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Sitzung im Dritten

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21.12.2008
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Sitzung im Dritten

Einmal, zweimal drehte er das kalte Stück im Uhrzeigersinn, zog es ab und ließ seine Augen die erste der sechs Stufen erfassen, die sich rechts von ihm geschachtelt oder gestapelt – wie man es betrachten mochte – in- oder auf-, jedenfalls aber miteinander verbunden und ganz still, weil wohl wartend, bis zum nächsthöheren Absatz erstreckten. Die Vorstellung, ihrer blassen Gesamtheit regelmäßig und in beiläufiger Weise Leben stiften zu können durch Tritte, ob nun scharfe oder leichte, mit lauten Stampfern oder in müdem Schlurfen, entschied er unverzüglich aus seinen Gedanken zu bannen, es war schon sieben. Ein Lyriker, dachte er sich, würde Gefallen darin finden, jedes tote Gebilde zu personifizieren, jeden Zufall als eines großen Plans Abfall in Momentaufnahmen zu verwursten. Er nicht, wusste er, denn er war kein Lyriker, wollte keiner sein und würde als solche Art von Person in allem ihm dann Inhärenten und Eigenen ohnehin kein Glück wie erst recht keine Erfüllung finden.

Er setzte sich in Bewegung und erreichte – keineswegs unerwartet – schnell den ersten Absatz, dann, nach noch einmal sechs Stufen, den dritten Stock. Keine Spur durch ihn versprühter Lebendigkeit, keine Wurzel eines poetischen Stoffs hatte sich bei seinen Schritten bemerkbar gemacht. Stattdessen festzustellen, dass falsch, mehr noch absurd war, was sich der Bruchteil in ihm, der ihn für einen Dichter hielt, ja einen Lyriker schimpfte, eigenwillig erträumt hatte, erfüllte ihn nun kurz, aber effektiv mit einem vertrauten Gefühl der Bestätigung, das für einen Augenblick den Eindruck der Unantastbarkeit, einer Überlegenheit gegenüber jeglichem vermeintlich Ebenbürtigen aufrechtzuerhalten vermochte. Er, ein Poet? Nein, das war nun hinlänglich widerlegt.

Den Daumen nicht aus der Reichweite des blassgelben Plastikknopfs zurückgezogen, hörte er sich nähernde Schritte von innen und führte seine Hände rasch zusammen, um im Augenblick, da sich die Wohnungstür öffnen würde, mit einer reibenden Geste, unterstützt durch weit hochgezogene Schultern, auf die vermeintliche Kühle des Treppenhauses aufmerksam zu machen und eine enthusiastische Begrüßungsszene wenn nicht zu verhindern, so wenigstens zu verzögern. Obgleich gar kein Anlass zu einer solchen gegeben war, entschied er sich ein weiteres Mal nicht gegen seine Routine.

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„Hey, komm rein.“

Er lächelte, hoffte, sie fasse das richtig auf, nämlich gar nicht, und durchschritt auf ihren Wink hin den kurzen Flur, ohne sich dabei, wie er es an den wenigen wiederkehrenden Besuchern seiner eigenen Wohnung so sehr verabscheute, in sichtbarer Erwartungshaltung nach Veränderungen umzuschauen. Das Wohnzimmer, in dem sie sich nun schon zum dritten Mal austauschen würden, als wäre ihr Verhältnis nicht bloß vertraut-nachbarschaftlich, war fast frei von Einflüssen natürlichen Lichts.

„Ist echt nicht das Geilste“, strömte es links an ihm vorbei in den Raum, in dessen Tür er stehen geblieben war. Die Offensichtlichkeit seines Zustands halber Blindheit beunruhigte ihn.

„Letzte Mal hat's geregnet, alles voll mit Wolken, davor das Mal auch, weißt noch? Nur heut siehste mal wie Scheiße das eigentlich is', das knallt hier meist voll rein, Westseite halt. Rollos runter und mit abfinden, andre Wahl hat man da nicht.“

„Hm“, nahm irgendeine seiner mentalen Unterabteilungen die Schilderung der Umstände wahr und zur Kenntnis, während sich der Rest durch Lauschen und Tasten, vorbei an zwei Katzen, einem Sessel und an ihr, einen Weg durchs Zimmer und einen Platz auf dem Sofa organisierte. Erstaunlich bald hatten sich auch die Augen ans Halbdunkel gewöhnt und berichtet, sie säße ihm nun schräg gegenüber und, so viel wäre erkennbar, zöge ihre „tja, dann mal los“-Schnute.

