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Schrei Bär

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26.09.2006
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Schrei Bär

Hallo in die Runde!

Ich habe eigentlich gleich mehrere Probleme:

1- meist fliegt mir eine Idee durch den Kopf, die mich dazu bringt, eine Geschichte anzufangen. Häufig ist es ein netter Einstieg und eine Schlussidee. Was dazwischen rein soll, entsteht erst nach und nach, quält sich aber nur mühsam aufs Papier.

2- Manchmal finde ich den Weg vom Anfang bis zum Schluss gar nicht. Wahrscheinlich sind meine Ideen einfach nicht groß genug, um etwas daraus zu machen, aber wenn ich auf den großen Wurf warte, fange ich doch nie an.

3- meine Figuren sind nicht eigenständig, sondern erinnern mehr an Marionetten, die von meinen Ideen hin und her geworfen werden, aber nie fungieren, als wären sie es, die etwas erleben beziehungsweise die Geschichte gestalten.
Charakterisierung meiner Figuren ist teilweise ein großes Problem für mich.

4- leider sind meine Geschichten sehr oft irgendwie ... Flach Richtig oberflächlich kann man es nicht nennen, aber die Geschichten haben oft null Tiefgang. Das sind keine hintergründigen Aussagen enthalten, nichts, was die Menschheit sonderlich bewegen würde. Ich habe das Gefühl, sowas kommt sowieso erst nach langjähriger Praxis und dem damit einhergehenden handwerklichen Können, trotzdem fehlt mir da immer was.


Mit meiner neuen Geschichte habe ich eine Mischung aus den oben stehenden Punkten:
ich weiß exakt, was ich schreiben will, kenne die verschiedenen Stationen des Plots, aber selbst jetzt habe ich das Problem, die verschiedenen Wegpunkte miteinander Verbinden zu müssen, ohne zu wissen, wie.
Die Geschichte ließe sich ohne weiteres auf die Gegenwart ohne jedes Science-Fiction Element übertragen, aber ich möchte sie gerne in dem Genre ansiedeln.

Kurze Beschreibung des Plots:
Ein Raumschiff auf nicht näher beschriebener Mission erleidet einen fatalen Zusammenstoß.Totalschaden, zwei Überlebende in jeweils einer Rettungskapsel.
Die beiden Überlebenden sind miteinander befreundet.
Der eine interessiert sich für Philosophie (die ich im Text aber nicht ausführlicher ins Feld führen möchte) und ist passionierter Maler. Er ist eher ein Düsterling, der das Leben abseits seiner Malerei als Qual empfindet, trägt misanthropische Züge. Der andere malt ebenfalls, steht dem Leben aufgeschlossener oder positiver gegenüber, teilt aber ein gewisses Schicksal mit seinem Freund (ist noch nicht näher ausgedacht).

Die Düsterling ist schon seit längerem mit einem neuen Gemälde befasst, das er bei dem Unglück retten konnte und mit einigen Malutensilien in die Kapsel gebracht hat.
Der Zusammenstoß ist so weit von jeglicher Hilfe entfernt geschehen, dass es unwahrscheinlich ist, dass die beiden jemals gefunden werden. Er meint, den Zusammenstoß als Fingerzeig des Schicksals betrachten zu müssen und versucht den Selbstmord, doch er kann seine Kapsel nicht öffnen und so seinen Tod herbeiführen. Sein Freund könnte ihm helfen, wenn er die Kapsel von außen öffnete. Der verweigert das zunächst, doch im Gespräch wird deutlich, Der Düsterling möchte sich lieber umbringen, als auf unwahrscheinliche Hilfe zu warten. Er sieht keinen Sinn mehr in seinem Leben, weil sein letztes Bild einfach nicht fertig wird, fühlt sich leer und Tod, findet, er habe alles gesagt. Er leidet schon lange darunter, nichts mehr von Belang zu Stande zu bringen. Für seinen Freund wird klar, dass es ein Akt tiefster Freundschaft wäre wenn er ihm diesen letzten Wunsch erfüllte.

Das war jetzt vieles an Information, und ich Glaube, da lässt sich so manches an meinen Problemen beheben.

