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Seltsame Dinge

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18.04.2002
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Seltsame Dinge

Es war einmal ein Mann, wieso eigentlich ein Mann? Es war ein Mensch, aber, wie wir später sehen werden ein Feuerwehrmann, was wir also durch diesen Satz schon jetzt sehen, Mann oder Frau spielt keine Rolle. Es war also ein Mann, dem passierten immer die seltsamsten Dinge.
Er fuhr zum Beispiel einmal mit der Straßenbahn - und was passierte? Die Straßenbahn entgleiste nicht, nicht einmal, dass b e i n a h e ein Unfall geschah. Wenn die Bahn zu Schaden gekommen wäre, dann hätte dies vielleicht zu einem Brand geführt, in solch einer Situation ist es natürlich praktisch, einen Feuerwehrmann schon gleich an Ort und Stelle zu haben, um vielen Menschen das Leben retten zu können.
Kaum hatte sich herausgestellt, dass nichts geschieht, warf der Mann seinen Feuerlöscher (er hatte ihn aus berufsethischen Gründen immer dabei) aus der Straßenbahn, und das Gerät fiel in ein offenes Kanaldeckelloch. Der Feuerlöscher hätte da nun einen Reinigungsarbeiter erschlagen können, doch es geschah nichts, da dieser Arbeiter schon längst in einer Menge von zehntausend Demonstranten stand (er wurde dort später überfahren). Diese hätten unter Umständen den Sturz der Regierung eingeleitet, Arbeiters Beitrag ein Zehntausendstel, aber selbst das ist nicht passiert.
So fing der Mann total deprimiert an, die Dinge um sich herum auszuradieren, bis alles verschwunden war, und er anfing, sich selbst auszuradieren. Der einzige Grund, warum man diesen Bericht lesen kann, ist, weil es dem Mann seltsamerweise passiert ist, dass wieder nichts passiert ist.
Das ist doch nicht viel, oder...

...und was
machst
du
so?

 

Hi Woltochinon!

Irgendwie witzig-seltsam-komisch, Deine Geschichte, in der nicht das passiert, was passieren könnte... ;)

Dein Ausdruck "offenes Kanaldeckelloch" muß sich jetzt allerdings einer genaueren Prüfung unterziehen. :D

Soll man diesem Wort wirklich Glauben schenken??? Demnach wären ja dann die ganzen Löcher nur dazu da, um den Deckeln eine Öffnung zu bieten, in die sich betten können. Das würde dann bedeuten, dass die ganzen Kanäle, die unsere Städte durchziehen, ebenfalls nur für diese Kanaldeckel erschaffen wurden... Naja, wenn Du es sagst... :lol:

"...und was
machst
Du
so?"
Einen Feuerlöscher hab ich nie bei mir... Obwohl es vielleicht nicht schlecht wäre, einen zu haben, so oft wie ich während des Lesens auf mein kochendes Teewasser vergesse... Irgendwann nach dem Verdunsten von zwei Litern fängt womöglich einmal was zu brennen an, dann werde ich ihn brauchen, Deinen Feuerwehrmann... :D

Alles liebe
Susi

 

Hallo Susi,

es ist noch viel schlimmer: In Geheimdienstkreisen munkelt man, daß die Kanaldeckel uns Menschen erschaffen haben, damit wir für sie Kanalisationen bauen. (Natürlich ist das nur ein Gerücht, von Kanaldeckel- Phobikern in die Welt gesetzt).
Ein Loch - ein Nichts in einem Etwas.
Eine Phobie - ein Nichts, das Angst macht.
Der Schlußsatz ist schon ernster gemeint: Ich will sagen, daß unser Leben meist nicht viel aufregender ist, unsere kostbare Lebenszeit einfach so vergeht... (... doch das ist eine andere Geschichte, die vielleicht in der Rubrik „philosophisches“ weitergeführt wird).

Tschüß... Siegbert

(habe plötzlich den Wunsch, einige Kanaldeckel zu bauen, um damit unbeobachtete

Teekessel abzudecke-l-n).

 

Hi Woltochinon,

ich fühle wie Du denkst!

Mehr möchte ich jetzt an dieser Stelle aber auch nicht sagen!

Björn.

 

Hallo Björn,

da bin ich aber froh, ich dachte schon man hält mich allein für SELTSAM.

Tschüß... Siegbert

 
Zuletzt bearbeitet:

SELTSAM? Niemals!

Stephen King hat in seinem Büchlein "Das Leben und das Schreiben" die These aufgestellt, dass sich die interessantesten Situationen oft mit einer "Was wäre, wenn?-Frage" umschreiben lassen.

Was wäre, wenn mal rein nichts geschieht?

Amüsante Geschichte.

Viele Grüße

Christian

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich habe mich gefreut diese amüsanten Zeilen lesen zu dürfen.
Dann kam die Frage: und was machst du so?