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„Wie war deine Woche?“

Er lächelte schwach, aber vielsagend und war unsicher, ob das als Entgegnung genügte.

„Was denn?“, erwiderte sie seine Mimik hinreichend.

„Na ja, das hört sich gut an, gefragt zu werden, wie die Woche war. So professionell und auf Abstand.“

„Klar, was denkst du denn? Du hast mich engagiert, da kannste das erwarten. Oder willst du andeuten, ich soll Geld verlangen?“

So ernst sie dabei tat, so offensichtlich war ihre beruhigend scherzhafte Absicht. Wäre ihr das ernst gewesen, das mit dem Geld, hätte es düster ausgesehen. Ob er im Grunde zu ihr ging, weil seine Studentenjobs, wie er sie immer noch nannte, finanziell nur das Nötigste hergaben, oder weil die Öffnung gegenüber einem Profi-Psycho wohl schwerer gefallen wäre als die gegenüber ihr, die bestimmt eine Art Freundin war, wollte er jedoch nicht wissen müssen.

„Ich hab' nichts gesagt“, grinste er, wieder nicht sicher, ob angemessen. Bemüht, größten Eifer in seine Worte zu betten, fuhr er fort.

„Meine Woche, ja. Bis Freitag wie immer, Alltag eben. Nur dann hat mein Vater angerufen.“

Das Einlegen einer Sprechpause nach diesem Häppchen war ihm intuitiv sinnvoll erschienen.

„Verstehe. Macht er dir Druck?“

„Kann man sagen. Ich soll dieses Jahr wieder mit dem Studieren anfangen, wenn nicht, keine Miete mehr von ihm.“

Der sichtbar unbeabsichtigte, gleich wieder unterdrückte Anflug eines Lächelns in ihrem Gesicht wunderte ihn kurz. Die Frage aber, ob sie vielleicht über ihn lachen wollte, weil er so uneigenständig war und das mit dreiundzwanzig, durfte er sich nicht stellen – weder als ihr „Patient“, noch als elterlich abhängiger Mittzwanziger. Auch wenn damit gleich zwei hervorragende Scherzvorlagen vorhanden waren – sie hatte bestimmt einfach nur immer noch Schwierigkeiten dabei, ihre Rolle anzunehmen.

„Mh, was empfindest du dabei ihm gegenüber? Fühlst du dich eingeengt oder hast du Verständnis?“

Gut machte sie das.

„Beides, denke ich. Natürlich engt mich das ein, das könnte man ja sogar in Zeit und Geld nachrechnen. Aber klar weiß ich auch, dass er mich auf eigenen Beinen sehen will, zu Recht eigentlich.“

„Wann hast du zum ersten Mal so gedacht, dir diese beiden Seiten bewusst gemacht?“

Sie machte es ausgezeichnet.

„Nicht erst jetzt gerade. Das ist bei mir eigentlich der Regelfall: Im Grunde weiß ich von Anfang an, was erwartet wird, aber es taucht ja meist immer wieder ein neues Problem auf, das irgendwie aktueller ist. Und dann wandert das andere erstmal in die Schublade, bis jemand kommt und einen ziemlich schmerzhaft dran erinnert.“

„Und dann ist das alte Problem wieder im Vordergrund?“

„Ja. Aber nicht alleine, hab' ich den Eindruck. Immer, wenn ein altes Problem von mir sich aufwärmt und quasi wieder an die Oberfläche knallt, also unweigerlich aktuell wird, dann komme ich mir relativ überwältigt vor, weil dann auch gleich alles andere ein Stück aktueller wird, als würde es sozusagen mit aus den Tiefen gerissen, verstehst du?“

„Ich denke schon. Heißt das also, dass dich diese ganzen Sachen auf einmal... Oh, sorry.“

--

Ihr Handy war es, das die Unterbrechung hervorgerufen hatte. Spätestens bei „sorry“ war nicht nur der Redefluss gestört, sondern das gesamte bisherige Gespräch fiel resigniert auf den Teppich wie eine hauchdünne Ebene aus klarem Glas und tat sich keinen Zwang dabei an, in so viele Einzelstücke zu zerspringen wie nur irgend vorstellbar.

