihre schneeweissen Zähne zum Vorschein kamen wurde mir plötzlich alles klar.
Es war nicht das erste Mal, dass ich diese Frau gesehen hatte, diese roten Lippen, diesen hohen Absätze, diese glänzenden hellblauen Augen und ihr strahlendes Lachen, das aber diesmal fehlte. Ich versuchte mich zurück zu erinnern, wo ich sie schon einmal gesehen hatte. Es war nicht nur einmal, auch nicht zweimal. Es war schon öfters, aber sie wäre mir nie richtig aufgefallen, hätte sie nicht immer ihren knallig roten Lippenstift getragen. Ausserdem, wenn ich mich zurück zu erinnern versuchte, war es auch nicht immer am selben Ort, dass ich sie traf. „Wo war das bloss?“, fragte ich mich gequält, während ich der Frau auf die Lippen starrte. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit als ich mich zu erinnern versuchte, dabei dauerte es wahrscheinlich nicht einmal so lange.
Auf einmal standen mir die einzelnen Begegnungen wieder direkt vor Augen. Ich konnte mich aber nicht erinnern, dass ich immer glücklich war als ich sie sah, doch sie und ihre roten Lippen strahlten immer. Einmal weiss ich noch, war ich spazieren gegangen und hatte mich auf eine Bank am See gesetzt, da kam diese Frau und setzte sich neben mich, doch sie sagte nichts und ich war ohnehin daran, mich auf den Weg nach Hause zu machen. Das war glaube ich das zweite Mal dass ich sie sah, soweit ich mich erinnern kann. Ein weiteres Mal sah ich sie noch an einem nebligen morgen am Bahnhof, sie starrte mich an, sie lächelte, doch ich war misstrauisch ihr gegenüber. Eine Person, die nur lächelt und nie spricht, so etwas ist seltsam, als ob man sie verstehen sollte ohne dass sie etwas sagte. Ich verstand sie jedenfalls nicht. Ich sah sie oft dann, wenn es mir nicht gut ging. Doch seltsam war, immer wenn ich sie gesehen hatte, ging es mir nachher gleich viel besser, und ich konnte wieder lachen.
War das etwa auch sie? Plötzlich fiel es mir wieder ein, es war an einem Montag, ich ging nicht zur Schule, da es mir schlecht ging. Mein Freund, mit dem ich schon zweieinhalb Jahre zusammen gewesen war, hatte Schluss gemacht und ich konnte drei Tage lang fast nichts essen und weinte vor dem Fernseher, er sagte mir er habe mich seit einem Jahr betrogen. Wie ich ihn hasste! Da an diesem Montag nichts Gutes im Fernsehen kam, schaute ich mir eben eine Kochsendung an, was ich sonst nie tat. Diese wurde von der Frau moderiert, eben dieser Frau mit den roten Lippen! Sie backte einen riesig grossen Schokoladenkuchen und als er fertig war, zwinkerte sie in die Kamera. Sie sah wie immer sehr gepflegt aus und trug roten Lippenstift. Nach dieser Sendung ging es mir dann besser, ich backte mir auch gleich einen Kuchen. Ich glaube aber, das war auch nicht das letzte Mal, dass ich die Frau gesehen hatte, bevor sie dann vor meiner Haustür stand.
Als ich meine Augen endlich von ihren Lippen lösen konnte und somit auch meine Gedanken nicht mehr herumschwirrten, ging ich mit ihr mit. Sie wollte mir etwas zeigen. Mit so etwas hätte ich jedoch nicht gerechnet. Es war bis jetzt eigentlich ein perfekter Tag gewesen, es war Ende Herbst, die gelb-braunen Blätter wurden vom Wind hin und her gefegt und legten sich dann im Bach neben unserem Haus nieder. Die Frau führte mich zu diesem Bach. Dort lag ein Auto, völlig zerstört lag es zur Hälfte im Wasser, ein breiter Ast hatte die Vorderscheibe durchschlagen. Ich wusste gleich, dass es das Auto meines 23 jährigen Bruders war. Er wollte mich abholen kommen, um nach längerer Zeit wieder mal in unser Lieblingsrestaurant essen zu gehen. Es war aber keiner mehr im Auto. Ich warf einen Blick in den Bach, und wie das Wasser das hineinträufelnde Blut von der Vorderscheibe wegspülte, flossen auch alle Erinnerungen der schönsten gemeinsamen Zeiten meines Bruders und mir vor meinen Augen vorbei. Er war mein allerbester Freund. Als die kleinen Wellen an einem spitzen herausragenden Stein zerbrachen, wurde mir klar, dass auch für mich der einzige lebendige Teil in meinem Herz zerbrechen würde, wenn ich meinen Bruder, die wichtigste Person in meinem Leben, verlieren würde. Sofort brach ich in Tränen aus aber ich konnte nicht schreien denn der Schock verschlug mir die Stimme. Die Frau nahm mich in den Arm, tröstete mich und weinte zugleich. Es war ein riesiger Zufall, dass sie gleich in diesem Augenblick durch den schmalen Waldweg lief und den Unfall sah. Sie hatte meine Mutter gleich informiert, die schon bei meinem Bruder im Krankenhaus war.

