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Segen der Zivilisation

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13.12.2006
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Segen der Zivilisation

In einem unbeobachteten Moment prüft der Mann in Nadelstreifen den Lack seines Wagens. Sein Handy steckt noch in der Warteschleife der Versicherung. Er wirft dem bewusstlosen Mädchen vor seinem Wagen einen bösen Blick zu und hofft, dass er besorgt ausieht.

Tatsächlich hat einer aus der angestauten, lautstarken Menge den Rettungsdienst verständigt. Als dieser endlich eintrifft, wird es dem älteren Herrn im zweiten Stock zu bunt. Er dreht den Fernseher lauter und hat damit Grund, sich noch ärger über die die mindere Qualität der kostenlosen Unterhaltung zu ereifern.
So muss auch nicht mit anhören, wie unter ihm seine Nachbarin verprügelt wird. – Anlass zum Streit bietet der Alkohol, welcher zu knapp im Heim und zu üppig im Blut ihres Mannes vorrätig ist.

Derweil verschwindet die Tochter, respektive Stieftochter, besagter Nachbarn aus der Wohnung. Ihr Ziel ist der gesetz- und bargeldlose Erwerb von Kleidungsstücken.
Der hauseigene Wachmann der Boutique drückt in diesem Fall das geistige Auge zu. Das liegt allerdings überwiegend an den Betäubungsmitteln in seinem Gehirn, die er nach Feierabend zwecks Nebenerwerbs vertreibt.

Während sich die Kleidungsstücke wenig später zu der vorhandenen Sammlung gesellen, um dort ihrem erst- und einmaligem Gebrauch zu harren, wird der Arbeitsplatz des Wachmannes gestrichen. Denn es wurde, vom Betroffenen unbemerkt, soeben entdeckt, dass seine Anstellung bisher keine Gewinnoptimierung zur Folge hatte.

Glück im Unglück anderer hat da der findige Buchhalter. Er muss nicht fürchten, seinerseits aus dem Kundenkreis des Wachmannes, respektive Einzelhändlers, ausgeschlossen zu werden. Schließlich wälzt sich seine Verantwortung selbsttätig noch oben ab.

Und somit auf den Herrn in Nadelstreifen, dessen Anwalt gerade innerlich aufjauchzt. Jener Anwalt wird allerdings nicht verhindern können, dass sein Klient sich schon wenige Tage später nicht mehr so viele Gedanken über die Kratzer in seinem Wagen machen wird. Mehr hingegen um die Klinge in seinem Bauch. Dem (ehemaligen) Wachmann sei Dank.

 

Hallo Apropos,

zum guten Ende gekommen, als sich der Kreis schloss, dachte ich mir, doch nicht so übel, wie zwischenzeitlich vermutet

Aber an deinen Formulierungen solltest du noch etwas schleifen, gerade bei einer solchen Miniatur. EInige Beispiele:

In einem unbeobachteten Moment prüft der Mann in Nadelstreifen den Lack seines Wagens. Sein Handy steckt noch in der Warteschleife der Versicherung. Er wirft dem bewusstlosen Mädchen vor seinem Wagen einen bösen Blick zu und hofft, dass er besorgt aussähe.

Der Mann steckt nicht in Nadelstreifen, ebensowenig sein Handy in der Warteschleife. Ausserdem hofft er, dass er besorgt aussieht.

Tatsächlich hat einer aus der angestauten, lautstarken Menge den Rettungsdienst verständig

Man kann Flüsse anstaeun, aber keine lautstarken Mengen.
verständigt


In so wenigen Zeilen muss man erstmal so viele Böcke unterbringen!


LG,

N

 

Hi Nicole,

Hm, ich entnehme deiner Kritik, dass du nicht ganz überzeugt warst von dem Text. Lag das nur an den angesprochenen Formulierungen?

Übrigens denke ich, dass man durchaus schreiben kann, ein Handy stäcke in einer Warteschleife 8auch wenn das tatsächlich der Telefonierende tut) und eine Menschenmenge staue sich an. Das sind halt bildhafte Umschreibungen, die ich nicht als schlecht oder gar falsch erachte.

(Und im Übrigen empfinde ich die Länge der Liste der Verbesserungen der Länge des Textes durchaus als angemessen...)

 

Hallo Apropos,

ich hoffe, ich darf mal meine bescheidene Meinung kundtun. An deiner Geschichte fand ich schön, dass sie rund ist. Ich hab mir das ganze so vorgestellt wie in dieser AOL-Werbung, wo die Kamera in der Stadt von einem zum nächsten schwenkt und der Erzähler preisgibt, was die Leute gerade tun und denken, z.B.: "Es ist 15:07 Uhr. Jochen sitzt gerade auf seiner Couch und surft mit dem Laptop kabellos im Internet, während zwei Stockwerke tiefer..."

Du hast natürlich in deiner Geschichte besonders schwarz gemalt. Da ist ja mit jedem Charakter irgendwas nicht in Ordnung. Im echten Leben - jedenfalls habe ich den Eindruck gewonnen - ist zumindest ab und zu mal einer dazwischen, der noch klar denken kann und sich auch um andere sorgt, nicht nur um das eigene Wohlbefinden. Also wenn deine Geschichte wirklich Gesellschaftskritik sein soll, dann ist mir die Gesellschaft zumindest in der Konstellation nicht wirklich realistisch.

Ansonsten habe ich eigentlich nichts auszusetzen... :)
Außer vielleicht: Mann im Nadelstreifenanzug statt Mann in Nadelstreifen. ;)

Viele Grüße
Jay

 

Hallo Apropos,

"nicht ganz überzeugt?" Zwischenzeitlich nein, der Einstieg gefällt mir irgendwo nicht so ganz, aber die Idee ist wie gesagt nicht schlecht. Über Formulierungen lässt sich trefflich streiten. Kreative Wortneuschöpfungen gegen etablierte Korrektheit. Geschmackssache, aber subjektiv störend, wenn man sie als flasch empfindet.

LG,

N

 

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