„Hallo? Ach...“, verschwand eilig im Flur.

„Ja, tut mir Leid, wir müssen das wohl nächste Woche weiter besprechen. Ich muss nochmal los“, schwappte schon sehr bald nicht minder eilig zurück ins Zimmer.

„Klar, macht nix. Musst noch arbeiten?“, intonierte er zwanghaft gelassen im Aufstehen.

Sie tat, als hätte sie seine Frage als Räuspern aufgefasst und folgte ihm bis zur Wohnungstür. Auf eine so neutrale, dass gänzlich unnötige Verabschiedung folgte ein höflich fordernder Blick, dem er schweigend nachkam und so Augenblicke später die Tür hinter sich zuzog.

--

Die Stufen unter ihm riefen Ideen zurück in seine Sinne, die gern schon älter hätten sein dürfen. Aber jetzt, indem sie schon einmal existierten und sich darboten wie aufgespießte Falter, waren sie, die Vorstellungen vom ersehnten Leben im toten Treppenhaus, gespendet durch ihn, das untätige, erfolglose, vielleicht klammernde Ex-Lebewesen, nicht poetisch, nicht verträumt, sondern selbst für den Lyriker in ihm bloß noch ein Häufchen lächerlicher Scheiße.

 
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Erläuternde Anmerkungen zum Text in Posting #5.

 
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Hey EinePizza,

und Herzlich Willkommen im Forum.

Ja, holla. So viele Worte die ich nicht so recht zueinander bringen. Sie sind so verschachtelt und kompliziert umeinander gestellt. Schon der erste Satz:

Einmal, zweimal drehte er das kalte Stück im Uhrzeigersinn, zog es ab und ließ seine Augen die erste der sechs Stufen erfassen, die sich rechts von ihm geschachtelt oder gestapelt – wie man es betrachten mochte – in- oder auf-, jedenfalls aber miteinander verbunden und ganz still, weil wohl wartend, bis zum nächsthöheren Absatz erstreckten.

Einmal, zweimal drehte er das kalte Stück im Uhrzeigersinn, Was denn für ein kaltes Stück? zog es ab und ließ seine Augen die erste der sechs Stufen erfassen Was zog er ab? Die ersten der sechs Stufen? Sechs Stufen, wo befinden wir uns? die sich rechts von ihm geschachtelt oder gestapelt Was stapelt sich jetzt, die Stufen? Zu beiden Seiten von ihn? Wo befindet sich der Typ? wie man es betrachten mochte – in- oder auf-, jedenfalls aber miteinander verbunden und ganz still, weil wohl wartend, bis zum nächsthöheren Absatz erstreckten. Also wohl die Stufen ...

Was sagt dieser ganze Wortsalat nun aus - das er irgendwo steht und auf Stufen schaut, ja? Was ich jedoch nicht weiß: Was er da Kaltes dreht. Und das ist doch die Eröffnung des Satzes - und wenn ich bedenke, das Schachtelsätze von links nach rechts, vom Wichtigen zum Unwichtigen geschrieben werden, damit der Leser ihm folgen und sortiert aufnehmen kann, dann ist hier irgendwas schief gelaufen. Wer hier als Leser nicht aussteigt, der wird auch im folgenden nicht belohnt. Bis zum Dialogbeginn frage ich mich von Satz zu Satz durch.

Und dann erschließt sich mir jedoch im Weiteren die Beziehung der beiden nicht. Spielen die da Therapie? Sie versucht professionelle Fragen zu stellen und er sucht nach irgendwelchen Antworten? Wozu? Warum machen die das?
Dann wird die Sitzung durch einen Anruf erst unterbrochen und daraufhin beendet. Ja - und nun?

... sondern das gesamte bisherige Gespräch fiel resigniert auf den Teppich

Den Halbsatz fand ich schön! Also, wenn Du mal eine Geschichte schreibst, die ich verstehe, in der ich den Sätzen folgen und auch trauen kann, dann freue ich mich auf sowas ;).

