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Schnäppchen
„Das ist es!“ Ricarda strich sich aufgeregt durchs Haar. Sie hatte in einer Immobilienbörse ein absolutes Schnäppchen entdeckt. Und in Schnäppchen schlagen, da war sie Profi! Ricarda und ihr Freund Lars suchten schon lange nach einem schönen Häuschen, doch bisher waren sie alle viel zu teuer gewesen. Aber diesmal schienen sie Glück zu haben. „Lars sieh mal“, rief Ricarda in Richtung Badezimmer. „Ja gleich!“, maulte Lars zurück und blätterte angestrengt in seiner Zeitung, die er wie jeden Tag auf der Toilette sitzend las. „Beeil Dich“, drängte Ricarda und druckte das Expose aus.
„Wow, das müssen wir uns auf jeden Fall ansehen“, sagte Lars begeistert als er das Expose’ gelesen hatte. „Rufst Du den Makler an?“, fragte er mit einem Lächeln und drückte seiner Freundin einen Kuss auf die Nase.
Ricarda bewies beim anschließenden Telefongespräch mit dem Immobilienmakler ihre Hartnäckigkeit und verabredete noch am selben Tag einen Besichtigungstermin.
„Hier rechts, da ist es!“, rief Ricarda und deutete auf ein wunderschönes kleines Haus. Es stand in der Nähe einer Lichtung und weit und breit war kein Nachbarhaus zu sehen. Das Objekt bestand aus kaminroten Ziegeln, hatte weiße Fensterrahmen und ein schwarzes Dach. Ein kleiner Kiesweg führte zur Eingangstür. Ricarda war sofort verliebt, genau so eine Idylle hatte sie sich gewünscht. Lars parkte den Wagen am Rande des Kiesweges und stieg aus. „Herr Ratschow? Frau Rubart?“, fragte ein bärtiger, kleiner Mann. „Ich heiße Schulze, von Immobilien Schulze.“ Ricarda und Lars lächelten zurück. „Dann kommen Sie mal mit, das Haus gefällt Ihnen bestimmt! Ich hatte Ihnen ja gesagt, dass es ein absolutes Schnäppchen ist.“ „Wie alt ist das Haus?“, fragte Ricarda. „Baujahr 1997, also fast neu! Es ist aus erster Hand. Der Besitzer ist leider verstorben und da er hoch verschuldet war, gehört das Haus nun der Stadt. Ja, und die möchte es so schnell es geht loswerden. Das ist ein absoluter Glücksfall, so was gibt es nicht oft.“ Der kleine Mann öffnete die Haustür und deutete in den Flur. „Bitte, gehen Sie vor.“
Der Flur war schmal, aber durch den hellen Anstrich wirkte er größer und freundlicher. Links und rechts gingen die Zimmer ab, in der Mitte führte eine Wendeltreppe aus Marmor in die oberen Räume. „Wo führt denn die Tür dort hinten hin?“, fragte Lars. „Das ist der Keller, dieses Haus hat einen Vollkeller. Er besteht aus einem langen Flur und drei großen Räumen. Einer der Räume wurde als Waschküche genutzt, einer ist für den Öltank und der andere steht voll alter Möbel. Wir hatten keine Zeit, dass Haus komplett zu inspizieren und auszuräumen, ist ja schließlich eine Art Notverkauf. Aber keine Sorge, über die Qualität des Mauerwerks liegt uns ein Gutachten vor.“ Ricarda betrat den ersten Raum des Erdgeschosses, er lag links vom Flur und muss früher die Küche gewesen sein. Einige schwarze Flecken an der Decke deuteten darauf hin. „Natürlich muss hier noch alles gestrichen werden, aber dafür bekommen Sie so eine Immobilie nie wieder so günstig.“ „Ist das eigentlich der einzige Grund, warum das Haus so günstig ist?“, fragte Ricarda und betrat das großzügig geschnittene Wohnzimmer. „Ja, ja natürlich“, antwortete der kleine Makler etwas unsicher.