 

damit ist jeder mitbekommt noch schnell eine Ergänzung mit eigener Antwort:

mein definitives Hauptproblem ist die übermäßige Länge der meisten meiner Geschichten. Ich bin manchmal zu detailverliebt.

 

Hi Schrei Bär,

das Geschichte dazu neigen, sich in die Länge zu ziehen, kenne ich nur zu gut. Ich behelfe mir, gewissermaßen als regulativ, in dem ich mir eine Zeichenanzahlobergrenze (was für ein langes Wort) setze. Bei Ausschreibungen ist oft eine Begrenzung von 16-20.000 Zeichen. Arbeitet man auf dieses Ziel hin, so bewahrt man sich selber vor einem Übermaß an Länge. Hoffe ich zumindest. Gleichzeitig besteht jedoch die Gefahr (und das ist eine meiner Hauptschwächen), dass man das "Show" dem "Tell" opfert.

lg
Dave

 

interessanter Gedanke, der Anzahl von Zeichen eine Grenze zu setzen. Das werde ich ausprobieren.

 

Ich habe einen konkreten Hinweis zu Punkt 3:
Wenn Deine Figuren Marionetten zu sein scheinen, frag Dich, ob das so ist. Hat die Hauptfigur ein Ziel? Agiert sie oder reagiert sie nur? Ist sie aktiv oder passiv? Im letzteren Fall ist sie vielleicht gar nicht die echte Hauptfigur der Geschichte!
Schreib Dir doch bei der nächsten Geschichte für die Hauptperson mal explizit ihre Ziele auf und beachte beim Schreiben, dass diese Ziele deutlich werden.

 

Hallo Schreibär,

interessanter Gedanke, der Anzahl von Zeichen eine Grenze zu setzen. Das werde ich ausprobieren.
Ich sehe bei diesem Ansatz die Gefahr, dass die Freiheit der Geschichte durch eine Begrenzung der Länge nach oben hin leidet. Vielleicht ist es besser, wenn du deine Geschichte ganz normal schreibst und danach dir jeden Satz vornimmst, ob du ihn nicht streichen kannst und auf diese Weise ernsthaft kürzt. Damit sollte das Problem der Überlänge auch behoben werden, ohne Gefahr der künstlichen Beschränkung.

Zu 1 und 2

Vielleicht hilft dir eine Vorplanung, also ein detalierter Entwurf mit den einzelnen Szenen, ihren Charaktären und Inhalten. Auf diese Weise solltest du den Schluss "finden" und weißt auch bevor du schreibst, über was du schreibst.

Zu 4:
Bei deiner neuen Idee mangelt es dir ja nicht an Tiefsinn.

ich weiß exakt, was ich schreiben will, kenne die verschiedenen Stationen des Plots, aber selbst jetzt habe ich das Problem, die verschiedenen Wegpunkte miteinander Verbinden zu müssen, ohne zu wissen, wie.
Die Geschichte ließe sich ohne weiteres auf die Gegenwart ohne jedes Science-Fiction Element übertragen, aber ich möchte sie gerne in dem Genre ansiedeln.

Ich versuche mal deiner Idee einen PLan zu geben. Ist nur ein Beispiel und nicht umbedingt das, was du willst.

Du könntest zu erst den Maler einführen, wie er in seiner Kapsel sitzt mit seinem Bild, das er nicht fertig bekommt. Stellst seine Gefühle und Gedanken dar. Zeigst damit seinen Entschluss zum Selbstmord oder deutest ihn zu mindest an.
Dann könntest du mit einer Rückblende den Zusammenstoß schildern.
Anschließend wäre der Selbstmordversuch des Malers dran.
Schließlich käme das entscheidene Gespräch zwischen den beiden Protagonisten. Hier müsstest du den Entschluss des Malers noch einmal genauer Darstellen.

Ich hoffe das hilft dir. Wenn du eine detallierte Idee wünscht, kann ich dir in der nächsten Woche wohl eine liefern.