... die Vorstellungen vom ersehnten Leben im toten Treppenhaus,

Was denn für ein ersehntes Leben im Treppenhaus? Damit entlässt Du mich? Und das der Typ ein armer Poet ist. Aber was hat das mit seinem Vater und der "Ich tu mal so als ob Therapeutin" zu tun?

Ja, so Fragen hatte ich viele. Tut mir leid, ich habe es wirklich versucht, aber mir will sich da nix auftun. Ich lese eine Menge verquastete Sätze, die alle nach Bedeutung heischen und sie nicht zu liefern scheinen. Für mich nicht. Sorry.

Aber ich bin ja auch nicht die Erkenntnisleuchte. Vielleicht gibt der Text anderen ja mehr. Mir bleibt er ein Rätsel.

Tja, jetzt keine tolle Kritik. Aber eben mein Lesegefühl.

Lieben Gruß von einer verwirrten Fliege

 

Hi Fliege!

Vielen Dank zunächst fürs Lesen und insbesondere für den Mut zum Kommentar. :)

Ich bin, was das Veröffentlichen angeht, noch nicht gerade ein alter Hase, eher schon in Bezug aufs Schreiben an sich. Ich denke, mir ist die Lust am Einfachen vergangen, sodass Texte von mir mittlerweile nur noch relativ verschlüsselt aufgemacht sind. Das soll keine Rechtfertigung sein, vielmehr will ich im Folgenden mal versuchen, das Ganze ein wenig aufzulösen.

Schon der erste Satz:
Einmal, zweimal drehte er das kalte Stück im Uhrzeigersinn, Was denn für ein kaltes Stück?

Folgende deutliche Hinweise werden im Text gegeben: Der Charakter befindet sich im zweiten Stock eines Mietshauses, und zwar im Treppenhaus. Was ist klein und kalt und wird oft zweimal rumgedreht, wenn man (aus der eigenen Wohnung) ins Treppenhaus geht? Ein metallner Schlüssel. Und eben diesen zieht er schlussendlich auch ab.

Was stapelt sich jetzt, die Stufen? Zu beiden Seiten von ihn?

Nein, wie gesagt, rechts von ihm. Stell dir vor, du steht frontal vor deiner Wohnungstür, hast sie gerade abgeschlossen und schaust nach rechts, wo die Treppen in den nächsten Stock führen.

und wenn ich bedenke, das Schachtelsätze von rechts nach links, vom Wichtigen zum Unwichtigen geschrieben werden, damit der Leser ihm folgen, aufnehmen und sortiert aufnehmen kann, dann ist hier irgendwas schief gelaufen.

Schief gelaufen ist hier nichts, das ist bewusst so gemacht. Was du mit "von rechts nach links" meinst, ist mir nicht ganz klar. Dass Schachtelsätze durchaus so geschrieben "werden können" wie meiner, sehen wir beim Meister der Sprachkompression:

Zitat aus Heinrich von Kleist: Die Marquise von O...

(1) Auf Frau von G...s, ihrer würdigen Mutter, Wunsch,

(2) hatte sie, nach seinem Tode, den Landsitz verlassen, den sie bisher bei V... bewohnt hatte,

(3) und war, mit ihren beiden Kindern, in das Kommandantenhaus, zu ihrem Vater, zurückgekehrt.


Und nun zum Vergleich:

(1) Einmal, zweimal

(2) drehte er das kalte Stück im Uhrzeigersinn, zog es ab

(3) und ließ seine Augen die erste der sechs Stufen erfassen, die sich rechts von ihm geschachtelt oder gestapelt – wie man es betrachten mochte – in- oder auf-, jedenfalls aber miteinander verbunden und ganz still, weil wohl wartend, bis zum nächsthöheren Absatz erstreckten.


So viel nur erläuternd zum Stile.

Und dann erschließt sich mir jedoch im Weiteren die Beziehung der beiden nicht. Spielen die da Therapie? Sie versucht professionelle Fragen zu stellen und er sucht nach irgendwelchen Antworten? Wozu? Warum machen die das?
Dann wird die Sitzung durch einen Anruf erst unterbrochen und daraufhin beendet. Ja - und nun?

