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Schicksal
Er steht vor mir. Schaute mich an. In seinen Augen Tränen.
Warum weint er?
Nur verschwommen nehme ich meine Umgebung wahr. Mein Schädel brummt.
Eine Weile kann ich mich nicht einmal an meinen Namen erinnern.
Wer ist dieser Mann, der mich mit tränenden Augen anschaut? Kenne ich ihn?
Ja, ich kenne ihn!
Alles kommt schnell und brutal wieder. Ich habe das Gefühl mein Kopf explodiert gleich.
Ich befinde mich in meiner Wohnung, die ich seit einem Jahr miete. Und der Mann, der vor mir niederkniet, ist mein Verlobter.
Sie waren zu zweit.
Ich wollte ihnen die Tür nicht aufmachen, also schossen sie. Etwas traf mich in den Bauch und ich fiel.
Mein Verlobter schrie entsetzt und dann Dunkelheit.
„Wo ist das Geld?“ Eine raue Stimme holte mich aus der Vergessenheit.
Ich öffnete meine Augen.
„Sie ist wieder da!“ Eine andere Stimme.
„Tritt sie noch mal!“ Die raue Stimme verstummte gleichzeitig mit dem explodierenden Schmerz in meinem Kopf.
Er weinte. Sein Gesicht blutverschmiert.
„Ich zähle bis drei! Eins…“
„Bitte, bitte…“ Mein Verlobter, der immer vorgab stark zu sein, war ein Waschlappen.
„Zwei…“
Meine Hand glitt meinen Körper runter. Die Finger fühlten etwas Nasses und fanden auch das Loch.
„Drei!“
Schmerz. Blut. Vergessenheit.
Er sieht mich an. Er weint.
Sein Gesicht ganz nah.
Ich spüre Druck auf meinem Körper. Schaue nach oben und sehe zwei Augen.
Zwischen meinen Beinen Schmerz.
Ein Flüstern: „Tut mir leid!“
Mein Verlobter, dieses Arschloch…
Ein krampfhafter lauter Seufzer von den Augen über mir. Der Druck verschwindet.
Raue Stimme: „Du bist dran!“
Neuer Druck, andere Augen.
Ein Schuss.
Ich öffne abermals meine Augen und sehe wie die beiden auf meinen Verlobten schießen. Seinen Kopf kann ich nicht mehr erkennen.
Einer von den beiden schaut in meine Richtung und sagt: „Die Fotze lebt noch! Mach sie fertig!“
Der zweite Typ kommt mir nahe und tritt mit voller Kraft gegen meinen Körper – etliche Schläge in den Bauch, ins Gesicht und gegen die Brust.
Etwas reißt in mir.
Ich versinke.
„Wir verschwinden!“
Meine Augenlider gehen nicht mehr hoch, doch meine Ohren funktionieren noch.
„Moment noch!“ Wieder diese raue Stimme.
Ich rieche Verbranntes.
Das Lachen vermischt sich mit den Schritten, die sich von mir entfernen.
Ich spüre Hitze auf meinem Gesicht.
Meine Beine tun mir weh, meine Hände auch...
Irgendjemand schreit: „HILFE! FEUER!“
Martinshorn.
„Scheiße, sieht sie schlimm aus!“ Eine neue Stimme in meinen Ohren.
„Sie hat überlebt!“ Zweite neue Stimme, emotionslos.
„Warte, bis sie sich im Spiegel sieht!“
Zweite Stimme sagt nichts.
Grelles Licht. Weiße Wände. Freundliches Gesicht.
Mein Körper – ein Hornissennest…