Gruß,
Kew

 

Zunächst mal zur Textlänge: Ich glaube, wichtiger als tatsächliche Zeichenanzahl ist hier: Fokus. Denn auch ein kurzer Text kann sich in Exkursen und Nebensächlichkeiten verlieren, wohingegen die Szenen eines langen Texts alle in die selbe Richtung weisen können. Die Frage, die man sich stellen muss, ist: Ist eine bestimmte Szene notwendig? Kann man sie weglassen, ohne dass für Verständnis, Charakterisierung etc. ein wichtiger Aspekt verloren geht?


Was Tiefgang und Aussage betrifft: Man sollte eher nicht mit der Überlegung "Hm, was gibt's denn so für weltbewegende Themen?" an eine Story rangehen - eigentlich läuft's darauf hinaus, was dir wichtig ist. Betrachte deine Story als Ausdruck, Kommentar oder Äußerung zu deinen Beobachtungen, Vorstellungen usw. bezüglich Politik, Gesellschaft, Kultur, Technologie usf. Damit bist du dann auf dem besten Weg (geht nur dann schief, wenn dir tatsächlich nichts wichtig ist, du nichts beobachtest etc. ;))


In diesem Sinne hat deine Storyidee jedenfalls schon mal Potential. Aber:

Die Charaktere sind eher eindimensional und nahezu klischeehaft - sie würden einiges gewinnen, wenn du z.B. ihre Rollen vertauschst: Lass den Düsterling am Leben hängen (er will trotz seines Pessimismus' nicht akzeptieren, dass das Leben so zu Ende gehen soll) und den Lebensfrohen in tiefste Verzweiflung stürzen (weil er's nicht aushält, so passiv auf Rettung zu warten/eingesperrt zu sein).

Um das Thema 'Sterbehilfe' für den SF-Kontext 'fitzumachen', brauchst du einen erweiterten Kontext. Was mir hier einfällt: Deine Protagonisten könnten z.B. Mitglieder einer mächtigen religiös-fundamentalistischen Organisation sein (d.h. Sterbehilfe und Selbstmord wären für sie klar Sünde), die gerade auf einer Art 'Kreuzzug' waren, als der Unfall passiert ist. Die aussichtslose Situation könnte sie dazu bringen, ihre Anschauungen zu hinterfragen oder zumindest zu diskutieren. So hättest du Gelegenheit, nicht nur die individuellen Probleme dieses Themas zu behandeln, sondern auch einen Ausblick auf mögliche über-individuelle Entwicklungen zu geben, die sich heute (klar, je nachdem, wie man's sehen will) vielleicht schon andeuten.

 

Hallo Uwe,

Danke für den Tipp. Wenn ich es mir genau überlege, weiß ich eigentlich nie, was meine Figuren überhaupt wollen. ich weiß ja häufig nicht mal wohin meine Geschichten immer führen sollen. Könnte ich mir gut vorstellen, dass es hilfreich ist, wenn ich mir das klar mache.


Hallo kew,

dass eine Begrenzung für manche Geschichten abträglich sein könnte, fürchte ich auch, aber trotzdem werde ich es mal ausprobieren. Überlängen rigoros zu kürzen ist dann sicherlich eine Alternative, vor allem bei Geschichten, die sich nicht in eine bestimmte Anzahl von Worten zwängen lassen. Ich habe das Gefühl, dieses Problem löst sich mehr oder weniger von alleine, sobald ich meine Figuren besser im Griff habe.

Vielleicht hilft dir eine Vorplanung, also ein detalierter Entwurf mit den einzelnen Szenen, ihren Charaktären und Inhalten. Auf diese Weise solltest du den Schluss "finden" und weißt auch bevor du schreibst, über was du schreibst.
also die Geschichte minutiös im Voraus zu planen ist für mich schwer vorstellbar, weil das Schreiben für mich zu einem großen Teil genau vom Reiz des Unbekannten lebt. Es wird erst nach und nach sichtbar. Ich dachte ja immer, es genügt, wenn man ein paar Stützpunkte kennt, aber häufig scheitere ich dann daran, dass ich den Weg von Stützpunkt eins nach Stützpunkt zwei nicht finde. Auch hier bleibt mir nur zu vermuten, dass sich das wenigstens ein wenig legen wird, wenn ich weiß, was meine Figuren bewegt und was sie wollen.

