Was ist neu

Seine schneeweiße Königin

Mitglied
Beitritt
22.08.2007
Beiträge
30

Seine schneeweiße Königin

So wie sie bewegungslos dalag, war sie wunderschön.
Die langen, weißblonden Haare umrahmten ihr Gesicht wie eingefangene Strahlen einer kalten Sonne.
Ihre Arme waren angewinkelt, als würde sie ihn zu einer immerwährenden Umarmung einladen.
Die zarte Haut so hell wie der um sie drapierte Schnee… und wie das Weiße in ihren geweiteten Augen. Erfolgreich redete er sich ein, darin wäre Wiedersehensfreude gelegen – und der bewusstere Teil seines Selbst, schon vom Zaubermittel eingenommen, schenkte der Wahrheit ein frostiges Grab.
Warum hatte sie es nicht eher erkannt?
Warum war sie geflohen, um in der viel zu heißen Welt herumzustreunen, wo ihr Platz doch an seiner Seite war?
Schließlich war sie zurückgekehrt… aber ihre kristallene Stimme bekannte sich nicht zu ihm. Sie war gekommen, um einige ihrer Sachen zu holen – und um ihre Sorge um ihn in einem keifenden Tonfall auszudrücken, den er kaum ertragen konnte.
Ihre letzten Worte waren eine Lüge gewesen, eine schmutzige Lüge, die er erst ausmerzen musste. „Ich glaube, du verlierst den Verstand“, hatte sie geflüstert.
So war sie unschön. So wollte er sie nicht. Nicht, wenn sie so tat, als wüsste sie die Wahrheit nicht, die in ihren Augen gezeichnet war, in seinen Narben und in jenen Spuren, die sie zusammen im Schnee gegangen waren.
Wollte sie wirklich das Wissen verbannen, dass sie zusammengehörten? Dass sie nur für ihn da war?
Am Ende konnte er sie umstimmen, mit jenem herrlichen dunklen Ritual, das er lange für ihre Rückkehr geplant hatte. Aber halt, er klang schon wie eine ihrer Lügen!
Was er gemacht hatte, war keineswegs dunkel – im Gegenteil, es reinigte sie nur von ihren Irrtümern, von allem, was sie von ihm trennte.
Und nachdem er sie das letzte Mal geliebt hatte, war sie bereit.
Ja. Sie gehörte ihm. Sie gehörte zu ihm.
Sie war seine schneeweiße Königin, für immer und ewig.
Und in der Hand hatte er das Zaubermittel, das ihn zu ihr ins Traumland beförderte, wo sie zusammen über gläserne Schneeflocken regieren konnten. Ihr Königreich.
Er schob sich die letzte Handvoll Tabletten in den Mund und legte sich neben sie in den Schnee.

 

Hallo Reggy.

Hmmm ... für gewöhnlich findet man diese Art Geschichte eher in "Gesellschaft" oder auch "Alltag".
Jedenfalls gibt es solche Texte wie Sand am Meer, und sie werden oft gerade von Leuten deines Alters geschrieben, was jetzt kein Vorwurf ist.
Leider ist dieses Thema dermaßen überstrapaziert, dass es auf mich einfach nur noch langweilig wirkt.
Außerdem ist dein kurzer Text von Anfang an absolut vorhersehbar. Das reißt auch die Tatsache nicht raus, dass du die Tabletten einfach Zaubermittel nennst.
Der Leser weiß trotzdem von Anfang an, was Sache ist.
Kurzum: Mir hat die Geschichte gar nicht gefallen, da es von ihrer Art hier dutzende gibt, und der Inhalt einfach total ausgelutscht ist. Hinzu kommt, dass du keinerlei Einblicke in das Innenleben deines Protagonisten gewährst. Er ist eine Schablonenfigur, die aus Gründen handelt, die sich dem Leser in keinster Weise erschließen. So ist der gesamte Text vollkommen beliebig und oberflächlich.
Ich muss dir allerdings zugute halten, dass du dir keine groben stilistischen Schnitzer leistest, über die man beim lesen stolpert. Deine Schreibe wirkt recht ordentlich.

