Singende Verführung

[Sarah Andrews]

Singende Verführung

Koma

Sieh den Tanz der tausend Lichter und fühl dich frei. Bewege dich im Rhythmus der Trommeln und lass deine Beine über dem Boden schweben. Sing mit mir das Gebet der Götter und höre auf den Klang der Flöte. Von weit her hörst du das Dröhnen der Hörner und deine Sinne schweifen ab. Die Dramatik in den Tönen lässt dich aufleben und du beflügelst jeden zum Tanzen. Jetzt bebt der ganze Saal und die Atmosphäre scheint elektrisiert. Doch du bewahrst innerlich die Ruhe und nur dein Körper schwingt in den Wellen der Melodie hin und her.
Jetzt schlägt die Stimmung um und eine düstere Wolke schwebt am Himmelszelt. Die Verstorbenen beginnen zu singen und schweben durch die hohen Tore in den Saal. Leiernde Stimmen verführen die Gäste zu einem Ballett des Todes und niemand außer dir nimmt die fliehenden Geister der Musik wahr. Doch du hinderst sie nicht an ihrer Tat. Denn auch du lässt dich von ihrem betörenden Geheimnis ins Dunkel führen. Schwarze Schleier ziehen ihre Kreise durch die Reihen der Tanzenden. Laute Trompeten, ein langsamer Trommelregen begleitet von den Gesängen der Toten.
Benebelt vom Rausch dieses Auftritts öffnest du deine Augen und die Geister sind verschwunden. Du drehst und wendest dich, hebst einen Fuß und setzt den anderen wieder Aufs Parkett. Trippelnde Schritte, lachende Kinder und ein Klarinettenspiel eröffnen den nächsten Tanz.
Wie von einer unsichtbaren Hand geführt, gleitest du hinüber zu deinem Partner und begrüßt ihn mit einer vornehmen Verbeugung. Anmutig und stolz tut er es dir gleich und reicht dir seinen Arm. Leise Töne und Panflöten umspielen die Röte der Abendsonne. Schwebend siehst du ihn vor dir und entdeckst eine innere Ruhe, die dem Himmel gleicht. Freude, Vertrautheit und Zuneigung durchflößen deinen bebenden Körper. Der Saal teilt sich, doch in der Mitte ein Paar. Hüpfende, weiße Bänder durchstreifen nun die Nacht und ihr seit eins in der Welt der tausend Melodien. Du lauschst den Klängen der Abendvögel und hoffst, dass dieser Moment ewig ist. Doch die Realität sieht anders aus.
Trauriges Klagen und flüsternde Noten reißen das Paar auseinander und ziehen sie zurück in ihre Welten. Stille. Kein Laut zu hören und keine tanzenden Gäste zu erblicken. Du schreist, sehnst dich zurück. Schlagen, Treten und doch nützt alles nichts. Du wurdest aus der Welt der Musik gerissen. Nun fühlst du dich einsam, verloren…und singst.
Lass deinen Gedanken freien Lauf und träum dich zurück in die Welt der Klänge, Melodien und tanzenden Menschen. Komm zu mir in den Himmel und vergiss all deine Sorgen…Komm…

 

[Zaza]

Nun ja, die Du-Form ist natürlich nicht die einfachste zum Umsetzen. Umgesetzt hast Du sie, finde ich aber unvorteilhaft, klingt wie Hypnose oder so. Das Ende ist auch eher unbefriedigend, ok die Traumwelt ist natürlich nicht Realität. Doch wer ist denn dann schließlich der Erzähler, der den Prot zurückführen möchte? Und wieso? Schließlich ist das ja doch nur eine Flucht.
Ist mir alles in allem zu kitschig.

 

[Sarah Andrews]

Hi!
Hab es vielleicht etwas undeutlich rübergebracht. Aber mit etwas Fantasie kann man sich in die Welt einer Komapatientin träumen. Am Text merkt man, dass sie sich wohl sehr für Musik interessiert. Der Erzähler ist eine Wahrnehmung von ihr, (oder auch der Tod), der sie am Ende in ihr Reich lockt.
"Stille. Kein Laut zu hören und keine tanzenden Gäste zu erblicken. Du schreist, sehnst dich zurück. Schlagen, Treten und doch nützt alles nichts. Du wurdest aus der Welt der Musik gerissen. Nun fühlst du dich einsam, verloren…und singst."
An dieser Stelle könnte man sich denken, dass sie vermutlich kurz ins Leben zurückgeholt wurde, sie aber lieber in ihre Musikwelt wollte.
Vielleicht wäre es mit einem anderen Titel besser zu verstehen. Doch in den Rest müssen sich die Leute mit ihrer Genügenden Vorstellungkraft reindenken. Wie viele Texte gibt es, die man erst nach dem dritten Mal Lesen versteht?

Sarah

 

[Zaza]

Naja, hineinträumen kann man schon, aber so leichte Anhaltspunkte sollte der Text schon geben. Du hast ja nur davon erzählt, was wahrgenommen wird oder was passiert, und eben gar nichts über das drumherum.
Ja, es gibt sogar Texte, die man nach dem dritten Lesen nicht versteht, sagen wir mal, da kenn ich mich aus. Doch die lesen sich interessant genug, dass der Leser am Text dranbleibt. Ist leider bei Dir nicht so, weil Du eben im Ausdruck abgedroschene Kombinationen (kitschig) wählst.

 

[Sarah Andrews]

Hi,
fiel irgedwie ein wenig schwer, mit mehr Anhaltspunkten zu schreiben, wenn man in einer kitschigen Phase gesteckt hat.