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Sachliche Einsamkeit

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18.01.2010
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Sachliche Einsamkeit

Er rief sie an und fragte, was sie mache und als sie sagte, ihr ginge es nicht besonders, da schwieg er betreten. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Sie wusst nicht, was sie hören wollte. Im Laufe des Gesprächs fanden sie den Zugang zueinander nicht mehr und sie wünschte, er wäre hier und nicht dort.
Was kann ich tun, fragte er und sie schwieg. Ihr fiel nicht ein, was er wirklich tun konnte.
Während sie traurig 400km voneinander entfernt in die stummen Telefonhörer lauschten, schrieb sie auf den karierten Block neben dem Telefonbuch:
1 Schale Cornflakes mit Milch
1 Banane
2 Tassen Kaffee
1 Teller Spinat
1 Ei

Sie wusste nicht, wie viel Energie diese Lebensmittel hatten, aber es kam ihr ausreichend wenig für einen Tag vor.
Als er nichts sagte und sie hängen blieben, in einer Situation, die aufgefüllt war von unaussprechlichen Gefühlen, da strich sie ganz behutsam, mit einem sehr geraden Strich, das Ei aus der Liste. Dann legte sie auf.

Ihre Listen wurden akribischer, aber auch liebevoller. Sie bemühte sich um eine saubere Handschrift, wenn sie sorgsam Soll und Haben miteinander verglich oder sich abends zurechtlegte, was sie am nächsten Tag nicht überschreiten wollte.

Mike traf sie zufällig, er lud sie auf ein Glas Wein ein.
Dass sie sich später küssten, hatte sie nicht gewollt, dennoch bat sie ihn zu bleiben, doch er ging und sie verstand.
Als sie die Tür leise schloss und seine Schritte im Treppenhaus verklungen waren, drehte sie sich langsam zum Spiegel um und sah lange hinein. Sie versuchte, sich nicht zu rühren.
Ihr Spiegelbild starrte sie an und irgendwann musste sie wegsehen. Als sie ein kleines Mädchen war, hatte ihr jemand erzählt, wenn man lange in den Spiegel sieht, sieht man den Teufel.
Sie wollte den Teufel nicht sehen.
Sie bekam Angst.

An diesem Abend klickte sie sich auf der Suche nach dem genauen Energiewert einer Brezel durch das Netz und stieß auf ein Diät-Forum.
Kinderriegel sollte man besser gar nicht kaufen, da sie so lecker sind, dass man es nicht schafft, höchstens eine Kammer am Tag zu essen, las sie dort.
Eine Brezel hatte 200 kcal und sie erschrak.

Er rief sie an und fragte, wie es geht, und sie sagte gut. Dann schwiegen sie. Sie dachte an Mike. Als er fragte, wie die Arbeit klappt, schweifte sie ab und erinnerte sich, an das Missgeschick, das ihr gegenüber ihrem Chef unterlaufen war. Sie hatte einem unbekannten Kunden interne Informationen zu einem Projekt weitergereicht.
Als sie, vor schlechtem Gewissen hochrot, ihrem Chef die Situation erklärte, merkte sie, wie er sie anstarrte. Sie wusste, er hielt sie für unfähig.
Als er den Vorfall leichtfertig abtat, fühlte sie sich idiotisch.
Sie sagte, es war schon ok, und meinte, sie glaube nicht an sich und als er fragte, warum sie so traurig klinge, fauchte sie ihn an, sie sei eben müde.

Als sie aufgelegt hatten, malte sie den Stern auf dem Notizblock aus, den sie während des Gesprächs gedankenverloren gezeichnet hatte. Sie zog nachdenklich Linien auf das Blatt und riss es schließlich vom Block.
Dann schrieb sie:
¼ Liter Milch
250 gr Broccoli
½ Apfel
1 Handvoll Cornflakes.

Im Internet suchte sie die Kalorienwerte zusammen, die sie nicht auf der Packung fand. Dann stellte sie das Essen auf dem Küchentisch bereit und ging ins Bett.

Am nächsten Morgen verschlief sie, vergaß das Frühstück und war stolz.
Sie traf Mike um vier und um fünf küssten sie sich. Als er ging, warnte er sie, sich nicht in ihn zu verlieben und sie strich für den nächsten Tag die Cornflakes.
Abends aß sie Broccoli und hatte noch Hunger. Sie trank einen Liter Tee.