Viele Grüße

Cerberus

 

Hallo Reggy,

Das erste, was mir bei deiner Geschichte aufgefallen ist, sind die teils sehr schönen Formulierungen. Metaphern, Bildsprache- das beherrschst du wirklich. Leider muss ich trotzdem sagen, dass mich deine Geschichte nur halb überzeugen konnte. Dein schöner Stil wurde etwas von der Handlung getrübt, die meiner Meinung nach ziemlich mager, nicht neu und schon früh vorhersehbar ist. Zum Beispiel das hier

schon vom Zaubermittel eingenommen
verdirbt schon viel. Jeder halbwegs routinierte Leser versteht, dass er auf irgend einem Trip ist (auf welchem genau, spielt eigentlich keine Rolle) und auch, dass er sich mit einer Überdosis umbringen will, ist nicht abwegig. Das würde ich streichen, es nimmt den Überraschungseffekt vollkommen vorweg.

um in der viel zu heißen Welt herumzustreunen, wo ihr Platz doch an seiner Seite war?
Die viel zu heisse Welt... spätestens hier ist allen klar, worauf das hinausläuft.

Was ich damit sagen will, ist, dass die Pointe nicht funktioniert; und das ist bei einer so kurzen und informationsarmen Geschichte, die mehr oder weniger auf eine Pointe hinausläuft, schlecht.

Was mir noch aufgefallen ist:

der um sie drapierte Schnee… und wie das Weiße in ihren geweiteten Augen
Klappt nicht. Der Schnee ist nicht um sie drapiert, er war vorher schon da. Und ich denke nicht, dass er ihn speziell um sie herum aufgeschichtet, geformt oder Ähnliches getan hat, oder?
"Das Weisse in ihren Augen" hört sich für mich an, als hätte sie aufgrund einer Augenkrankeit helle Flecken. Ich würde "das Weisse ihrer Augen" schreiben.

Erfolgreich redete er sich ein, darin wäre Wiedersehensfreude gelegen – und der bewusstere Teil seines Selbst, schon vom Zaubermittel eingenommen, schenkte der Wahrheit ein frostiges Grab.
Wenn ein Teil seines Selbst akzeptiert, dass keine Wiedersehensfreude vorhanden ist, kann er beim Einreden nicht sehr erfolgreich sein.

er klang schon wie eine ihrer Lügen
Sollte korrekt sein, aber ich finde es unschön. Ich würde "Er hörte sich an" oder "das klang" schreiben.

Wie dem auch sei, dein Stil gefällt mir sehr und ich werde bestimmt noch weitere Geschichten von dir lesen. Ich wünsche dir viel Erfolg.

Gruss
Bajonett

 

Hallo Reggy,

Ich weiß nicht so recht, was ich von deiner Geschichte halten soll. Das Thema bietet natürlich jede Menge Potential für eine Horrorgeschichte, aber die Umsetzung lässt bei mir kein bisschen Grusel aufkommen.
Ganz am Anfang habe ich ja noch eine Vampirstory befürchtet :) und war schon froh, dass es auf etwas anderes hinausläuft, aber sonst lässt sie mich leider so kalt wie der Schnee, der für deinen Protagonisten anscheinend so große Bedeutung hat.
Ich glaube, die Kürze der Geschichte führt dazu, dass sie oberflächlich wird und deshalb schafft sie es nicht, Emotionen zu erzeugen.
Du beschreibst - in einem relativ poetischen Stil - eine tote Frau, deutest an, dass der Protagonist sie ermordet hat, weil er unter Wahnvorstellungen leidet und sie ihn verlassen wollte, und schließlich nimmt er Tabletten, um sich ebenfalls umzubringen. Das ist zweifellos ganz schrecklich, aber bei mir kommt von diesem Schrecken nichts an, dafür müsste ich tiefer in deinen Protagonisten hineinsehen können, müsste mehr mitbekommen von seinem Wahnsinn. Dafür ist die Geschichte aber zu wenig ausgearbeitet.

Grüße von Perdita

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom