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Scheunenmahl

mck

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11.10.2001
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Scheunenmahl

Einführung

Dunkle schwere Nacht, voll summender Getiere, die um die Schädel des Liebespaares schwirrten. Warm war es, Sommer, und es waren nicht mehr viele Menschen unterwegs. Sie waren einsam in einer verlassen Welt, die um sie herum zu versinken schien. Der bleiche Schein des Mondes legte alles in eine alte ausgelaugte Farbe. Ein verlorengegangenes Liebespaar, Hand in Hand, weit entfernt von künstlicher Geborgenheit, Licht und Wärme. Wie oft kamen sie schon an dieser morschen Erle vorbei, wie oft hörten sie schon den alten Kauz im Baum? Kreislauf, wie der Pfarrer sagt. Wir werden alle wieder zurückkehren, zu Ihm, ins Totenreich.
Wiederholendes, Ähnliches und das monotone Tun macht müde, schwach und unachtsam. Das dritte, das vierte oder fünfte Mal, wer weiß schon, wie oft sie die gleiche Gegend durchstreiften auf ihrer Suche nach dem richtigen Weg. Es war sehr spät und es war zu spät für das Liebespaar. Eine ähnliche, die gleiche Scheune, an der vor einer Weile ein Fuchs nach Fressen suchte, fanden sie für den nächtlichen Schutz, traten ein, nicht genau schauend wo sie eindrangen, fanden Stroh und Kerzen. Man sollte sich geborgen fühlen unter einem Dach das Schutz vor der Nacht schenkt, doch was das für eine Scheune ist es, die dem Liebespaar nur das Gefühl von Erleichterung und Entspannung vorgaukelt. Es mag Schutz vor wilden Tieren geben – aber vor dem Tod selbst? In mitten eines Moores, voller Leben unter der Erde, ein vegetierendes Leben, das sich aus Gestank und gärendem Moder nährt, wo die wenigsten erbärmlichen Kreaturen über der Oberfläche zu leben vermögen, dort fand dieses einsame Liebespaar Zuflucht und Unterschlupf?


Scheunenmahl

In einer totschlafenden Zeit,
wenn der Mond steht Nachts am Himmel,
und das Moor nach Nahrung schreit
schwirrt bald Totengebimmel