Als ob es tatsächlich nötig wäre dem Zeitgeist entsprechend noch schriller, noch lauter, noch schwieriger zu sein als all die Anderen -bloß um irgendwie zur Geltung zu kommen. Der arme verhinderte Held deiner Geschichte der sich ausradiert weil er bloß mit Bleistift, ohne greller Farben gezeichnet wurde vom Leben. Er hätte sich anmalen sollen, wenn er das zum Glück gebraucht hätte.

Nun und ich - ich bin relativ still, nachdenklich, suche nach dem Gefühl das hinter der untergehenden Sonne versteckt ist oder staune über die Schönheit meiner zur Frau werdenden Tochter, versinke in den Duft von Wiesenblumen und ärgere mich, wenn ich dann doch eine Fliege zu erschlagen versuche die mich stört. Nichts besonders - und doch alles was mein Leben ausmacht. Es hat alles den Wert den man ihm gibt.

Lieben Gruß an dich - schnee.eule

 

Hallo schnee.eule,

es hat mich gefreut, daß Du dem Schluß so viel Beachtung geschenkt hast, ich denke er ist sehr wichtig. Leider geht die Tendenz in unserer Gesellschaft, wie Du es so treffend sagst, hin zum Schrillen – einfach mehr Quantität als Qualität (selbst wenn die Quantität übel ist). Doch wenn man es genauer betrachtet - selbst die aktivsten, schrillsten Trendsetter machen doch eigentlich nichts bedeutendes, von bleibendem Wert.
Nachdem, was Du schreibst, was Du tust, solltest Du vielleicht auch `mal Haiku schreiben ...

Tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon !

Du hast mich mit dem Wort Haiku überrascht, ist es mir doch gänzlich unbekannt GEWESEN. Denn jetzt hab ich ein wenig herumgesucht im Internet und einiges Lesenswertes darüber gefunden. Es ist wunderbar wie sich Neues öffnet und der Horizont sich erweitert - sich die Farben über uns Bleistiftfiguren ergießen.
Lieben Gruß - schnee.eule

 

Hallo schnee.eule,
hat mich gefreut, Dir eine Tür zu öffnen! Ich wünsche Dir (uns) wasserfeste Buntstiftfarben...

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Woltochinon, ich sage Dir was ich jetzt mache, Dir schreiben, ich wollte wissen wie Du schreibst, und da habe ich 5 minunten für die story geopfert und 2 min. für die antwort. In diesen 7 minuten hätte ich sonst was anderes gemacht, vielleicht wäre ich in den garten gegangen, hätte geschaut, wieviel laub gefallen ist.
Ich hätte dann umknicken können, mir den knöchel verstauchen können. Mir hätte allerdings auch ein meteorit auf den kopf fallen können, dann hätte ich dir das nicht schreiben können. Denn der Meteorit wäre mir nur auf den Kopf gefallen, wenn ich im garten gestanden hätte!

Liebe grüsse Archetyp

 

Hallo Archetyp,

hätte nie gedacht, daß meine Geschichte ein Leben retten würde. Ist der Meteorit trotzdem in Deinen Garten gefallen, oder wäre es nur passiert, wenn er Dich hätte töten können?
Der Schreibstil dieser Geschichte ist nicht typisch, meistens schreibe ich in der Philo- Rubrik („Die Einsicht“ beschäftigt sich mit Lebenssinn, „Standortbestimmung“ mit Logik und Erkenntnis), habe aber auch eine Story in SF gepostet.
Danke für die sieben Minuten deiner Zeit,

liebe Grüße,
tschüß... Woltochinon

 
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*Hüstel*

Also, nimmt hier keiner den Text ernst, oder treffen sich genau die Leute, die sich verstehen? Oder verführt die Kette von gegenseitiger Selbstbestätigung zum Mittanzen?

Für meinen Geschmack ist der Text zu einfach geschrieben. Eben schon so, dass er langweilt. Und da mag Deine Aussage noch so sehr Zustimmung ernten, vom Hocker reißt Du mich damit nicht. Und wohl niemanden. Hinweise s.o.

Und ich bringe es gerne auf den "."! Der Text enthält nichts, was mich festhält. Zum Denken animiert oder auch nur verständnisvoll schmunzeln lässt. Klar und einfach Deine Message, klar und stark vereinfacht Deine Sprache. Handlung strebt gegen Null. So ist das Leben! Aber hätte man das nicht etwas kunstvoller zum Ausdruck bringen können?

Ich denke schon.

 

Hallo Zaza,

leider habe ich deine Kritik erst gestern bemerkt. Hoffentlich ist nicht der Eindruck entstanden, daß ich sie ignorieren wollte.
Zu der Geschichte kam es, weil ich, angeregt durch Daniil Charms u.a., wieder einmal eine andere Art von Text schreiben wollte. Charms schreibt z.B.:

Begegnung

Eines Tages ging ein Mann zur Arbeit, und unterwegs begegnete er einem anderen Mann, der ein polnisches Weißbrot gekauft hatte und auf dem Heimweg war.
Das ist eigentlich alles.


