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Sei doch nicht immer so Ernst

Seniors
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24.04.2003
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Sei doch nicht immer so Ernst

Ernst Hemmel erwachte an jenem Morgen aus einem seltsamen Traum.
Er wollte sich auf die Bilder konzentrieren, die er gesehen hatte, aber sie waren nicht mehr da.
Zurück blieb ein Gefühl, das Ernst nicht kannte.
Auf dem Weg zur Arbeit war er nervös, starrte ständig in den Rückspiegel. Der Verkehr war wie immer, und auch die Menschen um ihn herum hatten sich nicht verändert.
Je länger Ernst darüber nachdachte, umso unausweichlicher wurde der Gedanke: Er selbst war es, der sich seit heute Morgen verändert hatte.
Auf welche Weise, das wusste er nicht.
Im Büro kam ihm alles etwas ruhiger vor als sonst. Es war ihm, als bewegten sich seine Kollegen durch eine zähflüssige, unsichtbare Masse, die sie träge machte.
Gegen Mittag wurde Ernst übel. Er ging vor die Tür und zündete sich eine Zigarette an. Bereits nach dem ersten Zug musste er würgen. Dann lief er auf die Toilette und übergab sich. Die Zigarette hielt er dabei noch immer in der Hand.
Sein Chef wollte ihn nach Hause schicken, aber Ernst beteuerte mehrmals, das er sich bloß den Magen verdorben hätte, und sich nun wieder besser fühle.
Schließlich nickte sein Chef und verschwand hinter einer Trennwand. Kurz darauf war das klackende Geräusch seiner Tastatur zu hören.
Abends ging Ernst früh in sein Bett. Den Fernseher ließ er laufen. Zur Ablenkung, denn er war scheiß nervös.
In der Nacht sprang Ernst dann auf. Alles drehte sich. Da war er wieder gewesen, dieser Traum. Diesesmal konnte er sich jedoch an seinen Inhalt erinnern.
Ein alter Mann hatte neben einem Bach gestanden. Es war Ernst selbst gewesen, in vielen Jahren. Dem Mann war ganz offensichtlich langweilig. Desinteressiert hatte er Ernst angesehen und zu sprechen begonnen.
"Mache nicht den Fehler, und stehe dein Leben lang neben dem Bach. Laufe durch ihn hindurch, wenn du den Fluss erreichen willst."

Ernst Hemmel erwachte an jenem Morgen und fühlte sich frisch wie nie zuvor in seinem Leben. Zum ersten Mal fielen ihm die Farben auf seiner Bettdecke auf.
Auf dem Weg zur Arbeit fuhr er viel zu schnell. Die Geschwindigkeit berauschte ihn.