Dieses alte Wiegenlied kam dem großstadtgeborenen Bijörk ins Gedächtnis als er die schwere Schiebetüre aufzog und in ein Gewirr aus Strohfetzen und Spinnenfäden, welche so schienen als wären sie mit dem abendlichen Tau überzogen, eintrat. Er war stolz auf sich, hatte er doch seiner Herzliebsten den tapferen Helden gespielt und ständig scheinheilig die schöne nächtliche Natur bewundert, die, so sollte es scheinen, sich zu Ruhe begab. Zufrieden gab er zu, daß nicht jeder seine wahre Empfindung, nämlich gnadenlose Furcht vor den dunklen Augen der Nacht, so galant und überzeugend überspielen kann wie ER. „Komm Mausi, versuchen wir ein angenehmes, warmes Plätzchen zu finden!“ und zog Emi in die nur schwach, durch die vielen Bretterritzen, mondgrau erhellte Scheune. Sie ließ sich ziehen, wie sie es sich die ganze Zeit gelassen hat. Es muß vor Stunden gewesen sein, als sie die Gespräche mit Bijörk aufgab und sich vor Angst geistig zurückzog um nur noch ihren schönen Tagträumen nachzugehen. Währen sie einem Wanderer begegnet, hätte er denken müssen, dieser Mann hätte seine apathische Liebe aus der nahen Anstalt Geistesgestörter entrissen und wäre mit ihr auf der Flucht. War sie die ganze Zeit lang abwesend gewesen und konnte und wollte es nicht wahrnehmen wie oft sie schon an der krummen Erle vorbeigekommen waren, so schien sie sich allmählich wieder zu sammeln. Wortlos hielt sie ihrem Verlobten den alten Kerzenstummel vor die Nase, den sie soeben ausversehen in ihre Finger bekam als ihre kalten Finger über den staubigen Betonsockel neben dem Eingang strichen. „Klasse, Schatzi. Ich würde jetzt doch gar nicht einsehen wollen, wieso wir unbedingt das Auto finden sollten. Nur um wieder, wie jeden Tag, im schönen weichen Bett schlafen zu können, nein sag ich, so fremd ist uns die Natur noch nicht, es kann auch mal ganz gut tun wieder auf den Boden zu kommen um uns klar zu machen wie wenig Komfort wir eigentlich nur benötigen um eine einzige Nacht zu überstehen!“ Hatte er gerade „überstehen“ gesagt? Langsamer reden, Bijörk! „Wir haben doch alles was wir brauchen, etwas Licht, genügend Stroh, schau hier, und wir haben uns.“ Er schaute sich mit dem fahlen Kerzenschein nach noch etwas Nützlichem um und fand eine schmale verstaubte Klopapierrolle, welche anscheinend zum Putzen verwendet wurde. Sie stand neben einem Becher voll Schmierfett. Außerdem fand er einen kaputten Traktoranhänger, zwei seltsame Geräte, welche sicher für einen Acker benötigt wurden und eine alte Kutsche. „Du sagst ja gar nichts. Wie findest du es hier, im Schutz vor dem Regen und der Kälte?“ Er mußte innerlich lachen als er daran dachte, wie verletzlich und nackt er sich eigentlich in dieser Scheune fühlte. Emi schwenkte sehnsuchtsvoll ihren Blick zur Scheunentüre, hinaus ins Hellgrau der Nacht :“ Ich bin nur müde....“ ...aber schlafen werde ich nicht können. Bijörk strich ihr sacht durchs Haar, er liebte sie, das wußte er, seit er ihr das erste mal im Stadtbus begegnete und sie ihn mit einem lieblichen Lächeln begrüßte.
Emi schaute noch immer hinter sich und Bijörk träumte kurz im Anblick ihres wunderschön feinen Hals. Er senkte seinen Mund und seine warme Lippen erwarteten jederzeit ihre ebenso warme weiche Haut. Fast hätte er vergessen in was für einem schrecklichen Sumpf sie sich eigentlich befanden. Es währe sein letzter Kuß gewesen, doch statt dessen machte er sich flink daran die Strohballen zu öffnen und ihre nächtliche Schlafstelle herzurichten. Spiele ihr was vor, zeig ihr wie wenig es dir ausmacht alleine in einem Moor zu sein. Wer weiß, vielleicht machte es ihr nicht so viel aus, ihre Verlobung im Strohbett zu feiern. Springend prüfte er ob nun genug Stroh ausgebreitet war um ordentlich weich zu sein. Weitere Kerzen fand er in einer kleinen Schachtel neben der Werkbank. Flink fixierte er alle Kerzen auf dem Querbalken am Kopfende der Schlafstelle und zündete sie gespannt an. Bijörk sprang zu seiner Emi und schob sie in seinen Armen lächelnd zur Schlafstelle. Galant sprang er um sie herum auf das Strohbett und begann mit seiner gekonnten Stimme voll Leidenschaft langsam sein Hemd auszuziehen. „Na, Baby, wie gefällt Dir unser Bett für diese unsere Nacht?“ Er war gerade dabei seine Jeanshose mit kreisender Hüftbewegung aufzuknöpfen, als Emi auf ihn zukommend sich an ihren Kopf langte, so als ob sie Migräne hätte, und sich erschöpft ins Stroh fallen ließ. Müde blickte sie zu ihm auf: “Oh, Bijörk es tut mir leid, aber bitte nicht heute und bitte nicht hier. Ich weiß, du hast dir Mühe gemacht, aber ich bin für heute geschafft und froh Morgen weit weg von diesem Moor zu sein.“ Sie legte sich auf die Seite während Bijörk nichtssagend seine Kleider wieder anzog und sich neben sie auf den Rücken legte. Gut gemacht Bijörk, ein starker Mann kann immer, Gott verdammt, ich hätte heute wohl versagt, wer weiß. Das war’s dann für heute. Aus strategischen Gründen verzichtete er auf den Gute-Nacht-Kuß, lediglich ein „Gute Nacht, Liebes.“ beendete den Tag. Beendete sein Leben.

Lange konnte Bijörk nicht einschlafen, er horchte gespannt auf den pfeifenden Wind, der die Scheune umtanzte. Die Kerzenflammen ließen sich durch die Bretterwand hindurch von einzelnen Windfetzen anregen und tanzten mit dem Nachtwind im gleichen Rhythmus. Zitternd, als bewege es sich, machte sich das Scheunendach auf sich aufmerksam. Bijörks Augen spiegelten dieses Schattenspiel wieder und zuckten unaufhörlich. Zitternd ging es ihm über in Mark und Glieder. Er fürchtete sich und er fühlte sich einsam. Lange und ruhig ging der Atem von Emi, sie schlief, dachte er, und befand sich weit weg von Ihm, in einer anderen, weit aus schöneren Welt. Wie in einem Breitwandkino zog ihn das Lichtspiel in einen Bann. Grobe massive Dachbalken hielten schmälere Querverstrebungen, welche die rötlich schimmernden Dachziegel trugen. Die Ziegel waren alt, dort wo man nicht in den Nachthimmel hinausschauen konnte befanden sich übergroße Spinnennetze. An ihnen klebte Staub aus längst vergangenen Zeiten. Die undichten Stellen des Daches, Spalten, Risse und kaputte Ziegel waren mit dunkelgrünem Moos überzogen. Dieser grüne Teppich zog sich über schwarzmorsche Holzbalken hinweg, großflächig über die eine Außenwand und klebte sogar an herunter hängenden Plastikfetzen einer Folie, die vermutlich zum Abdichten verwendet wurde. Herab hingen auch einzelne Strohfetzen, sie klemmten zwischen Balken und Ziegel oder lagen auf quer durch den Raum führende Balken, die das Giebeldach stabilisierten und hielten. Immer wieder mußte Bijörk seine Augen reiben, nicht wegen der Müdigkeit, sonder da uralter Schmutz von oben herunter rieselte. Nicht mehr lange und er unterließ es seine Augen zu öffnen, und lauschte nur noch dem furchterregenden Wind und den Geräuschen des Waldes, über dem hell ein runder alter Mond stehen würde. Ich sollte einschlafen, nichts deutet genauer darauf hin Angst zu haben als Schlaflosigkeit. Bijörk versank allmählich in einer warmen gedankenauslöschenden Müdigkeit und entfernte sich immer mehr von dem gurgelnden Geräusch des Atems seiner angeblich schlafenden Liebe, bis er in der Türschwelle zu seiner Traumwelt stand. Eigentlich war er schon dabei die Türe hinter sich zu schließen.

Runder Mond wie Teufelskreis,
da erschien uns schwarze Macht
es überkam uns all ganz leis
und hat uns tot gemacht

Emi versuchte erst gar nicht einzuschlafen, sie versuchte lediglich relativ ruhig und langsam zu atmen. Ihr Freund sollte ruhig denken, daß es ihr gut ging. Es war das Gegenteil der Fall. Sie hatte sich die bösartigsten Kreaturen ausgemalt, welche dort draußen um die Scheune schlichen. Sie fror, selbst die ramponierte Decke, die sie von der alten Kutsche nahmen, half nicht. Es war die Kälte der Angst, der durch ihren Körper zog. Ihre dunkelbraunen Augen waren ängstlich geöffnet und glänzten im Kerzenschein. Sie lag immer noch von Bijörk abgewandt, und wollte dies auch so schnell nicht ändern. Anscheinend kam auch Bijörk nicht zur Ruhe, er drehte sich gerade energisch hin und her. War er wohl doch nicht so der starke Held? „Bijörk?“ meinte sie. Sie schaute immer noch gespannt zur Scheunentür. Wird auch sicher nicht die zweiköpfige marderähnliche Riesenratte mit ihren dolchartigen Fangzähnen durch dieses Schiebetor kriechen? „Bijörk, kannst du nicht etwas ruhiger sein?“ meinte sie schroff. Und da war er still, für immer.