Zu Charms ein Zitat (L. Debüser, Fischer TB. 11123, S. 352 u. 361):
„ ... die Details (sind) bei Charms immer realistisch. ... die Verbindung dieser Details, die der normalen Logik widerspricht, läßt das Absurde entstehen.“
„ ... die Nichtigkeiten, die Charms vorführt, ... parodieren ... leere Rhetorik, Streitigkeiten um nichts.“

Ich muß zugeben, daß ich diesen Ansatz durch den Schlußsatz nicht ganz durchgehalten habe. Diese Frage soll jeder an sich selbst stellen, ich denke, bei den wenigsten Menschen passiert wirklich etwas Entscheidendes, obwohl man sich so wichtig nimmt (siehe Talk - Shows). Die Reaktionen zu dieser Geschichte sehe ich als Ausdruck der Vielfalt der Erwartungen und Blickwinkel, die die Leser haben. Ich denke, Deine Kritik besteht zu recht, aber ich wollte schon `mal andeuten, daß ich da nicht irgendetwas einfach so aufgeschrieben habe.

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon!

Der Text ist tatsächlich ziemlich seltsam. Und damit mein ich nicht einmal den Inhalt selbst. Interessant ist für mich, dass die Geschichte keiner Logik folgt und scheinbar keinen Aufbau hat. Jeder Satz liest sich als Überraschung und sagt gerade das aus, was man nicht erwartet.
klara

 

Hallo klara,

vielen Dank für deine Anmerkung. Wenn Du den Text seltsam empfunden hast, dann habe ich das Thema wenigsten nicht verfehlt.

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Moin Wolto (bin scheinbar der einzige, der das abkürzt, inkl. dir selber)

Interessant, interessant... Irgendwie ein gekonnte Blödelei das Ganze ;)

Im Ernst, ich fand die Idee der Geschichte wirklich interessant. Was wäre, wenn einfach mal alles, was passieren könnte, nicht passiert?
Dazu die absurden Elemente und der verzicht auf Logik(ein Feuerwehrmann schmeißt einen Feuerlöscher aus dem Fenster, weil der Zug nicht entgleißt), das sind ELemente, die ich wirklich mag. Aber das wußtest du ja bereits...
Gelungen fand ich auch das kleine Paradoxon am Ende des Textes. Der Mann radiert sich aus, weil nichts passiert ist, was allerdings nie passiert ist. Da muß man mal eine Weile drüber nachdenken...

Jetzt die negative Kritik:
Leider besteht die einzige Handlung deiner Geschichte in einem Mann, der einen Feuerlöscher in einem Gullideckel schmeißt. Vielleicht könntest du diese gute Grundidee noch ein wenig ausbauen und ein wenig mehr Handlung (ob sie nun geschieht oder nicht) einbauen.

 

Hallo gnoebel,

ein Lob von so einem Experimental- Schreiber, wie Dir, schätze ich natürlich besonders. Was Deine Kritik anbetrifft – sie ist im Allgemeinen berechtigt, doch nicht unter der Prämisse, unter der ich die Geschichte geschrieben habe (siehe meine Anmerkung an Zaza).
Vielen Dank für Deine Anmerkungen,

tschüß... Wolto chinon

 

Hallo, Siegbert!

Nachdem ich Deinen Text lange genug auf mich einwirken ließ, überreiche ich Dir hiermit meinen absurden Kommentar.

Davon ausgehend, dass die Geschichte keiner Logik, also Ordnung folgt, folgerte ich, dass sie ein Teil des Chaos sein müsse. Zum Thema Chaos zwängte sich mir der Satz auf: "Der Flügelschlag eines Schmetterlings verändert die Welt." (Zitat von Weißnichtwem)
Wenn er nicht mit den Flügeln schlägt, verändert sich dann nichts? Oder ändert er die Welt bereits mit seinem Sein? Oder mit seinem Nichtsein?
Deinem Feuerwehrmann passieren immer die seltsamsten Dinge. Andererseits geschieht nichts. Es herrscht keine Ordung im System. Also herrscht das Chaos?

...und was machst Du so?


Liebe Grüße
Antonia

 

Hallo Antonia,

ich denke, der Schmetterling verändert die Welt durch sein Sein, auch seine Aktionen und das Nichtsein - jede Veränderung zieht eine andere Veränderung nach sich (meistens vernachlässigbar klein).
In der Geschichte herrscht subjektives Chaos: Weil unsere Erwartungen `da muß doch etwas passieren...´ nicht erfüllt werden, versuchen wir, etwas zurecht zu biegen, was gar nicht existiert. Man will halt nicht enttäuscht werden und lieber in seinem Trott bleiben. Ich glaube, diese Art zu schreiben (z.B. von Charms) war eine Reaktion auf das überzogene dialektische denken, der Versuch, Dinge einfach einmal als das zu sehen, was sie sind, nämlich Dinge.
Ich glaube, mit der Sicht der Dinge und dem Ausbrechen aus dem Trott hast Du keine Probleme.

Liebe Grüße,

tschüß... Siegbert

 

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