dein Vorschlag, die Geschichte beim Maler anzufangen, ist ganz interessant. Momentan fange ich mit dem Zusammenstoß an und irgendwie kam mir gar nicht in den Sinn, es anders zu machen. Ich habe deshalb mal eine Weile über deinen Vorschlag nachgedacht und schon verschiedene Ansätze durchgespielt, die mir inzwischen alle besser erscheinen, als mein Anfang mit dem Crash. Das Bild wollte ich eigentlich erst ganz am Schluss ins Spiel bringen, aber mehr oder weniger damit anzufangen, löst manche meiner Probleme mit dem Plot. Keine Ahnung warum ich da nicht selber drauf gekommen sind, aber mir hilft es ungemein mit euch über meine Schwierigkeiten zu diskutieren.

Danke für die Vorschläge.


Hallo ccw,

Fokus - Disziplin, Disziplin, Disziplin, wie es in Akira heißt (mich selber abwatsch). Daran muss ich arbeiten. Ich bin ein Weltmeister im abschweifen.

Was Tiefgang und Aussage betrifft:
Meine Geschichten sind ja im Grunde schon ein Ausdruck/Kommentar/Äußerung zu Beobachtungen, etc., aber ich habe immer das Gefühl, dass das nicht genug beziehungsweise nicht spektakulär genug ist. Vielleicht muss sich da auch meine Erwartungen etwas herunter schrauben. Darüber muss ich noch ein wenig kontemplieren.

Deine Anregungen zu meiner Geschichte finde ich großartig und ich merke ganz deutlich, dass ich richtiggehende Klischeefiguren im Kopf habe. Der Düsterling will sterben. Wie spannend. Nein, das Düsterling will nicht auf diese Weise untergehen und schon ist eine gewisse Spannung zu spüren. auch die Idee mit dem religiösen Umfeld gefällt mir ausnehmend gut und ich finde auch, dass sie sehr gut hinein passt.

ich finde all eure Hinweise wirklich sehr hilfreich. Danke dafür! Je mehr ich mich damit befasse, desto mehr Hoffnung habe ich, dass aus meiner Geschichte etwas brauchbares wird.

Herzliche Grüße
Georg

 

aber ich habe immer das Gefühl, dass das nicht genug beziehungsweise nicht spektakulär genug ist.

Naja, es müssen ja nicht immer spektakuläre Themen sein. Auch vergleichsweise 'geringfügige' Themen können durchaus interessant, bzw. wichtig sein. Hauptsache ist, dass ein solches Thema mit der nötigen Sorgfalt behandelt wird. Ich mag es bspw., wenn Sachverhalte mit einer gewissen Ambivalenz dargestellt werden, ein Text mehrere Sichtweisen zu einem Themenkomplex aufgreift und/oder Charaktere mit ihren guten und schlechten Eigenschaften portraitiert. Also, ich glaube, es ist eher die Methode, die Tiefe erzeugt, als ein Thema selbst.

Ach ja, noch was:

also die Geschichte minutiös im Voraus zu planen ist für mich schwer vorstellbar, weil das Schreiben für mich zu einem großen Teil genau vom Reiz des Unbekannten lebt.

Das genaue Planen ist aber durchaus hilfreich, denn das erlaubt dir, von Anfang an konsequent vorzugehen und (im Idealfall, natürlich) lückenlose Kausalketten zu erstellen. Gerade bei komplexen Themen hilft es dir, die beste Begründung für ein Ereignis zu finden - und das im fertigen Text auch zu vermitteln.
Genaues Planen schließt den 'Reiz des Unbekannten' nicht völlig aus, gerade bei der Charakterinteraktion kann sich während des Schreibens noch eine ganze Menge ändern/neu ergeben.

 

Hallo Schrei Bär

Gestern kam ich dazu ein paar Geschichten von dir zu lesen: "Blasse Welt", "Die Durchquerung des Raumes" und "Gott wohnt im Sternbild Waage"

Mein Ziel war es erstmal einen Eindruck von deinen Geschichten zu gewinnen, bevor ich etwas zu deiner Storyidee bzw. zu deinen Schwächen sagen kann.
Dabei möchte ich auch dir als Leser antworten. Als Autor in Ausbildung" fände ich Kritiken irgendwie unangebracht. Aber gut.