Das Wohnzimmer war wirklich wunderschön, es war quadratisch und hatte an den kurzen Seiten je ein kleines Fenster mit weißen Sprossen. An der langen Seite befand sich eine große Schiebetür. Ricarda schritt durch die Schiebetür auf die Terrasse und saugte die frische Abendluft ein. Ein Traumhaus! dachte sie und lächelte. Am Fuße der Terrasse grenzte ein ca. 50m2 großes Rasenstück mit verschiedenen kleinen Blumenbeeten und einer riesig großen Kastanie. Vor der Kastanie standen eine kleine Bank und ein Vogelhäuschen. „Na, was sagst Du?“, flüsterte Lars. „Es ist Perfekt! Jetzt muss nur noch das Obergeschoss schön sein, dann unterschreibe ich den Vertrag noch heute.“ Ricarda drehte sich um und marschierte mit großen Schritten auf die Marmortreppe zu. Sie war so aufgeregt, dass sie gleich zwei Stufen auf einmal nahm. Oben erwartete Sie ein heller Flur, von dem drei Zimmer abführten. Das erste war das Badezimmer, es war hell gefliest und wirkte sehr gepflegt. Die anderen Zimmer waren ungefähr gleich groß und durch die großen Fenster sehr hell und freundlich. Die Tapeten waren nicht mehr so gut, aber das störte Ricarda nicht. Sie malte sich in Gedanken schon die gesamte Einrichtung aus.
Inzwischen war auch Lars im Obergeschoss angekommen und wirkte nicht weniger begeistert als sie. Keuchend schleppte sich nun auch der kleine Makler die Stufen nach oben. Hastig zupfte er sich ein Taschentuch aus der Hosentasche und tupfte sich die schweißnasse Stirn ab. „Darf ich Ihnen noch was zeigen?“, fragte er schnaufend. „Nein. Wir haben uns entschieden“, sagte Ricarda und zwinkerte Lars zu. Wir nehmen das Haus. „Wann können wir einziehen?“ Der Makler lächelte erleichtert und deutete auf die Tapeten im Flur. „Ich würde sagen, zwei Tage renovieren und dann kann es losgehen.“
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„Puh!“ Ricarda ließ sich erschöpft auf den Sessel fallen. Zwei Tage, dass ich nicht lache! dachte sie. Seit genau dieser Zeit schufteten Ricarda und Lars mit einigen Freunden am neuen Haus. Das Obergeschoss war fertig renoviert und auch schon eingerichtet, aber die unteren Räume nahmen durch ihre Größe doch mehr Zeit in Anspruch als die Beiden gedacht hatten. „Hey, faulenzen gibt es nicht!“, meckerte Lars, der mit hochrotem Kopf aus der Küche kam. „Diese blöde Küche! Wir hätten doch den Aufbau von der Möbelfirma machen lassen sollen.“ „Ruhig Blonder!“, neckte Ricarda und begann damit die Bilder im Wohnzimmer aufzuhängen.
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„Unser erster Abend im eigenen Haus!“ Lars lächelte erleichtert und schenkte den Rotwein ein, den sie sich extra für diesen Tag besorgt hatten. „Aber fertig sind wir noch lange nicht, wir haben uns den Keller ja nur kurz angeschaut, da gibt es noch viel zu tun.“ „Sei nicht so negativ!“, sagte Lars und prostete Ricarda zu. Nach einigen Gläsern Wein und einem leckeren Nudelauflauf aus der neuen Küche war Ricarda sehr müde geworden. „Ich gehe jetzt ins Bett, du kannst ruhig noch den Film zu ende sehen.“ Mit einem Kuss auf Lars´ Wange verabschiedete sie sich. Im Flur angekommen setzte Ricarda gerade ihren Fuß auf die erste Treppenstufe als es passierte. Ein eiskalter Schauer lief Ricarda über den Rücken. Sie hatte eine Stimme gehört! Sie lauschte. Nichts. Vielleicht hatte Lars mal wieder auf einen Horrorfilm geschaltet. Ricarda schritt die nächste Stufe hoch, da hörte sie es wieder. Ein leises Wimmern, von einem Kind. „Lars komm mal!“ „Kannst du ohne mich nicht schlafen? fragte Lars. „Nein, das ist es nicht. Ich habe eine Stimme gehört. Ich glaube es kam aus dem Keller.“ Lars blickte sie ungläubig an und schritt auf die Kellertür zu. Als er sie öffnete ertönte ein leises Knarren. Stille. „War wohl nur der Fernseher. Ich komme jetzt mit nach oben, dann brauchst du keine Angst mehr zu haben.“
Irgendein Geräusch hatte Ricarda geweckt. Sie tatstete nach dem Lichtschalter ihrer Nachttischlampe. Die kleine Glühbirne warf gespenstische Schatten an die Wand. Ricarda verspürte einen Druck auf der Blase. Oh nein. Jetzt muss ich auch noch aufstehen. Ängstlich schlich Ricarda auf den Flur. Zaghaft tastete sie nach dem Lichtschalter und war heilfroh als der Flur in helles Licht getaucht war. Mit schnellen Schritten lief sie auf die Badezimmertür zu. Geschafft! Gerade wollte Ricarda die Klinke herunter drücken, da hörte sie ein leises Rufen.