Bijörk schwamm an der Oberfläche eines gigantischen Wassers, seine Arme hingen nach unten und er spürte die sachten Wellen, die ab und zu über seinen nackten Bauch rollten. Es war ein kaltes Meer und je länger er so dahin trieb desto deutlicher spürte er die gefräßigen jagenden Blicke der gähnenden Tiefe unter sich. Jedes hungrige Geschöpf, das seinen wehrlosen Körper entdeckt hatte attackierte ihn mit mordlüsternen Blicken, schoß sie schmerzhaft weit in sein weißes Fleisch. Und es waren viele Kreaturen. Es gelang ihm nicht sich zu bewegen um schnell wegzuschwimmen, wie ein verlorengegangener Rettungsring trieb er hilflos in der Flut. Allein die aufkommenden stürmischen Wellen, welche mit ihm wie ein Spielball spielten und ihn wild umherwarfen, lenkten ihn von den brennenden Schmerzen seines geschundenen Rückens ab. Immer wilder wurde die See, da wurde er von einer gigantischen Welle in die Tiefe gerissen. Sich um die Achse drehend trudelte er in das dunkle Reich des Meeres. Ein stummer blähender Schrei war das einzige was man noch von ihm hören konnte. Die stechenden Schmerzen umhüllten nun seinen ganzen Körper und seine weit aufgerissenen Augen erblickten die vor Licht und Wellen zitternde Wasseroberfläche. Er hörte, wie sein Name genannt wurde und da veränderte sich die glitzernde Meeresoberfläche zu einem zitternden Scheunendach. „Bijörk, kannst du nicht etwas ruhiger sein?“ fragte Emi. Er kam nicht mehr dazu seine Situation zu realisieren. Wie in einem Wasserstrudel aus stechendem Stroh wurden er in der Scheune nach unten gerissen. Stroh fiel nach, versperrte den Blick zur Decke, zur Scheune an sich. Umgeben von einem zähen schwarzem Äther voll Strohfetzen glitt er immer weiter, immer tiefer. Diese letzten Sekunden des Schreckens hatte Bijörk nicht geträumt, sie waren Realität.

Emi tastete verzweifelt um sich, die Kerzen waren längst erloschen und das spärliche Mondlicht durch Fugen und Ritzen reichte nicht, etwas auch nur schemenhaft zu erkennen. Ihren Atem wollte und konnte sie nun nicht mehr kontrollieren, er schoß dröhnend aus ihr. Ein ängstliches Stöhnen begleitete ihre winselnden Rufe nach Bijörk. Sie hatte völlig ihr Zeitgefühl verloren. Wie lange war es schon her seit sie bemerkt hatte, daß ihr Liebhaber nicht mehr neben ihr lag? Zehn Minuten, eine Stunde? Sie dachte zuerst, er währe kurz hinter die Scheune gegangen um sein Geschäft zu verrichten. Aber dieser Gedanke hielt nicht stand. Bijörk war nicht aufgestanden, das hätte sie bemerkt, zu viele Monster wuselten durch ihren Geist sie war die ganze Nacht wach gelegen. Etwas Schreckliches ist passiert, das wußte sie, aber sie wußte nicht was und vor allem nicht weiter. Sitzend zog sie ängstlich ihre Beine an ihren Körper, schaufelte das um sie herum liegende Stroh zu sich heran, vergrub sich und hielt so inne. Sie sah nichts und sie hörte nichts, so als hätten die Monster des Sumpfes genug mit Bijörk zu tun. Ihr Herz schlug von innen schwer gegen ihre Brust, gleich ein Takt der schleichenden Zeit. Nicht lange und sie mußte ihre tränenden Augen schließen, jetzt war sie für sich, abgekapselt von der Außenwelt, von sich fest zusammengehalten, wie ein Paket, versteckt und vergraben unter einer Decke aus Stroh. „Verdammt noch mal, was passiert hier, Emi?“