Insgesamt haben mich alle drei Geschichten nachdenklich gestimmt. Die Bilder, die du transportierst, waren eindringlich. Dennoch hatte ich immer das Gefühl mit den Augen über deinen Text zu kratzen.
Ein Beispiel: Die ständige Betonung des Ausdrucks "Herr König" aus Blasse Welt
Anderes Beispiel: Der metaphorisch überfrachtete Text bei die Die Durchquerung des Raumes
Bei Gott wohnt im Sternbild Waage war es unter anderem der Name "Asbach", über den ich regelmäßig gestolpert bin.

Bevor ich das kommentiere, möchte ich dich gern zitieren:

leider sind meine Geschichten sehr oft irgendwie ... Flach Richtig oberflächlich kann man es nicht nennen, aber die Geschichten haben oft null Tiefgang.

Ich glaube fast, dass du deinen Geschichten zusätzliche Tiefe verleihen willst, in dem du deine Sprache veränderst. Stellenweise wirkte das für mich gekünstelt - in einem Fall, bekam ich sogar den Eindruck von einem Musikvideo, dass mit stilistischen Tricks kunstvoll sein möchte (Beschreibung des Wassertropfens als Schauspiel, um vom Erscheinen des alten Mannes abzulenken - Die Durchquerung des Raumes)
Alles in allem denke ich, dass deine Geschichten dieses "künstliche" (leider fällt mir kein besserer Ausdruck ein) nicht nötig haben. Gerade bei der Geschichte mit dem alten Mann / Wassertropfen könnte ich mir eine karge Sprache besser vorstellen. Denn letzlich liegt die Kunst immer im Auge des Betrachters, ein Zettel mit der Aufschrift "Achtung: KUNST" hilft da nicht viel.
Mein Tip wäre also: Je tiefsinniger ein Text werden soll, umso karger wähl die Sprache. Aus diesem Grund hat mir "Blasse Welt" auch am Besten von dir gefallen. Hier fand ich eigentlich alles, bis auf dieses ständige >Herr König<, recht stimmig.

Zu deiner Idee:
Erstens hat mich der Plot ein wenig an das Buch / Film "Dark Star" von James Cammeron erinnert. Auch dort gibt es zwei Überlebende im All, die jeweiter sie voneinander abdriften, umso mehr zu sich selbst finden (ist nur ein winziger Tel der Story).
Zweitens finde ich die Idee ein wenig konstruiert - zwei Typen, beides Künstler, wo jeder in seiner eigenen Rettungskapsel sitzt und über das Leben bzw. über den Tod philosophiert... da macht's bei mir nicht KLICK.
Drittens: Glaube ich ist der Ansatz: Ich will eine tiefsinnige Geschichte erzählen der Falsche. Ich glaube du setzt dich da selbst zu sehr unter Druck. Lass einfach mal ein wenig Dampf ab und versuche "nur" eine Geschichte zu schreiben. Das Tiefsinnig würde ich dem Leser überlassen.

Tja, mehr fällt mir im Moment nicht ein. Letzlich ist es doch eher ein Gefasel geworden, statt echter Kritik. Aber vielleicht magst / kannst du ja doch was damit anfangen.

Viele herzliche Grüße

Mothman

 

Hey Bär,

1- meist fliegt mir eine Idee durch den Kopf, die mich dazu bringt, eine Geschichte anzufangen. Häufig ist es ein netter Einstieg und eine Schlussidee. Was dazwischen rein soll, entsteht erst nach und nach, quält sich aber nur mühsam aufs Papier.
Jo, das ist normal, glaube ich. Einfach versuchen dir eine Personenkonstellation zu überlegen. Die aus der Geschichte erwachsen könnte. Dann die Figuren eine Weile mit sich herumtragen, damit man ein Gefühl für sie bekommt, und dann schreiben die die Handlung schon.
Man muss, wenn man mehr als einen kurzen Sprint schreiben möchte, schon eine Weile mit einer Idee und mit den Figuren schwanger gehen.