Als er anrief, weinte sie. Er fragte: "Was kann ich tun?", und sie bat ihn: „Komm her.“ Und er kam.
Als er sie sah, schimpfte er und sie weinte, sie könne es nicht verstehen, sie könne einfach nicht mehr, sie mache kaum etwas richtig.
Er kochte Nudeln. Sie schüttelte den Kopf.
„Schluss mit der Barbiescheiße jetzt!“ Er schimpfte und wusste nicht, was er tun sollte. Sie wusste, dass sie ihn liebte und da nahm sie einen Bissen, damit er sich beruhigte.

Als er ging, strich sie zum Ausgleich für zwei Tage die Milch.

Sie glaubte, wenn er bei ihr sein könnte, würde es besser, aber als sie sich mit Jana traf und versuchte ihr zu erklären, sagte diese, sie solle froh sein, allein leben zu können, immer nur zu zweit ist auch nicht schön.
Da wurde sie unsachlich und fragte, was so falsch daran sei, nicht einsam sein zu wollen. Sie fühlte sich idiotisch dabei, und war froh, als Jana ging.

Er rief sie regelmäßig an und richtete es ein, jedes zweite Wochenende zu kommen. Sie versuchte es gut zu finden und ihm zu danken.
Einmal fragte er sie, was sie gegessen habe. Sie schwieg eine Weile, dann versuchte sie erwachsen zu sein und ihm alles zu erklären.
Er hörte ihr zu und sie redete sich warm.
„Ich glaube, ich will einfach, dass mich jemand sieht!“ sage sie am Ende, sicher, die richtigen Worte gefunden zu haben.
Er zog die Luft hörbar ein, dann sagte er:
„Tut mir leid, aber du bist nicht 15!“
Er hatte gar nichts kapiert. Ihre Enttäuschung behielt sie für sich und auch ihre Kalorienpläne.
Den ersten Kinderriegel seit drei Wochen verschloss sie ebenso behutsam, wie sie ihn geöffnet hatte und legte ihn im Kühlschrank hinter die unangerührte Eierpackung, um ihn nicht sofort sehen zu müssen, wenn sie sich Wasser nahm.

Als Mike zwei Wochen nicht aufgetaucht war, versuchte sie ihn zu streichen wie den Käse und das Brot.
Doch dann kam er einfach so und verwirrte ihr Herz. Ihre Kräfte waren ihr abhanden gekommen – sie wusste tatsächlich nicht warum, und sie erlaubte ohne jeden Stolz, was sie sich wünschte. Sie wusste und akzeptierte still, dass er, was sie taten, mit seiner Freundin hätte tun wollen, die 700 km entfernt ihr Auslandssemester verbrachte.

Als er ging, wusste sie, dass sie ihren besten Freund verloren hatte.

Sie rief ihn an und versuchte ihm zu erklären, dass sie nicht weiter wusste, er konnte ihr nicht helfen. Ihre Einsamkeit erschien ihr wie ein Wolkenkratzer.
Am Ende verließ sie ihn. Sie legte den Telefonhörer behutsam in die Schale und überhörte, dass er sie zu erreichen versuchte.
Statt dessen nahm sie den halben Apfel und das Knäckebrot, das sie für den nächsten Tag bereitgestellt hatte, behutsam vom Tisch. Als sei es chinesisches Porzellan, legte sie das Essen in seine Packung und in den Kühlschrank zurück.
Sie legte einen Beutel schwarzen Tee auf den Tisch und wählte ihre schönste Tasse. Darauf stand „Simon“ und sie wusste, es war idiotisch, aber es sah ja niemand.

 

Hallo!

Ich mag deine Art zu schreiben, sie Sachlichkeit des Titels findet sich im Stil wieder und dennoch ist er nie abweisend oder distanziert, kleine Zartheiten schaffen eine Nähe, schaffen Atmosphäre und Dichtheit, in ihrer Andeutung aussagekräftiger als lange Schachtelsätze.
Ich bin dir dankbar, dass du nicht versuchst, die Magersucht mit Hintergrund und Intention darzustellen - das gelingt Außenstehende eigendlich nie.
Und die Beiläufigkeit mit der deine Prota da hineingerät, diese Beiläufigkeit findet sich tatsächlich in manchem anorektischen Verlauf.

Nur das Ende, das mag ich gar nicht!
Das ist zu Happy End, zu schmachtend, zu voll.

Textkram:

"Sie beschloss eines Tages, weniger zu werden."
Würd ich umdrehen: Eines Tage oder irgendwann beschloss sie...