Da fasst du alles zusammen, was sich der Leser fragen soll. Schließlich habe ich ja bereits angemerkt, dass ich eine Serie draus machen will. Ja, die beiden "spielen" Therapie. Der Grund, bzw. des Protagonisten Unsicherheit bzgl. desselben wird auch schon genannt:

Ob er im Grunde zu ihr ging, weil seine Studentenjobs, wie er sie immer noch nannte, finanziell nur das Nötigste hergaben, oder weil die Öffnung gegenüber einem Profi-Psycho wohl schwerer gefallen wäre als die gegenüber ihr, die bestimmt eine Art Freundin war, wollte er jedoch nicht wissen müssen.

Dann noch:

Was denn für ein ersehntes Leben im Treppenhaus? Damit entlässt Du mich? Und das der Typ ein armer Poet ist. Aber was hat das mit seinem Vater und der "Ich tu mal so als ob Therapeutin" zu tun?

Das "ersehnte Leben" fasst die Gedanken zusammen, die er ganz am Anfang hatte. Die Vorstellung, eine Treppe lebe, wenn sie viel genutzt werde, oder sie lebe gerade in dem Augenblick, da sie genutzt werde.

Einerseits denkt er über solche Dinge nach, andererseits findet er das total schwachsinnig. Er ist sozusagen ein starker schwacher Charakter, er weiß nicht, was er ist, aber er weiß, was er nicht sein will. Wofür steht schließlich ein Studienabbrecher, der vom Geldhahn des Vater abhängt, womit identifiziert er sich? Das weiß unser Freund am besten, nämlich gar nicht. Irgendein Teil von ihm kämpft zusätzlich noch dagegen an, sich in Träumereien (Poesie) zu verlieren.

Ich hoffe, ich konnte ein wenig Licht ins Dunkel bringen. ;)

Nette Grüße,
EinePizza.

 

Hallo Pizza

Der Text ist hübsch unaufgeregt und der Stil ist auch gekonnt. Dieses verschlungen-komplizierte im auktorialen Teil ist gelungen und der Dialogteil ist ein netter Kontrast. Oft hat man das bei solchen Geschichten, dass da entweder die wörtliche Rede ziemlich daneben klingt oder der Erzählteil, der irgendwie voll kunstvoll klingen möchte aber künstlich endet. Ist hier ausgewogen, wie ich finde.
Ich mag derzeit auch gern Geschichten lesen, bei denen Handlung ziemlich minimal bis banal ist, der aber gute Gedanken zugrunde liegen. Ist hier für mich nur bedingt der Fall. Auf die Handlung triffts schon zu, aber die Gedanken dabei sind eher ... nuja ... vielleicht kann ich auch nicht so ganz folgen. Der letzte Absatz sagt mir so gar nix, weil ich nicht die geringste Ahnung hab von was für Ideen er da spricht, also da kann ich seine Gefühlslage nicht mehr nachvollziehen. Und da kann man auch schon nicht mehr von einer gelungenen Geschichte sprechen, weil es passiert nichts spannendes oder lehrsames und es wird auch nix inspirierendes oder sonst wie interessantes gedacht oder gesagt.
Deine Erläuterungen hab ich nicht gelesen, nach dem Schlüssel hab ich aufgehört, ich finds immer problematisch eigene Geschichten als eine Art Puzzle zu sehen, das andere korrekt zusammenzulegen haben. Man sollte schon ne Vorstellung von der eigenen Geschichte haben, das ist auf alle Fälle besser als das andere Extrem, aber ich würd gereizt reagieren, würde mir ein Autor die so unter die Nase reiben.
Aber der Stil gefällt mir, keine Frage.

 

Hi apfelstrudel,

Der Text ist hübsch unaufgeregt und der Stil ist auch gekonnt.

dankeschön. :)

Ich mag derzeit auch gern Geschichten lesen, bei denen Handlung ziemlich minimal bis banal ist, der aber gute Gedanken zugrunde liegen. Ist hier für mich nur bedingt der Fall.

Kann ich nachvollziehen. Die guten Gedanken werden (hoffentlich :D) noch in den nächsten Teilen der Serie folgen. Wäre halt ein bisschen langweilig, einen vollkommen souveränen Charakter hinzustellen und die Welt erklären zu lassen, wenn man vorhat, noch weitere Teile in seinem Universum stattfinden zu lassen. Gerade deswegen macht er ja auch so eine Art Therapie.