2- Manchmal finde ich den Weg vom Anfang bis zum Schluss gar nicht. Wahrscheinlich sind meine Ideen einfach nicht groß genug, um etwas daraus zu machen, aber wenn ich auf den großen Wurf warte, fange ich doch nie an.
Wenn man das Gefühl hat, man kommt nicht weiter, hat man die Geschichte nicht gut genug durchdacht. Da hilft nur nachdenken und grübeln. Man kann versuchen sich in die Figuren einzufühlen, man kann auch im Blindflug weiterschreiben und hoffen, dass einen das Unterbewusstsein schon raushaut. Man kann sich auch im Vorfeld mit typischen Plotmustern und Plot points beschäftigen, diese Lösungen wirken allerdings formelhaft. Idealerweise sollte man sie trotzdem verinnerlicht haben. (In den meisten Fällen, wenn ma nicht weiter kommt, kann man sich einfach fragen: Wie kann ich den Konflikt verschärfen.
Mir fällt da als Beispiel immer Herr der Ringe ein: Eine kleine Anzahl von Personen muss den Ring vernichten. Das wird zu: Nur 2 Leute müssen den Ring vernichten. Das wird zu: Die 2 Leute müssen ins absolute Feidesland gehen, von einem verräterischen Monster begleitet und der eine ist noch vom Ring besessen.) Also das ist das Prinzip. Bei Drehbuchschreibern gibt es da auch den Satz: if in doubt, add a car chase. Den Konflikt verschärfen geht eigentlich immer.

3- meine Figuren sind nicht eigenständig, sondern erinnern mehr an Marionetten, die von meinen Ideen hin und her geworfen werden, aber nie fungieren, als wären sie es, die etwas erleben beziehungsweise die Geschichte gestalten.
Charakterisierung meiner Figuren ist teilweise ein großes Problem für mich.
Ich glaube das ist das Hauptproblem, denn wenn man "Figuren" hat, sind die meisten Probleme lösbar. Das ist aber wirklich ein weites Feld, wie dem Schriftsteller es leichter gemacht werden kann, "Figuren" zu erschaffen. Mache führen ein imaginäres Interview mit der Figur oder lassen sie durch eine Reihe vorgefertiger Szenarien laufen, um sich klarer zu machen, was das für eine Figur ist.
Ich hab da noch ein Beispiel im Kopf: Drei Soldaten sind lange marschiert und kommen an einen reißenden Fluss. Der Sergeant befiehlt Pause.
Was machen der Soldat X nun? Legt er sich einfach ins Gras und ruht sich aus. Oder überquert er erst den Fluß und ruht sich dann aus. Oder geht er sogar den Fluß auf und ab und sucht eine bessere Stelle.
Das wäre so ein Szenario, das dann viel über die Figur aussagt, und ihre Art mit solchen Problemen umzugehen.
Aber das kann man auf so engem Raum relativ schlecht belechten. Du kannst ja, wenn es dir Spaß macht, vor deiner nächsten Geschichte, deine Hauptfigur durch 10 Fragen jagen und dann sehen, ob dir die Figur dadurch näher gekommen ist, als vorher.
10 Fragen wären da zum Beispiel:

1. X beobachtet, wie zwei Männer sich küssen - mit Zunge - wie reagiert er?
2. Ein Freund ruft X an und bittet ihn um langwierige und anstrengende Hilfe bei einem Umzug. Wie reagiert er?
3. Wann hat X das letzte Mal geweint?
4. Wie reagiert X auf einen unfreundlichen Kellner im Restaurant?
5. Was macht er, wenn er morgens aufwacht und merkt: Eine Grippe ist im Anmarsch?
6. Würde X in einem Fahrstuhl zu seinem Lieblingslied mitsingen? Würde er es tun, wenn er alleine wäre? Wenn Leute dabei wären?
7. Wie würde X reagieren, wenn ihm eine nur mäßig attraktive Frau in einer Bar ihre Nummer zusteckt?
8. Wie würde X reagieren, wenn in einer U-Bahn ein alter Mann von einer Gruppe Jugendlicher belästigt wird?
9. Warum hat X den Beruf ergriffen, den er ausübt? Gab es dort etwas Einschneidendes?
10. Welche Schulbildung hat X genossen, wie war er in der Schule? Hat er die Bibel gelesen? Hat er ein Lieblingsbuch? Hat ihn ein bestimmter Lehrer geprägt? Gab es eine Vaterfigur in seinem Leben? Eine Mutterfigur? usw. usf.