"Entschieden und akribisch zählte sie die Energiewerte aller ihrer Nahrungsmittel und führte liebevoll und gewissenhaft Listen."
Da sie später bei ihrer Liste die Nährwerte nicht kennt und auch noch recherchieren muss, würde ich an den Beginn der ES stellen:
"Liebevoll und gewissenhaft führte sie Listen der täglich zu sich genommenen oder zu sich zu nehmenden Lebensmittel, notierte Menge und Größe in einer Akribie, die sie neuerdings auch auf ihre Einkaufslisten übertrug."

"schrieb sie auf den karierten Block neben dem Telefonbuch:
1 Schale Cornflakes mit Milch
1 Banane
2 Tassen Kaffee
1 Teller Spinat
1 Ei"
Da der Plan ja erst in Planung ist würde ich das deutlich machen, ich dachte erst, das alles hätte sie bereits gegessen.

"sich nich in ihn zu verlieben"
nicht

"sie wusste tatsächlich nicht warum, und so ließ sie mit sich machen, was er mit seiner Freundin hätte tun wollen, die 700 km entfernt ihr Auslandssemester verbrachte."
Das "mitsichmachen lassen" klingt irgendwie nicht so geschickt

 

Hallo NikitaF,

danke für deine Kommentare. Ich habe mich gefreut, dass du den Text mochtest, denn ich war mir ziemlich unsicher, ob ich ihn einstellen soll.

Deine Anmerkungen fand ich gut. Ich habe ein paar Dinge geändert.

Ich freue mich zu lesen, was du dazu sagst.

 

Hallo Johanne!

Ich hab hier schon einige Magersuchtgeschichten gelesen, aber die hier scheint mir die gelungenste zu sein. Form und Inhalt passen tatsächlich gut zusammen.

Als er nichts sagte und sie hängen blieben, in einer Situation, die aufgefüllt war von unaussprechlichen Gefühlen, da strich sie ganz behutsam, mit einem sehr geraden Strich, das Ei aus der Liste
Als er ging, warnte er sie, sich nicht in ihn zu verlieben und sie strich für den nächsten Tag die Cornflakes.
Da sie sich nicht gewollt fühlt, reduziert sie ihr Essen immer mehr, in dieser Verknappung hier wirkt das schon stark, sie reduziert sich aber auch selbst damit, sie macht ihre Person von der äußeren Anerkennung abhängig, von den Männern, vom Chef, von der Freundin, aber sie bekommt sie nicht, oder sieht sie nicht, und so schwindet nicht nur ihre Körpermasse, sondern auch ihre Person immer mehr (mehrmals fühlt sie sich ja wie eine Idiotin), sie ist dann nur mehr ihre Tabelle und das, was sie essen soll und sonst bleibt nichts übrig.

Sie beschloss eines Tages, weniger zu werden.
Ab da scannte sie im Hinterkopf ab, was sie bereits gegessen hatte und achtete darauf, es zählen zu können.
Allerdings würde ich diese zwei Eingangssätze ersatzlos streichen, die Geschichte erzählt das ohnehin. Auch weiß ich nicht, was du mit dem unterstrichenen Teil genau meinst.
Während sie traurig 400km voneinader entfern in die stummen Telefonhörer lauschten
voneinander entfernt
in einer Situation, die aufgefüllt war von unaussprechlichen Gefühlen
aufgefüllt war mit unaussprechlichen Gefühlen
oder sich abends zurecht legte
zusammen: zurechtlegte
Sie versuchte, sich nicht zu rühren.
kein Komma
irgendwann musste sie weg sehen
zusammen: wegsehen
An diesem Abend klicke sie sich auf der Suche nach dem genauen Energiewert einer Brezel durch das Netz und stieß auf ein DiätenForum.
klickte - Diät-Forum
fragte, wie es geht und sie sagte gut
Komma: geht, und sie sagte ...
und erinnerte sich, an den Fehltritt, der ihr im Büro ihres Chefs unterlaufen war
erstes Komma weg - "Fehltritt" find ich unpassend, ich dachte an eine Affäre, wieso nicht einfach "Fehler"?
interne Informationen zu einem Projekt weiter gereicht
zusammen: weitergereicht
Als sie, vor schlechten Gewissen hochrot
schlechtem
Sie sagte, es war schon ok, und meinte, sie glaubte nicht an sich und als er fragte, warum sie so traurig klinge, fauchte sie ihn an, sie sei eben müde.
Zeiten einhalten: Sie sagte, es sei okay, und meinte, sie glaube nicht an sich
Er fragte, was kann ich tun und sie bat ihn: „Komm her
Er fragte, was er tun könne ...
und versuchte ihr zu erklären, sagte sie, sie solle froh sein
ich würde hier das "sie" mit "die Freundin" ersetzen, damit klar ist, wer das sagt
Einmal fragte er sie, was sie gegessen hatte
gegessen habe
Den ersten Kinderriegel seit 3 Wochen verschloss sie ebenso behutsam
drei Wochen
das sie für den nächsten Tag bereit gestellt hatte
zusammen: bereitgestellt
als sei es chinesisches Porzellan legte sie das Essen in seine Packung und in den Kühlschrank zurück
Da fehlt was - Ich würde einen Punkt machen: ... Porzellan. Sie legte das Essen in seine Packung ...