"Herr Hemmel, können Sie bitte kurz an meinen Schreibtisch kommen?"
"Natürlich."
Hegemann, der Leiter des Vertriebs, hatte sein Haar ordentlich gescheitelt. Nur die Krawatte saß nicht richtig. Seine Frau war die Woche über zu ihrer Mutter gefahren. Ernst hatte das von einem Kollegen erzählt bekommen, der Fetzen eines Telefonats von Hegemann aufgeschnappt hatte. Es war interessant, dass der Leiter des Vertriebs sich keine Krawatte binden konnte, dachte Ernst.
"Herr Hemmel, dieser Auftrag hier, den Sie letzte Woche bearbeitet haben, damit stimmt etwas nicht. Weshalb terminieren Sie die Waren auf die übernächste Kalenderwoche? Der Lagerbestand ist doch vorhanden."
Ernst wollte zur Antwort ansetzen, seinem Chef auf höfliche, ja anbiedernde Weise verständlich machen, dass er selbstverständlich im Lager angerufen und erfahren hatte, dass der Bestand reserviert war, doch dann tat Ernst etwas, was er noch vor zwei Tagen niemals getan hätte.
Er zuckte mit den Schultern, nahm Hegemann sachte den Auftrag aus der Hand, und drehte sich um.
"Wird geändert. Ihre Krawatte sitzt übrigens schief, Herr Hegemann", sagte er im gehen.
Von einem der Schreibtische kam gedämpftes Gelächter.
Als Ernst wieder an seinem Platz saß, zerknüllte er den zweiten Ausdruck des Auftrags und warf ihn in den Papierkorb. Er griff nach der Maus und klickte auf das Symbol für den Internet Explorer.
Die folgende Stunde verbrachte er damit, sich eine lange Kurzgeschichte auf seiner Lieblingsseite durchzulesen. Niemand kam und störte ihn.
Gegen Mittag rief Ernst beim Bringdienst an und bestellte sich eine Pizza mit
"...doppelt Knoblauch. Da muss ganz viel Knoblauch drauf. Ich liebe Knoblauch. Am besten, Sie zerdrücken eine ganze Knolle über dem Belag."
Er legte auf, schlug die Beine übereinander, und lehnte sich im Stuhl zurück. Während er auf sein Essen wartete, summte er die Lieder aus dem Radio mit.
"Junge, was ist denn los mit dir?"
Marcus stand neben ihm. Der Kollege, der das Telefonat aufgeschnappt hatte.
"Nichts, was soll denn los sein? Ich habe heute gute Laune."
"Das habe ich auch schon mitbekommen. Hegemann ist gleich nach deinem Kommentar aufs Klo verschwunden. Hinterher saß die Krawatte noch schiefer."
"Er ist wie ein kleines Kind, das auf seine Mutter angewiesen ist."
"Aber hey, das kannst du ihm doch nicht einfach so vor den Latz knallen."
Ernst stand von seinem Stuhl auf. Marcus, der tolle Hecht, der jeden Nachmittag ins Fitness Studio ging, und mindestens einen Kopf größer war als er selbst; er kam Ernst plötzlich mickrig vor.
"Wieso nicht? Sag es mir."