„Hilfe…Hilfe…“. Ricarda wurde es heiß und kalt. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sollte sie schnell ins Badezimmer gehen und sich einschließen oder sollte sie Lars rufen oder… Ach, der hält mich dann für total bekloppt, dachte Ricarda und späte vorsichtig über den Rand des Geländers ins Untergeschoss.
„Hallo? Wer ist da?“, fragte sie leise. Doch niemand antwortete. Auf Zehenspitzen schlich Ricarda die Treppe hinab. In der nähe der Kellertür blieb sie stehen und horchte. Da. Ein leises Wimmern. Todesmutig schritt Ricarda auf die Kellertür zu und öffnete sie. Kalte Luft schlug ihr entgegen. „Hallo?“, fragte Ricarda wieder und tastete die Wand nach dem Lichtschalter ab. Plötzlich stießen ihre Finger gegen etwas Hartes. Der Lichtschalter! Gott sei Dank, hoffentlich funktioniert er. Klick. Die Kellertreppe sah im Lichtschein gleich weniger bedrohlich aus. Etwas zaghaft setzte Ricarda ihren Fuß auf die erste Stufe und horchte. „Hilfe!“, hörte sie eine leise Stimme rufen. Ricarda schlug das Herz bis zum Hals, sie wollte am liebsten sofort kehrt machen und zu Lars ins Bett schlüpfen. Aber irgendetwas trieb sie weiter. Am Ende der Treppe angekommen lauschte sie wieder. Sie hörte jetzt ganz deutlich ein Kind weinen. Der Kellergang lag in ein gedämpftes Licht getaucht vor ihr. Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen und lauschte. Das Weinen schien aus dem hinteren Raum zu kommen. Dort wo die vielen alten Möbel sind. Ricarda hatte die große Holztür erreicht und lehnte sich mit dem Ohr an die Tür. Das Weinen hörte sie jetzt ganz deutlich. Was soll ich machen, hämmerte es in Ricardas Kopf. Geister gibt es nicht. sagte sie sich und drückte die Türklinke nach unten. Die Tür ging leicht und völlig geräuschlos auf. Ricarda hatte vor lauter Angst schon kein Blut mehr in den Fingern, aber trotzdem tastete sie mit der linken Hand vorsichtig an der Wand entlang. Sie fühlte einen Lichtschalter. Jetzt ging alles ganz schnell. Ricarda stieß die Tür ganz auf und drehte am Schalter. Klick. Der Raum wurde in ein sanftes Licht getaucht. Es war ein riesiger Raum, voll mit bedrohlich wirkenden Möbelstücken. „Hilf mir! Bitte!“, sprach eine klägliche Stimme. Jetzt erst fiel Ricarda der moderige Geruch in dem Raum auf. Sie schritt auf einen großen Holzschrank zu, der das meiste der Rückwand verdeckte. Der Geruch wurde immer aufdringlicher. Irgendwie roch es auch nach Exkrementen. Ricarda konnte ihren Würgereiz nur schwer unterdrücken.
Vorsichtig ging sie an dem Schrank vorbei und blickte auf die dahinter liegende Wand. Diese Wand des Raumes bestand im Gegensatz zu den anderen aus grobem Mauerwerk, in der Mitte fehlte an zwei Stellen jeweils ein Stein. Dahinter schien ein Hohlraum zu sein. Langsam schritt Ricarda auf die Mauer zu. Ein lauter Schrei ließ sie zusammenzucken, es war ihr eigener gewesen. Denn was sie gesehen hatte, ließ sie an ihrem Verstand zweifeln. Aus dem linken Loch, blickten sie zwei leblose Augen an. Es war eine Frau mit einem eingefallenen Gesicht und strähnigen blonden Haaren.