Er lag nun schon vier Monate im Koma. Ich wartete endlos auf einen Anruf vom Spital, der mein Leben endlich wieder in Ordnung bringen sollte. Ich besuchte ihn so oft ich konnte und erzählte ihm weiterhin alles wie früher, wenn wir allein waren. Ich war mir sicher, dass er mich hören konnte. Als ich einmal drei Stunden bei meinem Bruder war, öffnete sich die Tür, eine neue Tür könnte man sagen. Es kam eine Krankenschwester hinein, die ich vorher noch nicht gesehen hatte. Noch nicht als Krankenschwester, aber ich kannte sie. Ihre roten Lippen lächelten mich an. „ Guten Tag“ . Ich wusste von diesem Zeitpunkt an, dass auch ich bald wieder lächeln würde.

Zehn Jahre später, ich bin jetzt 29 Jahre. „Schatz können wir los?“, ruft mein gutaussehender Verlobter ins Badezimmer. „Ja ich komme gleich, ich muss nur noch kurz meine Haare hochstecken.“ Ich schiebe die Haarklammer in meine schwarzen Locken und sprühe noch ein letztes Mal Haarspray hinein. Alles perfekt? Nur noch der letzte Schliff, ein Griff in das Schminkkästchen. So, noch ein letzter Blick in den Spiegel, fast hätte ich den roten Lippenstift vergessen, und der darf garantiert nie fehlen! Die hohen Stiefel an, noch ein kleines Lächeln in den Spiegel, wir können los. „Ich komme schon, leg mir doch bitte schon den Mantel bereit!“
An der angesagtesten Silvesterparty dieses Jahres treffen wir viele Leute, unter anderem meinen Exfreund, der mich betrogen hatte, er ist ohne Begleitung. Er arbeitet jetzt auch als Anwalt wie mein Verlobter. „Sieht sie nicht hinreissend aus?, wir haben uns vor kurzem verlobt.“, sagte mein Verlobter zu ihm. Meine roten Lippen lächelten ihn an, ein klein bisschen schadenfroh, ich zupfte ihn am Ärmel „Komm lass uns meine Familie suchen gehen, sie warten beim Eingang.“
Die Frau mit den roten Lippen hatte ich lange nicht mehr gesehen seit dem Unfall, bis jetzt, immer wenn ich in den Spiegel schaue. Ich bin viel selbstständiger geworden und glaube nicht immer gleich an das Schlimmste oder dass alles schief geht, denn die Hoffnung stirbt zu letzt. Die Person die mir Mut macht und auf die ich mich verlassen kann bin ich heute selber. Man muss nur in den Spiegel schauen und sich ein „rotes“ Lächeln schenken.

 

Hi Shaila!
Willkommen auf Kg.de!
Zuerst zur Überschrift: Im deutschen schreibt man (soweit ich weiß) in der Überschrift nicht alles groß.
Die Handlung ist eigenwillig, das ist nicht schlecht. Aber ich finde dass du an manchen Stellen ein wenig ins Klischee abrutscht:

ruft mein gutaussehender Verlobter ins Badezimmer.
Auch das Ende ist so ein Klischee. Natürlich kriegt's der Exfreund heimgezahlt, dem Bruder geht's wieder gut...
Auch der letzte Absatz hat - in meinen Augen - so etwas altkluges, belehrendes.
Ausserdem, wenn ich mich zurück zu erinnern versuchte, war es auch nicht immer am selben Ort, dass ich sie traf.
Zeit! "getroffen hatte"!
verlobt.“, sagte
der Punkt muss weg.
Noch etwas woher weiß die Fremde wen sie anrufen muss, als sie den Unfall sieht? Hat sie den Notarzt gerufen und dem Bruder das Leben gerettet?
Sprachlich könntest du an dem ganzen noch etwas feilen. V.a. an einigen Umgangssprachlichen Wendungen.
Ich hoffe du kannst etwas mit meinen Anmerkungen anfangen.
Sonnige Grüße
Cathy

 

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