Am Abend drehte Ernst seine Heimkinoanlage so laut auf, dass der Tieftöner die Vitrine zum wackeln brachte. Kurz vor elf schlug seine Nachbarin gegen die Wand. Das Geräusch irritierte ihn. Ernst erhöhte die Lautstärke.
In der Nacht träumte er davon, barfuß durch einen Bach zu laufen. Einmal stolperte er beinahe über den alten Mann, der kraftlos im Wasser lag.
"Der Fluss ist immer geradeaus. Du kannst ihn gar nicht verfehlen. Weiter so Junge, sehr gut! Du bist auf dem besten Weg, die Routine zu töten. Nieder mit dem Grau!"
Der Alte lachte, und dann platzte sein Schädel.
Ernst erwachte schweissgebadet.
Er rasierte sich nicht, und wusch sich auch nicht. Er pisste neben die Toilette und zog sich die Sachen vom Vortag an.
Im Büro verstummten die Gespräche, als Ernst eintrat. Sie hatten nicht über ihn gelästert. Sie hatten eine unterschwellige Ehrfurcht vor ihm entwickelt. Innerhalb von 48 Stunden war Ernst Hemmel ein anderer Mensch geworden. Unangreifbar. Man sah es ihm an, spürte es.
Er bekam eine Ahnung davon, wie es sein musste, alle Regeln zu brechen. Bislang waren es bloß ein paar gewesen, doch ihr Bruch hatte ausgereicht, ihn zu einem Thema zu machen. Wie musste es erst sein, wenn...
"Herr, ehm, Hemmel, guten Morgen. Wenn Sie vielleicht kurz Zeit hätten."
Hegemann trug ein weißes Hemd. Keine Krawatte.
"Selbstverständlich."
"Kommen Sie, gehen wir kurz in den Pausenraum."
Sein Chef machte eine knappe Geste in Richtung der angelehnten Tür.
Die Beiden setzten sich einander gegenüber. Hegemann rückte ein Stück nach hinten.
"Ich will auch gleich auf den Punkt kommen, Herr Hemmel. Ist bei Ihnen privat, ich weiß, diese Frage ist ein wenig persönlich, aber ist bei Ihnen privat alles im Klaren? Sie können sich gerne die Woche Urlaub nehmen, wenn etwas nicht..."
"Alles bestens, Herr Hegemann. Mir geht es fantastisch."
Sein Chef starrte auf den Boden. Ernst wusste nicht, ob er sich Gedanken über die ausgetretene Kippe machte, die dort lag, oder über den Satz, den er als nächstes sagen sollte.
"Ihr Verhalten gestern ist...unangebracht gewesen. Sie haben auf sich aufmerksam gemacht, auf eine Art, die ich so bislang gar nicht von Ihnen gekannt habe."
"Na, aber das ist doch toll, Herr Hegemann. Ganz grandios. Ich habe gestern überhaupt nicht gearbeitet, wissen Sie? Ich habe so wenig Freizeit, da dachte ich, ich könnte einfach mal die Arbeit hinten anstellen, und was soll ich sagen, ich fühle mich einfach toll."
"Herr Hemmel, so geht das nicht. Auch langjährige Angestellte müssen sich..."
"Da ist gar keine Schärfe in Ihrem Ton. Sie Leiern und leiern und leiern. Jedes Jahr aufs Neue, wie eine alte Schallplatte, die 360 Tage lang läuft. Sie durchbrechen keine Regeln. Sie sind ein Wurm."
Ernst wurde heiß. Wie hatte er das sagen können? Kurz drang sein bisheriges Leben an die Oberfläche des brodelnden Ozeans, der er jetzt war. Es ertrank in den neuen Wellen, wurde vom frischen Sturm hinweggepeitscht.
"Herr Hemmel, ich denke, dieses Thema besprechen Sie lieber mit dem Personalchef. Er wird Ihnen dann auch gleich ein Arbeitszeugnis ausstellen. Für mich ist diese Unterredung hiermit beendet."
Hegemann stand auf. Tiefe Röte hatte sich auf seinem Gesicht ausgebreitet.
"Wissen Sie, was ein Klischee ist, Herr Hegemann?"
Sein Chef ging auf die Tür zu.
"Ein Klischee ist etwas, was einen nicht beeindrucken kann, weil es schon so ausgeleiert ist. Ich denke, das passt, wegen Ihnen und der Schallplatte."
Er griff nach der Klinke.
"Um ein Beispiel zu nennen. Ich weiß, wo Sie wohnen."
Hegemann hielt in der Bewegung inne und drehte sich um.
"Sie wollen mir drohen?"
Ernst schüttelte den Kopf.
"Nein, nein gar nicht. Ich töte Sie und Ihre gesamte Familie. Ein Klischee, mehr nicht."
"Sie..."
Ernst stand ebenfalls auf.
"Sie, Sie, Sie. Immer nur Sie. Und jetzt hör mir mal zu, du...Muttersöhnchen. Es gibt eine betriebliche Hierarchie, und es gibt meine Hierarchie. In der betrieblichen krakelst du irgendwo in der Mitte rum, in meiner bist du der Fußabtreter, den ich nie benutze, weil er meine Schuhe nur noch dreckiger machen würde. Und jetzt geh da raus und rufe in der Personalabteilung an, und ich beweise dir meine Hollywoodtheorie. Mit Klischees lassen sich Millionen verdienen. Soviele Fans können nicht irren."
Die Tür wurde von außen geöffnet. Hegemann stolperte einige Schritte zurück.
Sandra aus dem Retourenbereich.
"Entschuldigen Sie bitte."

Als Ernst seine Tür aufschließen wollte, fand er einen Brief auf der Fußmatte.
Der Vermieter schrieb etwas von zu lauter Musik, und Ruhe in der Nachbarschaft, die zu bestimmten Zeiten eingehalten werden sollte. Die heilige Ruhe. Reglementierungen, nach denen sich jeder richtet, weil sie gut sind, weil sie richtig sind.
Ernst stellte sich vor die Tür am Ende des Gangs und steckte sich den Zeigefinger in den Hals. Erst, als sein Magen auch den letzten Rest Inhalt preisgegeben hatte, machte er kehrt und betrat seine Wohnung, um die Anlage aufzudrehen.
In der Nacht träumte er wieder.
Der alte Mann hatte keine Beine, nur komische Prothesen, die wie Äste aussahen.
Er lief Ernst hinterher, der seinerseits den gewaltigsten Sprint seines Lebens hinlegte.
"Warte, nicht so schnell. Du läufst zu weit. Da hinten kommt schon das Meer. Warte, du farbensüchtiger."
Schließlich war es Ernst´ Schädel, der diesesmal platzte.