„Hilfe…“, stöhnte eine leise Kinderstimme. Verwirrt blickte Ricarda in das leblose Gesicht der Frau. „Ich bin hier unten“, ächzte die Stimme. Langsam senkte Ricarda den Blick und schritt an die zweite Öffnung heran. Sie versuchte angestrengt etwas in dem Hohlraum zu erkennen. Der Gestank wurde immer unausstehlicher, je näher sie der Öffnung kam. Plötzlich blickten sie zwei Augen an. Ricarda erschreckte und stolperte zurück. Ein Kindergesicht hatte sie durch die schmale Öffnung angesehen. Es war ähnlich blass, wie das der Frau gewesen, aber es lebte noch. Ricarda versuchte sich selbst zu beruhigen und atmete tief ein. Doch der beißende Geruch vernebelte ihr nur die Sinne. Langsam näherte sie sich dem kleinen Mädchen hinter der Wand. „Wer bist du und was machst du hier?“, fragte Ricarda mit erstickter Stimme. „Ich heiße Jana und und…“, das Mädchen schluchzte laut. „Ganz ruhig“, tröstete Ricarda. Sie konnte es gar nicht fassen, was hier passierte. Sie redete mit einem kleinen blassen Mädchen, das hinter einer Mauer in ihrem Keller stand. Und daneben diese tote Frau. Am liebsten wäre sie einfach aufgewacht und dieses Erlebnis wäre ein schrecklicher Alptraum gewesen.
Langsam beruhigte sich Jana wieder. „Mein Vater hat uns hier eingemauert, schon ganz lange. Er hat uns immer Essen und Trinken gebracht, aber seit einer Woche kommt er nicht mehr.“ Jana begann wieder zu weinen. Ricarda stand vor Schreck der Mund offen. Wie konnte ein Mensch so grausam sein. „Ganz ruhig Jana“, flüsterte Ricarda. „Es wird alles wieder gut. Ich helfe Dir. Am besten hole ich jetzt meinen Freund und gemeinsam brechen wir die Mauer auf.“
„Bitte geh nicht“, weinte Jana. „Ich hab so große Angst, ich will nicht wieder allein sein.“ „Ich lasse das Licht an“, antwortete Ricarda, auch wenn sie wusste, dass dies kein besonders guter Trost für Jana war. Mit schnellen Schritten lief Ricarda der Treppe entgegen, schon beim hochsteigen, rief sie nach Lars. Total erschrocken erschien Lars am Geländer. „Was ist los? Du brüllst ja als wäre der Teufel hinter dir her.“ „Komm schnell runter, wir müssen Jana retten, komm!“, rief Ricarda und eilte in den Keller zurück. Verwirrt stieg Lars die Treppen hinab und folgte Ricarda in den Keller. Als er den hinteren Raum erreichte, konnte er seinen Augen nicht trauen. Fassungslos starrte er auf die tote Frau, deren leblose Augen ihn aus der Mauer heraus anzusehen schienen. Daneben war ein…“Los, pack mit an!“, Ricarda hatte Lars abrupt aus seinen Gedanken gerissen. Mechanisch nahm er den Spaten in seine Hand und begann damit ihn gegen die Mauer zu schlagen. Hier ist ein riesiger Hammer, versuch es mal damit. Lars gab sich alle Mühe und hämmerte gegen das Mauerwerk. Ricarda beruhigte in der Zeit das kleine Mädchen und achtete darauf, dass es sich ganz in die Ecke drückte um nicht von dem Hammer verletzt zu werden. Plötzlich bröckelte das Mauerwerk und eine kreisrunde Öffnung entstand. Groß genug um Jana heraus zu ziehen. Ricarda und Lars halfen dem kleinen Mädchen vorsichtig aus der Öffnung zu klettern, doch Janas Beine waren total verkümmert und schwach, so dauerte es eine ganze Weile bis sie das Mädchen geborgen hatten. „Danke…“, flüsterte Jana und verlor das Bewusstsein. Die Anstrengung war zuviel für ihren schwachen Körper gewesen.
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„Und Sie haben das Haus erst vor einer Woche gekauft?“, fragte der Polizist. „Ja und das war ein ganz seriöses Maklerbüro.“ Lars blickte zum Krankenwagen, die kleine Jana lag auf einer Liege und wurde mit Infusionen und Sauerstoff versorgt. Ricarda saß in eine Decke gewickelt im Notarztwagen und wurde von einem Sanitäter betreut. „Das muss ein großer Schock für sie beide gewesen sein“, sagte der Polizist und blickte Lars verständnisvoll an. „Aber sie haben diesem kleinen Mädchen das Leben gerettet, sehen sie die Sache mal von der Seite. Wir werden Sie über alle Neuigkeiten, die den Fall betreffen informieren“, sagte der Polizist und schritt auf seinen Wagen zu. Auf dem Weg ins Krankenhaus sah Ricarda noch mal zum Haus zurück. Zwei Männer trugen einen schwarzen Plastiksack in den Leichenwagen. Eine Träne kullerte Ricarda über die Wange. So etwas Schreckliches hatte sie noch nie erlebt.
