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Samtene Pfoten
Samtene Pfoten
Rosa sitzt im Schneidersitz vor dem Kamin, in dem das Holz fast abgebrannt ist, und sieht in ihr Fotoalbum. Nahezu unsichtbar und ohne den geringsten Laut schleicht ihr Kater durch das Haus, was vollkommen bis auf Rosa und ihn leer ist, und legt sich dann in ihre Nähe. „Du hasst es auch alleine zu sein, hmmm?“ fragt sie in den Raum ohne von dem Fotoalbum aufzusehen. Das samtene Fell des Katers schimmert sanft im Schein des Feuers und er beobachtete sie geduldig mit seinen funkelnden Augen.
Sieh nicht hin, Rosa! Sieh nicht hin!
Rosa nimmt ein paar Fotos aus dem Album und breitet sie vor sich aus. Es sind Fotos von Ted und ihr, als sie das Haus zum ersten Mal bezogen haben, kurz nachdem sie geheiratet haben. Auf den Fotos sieht sie einen hübschen Mann mittleren Alters und sich selber, wie sie ihn überglücklich umarmt. Sie haben damals das Wohnzimmer gestrichen und ihre Hemden und Hosen waren bedeckt von kleinen weißen Farbspritzern. Ihre Gedanken wandern zurück in die Tage und sie erinnert sich wieder. Sie ist wieder bei ihm und streicht die Wände.
Rosa…He ,Rosa...du willst das nicht sehen…komm einfach weg...
Rosa schleicht sich von hinten an Ted heran und hat den Timer der Kamera auf zehn Sekunden gestellt. Viel Zeit bleibt ihr nicht, es muss alles passen. Sie kneift ihn in die Seite und Ted, der völlig in Gedanken versunken war, schreckt auf und umarmt sie lachend. Rosa grinst in die Kamera als der Blitz losgeht. Er küsst sie innig und dann liebten sie sich.
Tue es nicht! An diesem Ort tut es doch am meisten Weh!
Sie erinnert sich an seinen zarten Duft, daran wie schön es war, als sie miteinander schliefen und an die Gefühle die sie damals empfand.
Liebe, Unschuld, Vertrauen und Rücksicht und jetzt? Mehr Schmerz als du ertragen kannst, oder nicht?
Er küsst, hält sie fest an sich gedrückt und flüstert ihr ins Ohr, das er sie für immer und ewig Lieben wird. Sie fühlt sich so sicher und beschützt in seiner Nähe. Nichts könnte sie jemals trennen.
Das Schicksal vereinigt und das Schicksal trennt es auch wieder…
„Sei still!“ schreit sie und wirft das Album in das Feuer. Der Kater beobachtet sie weiter ohne einen Ansatz von Angst. Der Geruch von brennendem Papier mischt sich mit dem von verbranntem Holz. Rosa steht auf und geht in das Badezimmer und lässt das Wasser des Bads laufen. Sie betrachtet sich im Spiegel und zieht sich aus, wobei sie ihre Sachen einfach auf dem Boden gleiten lässt. Nackt vor dem Spiegel stehend schießen ihr Phantombilder durch den Kopf. Selbst das Bad erinnert sie an ihn. Sie greift nach einer Rasierklinge, eine seiner Rasierklingen, und steigt in die volle Wanne.
Trauer nicht! Lass ihn gehen!
„Niemals! Ich Liebe dich für immer und ewig, Ted“ sagt sie in den leeren Raum. Sie fängt an sich die Pulsader aufzuschneiden und das letzte was sie sieht ist ihr Blut, was sich mit dem Wasser mischt.
„Ich komme zu dir, mein Liebster“ flüstert sie. „Ich komme zu dir.“