Doch der Tod kam nicht gar schnell
Es war eine erbarmungslose Schlacht
Es zog uns ab das Lebensfell
Ließ uns verbluten in der Nacht

Als Bijörk zu sich kam, lag er. Ein grollendes Getöse empfing sein Ohr, aber auch sein Körper spürte die Erschütterungen dieses ungeheuerlichen Geräusches. Er fühlte sich schwer, ein kraftloser Leib inmitten eines Sturmes aus Lärm und Gestank. Ja, jetzt roch er es, ein beißender Dampf, der ihn an Essig erinnerte. Schwerfällig zog er seine Augenlieder auf, wo war er? Ein Dach vor seinen Augen, Stroh um ihn herum, war er wieder in der Scheune? Er schaute genauer und erschrak, es war kein Scheunendach und es war kein Stroh in dem er lag. Er war eingebettet in schleimigen Kanälen und Schläuchen, die sich über seine Arme, Beine, Bauch und Hals wanden. Bijörk konnte sie nur spüren, zu starr war sein Körper um sie zu erblicken. Er konnte nur nach oben schauen und da sah er immer noch ein Bild, das er immer noch für ein Trugbild halten wollte. Feucht glänzend war es von einem seltsamen rötlichen Licht erhellt, ein Licht, das nicht von Kerzen stammen konnte. Es schien sich zu bewegen. Gerippe, verdammt noch mal die Dachbalken waren Rippen, weißhelle Rippen von denen rot sabbernde Hautfetzen herunterhingen. Die einstigen Querverbindungen waren zu dicken wulstigen Adern mutiert. Pulsierend bewegten sie die Hautdecke die noch vor kurzem ein Ziegeldach gewesen war. Als drehte Bijörk nun völlig durch, sammelte er seine Kraft, strampelte und konnte sich immer mehr bewegen. Versuche zu schreien gingen unter, als währe er immer noch unter Wasser. Fremdes Blut spritzte, ein Schlauch, der ihn bisher fest am Boden hielt riß und peitschte, grünen Schleim verspritzend, ihm ins Gesicht. Sein Oberkörper war befreit, er setzte sich auf und entdeckte nun den Haufen Gedärm in dem er gefangen gehalten wurde. Es wollte ihm übel werden, als er den schleimspuckenden armdicken Darm auf seinem Bauch sah, doch da wurde er von der Seite berührt. Er fuhr herum und sah seine entstellte Emi. Ihre Hand auf seiner Schulter, die sich wie ein in Wasser aufgequollenen Shiitake Pilz anfühlte, lächelte sie ihn mit blutverschmiertem eingerissenem Mund an. Ihre rechte Augenbraue war weggerissen, aus dieser briefmarkengroßen klaffenden Wunde lief der Eiter über ihre Wange den Hals hinunter:“ Wie gefällt es dir in meinem trauten Heim, Bijörk, oder sollte ich sagen in DEINEM!!!“ Diese Stimme war nicht menschlich, sie schien aus der wahrhaftigen Hölle zu kommen. Sie, oder es beugte sich zu ihm hin und schaute ihn antworterwartend mit großen liderfehlenden Augen an. „...Was ... bist du?“ krächzte Bijörk. Böse schaute es ihn mit roten Adern durchzogenen Augen an. Die Haare waren zusammengeschnurrt, als wären sie verbrannt. Aus den Löchern, die einmal eine Nase waren krochen weiße fette Maden und mit einem heißen Dunst, der nach Essig roch, kam es ihm wütend entgegen:“ ICH habe gefragt!“ Es griff an seinen blutverschmutzten Hals. „Ich bin dein Tod, mein Liebster.“ Seine rotschwarz verschmierten spitz zulaufenden Zähne zeigten sich Bijörk. “Du brauchst gar nicht so überrascht zu schauen, du hast es selber herauf beschworen.“ Voller Schmerz brüllte Bijörk nun aus sich heraus, als währe es das letzte Mal :“Emiieee?“