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„Wie geht es Jana“, fragte Ricarda die Stationsschwester. „Sie ist sehr schwach und leidet unter starkem Flüssigkeitsmangel, aber ich denke sie wird es schaffen.“ „Guten Morgen Frau Rubart.“ Ein großer breitschultriger Mann lächelte Ricarda an. „Ich bin Kommissar Breuning, ich leite die Ermittlungen in diesem Fall. Da sie unmittelbar mit dieser Tat verwickelt waren, denke ich haben sie ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Setzen Sie sich aber besser“, sagte er und begleitete Ricarda in die Besucherecke. Der Kommissar atmete noch einmal tief durch und begann mit der Erzählung. „In diesem Haus wohnte eine dreiköpfige Familie. In der Ehe lief es wohl nicht mehr so gut, haben uns die Freunde des Paares erzählt. Die Ehefrau hatte schon seit einiger Zeit eine Affäre und wollte den Mann wohl verlassen und die gemeinsame Tochter mitnehmen. Als ihr Ehemann davon erfuhr, ist der Amok gelaufen und hat seine Frau und das Mädchen bewusstlos geschlagen und im Keller eingemauert. Das war schon vor einem Jahr! Seit dieser Zeit hat er ihnen Essen und Wasser in den Keller gebracht und durch eine kleine Öffnung ganz unten in der Mauer die Exkremente entsorgt. Deshalb haben die Beiden solange überlebt. Zwischen Mutter und Tochter hat er eine Trennwand gemauert, so konnten die Beiden nur miteinander sprechen und sich nicht berühren. Sie müssen unendlich gelitten haben. Das kleine Mädchen war in einem erbärmlichen Zustand, wer weiß ob sie jemals wieder ein normales Leben führen kann. Den Tod ihrer Mutter mit an zu sehen, hat sie sicherlich seelisch total kaputt gemacht.“ Der Kommissar schluckte schwer und blickte aus dem Fenster. „Wo kommt Jana denn jetzt hin?“, fragte Ricarda mit betroffener Stimme. „Wir haben ihre Tante ausfindig gemacht, es ist die Schwester ihrer Mutter. Sie wird Jana aufnehmen, ich denke da wird es ihr sicher gut gehen. Natürlich muss sie psychologisch betreut werden und ihre Beine müssen auch wieder langsam trainiert werden.“ „Darf ich sie denn mal besuchen?“, fragte Ricarda. „Aber sicher! Sie haben dem kleinen Mädchen das Leben gerettet. Wer weiß wie lange es Jana sonst noch überlebt hätte. Sie sind eine Heldin!“, lächelte der Kommissar und verabschiedete sich.
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„Sieh mal“, sagte Lars und hielt Ricarda die Zeitung unter die Nase. „Grausames Eifersuchtsverbrechen! Junges Paar rettet kleinem Mädchen das Leben!
Wir sind Helden“, lächelte Lars. „Gestern hat sogar ein Fernsehsender angerufen, die möchten ein Interview mit uns machen. Toll, oder?!“ „Klingt gut“, antwortete Ricarda und blickte gedankenverloren auf den Stapel Briefe, den Lars mitgebracht hatte. Plötzlich fiel ihr Blick auf einen kleinen gelben Brief. Er war mit blauer Tinte beschrieben. Absender war Janas Tante aus Dortmund. Ricarda öffnete ihn sofort. Janas Tante bedankte sich in dem Schreiben noch mal vom ganzen Herzen für die Rettung ihrer Nichte und lud Beide zu einem Kaffeetrinken ein. Jana ginge es schon viel besser und sie würde sich natürlich riesig freuen. Ricarda lächelte, denn auch sie freute sich schon sehr darauf die kleine Jana wieder zu sehen. Hoffentlich würde sie irgendwann über die schlimmen Erlebnisse hinweg kommen. „Der Makler hat übrigens eben angerufen, er nimmt das Haus zurück und zahlt uns eine Entschädigung. Dann können wir uns bald ein neues Haus kaufen.“ Ricarda blickte Lars ernst an: „Aber diesmal ohne Keller!“
- ENDE -