Am Morgen ging es ihm beschissen.
Hegemann hatte sich krank gemeldet.
Es lag kein Kündigungsschreiben auf seinem Schreibtisch.
Ernst langte wahllos nach einigen Bestellungen, und gab sie vollkommen falsch ins System ein.
Dann rief er im Lager an und bestellte Material für viertausend Euro.
"Sorry, Ernst, aber ich muss das mit dem Einkauf abklären."
"Aber ich habe dir doch gesagt, dass die da bescheid wissen."
"Trotzdem, Ernst."
Er legte den Hörer neben den Apparat. Jetzt hatten sie ihn. Schnell nahm er den Hörer zurück in die Hand.
"Bist du noch da, Martha?"
"Ja, Ernst, was ist los?"
"Wenn du die Sachen nicht bestellst, dann, dann...töte..."
Er unterbrach die Verbindung. Nicht Martha. Ernst mochte sie. Er wollte ihr nicht drohen.
Einige Kollegen hatten das Gespräch mitbekommen.
Es gab kein Zurück mehr.
Ernst stand auf, zitterte, und fiel auf die Knie.
"Ich hasse euch. Ich muss das jetzt sagen. Ich hasse euch alle. Ihr seid verdammte Wichtigtuer, die den ganzen Tag lang lästern. Ihr könnt nichts. Ich bin von lauter Inkompetenz umgeben. Am liebsten wäre es mir, ihr würdet allesamt tot umfallen!"

Ernst sah die Gesichter der anderen. Viel Angst, aber noch mehr Mitleid.
Er wollte nicht bemitleidet werden.
Vorsichtig stand er auf. Es bildete sich ein Kreis um ihn.
Vollkommen ruhig zog er die Schublade an seinem Schreibtisch auf, nahm den Brieföffner hinaus, und drückte die Schublade wieder zu.
"Das Ding ist zu stumpf", sagte er, und lächelte dabei.
"Ganz ruhig, Junge."
Marcus kam vorsichtig auf ihn zu.
"Nenn´ mich nicht Junge, und wage es ja nicht, näher zu kommen."
Ernst ließ den Brieföffner fallen; drehte sich um.
Dann ging er zum Fenster.
Nicht besonders hoch.
"Warum nicht."
Er öffnete es, verharrte kurz, schaute in die Runde. Dann winkte er.
Ein kurzer Ruck, und er fiel kopfüber nach hinten.
Gerne hätte er den alten Mann nocheinmal gesehen.
Gerne hätte er ihnen verständlich gemacht, dass er doch bloß einmal die Regeln hatte ändern wollen, weil sie so festgefahren sind.
Aber dazu kam er nicht mehr.
Ernst beendete den Traum, und als er aufwachte, war er in einem blutigen Meer, an dessem Ende es etwas zu geben schien.

Ernst schwamm darauf zu.

 

Hallo Cerberus!

Hm, ich bin mir nicht ganz sicher, was Du mit dieser Geschichte aussagen willst. Ein Protagonist, der aufgrund eines Traumes zu weit hinausschwimmt, sich (ziemlich ungeschickt) auflehnt gegen Regeln, die er bisher selbstverständlich befolgt hat, und sich dann umbringt – eigentlich eine recht ernste Sache – dafür liest sich die Geschichte für meinen Geschmack aber stellenweise zu witzig. Ganz vorsichtig streifst Du kurz das Thema Mobbing, die Betrachtungen mit den Gewässern finde ich dagegen schon wieder mehr philosophisch.

Kurz: Ich fand die Geschichte zwar interessant zu lesen, sehe aber keine richtige Aussage oder Kritik darin.