Die Zeit ist ein gnadenloser Sadist. Sie schleicht Nachts, wenn man wach ist, und mit ihr die Angst in die tiefste Seele. Sie nistet sich ein, gleich einem Ungeziefer, welchem man nicht mehr Herr wird. Emi zuckte auf, als sie plötzlich aus fernster Ferne verzerrt ihren Namen rufen hörte. War das nicht ihr Verlobter? Sie brachte nur ein Winseln heraus, oder war da auch ein Lachen in ihrer Stimme? Sie konnte sich nicht bewegen, für sie währe das der Tod gewesen, die Deckung aufgeben. Etwas war hier, etwas böses, und es hatte ihr die Liebe genommen.

„Du bist schon tot, es sind deine letzten Sekunden, die sich zur Ewigkeit aufblähen, wie in einem Traum. Und ich bin in dir, ich nehme in deinem Hirn meinen Platz ein. Du denkst ich beschere dir diese Bilder, aber nein, wie könnte ich, es ist dein Werk, dein Alptraum, den du dir selber erschaffen hast. Ich gebe dir nur den Rest.“ Bijörk hatte die Kreatur von sich weggestoßen. Sein Hand war in den verwesenden Leib eingebrochen, voll Schwung sauste sein Arm hinein in ein ausgetrocknetes Eingeweide, bis seine Hand an das Rückrad stieß und die Gestalt nach hinten flog. Ekelerregt schaute er zu dem Leib, der auf dem Boden in zwei Hälften zerbrochen war. Anscheinend war die Kreatur nur außen schleimüberzogen, doch daran verschwendete er keinen Gedanken. Verzweifelt versuchte er seine Beine, die immer noch in dem Gedärm festhingen, zu befreien, doch die wulstigen Schläuche hatten sich festgezogen. „Wenn es mein Traum ist, du Scheusal, dann bin ich auch in der Lage, ihn zu ändern.“ Mit aller Kraft zog er sich über die Gedärmdecke, in der Hoffnung, die Schläuche würden seine Beine freigeben. Vom Boden her drang ein hämisches Gelächter zu ihm herauf. Der schleimige zerfressene Torso mit dem geschundenen Kopf seiner Verlobten zuckte voll schäbiger Erregung:“ Was für eine Ironie, ein Mann, wie du, der stets den Tapferen gespielt hat, will nun einmal in seiner Lebensgeschichte gegen seine wahre Angst ankämpfen. Schlag es dir aus dem Kopf, oder ich tue es!“ Geballte Kraft, ein rotes zähnezusammenbeißendes Gesicht und da hatte er es geschafft, er konnte sich über das Gedärm hinweg Richtung „Ausgang“ ziehen. Ein dreckiges triumphales Lachen kam ihm aus der Kehle, doch als er sich hinstellen wollte lief er weiß an, seine beiden Beine waren ab den Oberschenkel fransig, lebenssaft-verspritzend, abgerissen. Er fasste sich sehr schnell, es ist ja nur ein Traum, und zog sich weiter. Er würde an der totgeschunden noch lebenden Kreatur vorbei müssen. „Wo willst du hin, Bijörk“, lachte es ihm entgegen. „Du bist am Ende deines Daseins, akzeptiere es einfach. Das Moor hat sich sein Tribut geholt, du bist nur eines vieler Opfer, die der nächtliche Sumpf gefunden hat.“ Bijörk war schon bis zu den einzeln liegenden Beinen der Gestalt herangekrochen:“ Was hast du mit Emi gemacht, Bastard?“ „Das liebe Kind werden wir auch noch holen, sobald sie nur eingeschlafen ist. Ein sicheres Opfer ist ein Schlafendes, schutzlos, hilflos und wehrlos, wie du eines warst.“ Bijörk zog sich weiter zu dem Monster hinauf, welches ihn immer noch grotesk anlächelte. Der Oberkörper lag zwei Armeslängen von den abgebrochenen Beinen entfernt und heraus ragte sein zuckendes Rückrad verklebt mit trockenen Eingeweiden. Bijörk griff danach, umfaßte es und zog den Oberleib zu sich her :“Du gottverdammtes Drecksstück, dir werde ich es zeigen.“ Er griff an den schleimigen Hals mit dem grinsenden Schädel darauf und hievte ihn mit einer Hand in die Höhe. „Es ändert überhaupt nichts mehr wenn du mich zerstörst, dein Leib ist schon tot, es ist nur noch dein Geist, der sich in den letzten Sekunden verzweifelt wehrt. “lachte es ihn nur an. Die fuchtelnden Arme der Kreatur schienen nur noch unkoordiniert die stinkende Luft zerkratzen zu wollen. Erschöpft und voller Zorn schmetterte Bijörk den fremden Körper auf den harten Boden. Der Schädel schlug auf und zerbarst in unzählige Stücke. Bijörks Finger schrien auf als sie ebenfalls mit Wucht auf den Boden krachten, doch das war ihm egal. Außer Kraft sank er zur Seite und sah lediglich noch, wie aus dem Halsende, das er noch in der Faust hielt, eine schwarze zähe Suppe floß, stetig und unentwegt. Die Suppe floß über den ganzen Boden, schloß ihn ein und zehrte an ihm. Sie stieg immer weiter an, schon waren seine beiden Arme in der Flüssigkeit verschwunden und begannen sich aufzulösen. „Emi, ich liebe dich.“ waren die letzten flüsternden Worte aus seinem blutverkrusteten Mund bevor er von der schwarzen Masse überrollt und zerfressen wurde.