Gruß
Andrea

 

Hallo Johanne,

auch mir hat der Text sehr gut gefallen und im Gegensatz zu Deinem anderen, fühlte ich mich Deiner Protagonisten durchgängig nah und wurde nicht durch den Erzähler auf Distanz gehalten. Sehr schön und intensiv!

Auch ich hatte mir die ersten beiden Sätze zur Opferung für den Rotstift notiert, lese gerade, dass Andrea es Dir auch schon vorgeschlagen hat ... also wiederhole ich - sie sind wirklich entbehrlich. Denn, wenn der Leser ihre Magersucht selbst im Text aufspürt - und das tut er - dann freuts ihn ;).
Zumal der dritte Satz ein sehr viel stärkerer erster Satz ist.

Meine Highlights:

Er wusste nicht, was er sagen sollte. Sie wusste nicht, was sie hören wollte.

Als er nichts sagte und sie hängen blieben, in einer Situation, die aufgefüllt war von unaussprechlichen Gefühlen, da strich sie ganz behutsam, mit einem sehr geraden Strich, das Ei aus der Liste.

Sie traf Mike um vier und um fünf küssten sie sich.

Toller Text!
Vielen Dank, Fliege

 

Hallo Johanne,

Die Geschichte fängt gut an, die unpoetische Auflistung von Lebensmitteln, es ist alles sachlich. Aber dann siekt die KG so vor sich hin. Es ist ein sehr guter Ansatz, wirklich. Es hätte auch gut eine Satire werden können, aber dann nimmst du deine Protagonistin zu ernst, du scheinst sie vor dem Leser schützen zu wollen, sie zu rechtfertigen, und dadurch verliert die Geschichten a) Qualität b) die versprochene Sachlichkeit.

Du solltest mehr mit den Aufzählungen von Lebensmitteln spielen, sie vielleicht, wie du das ja schon machst, mit der Zeit immer weniger werden lassen, bis die Prota daran zugrunde geht.

Nur ein Vorschlag. :)

viele Grüße

 

Hallo ihr

erst mal freue ich mich, denn euch hat meine Geschichte gefallen.
Dann danke ich euch, für eure hilfreichen Kommentare.
@ Andrea und Fliege: ich habe mich gebeugt ;), zwar mochte ich meinen ersten Satz sehr, aber ihr habt Recht, ohne diesen Überbau befindet sich der Leser direkter im Geschehen. Ich finde die KG so jetzt auch besser!

@ Aris: Deinen Kommentar finde ich interessant. Du schreibst, im Verlauf der Geschichte versuche ich meine Prota zu schützen. Kannst du vielleicht ein Beispiel nennen, an dem du das gedacht hast. ICh glaube zu ahnen, was du meinst, aber ich kann es noch nicht ganz nachvollziehen!
Danke dafür!

liebe Grüße
Johane

 

Hej Johanne,

Deine Geschichte hat mir gut gefallen, sehr dicht, die Atmosphäre, die Du schaffst.
Deine Protagonistin handelt nach dem Motto "Weniger ist mehr", je schlechter sie sich fühlt, desto weniger isst sie. Die Ablehnung, die sie erfährt, führt zur Streichung von Lebensmitteln auf ihrer Liste.

Ich habe mich während des Lesens gefragt, wie man mit so wenig (und immer weniger) noch überleben kann. Aber für sie ist es wohl eine Art Bestrafung, denn sie gibt sich für die Ablehnung selbst die Schuld.