Das hat auch nichts mit dem Setting zu tun, sondern soll nur helfen, ein Bild der Figur zu schaffen. Natürlich muss das nicht verwendet werden, man muss ihn dann nicht erklären lassen: Ich hab Moby Dick gelesen und deshalb bin ich Hummerfischer geworden, oder so. Sondern es hilft dem Autor einfach nur, sich ein Bild von der Figur zu machen. Und wenn man dieses Bild erstmal hat, kann man sich auch Situationen ausdenken, in denen die Figur zur vollen Geltung kommt.
Das ist aber schon ein recht aufwendiger Prozeß. Man kann da 50 Fragen stellen oder 100 und sich selbst da einen Fragebogen ausdenken: Was muss ich wissen, damit ich eine Figur so schildern kann, dass sie jemanden interessiert.

4- leider sind meine Geschichten sehr oft irgendwie ... Flach Richtig oberflächlich kann man es nicht nennen, aber die Geschichten haben oft null Tiefgang. Das sind keine hintergründigen Aussagen enthalten, nichts, was die Menschheit sonderlich bewegen würde. Ich habe das Gefühl, sowas kommt sowieso erst nach langjähriger Praxis und dem damit einhergehenden handwerklichen Können, trotzdem fehlt mir da immer was.
Ja, man sollte sich bei solchen Problemen nicht immer wahnsinnig viel vornehmen. Wenn man erstmal packend schreiben kann und lebendige Figuren hat, dann ist "Irgendwie fehlt die Botschaft" das nächste Problem, mit dem man sich auseinandersetzen kann.
Aber wenn man alle Probleme, die man so beim Schreiben hat, wie einen riesen Turm vor sich aufbaut, dann geht mal echt nix. :) Ich glaub das geht jedem so. Eins nach dem andern.

Bei deinem Plot fällt mir auf, dass du 90% darauf verwendest, die Außenumstände und die eine Figur zu beschreiben. Die zweite Figur hat keinerlei Eigenschaften. Das ist klar, dass du dich damit dann schwer tust. Erst wenn die zweite Figur vorstellbar und lebendig wird, solltest du dich daran setzen.
Ansonsten kann ich nochmal das wiederholen, was ich bei Teja schon gesagt habe: Nicht den Fehler machen, die Energie darauf zu verwenden, nach einem riesen Plot zu suchen, wenn die Mittel nicht ausreichen, ihn zu schildern. Sondern an den Mitteln arbeiten. Erstmal. Versuchen aus jeder Geschichte etwas mitzunehmen. Das andere kommt dann schon alles.

Gruß
Quinn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Mothman,

Danke für deine Anmerkungen.Du hast recht, häufig rutschte ich in meinen Geschichten in eine etwas blumige, vielleicht auch schwülstige Sprache ab. Ich weiß auch nicht, das liegt mir einfach. Meine Fantasie spielt mir in dieser Hinsicht öfter mal einen Streich, weil ich einfach so viele komische Ideen habe, von denen ich so viele wie möglich umsetzen möchte, obwohl das für die Geschichten oft nicht sinnvoll ist.
was den Wassertropfen in "Die Durchquerung des Raumes" betrifft, ist das keineswegs ein Ablenkungsmanöver, sondern lediglich eine Doppelung (sagt man das so?) Der Wassertropfen durchquert den Raum und der alte Mann durchquert den Raum. Die Geschichte habe ich im übrigen schon ein wenig überarbeitet und versucht, die Sprache wesentlich karger zu gestalten. Ist mir leider nicht übermäßig geglückt, deshalb habe ich die neue Version noch nicht eingestellt.