Ein paar Anmerkungen noch:

»Gegen Mittag wurde Ernst übel. Er ging vor die Tür und zündete sich eine Zigarette an.«
– Ja, das ist ja auch wirklich das beste, was man machen kann, wenn einem übel ist… :lol:

»aber Ernst beteuerte mehrmals, das er sich bloß den Magen verdorben hätte,«
– dass

»Diesesmal konnte er sich jedoch an seinen Inhalt erinnern.«
– »Diesmal« oder »Dieses Mal«

»Ernst hatte das von einem Kollegen erzählt bekommen, der Fetzen eines Telefonats von Hegemann aufgeschnappt hatte.«
– zweimal »hatte« – Du schreibst später: »Marcus stand neben ihm. Der Kollege, der das Telefonat aufgeschnappt hatte.« Du könntest den Namen ruhig auch gleich hier nennen, da nicht allzu viele Namen vorkommen, schafft man es als Leser, sich den Namen Marcus von hier bis dort zu merken…:D

»"Wird geändert. Ihre Krawatte sitzt übrigens schief, Herr Hegemann", sagte er im gehen.«
– im Gehen

»dass der Tieftöner die Vitrine zum wackeln brachte.«
– zum Wackeln

»Die Beiden setzten sich einander gegenüber.«
– Die beiden

»Ihr Verhalten gestern ist...unangebracht gewesen.«
– Leertaste vor und nach den drei Punkten
– Ich finde, es klänge realistischer, wenn Du schreibst: Ihr Verhalten gestern … war unangebracht.

»Sie haben auf sich aufmerksam gemacht, auf eine Art,«
– oder: Sie haben auf eine Art auf sich aufmerksam gemacht, …

»Sie Leiern und leiern und leiern.«
– warum einmal groß und zweimal klein?

»Und jetzt hör mir mal zu, du...Muttersöhnchen.«
– Leertasten

»Warte, du farbensüchtiger."
Schließlich war es Ernst´ Schädel, der diesesmal platzte.«
– du Farbensüchtiger
– der Ernst will noch ein s

»dass die da bescheid wissen«
Bescheid wissen

»"Wenn du die Sachen nicht bestellst, dann, dann...töte..."«
– Leertasten

»an dessem Ende es etwas zu geben schien.«
– dessen

Hm, ja, und daß im Titel eigentlich "ernst" kleingeschrieben gehörte, ist wohl absichtlich falsch?

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Grüß dich, Cerberus!

Also mir hat die Geschichte gefallen. Ein paar ganz tolle Bilder entwickeln sich im Kopf, generell finde ich deinen Schreibstil sowieso einfach nur gut. Hat Spaß gemacht.

Die folgende Stunde verbrachte er damit, sich eine lange Kurzgeschichte auf seiner Lieblingsseite durchzulesen.
Ich glaub, sowas nennt man Schleichwerbung ;)

In der Nacht träumte er davon, barfuß durch einen Bach zu laufen. Einmal stolperte er beinahe über den alten Mann, der kraftlos im Wasser lag.
"Der Fluss ist immer geradeaus. Du kannst ihn gar nicht verfehlen. Weiter so Junge, sehr gut! Du bist auf dem besten Weg, die Routine zu töten. Nieder mit dem Grau!"
Der Alte lachte, und dann platzte sein Schädel.
Wunderbar starkes Bild!

Ernst beendete den Traum, und als er aufwachte, war er in einem blutigen Meer, an dessem Ende es etwas zu geben schien.
Gefällt mir wieder sehr gut, allerdings nur bis zu "Meer", der zweite Teil ist mir irgendwie ... zu lasch.

Mfg
One

 

Hallo Cerberus!

Mich lässt das Stück ähnlich ratlos zurück wie Häferl. Du erzählst diese Geschichte nicht ohne Grund, wie mir scheint. Doch dieser Grund erschließt sich mir einfach nicht, ich komm nicht dahinter, was du aussagen willst.

Vielleicht "Breche hin und wieder mal 'ne Regel!", doch dafür geht sie mir doch zu deprimierend zu Ende.
Vielleicht auch: "Wenn du schon unbedingt Regeln brechen musst, dann mach es richtig!"

Es ist tatsächlich so, der Grundton ist heiter bis zum distanziert-ironischen. Kennt man von dir, ist auch nicht unbedingt verkehrt. Ob der Stil allerdings zum Thema passt, wage ich zu bezweifeln.
Dabei beginnt sie ernst (Treffer! :D ) und tiefsinnig. Gefällt mir. Dachte zunächst, du meinst mit dem Bach in dem Traum ein Synonym der Zeit, die immer schneller vergeht. Würde im Endeffekt allerdings nicht passen.