Das mit den Lebensmittel-Listen finde ich eine gute Idee, das hättest Du mE noch stärker herausstellen können, noch intensiver beschreiben, wie sie sich durch das "Weniger-Essen" selbst definiert.
Was sieht sie denn, wenn sie in den Spiegel sieht? Wie nimmt sie sich selbst wahr? Das Bild mit dem Teufel gefällt mir zwar gut, ist mir aber trotzdem zu wenig. Magersüchtige fühlen sich ja zu dick, die Wahrnehmung des eigenen Ichs ist gestört.
Da könntest Du vielleicht noch ein bisschen nachlegen.

Ansonsten finde ich die Geschichte aber sehr gelungen und habe sie gerne gelesen.

Liebe Grüße
Giraffe :)

 

Salü Johanna

Nochmals ganz fein!!!! Fein beschrieben und fein gemacht :-)

Mir ist aber die Beziehungskiste noch nicht klar. Ich glaubte zuerst dass Er und Mike zwei verschiedene Männer sind, nach zwei mal Lesen glaube ich es ist doch nur einer, aber kann es denn sein, dass der selbe Mann zufälligerweise eine beste Freundin 400km entfernt hat und dann noch seine richtige Freundin 700km weg? Und dann taucht am Ende noch ein Simon auf? Für mich hat diese Frau ein bisschen zu viele Männer...

Aber die Magersucht die sich einschleicht find ich genial beschrieben.
Und hier möchte ich Giraffe widersprechen:

Wie nimmt sie sich selbst wahr? Das Bild mit dem Teufel gefällt mir zwar gut, ist mir aber trotzdem zu wenig. Magersüchtige fühlen sich ja zu dick, die Wahrnehmung des eigenen Ichs ist gestört.
Genau, weil die Wahrnehmung des Ichs gestört ist, der eigenen Person, muss man nicht zwingend sich bewusst zu dick fühlen. Das heisst, ich bin mir nicht so sicher, ob sich alle Magersüchtigen tatsächlich körperlich zu dick fühlen. Und ich bin mir auch nicht sicher ob sich alle Magersüchtigen bewusst dafür entscheiden. Ich glaube eher das Gegenteil, so habe ich es auch hier aus der Geschichte gelesen, dass sich die Krankheit so ein bisschen einschleicht. Bei einigen ist es einfach eine Appetitlosigkeit, gibt es ja z.B. nach Liebeskummer noch häufig. Aber das kann dann chronisch werden, dass es einem schon schlecht wird, wenn man nur ans Essen denkt, sich fast übergeben muss, wenn man Essen riecht usw. Und je nach Persönlichkeit beginnt man es auf die eine oder andere Seite zu kontrollieren. Listen zu machen zu wieviel Essen man sich trotzdem gezwungen hat, oder wie hier in der Geschichte das ganze ins positive verdrehen, je weniger man isst, (oder je weniger man ist?) desto besser.

Den Teufel im Spiegel, interpretiere ich daher auch eher für ein Persönlichkeitsproblem, dass sie eben mit sich selbst, mit ihrem Leben nicht zufrieden ist, und im Kontrollieren des Essens kann sie sich ein kleines Stück Selbstkontrolle aufbauen (wenn auch mit negativen Auswirkungen).

So verstehe ich die Geschichte.
Liebe Grüsse euch zwei,
Siiba Bulunji

 

Hallo Johanne,

Da wurde sie unsachlich und fragte, was so falsch daran sei, nicht einsam sein zu wollen. Sie fühlte sich idiotisch dabei, und war froh, als Jana ging.

Wenn du ab hier absichtlich unsachlich wirst, ist es dir gut gelungen. Die Stelle hab ich beim ersten Durchgang überflogen.

Es ist mehr die Art und Weise, wie du beschreibst, nicht dass, was du beschreibst. Was und Wie passen nicht überein. Du möchtest sachlich schreiben, transportierst aber Emotionen in deinem Text. Ich weiß, dass absolute Sachlichkeit nicht möglich ist, nicht einmal beim Journalismus.

Aber du schreibst in einer Außenperspektive, mit einem Erzähler, und diese unbekannte Person sollte sachlich schildern, wenn es denn dein Plan war, wirklich alles sachlich zu schildern.

Sie wollte den Teufel nicht sehen.
Sie bekam Angst.

Das kann ein sachlicher Erzähler nicht wissen. Du könntest den Erzähler aufgrund von körperlichen (sichtbaren) Reaktionen deiner Prota darauf schließen lassen, dass sie Angst bekam. Und auch das ist eine Deutung seitens des Erzählers.

Verstehst du besser, was ich zu meinen versuche?

viele Grüße

 

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