Die ersten Sonnenstrahlen vielen auf die Bäume des sommerlichen Waldes. Die Waldvögel hatten schon längst mit ihrem allmorgendlichen Gesang den Tag begrüßt und die Nacht verscheucht. Jeden Morgen bevor seine Arbeit begann gönnte er sich einen kurzen Spaziergang in den angrenzenden Wald, das hatte er sich so angewöhnt. Ein bißchen Ruhe und Besinnung tat ihm gut bevor er sich mit dem Leid der Menschen befassen mußte. Toni hatte sich seinen braunen Mantel angezogen, denn auch im warmen Sommer waren hier die frühen Morgenstunden ungemütlich kühl. Er hatte gerade seine Zigarette auf dem Waldweg ausgetreten, als er ein klägliches Winseln vernahm. Er ging in die Richtung und mußte dafür den Weg verlassen. Er stieg über Äste, junge Tannen und kämpfte sich durch ein dichtes Blätterwerk. Eine größere Waldwiese lag nun vor ihm und er entdeckte in der Mitte zusammengekauert das weinende Mädchen. Sie hatte ihre Beine an ihren schmalen Körper gezogen und vergrub ihren Kopf in ihren um die Knies gezogenen Armen. Das Gras um das Mädchen herum schien sonderbar verdorrt zu sein, doch dies bemerkte Toni nicht. Als er sie fragte ob er ihr helfen könne, klammerte sie sich verängstig an sein Hosenbein. „He... helfen sie uns,“ Ein Schluchzen unterbrach sie. “Helfen sie, diese Scheune hier hat meinen Verlobten verschluckt, bitte lassen sie mich nicht alleine. “Toni hatte mühe das verwirrte Mädchen auf die Beine zu stellen, zu verkrampft schienen ihre Glieder. „Nein ich verlasse Sie nicht, alles wird wieder gut, dafür werden wir sorgen, kommen Sie, ich bringe Sie nach Hause.“ Toni half ihr über die dampfende Wiese zu gehen. „Ich heiße Toni, aber alle sagen Onkel Toni zu mir, wie heißen Sie?“ In kleinen Schritten zogen sie eine Schneise in das hohe grüne Gras, Emi und Toni, unter dessen Jacke sein weißer Arztmantel grell hervor schien. „Onkel Toni, kennen sie dieses alte Wiegenlied:“