Was dich in "Gott wohnt im Sternbild Waage" an dem Namen Asbach stört, weiß ich nicht. O.k., ich kanns mir vorstellen, aber dass es dich zum stolpern bringt, finde ich doch ein wenig verwunderlich.

Dark Star ist übrigens von John Carpenter und ich glaube eigentlich nicht, dass meine Geschichtenidee sich daran angelehnt, nicht mal entfernt. In meiner Geschichte geht es ja nicht darum, dass sie sich voneinander entfernen, sondern dass sie sich in ihren unterschiedlichen Auffassungen einander nähern, sich so nahe kommen, dass es möglich wird, dass der eine dem anderen bei einer schweren Schicksalsentscheidung behilflich Ist. Ich habe den Film nicht komplett parat, aber die Szene von der du sprichst, ist meiner Erinnerung nach meiner Idee ziemlich unähnlich. Schade allerdings, das ist nicht Klick macht.
die Tiefsinnigkeit dem Leser zu überlassen - interessanter Gedanke, aber da müsste ich einen gewissen Grad an Kontrolle aufgeben, nicht? Das wird schwierig! :) trotzdem denke ich eigentlich, dass es schon Sinn macht, nicht die aller einfältigsten Ideen zu Geschichten zu machen, denn dann ist mit Tiefsinn nicht viel. Man kann kaum Klo-Witze erzählen und dann Lob für deren Tiefsinnigkeit ernten. Deshalb muss doch die Grundidee schon ein gewisses Niveau haben, dann kommt auch eine Geschichte mit Niveau heraus. Und daran scheitere ich manchmal; eine Idee sowie Substanz zu geben, dass daraus mehr wird, als nur eine heitere Lagerfeuergeschichte.

 

Hallo Quinn,

Gut, dass Du mich nochmal an deinen ausführlichen Kommentar erinnert hast, den zu beantworten habe ich ganz vergessen. Entschuldige bitte.

das ist mir schon öfter aufgefallen, dass ich meine Figur nicht gut genug kenne, was meist der Grund für mehr oder weniger unbrauchbare Charakterisierung ist. Da hängt ein ganzer Rattenschwanz von Konsequenzen mit dran; die Figurenkonstellation lässt sich kaum zusammenstellen, wenn man die Eigenheiten der Figuren nicht kennt und ohne Eigenheiten gibt es keine Charakterisierung. Der Fragenkatalog zum Kennenlernen ist ein toller Vorschlag. Damit werde ich mich auseinandersetzen, wahrscheinlich wird es dann mit meiner Geschichte auch einfacher.
Bis jetzt ist mir nicht aufgefallen, dass die zweite Figur in meiner geplanten Geschichte ziemlich blass dasteht, danke für den Hinweis.

Zu guter letzt hätte ich noch eine Frage:
Gibt es brauchbare Bücher über das Schreiben und kannst du welche empfehlen? Ist das überhaupt sinnvoll?

Herzlichen Dank für deine Ausführungen, die sehr aufschlussreich waren.
Georg

 

Hi Schrei Bär,

habe noch keine deiner Geschichten gelesen, aber ich muss zumindest darauf etwas sagen:

Wahrscheinlich sind meine Ideen einfach nicht groß genug,
Mir ging es wie dir, aber je länger ich über Quinns Post hier und bei mir nachdenke, desto klarer sehe ich.
Selbst lausige Ideen können eine gute Geschichte ergeben, wenn sie richtig erzählt ist. Wenn man nur mit "großen Ideen" hantiert, dann hat man das Problem, dass eine Kurzgeschichte unter Umständen viel zu kurz ist, um der Idee gerecht zu werden. Und dadurch fällt die Geschichte schon allein deswegen beim Leser durch. Dann kriegt man Kommis wie "Atmosphäre stimmt nicht", usw.
Da hätte ich dann doch lieber Kommentare wie "Der fünfzehnte Aufguss, aber gut erzählt".

Und wenn du Ideen suchst, dann lies mal, was Uwe bei mir geschrieben hat. Seine Vorgehensweise hilft, auch kleine "Ideen" zu finden, die sich gut für eine Geschichte eignen und sie durch Wiederholung der Technik auszubauen.

CU,
Teja

 

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