An einer Stelle bist du mit Klischees zugange. Ich denke, einige der Aktivitäten von Ernst fallen unter diesen Begriff. Die laute Musik, um zu rebellieren, die ganze letzte Szene. Ich glaube auch nicht, dass die Menschen so reagieren würden, sie sind nicht glaubwürdig.

Tja, je länger ich darüber nachdenke, umso mehr gelange ich zu der Überzeugung, dass du etwas aussagen willst und dass es wichtig ist.

Mein Gott, wie oft habe ich schon mit diesen Gedanken vor einer Cerberus-Geschichte gesessen?

Sei es drum, hat aber Spaß gemacht, sie zu lesen.

Viele Grüße von hier!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi!

Vielen Dank fürs lesen und kommentieren.

Im Grunde ist diese Geschichte eher symbolisch zu verstehen. Ich wollte nicht den hunderttausendsten Amoklauf beschreiben.
Es geht um einen Menschen, der aus einer Welt der Werte und Reglementierungen ausbrechen will. Ich mag dieses Thema, weil es mir oft genauso geht.
Ernst Hemmel ist aber nunmal kein gewalttätiger Mensch. Er beschließt, einfach auszubrechen, verliert schnell den Überblick, und kann eigentlich keiner Fliege etwas zuleide tun. So bleibt ihm nicht mehr als Verachtung, die er am Ende ein für alle mal hinter sich bringt. So ist auch sein Selbstmord nicht wortwörtlich gemeint, sondern soll nur den endgültigen Ausbruch darstellen. Er beschließt, nicht länger zu rebellieren, weil er damit nicht weiterkommt, sondern er steigt einfach aus (in diesem Fall aus dem Fenster :D ).
Daher auch das Meer am Ende, mit der "Sache" am Horizont, auf die er zuschwimmt. Das soll einen neuen Anfang symbolisieren.

Hmmm...habe ich vermutlich mal wieder nicht klar genug rausgestellt.

Viele Grüße

Cerberus

EDIT: Diese blöde Groß- und Kleinschreibung geht bei mir aber auch immer wieder daneben.

 

Hallo Cerberus,

auch ich bin etwas unschlüssig. Die Thematik ist klasse, gefällt mir. Ganz schön dumm der Ernst - genauso unreflektiert, wie er bisher alle Regeln befolgt hat, bricht er sie jetzt. Ohne klare Position, ohne eine andere Motivation als Verachtung gegenüber dem Eingefahrenen. Ist keine Kritik an deiner Geschichte, nur an Ernst ;) Würde es nicht viel mehr Sinn machen, aus einer eindeutigen Haltung heraus das nicht mit zu machen, von dem man nicht überzeugt ist? Diese Chance vertut er durch seinen Rundumschlag.

Mein Problem ist, dass ich das Ziel seines Handelns nicht wirklich erkennen kann. Daher kann ich auch das Ende nicht richtig deuten, bis zu deinen Erläuterungen hatte ich es tatsächlich als Selbstmord verstanden. Die Entwicklung bei Ernst ging mir auch etwas zu schnell, um sie wirklich nachvollziehen zu können. Klar, ausgelöst ist sie durch den Traum, dennoch für mich zu plötzlich und zu extrem, um mitgehen zu können.

Liebe Grüße
Juschi

 

Ohne klare Position, ohne eine andere Motivation als Verachtung gegenüber dem Eingefahrenen.
Genau, und das ist irgendwie so das Gegenteil von jenem Ernst, der sich Gedanken über die Aussage eines Traumes macht. Er sucht also den Sinn des Traumes, daher würde charakterlich besser zu ihm passen, was Juschi sagt:
aus einer eindeutigen Haltung heraus das nicht mit zu machen, von dem man nicht überzeugt ist
Würde er beispielsweise erst um fünf ins Büro kommen und meinen, er wollte die Sonne genießen, arbeiten kann er doch auch abends, dann wäre das viel stimmiger.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hmmm...ich muss wirklich zugeben, meine Motive nicht deutlich genug herausgestellt zu haben.
Ernst ist eigentlich eine ohnmächtige Person. Er will sich gegen die ihm bekannte Ordnung auflehnen, hat aber keine Ahnung, wie. Daher steigt er am Ende einfach aus.
Aber na gut, ich muss lernen, mehr Hinweise zu geben :D

 

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