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- 21.02.2002
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Schauspiel
Draußen begann der Tag. Das Schwarz der Nacht färbte sich in ein eintöniges grau in grau. Das Hotelzimmer erschien ebenso trist. Das fahle und künstliche Licht der Display-Beleuchtung seines Handys wurde von der Atmosphäre dieses kalten Raumes geradezu erstickt.
Fröstelnd zog sie die Decke über ihre nackte Brust. Ihre Wimperntusche war verschmiert und eine künstliche Wimper hatte sich auf ihre Wange gelegt. Sie wurde von einer Träne wenige Momente weit getragen, heftete sich dann in die Nähe der kleinen Kuhle, die ihr Grübchen bildete, wenn sie die Zähne zusammenbiss. Sie musste zuschauen wie er sich anzog um sie wieder einmal allein zurückzulassen.
Er drehte sich vom Stuhl um von dem er sein Hemd genommen hatte und während er seine Krawatte band, betrachtete er sie. Er tippte sich auf die Wange und nickte ihr zu.
„Wünsch dir was.“, sagte er.
Ihr Blick wandte sich konzentriert von ihm ab, ihr Finger wanderte zuerst auf die eine, dann auf die andere Wange und als sie schließlich dieses Imitat einer menschlicher Perfektion betrachtete, sah sie gleichzeitig einen kleinen Teil der Erniedrigung, in der sie sich im Moment innerlich wandte.
„Die ist nicht echt.“, krächzte sie trist und leise.
„Das macht doch nichts.“, sagte er und drängte sie mit einer Geste erneut dazu, die Wimper in diese staubige Räumlichkeit zu pusten.
Sie hatte sich für ihn so hübsch gemacht. Nur für ihn. Doch wie immer blätterten das kurzzeitige Zierbild und die damit gekommene Sicherheit, dieses Behagen, von ihr ab. Alles Illusion und wohlwollender Glaube an ihn. Sie senkte ihren Finger und blickte über diesen hinweg.
„Wie sehr liebst du mich?“, fragte sie fast flüsternd und sah im Dunkel wie sich seine Schultern rasch senkten. Genervt atmete er betont langsam aus und wandte sich wieder um zu ihr.
„So wie das Bild dort? So wie deine Krawatte? Wie deine Couch vielleicht, oder so wie das Bett, das du mit deiner Frau teilst? Vielleicht so wie dein Auto?“, schluchzte sie zuletzt und ihr flehender Blick durchbohrte ihn und seine Lügen. Provozierend hauchte sie ihm die Wimper entgegen, blickte diesem schwarzen Segel trotzig nach bis es auf den Boden traf und zwang sich, ihn dann wieder mit einem scharfen Blick aus ihren riesigen Augen zu einer Antwort oder auch nur zu einer vielsagenden Mimik zu zwingen.
„Wer sagt denn, dass ich dich liebe?“, antwortete er schroff und ohne einen weiteren Augenkontakt verschwand er durch die Tür.
„CUT! Das war schon ganz gut, erstmal Pause, dann ein letztes Mal für die Nahaufnahmen!“
Während der Kulissenbauer ihr aufmerksam ein Glas Wasser reichte und dann Hemd und Krawatte wieder zurück auf die Stuhllehne legte, kam er wieder näher.
„Ich könnte mich in deinen wunderschönen Augen verlieren.“, flüsterte er und setzte sich neben sie. Seine Hand streichelte zärtlich von ihrem Ohrläppchen bis zu ihrem Kinn. Fast schüchtern strich sein Daumen über ihre weiche Unterlippe. Kurz wandte sie ihren Kopf zur Seite ab, entzog sich seinen Berührungen, dann starrte sie jedoch auf die Wimper die auf der Erde neben dem Bett lag. In all dem Trubel der um sie herum herrschte wollte sie seinen Atem hören, in allem Stimmengewirr nur seine Stimme hören und schließlich in all dem kalten Scheinwerferlicht, dass sie nun umgab nur seine Wärme spüren.
„Wann verlässt du sie endlich?“, fragte sie und während der Regieassistent die Klappe neu beschrieb wusste sie bereits in- und auswendig, was die nächste Szene ihr bringen würde.