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Schweigsam

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22.04.2008
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Schweigsam

Ein sonniger Tag, es ist warm. Draußen auf der Terrasse sitzen wir, trinken Kaffee. In den Gärten spielende Kinder, schreiende Babys und junge Ehepaare. Oft komme ich mir hier vor, als wäre ich fehl am Platz. Wir sind nun beide über siebzig. Mehr als vierzig Jahre, in denen wir verheiratet waren, halten uns nicht davon ab, nur noch das Nötigste zu bereden. Ja, wir reden nicht viel – wir beide machten Fehler, aber keiner stand jemals dazu. Vielleicht ist dies unser größter Fehler – wir leben zusammen, wissen, was wir falsch gemacht haben, aber reden nicht darüber. Keiner will damit anfangen. Ich habe Probleme damit. Ich habe Fehler gemacht, und manche würde ich auch heute noch machen. Ist es nicht langweilig, ein perfektes Leben zu haben, ein Leben, in dem man für nichts verantwortlich ist? Morgens um acht Uhr stehe ich auf und decke den Frühstückstisch. Eine Stunde später sitzen wir dann beide am Tisch und schweigen. Entweder wir lesen Zeitung oder schauen aus dem Fenster. Das neue Grün des Frühlings steht für neuen Lebensmut und Freude. Ob wir das auch noch einmal erfahren werden?

Jeden Tag läuft der Tag bei uns gleich ab. Wir unternehmen nicht viel, wir haben Angst, mit dem Anderen über Dinge zu reden, die zuhause nicht angesprochen werden. Ja, wir müssten mehr miteinander reden, wenn wir etwas unternähmen. Wir wollen das nicht. Letztes Jahr sind wir noch einmal zusammen in den Urlaub gefahren. Eine schöne Zeit, wir haben uns daran gehalten, wir haben nicht viel geredet.

Warum wir noch zusammenleben, wissen wir glaube ich beide nicht. Mehr, weil wir uns gegenseitig benötigen. Alleine würden wir es nicht schaffen, vielleicht doch, aber diese Anstrengung ist uns seit einigen Jahren fremd. Liebe ist es jedenfalls nicht mehr. Wenn wir zusammenleben, haben wir die täglichen Aufgaben schnell erledigt. Meistens sitzen wir dann im Wohnzimmer, lesen, schlafen. Oder wie jetzt auf der Terrasse. Spielende Kinder, schreiende Babys und junge Ehepaare in den Gärten. Ich wünschte mir, dass ich diese drei Zeiten noch einmal erleben dürfte. Nein, nun sind wir beide alt und werden von Tag zu Tag älter. Wir sind damit nicht zufrieden. Wir müssen es akzeptieren. Schweigsam.

Wenn ich in die Baumkronen schaue, sehe ich das Sonnenlicht hindurch strömen. Als ich jung war, baute ich Baumhäuser in diesen Kronen. Oft erinnere ich mich daran, wie es war, als ich klein war. So sorglos, so kreativ. Meine Eltern hatten Freude an mir. Wir selbst haben keine Kinder. Den richtigen Zeitpunkt haben wir verpasst. Aber wir konnten auch so miteinander leben. Damals, als wir noch mehr miteinander redeten, war unsere Zeit. Wir haben uns geliebt, hatten Bekanntschaften, waren auf Feiern. Nun ist diese Zeit vorbei. Wir werden wohl bis zu unserem Tode nicht mehr wieder zueinander finden, und dennoch leben wir auf engstem Raum zusammen. Ein Blick in die Baumkrone genügt, um zu wissen, wie lange das geht. Im Frühling sprießen die Blätter, sind grün, unerfahren, unbesorgt. Im Sommer ist der Höhepunkt. Im Herbst werden sie alt, grau. Nach und nach fallen sie ab, sie entfernen sich voneinander.

Wir befinden uns im Spätherbst. Hätte ich die Möglichkeit, etwas in meinem Leben besser zu machen, ich würde sie nicht nutzen. Ich hatte schöne Zeiten. Nun sind sie vorbei. Wir beide denken so. Unsere letzten Jahre werden friedlich, geruhsam verlaufen. Und schweigsam.

 

zwei von fünf Punkten

Die Geschichte hat praktisch keine Handlung, schreitet nicht voran, ist eintönig, voller Wiederholungen, sprachlich uninteressant, wird dem an sich interessanten Thema nicht gerecht.

Was mir gefiel:

Das "schweigsam" als umspannendes Element.

 

Hallo the_freaktaker,

Deine Geschichte gefällt mir von der Idee her: Ein altes Ehepaar ist ins Schweigen gefallen - weil das, was es zu reden gäbe verschwiegen wurde und wird. Wenn es für Wichtiges keine Worte gab und gibt, dann erübrigt sich auch der alltägliche Gedankenaustausch. So lese ich die Tragik der Beiden.

Vielleicht ist dies unser größter Fehler – wir leben zusammen, wissen, was wir falsch gemacht haben, aber reden nicht darüber. Keiner will damit anfangen. Ich habe Probleme damit. Ich habe Fehler gemacht, und manche würde ich auch heute noch machen. Ist es nicht langweilig, ein perfektes Leben zu haben, ein Leben, in dem man für nichts verantwortlich ist?
Hier könntest Du, um Deiner Geschichte mehr Lebhaftigkeit zu geben - und mir als Leserin mehr Information - vielleicht einstreuen, was für Fehler und für was demzufolge Verantwortung übernommen wurde. So bleibt dies für mich eine blasse Aussage, ja fast eine Banalität. Dies ist ja ein Monolog und wenn sich der so in Gedanken abspult, sind sicher auch Erinnerungen an die Fehler da.
Jeden Tag läuft der Tag bei uns gleich ab.

2x Tag liest sich holperig. 'Jeder Tag läuft bei uns gleich ab.'

… wir haben Angst, mit dem Anderen über Dinge zu reden, die zuhause nicht angesprochen werden.

siehe oben, über welche 'Dinge' - nenn sie doch beim Namen: Ehebruch, ein heimlicher Freund / eine Freundin, Ausflüchte, Mord, Diebstahl, Verletzungen, Enttäuschungen - was alles kann einem Paar in vierzig Jahren geschehen, was macht Angst?

Ich denke, es würde sich lohnen, da nochmal drüber zu gehen, konkreter zu werden, fassbarer.

Viel Spass noch hier im Forum!

Herzlich,
Gisanne

 

Hallo freaktaker!

Hmm, die Geschichte macht nicht grad Lust, älter zu werden ... :)
Natürlich gibt es viele alte Menschen, die so denken, wie die Figuren aus deiner Geschichte, die deprimiert und nostalgisch sind. Das kennen wir bereits. Spannend zu wissen wäre nun, warum oder wodurch sie so geworden sind, und was ihnen neuen Lebenswillen geben könnte.
Ich kenne einen 89-jährigen, der fünf Jahre seine Frau gepflegt hat, bis sie gestorben ist. Nun geniesst er die letzten Jahre seines Lebens, er geht einmal die Woche in einen Tanzkurs und erzählt den Leuten Geschichten aus seinem Leben.
Alter kann Nostalgie, Trauer, Schmerzen bedeuten, aber es kann auch Weishheit und Erfahrung bedeuten, Erfahrung, die man an spätere Generationen weitergeben kann und sollte. Das stelle ich mir schön vor.
Nun bin ich aber etwas abgeschweift. Zurück zu deiner Geschichte:
Vielleicht könntest du (trotz des Schweigens) einen kleinen, alltäglichen Dialog einbringen, oder eine schöne Erinnerung.
Wie Gisanne schon gesagt hat, fehlt das Konkrete in der Geschichte. Worüber schweigen die Charaktere?
Geh da doch nochmal drüber, das könnte spannend werden!!

Liebe Grüsse
merettschen

 

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