Auch wenn es reizt, geht nicht hinein,
mancher schon sein Leben verlor
drum hört, sonst wird gestorben sein
Bei Vollmond Nachts im Totenmoor

„Nein das kenne ich nicht, Emi.“
„Dann merken Sie es sich lieber!!!"


ENDE

 

Hab ich die Geschichte richtig verstanden?
Geht es um eine Scheune, die eine "eigene Persönlichkeit" hat und die Menschen, wenn sie in der Scheune schlafen, umbringt?

Hmmmm...
Sehr viel Fantasie würde ich mal sagen.
Aber gut geschrieben ist sie auf jeden Fall.

Nur der letzte Satz hättest am besten weggelassen.
Das wäre ein besserer Schluss gewesen.

Jo. Das war dann auch alles was ich sagen wollte.

Mfg: Uffmucker

 

Neee!

Ich hab doch noch was!

Die lustigen Gedichte sind ganz nett.
Aber ich hab da noch ne Frage:

Scheunenmahl

In einer totschlafenden Zeit,
wenn der Mond steht Nachts am Himmel,
und das Moor nach Nahrung schreit
schwirrt bald Totengebimmel


Was heißt genau "Totengebimmel"?

So das war's jetzt aber wirklich!

 

@Nolf:

Hab ich die Geschichte richtig verstanden?
Geht es um eine Scheune, die eine "eigene Persönlichkeit" hat und die Menschen, wenn sie in der Scheune schlafen, umbringt?

Wie Uffmucker schrieb : Die Geschichte hat Viel Fantasy


Ich glaube diese Kritik war völlig überflüssig!
Gut abgeschrieben!

 

Keinen Streit, keinen Streit... Okay? ;)

Auch ich fand die Geschichte gut. Etwas mehr Absätze wären zwar cool gewesen, aber egal... ;)
Und ich schließe mich meinen Vorrednern an; Den Schlußsatz hättest Du weglassen sollen, das hätte besser gewirkt...

Aber ansonsten; gute Geschichte! Auch gut erzählt. Weiter so!

Griasle
stephy

 

Also, hm...
<Augenzusammenkneif>
...ja, das mit den Absätzen ist keine schlechte Idee! Bitte mehr davon!

Also, zur Geschichte: (...und StarScratcher meint, ich schriebe zu literarisch! haha...!
Nee, im Ernst, die Grundidee finde ich gut. Doch bin ich aus der Umsetzung nicht ganz schlau geworden.
Es hatte schließlich den Anschein, es gäbe gar keine Scheune, also von wegen Eigenleben und so...
war es nicht also Emi, die den armen Bijörk da unterbewußt auseinandergenommen hat?
(Angst vor einer Bindung, unterbewußte Rache oder so?)
Oder "lebt" das Moor?
Wenn Du das meinst, rate ich zu einem kleinen Ausbau der Story, z.B. dass der Arzt Emi ein weiteres Mal im Moor aufgefunden hat, dem sie (in irgendeiner Art) verbunden ist, auch, wenn sie selbst Angst davor hat.
Würde dann vielleicht ergeben, dass sie für seine "Nahrung" sorgt, oder so...

Na egal, ich grüble noch ein bisschen.

So denne,
Maja. :rolleyes:

 

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