Sein 70. Geburtstag
Tamara saß vor ihrem Computer. Klickte sich durch verschiedenen Profile ihrer Lieblingsseite. Langweilte sich. Leise Musik drang aus dem CD Player an ihr Ohr. Von ihrem Lieblingchor “The Girls”. Sie genoss die abwechselnden Lieder. Mal traurig, dann wieder heiter. Trotzdem langweilte sie sich. Es war gerade 22Uhr. An einem Freitag Abend. Also auf keinen Fall schon Zeit ins Bett zu gehen. Zum Lesen fehlte ihr die Begeisterung für das Buch, welches sie las.
Sie sah in ihr E-Mail Postfach. Eine neue Nachricht. Ihr Herz hüpfte. Wie schön wäre es, wenn die von einer wundervollen Person wäre. Tamara fiel nur ein Name ein. Sie lächelte und klickte auf das Symbol.
Doch dann versteinerte das Lächeln auf ihren Lippen. Es traf sie wie der Schlag. Eine Nachricht von ihren Großeltern. Ihr Magen zog sich zusammen. Die Übelkeit stieg in ihr hoch. Von ihren Großeltern hatte sie eine Weile nichts mehr gehört. Seit ihr Vater den Kontakt völlig abgebrochen hatte, war ebenfalls Funkstille zwischen ihr und ihren Großeltern. Von Tamara selbst gewollt. Denn sie hatte Angst, dass die Gespräche auf ihren Vater fielen. Es ist ihr Sohn, irgendwann wäre es also dazu gekommen. Das hätte Tamara nicht ausgehalten. Deswegen wurde das Thema strickt vermieden.
Seit fünf Jahren war sie es gewohnt höchstens zu ihrem Geburtstag eine kleine SMS zu bekommen. Aber es war nicht ihr Geburtstag und er war auch nicht gerade erst vorbei, dass sie hätten sagen können, sie haben ihren Geburtstag vergessen und sich deshalb so spät gemeldet. Was wollten sie also?
Ihr zitternder Finger klickte auf die linke Maustaste. Die Nachricht öffnete sich. Als Betreff stand “Mein 70. Geburtstag”. Tamara holte tief Luft, begann zu lesen.
“Hallo Tamara, wie du vielleicht noch weißt, werde ich im März nächstes Jahres 70. Deine Großmutter und ich laden dich daher herzlichst ein. Wir würden uns freuen dich zu sehen, sagen dir extra früh genug Bescheid, damit du dir das so einrichten kannst. Natürlich bekommst du das Geld für An- und Abreise von mir wieder. Mit viele Grüßen Oma und Opa”.
Tamara konnte die letzten Zeilen, wegen der Tränen in ihren Augen, kaum entziffern. Ein paar Sachen waren unterstrichen, rot oder fett geschrieben. Als wäre sie zu dumm es zu verstehen oder zu wissen, wie es gemeint war.
Natürlich ginge sie gern zu diesem Geburtstag. Es ist etwas besonderes. Ihr anderer Opa hatte seinen 70. Geburtstag nicht erlebt. Aber wie sollte sie es schaffen dort aufzutauchen. Die komplette Familie zu sehen, ohne in Tränen auszubrechen und damit vielleicht noch die ganze Feier zu Fall zu bringen. Außerdem war ihr bewusst, dass ihr Vater und seine tolle neue Familie dort auftauchen würde. Seit so langer Zeit hatte sie ihn nicht mehr gesehen, sich nicht mehr damit auseinander gesetzt, wie sollte sie es jetzt schaffen?
Sie holte tief Luft, begann zu antworten. Bedacht auf jedes Wort, dass sie schrieb.
“Hallo ihr, da ich leider keinen Studienplatz bekommen habe, weiß ich noch nicht, wie es in dem Zeitraum mit Job aussieht und demzufolge auch mit den Arbeitszeiten. Sicher werde ich mit das Datum vormerken, werde aber selbst noch einmal darüber nachdenken, ob ich wegen der familiären Gründe überhaupt erscheinen möchte. Vielleicht werde ich euch auch an einem anderen Tag besuchen.
Wenn ich eine Bitte aussprechen darf, ich möchte das Thema Papa nicht angesprochen wissen. Es ist schon so schwer genug für mich.
Bitte entschuldigt mein schlechtes Verhalten euch gegenüber.
Mit vielen Grüßen und einer Umarmung für euch verabschiede ich mich
Tamara
P.S.: nicht erschrecken, auf dem Bild bin ich vor ein paar Wochen.”
Sie suchte ein schönes Bild von sich heraus. Die fünf Jahre waren nicht spurlos an ihr vorbei gegangen und das wollte sie ihren Großeltern zeigen. Nachdem sie die Mail noch zwei, drei, vier Mal gelesen hatte, klickte sie endlich auf absenden.
Sie starrte ein paar Minuten auf den Monitor. Zitterte leicht. Jetzt konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Unaufhörlich liefen sie ihr die Wange hinab. Der Schmerz saß zu tief. Bis jetzt war sie immer stark geblieben, zeigte niemandem, wie sie wirklich fühlte, nicht einmal sich selbst. Doch dort saß sie nun wimmernd an ihrem Computer und ließ ihren Gefühlen freien Lauf.
*entschuldigt. Mir ist kein passender Titel eingefallen, ich weiß, dass er nicht die Geschichte wiederspiegelt. Falls jemand einen Tipp hat, wäre ich demjenigen sehr verbunden LG Frenchy*