Man sollte schon ne Vorstellung von der eigenen Geschichte haben, das ist auf alle Fälle besser als das andere Extrem, aber ich würd gereizt reagieren, würde mir ein Autor die so unter die Nase reiben.

Auch das sehe ich im Prinzip genauso, natürlich habe ich auch eine Vorstellung von meinem Text. Als ich jedoch den ersten Kommentar las, der den verschlüsselten Stil doch deutlich in Frage stellte, dachte ich bei mir "Oh mein Gott, was hast du denn da verbrochen?" und schrieb vorsichtshalber einen längeren erklärenden Kommentar, den du aus gutem Grund übersprungen hast. ;)

 
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Moi,

also, es ist schonmal ein Unterschied, ob man über Romane von Djuna Barnes oder James Joyce sagt, sie seien "fast unlesbar", oder zu einem jungen Hobbyschreiber, der in einem Internetforum postet. Öhm, wenn Du Dich aber für den very next Kleist hältst, möchte ich Dir selbstverständlich nicht mit meiner unqualifizierten Meinung im Weg stehen. :)

Ich bin nichtmal so weit gekommen wie Fliege. Der erste Absatz hat mich so tödlich gelangweilt, daß ich ausgestiegen bin. Beim Überfliegen der näxten Zeilen wurde auch klar, daß es nicht besser wird. Für mich gibt es keinerlei Ähnlichkeiten zwischen den von Dir gegebenen Beispielen für "die anderen machen aber auch ...", weil es ein Unterschied ist, ob klare Bezugsketten aneinandergehängt, oder willkürliche, unnachvollziehbare Beobachtungen durcheinandergewürfelt werden. Und dies würde ich als Grund sehen, warum dieser Text eine Woche lang unkommentiert hier stand.

Meiner Ansicht nach verwechselst Du hier (von einem linguistischen Standpunkt aus gesehen) die Funktionen von gesprochener vs. geschriebener Sprache. Schriftsprache - auch literarische - dient der Vermittlung von Informationen. Quasi: was ist wem warum und wobei passiert. In einer KG möglichst auf das Wesentliche beschränkt, dafür ist es kein Roman. Gesprochene Sprache dagegen hat sehr viele Redundanzen und irrelevante Einwürfe, Ja, da bin ich doch gestern über die Straße gegangen, du weißt, diese breite da hinten, wo du immer zum Bäcker gehst, und da war dieser Proll - also Proll ist jetzt ein bißchen fies, aber naja, so ein besoffener Kerl halt - und stell dir vor, da sagt der doch zu mir ... :sleep:

Wenn Du mir das über dem sechsten Bier so erzählst, mag mir das nicht auffallen, da filtere ich beim Zuhören 90% raus, und schnauze nicht rum "Komm endlich zum Punkt, herrjeh!". Zumal es immerhin, im Gegensatz zu diesem Text, auch nachvollziehbar eingeführte Personen, Orte und Handlungen aufweisen könnte.
In einer KG ist das etwas anderes: Geschriebenes wird aufmerksamer und langsamer konsumiert, und ist daher besser knapper gehalten. Als Leser möchte man gelockt und verführt werden - nicht durch 08/15-Gequatsche und nicht durch gebügelte Hollywood-plots. Aber der Sprachstil sollte einen einfangen, so daß man auf den Inhalt neugierig wird, und dem Erzähler ( und damit dem Autor) gerne folgt.

Das erreicht man nicht, indem man Sätze ohne nachvollziehbaren Grund verquast. Die Form sollte stets den Inhalt stützen - sinnvoll, harmonisch. Nicht ihm im Weg stehen. Für mich klingt das leider zudem wie gewollt und nicht gekonnt. Es liest sich nicht - Vorsicht: Eindruck, keine Unterstellung - als hätte der Autor Spaß daran gehabt, was Neues zu probieren, sondern als hätte er ganz furchtbar verkrampft intellektuell klingen wollen. (Wenn jemand sagt, daß er schon so lange schreibe, daß ihm alle gängigen Formen und Stile überdrüssig geworden sind, sollte er vllt auch ein paar Jahrzehnte, nicht einige Jahre, damit zugebracht haben, hm?)

Nix für ungut, und auch nicht mehr dazu, da ich den Eindruck habe, Du willst Dich gar nicht verbessern,
Katla

 

Hallo Katla...

Ich wollte hier ja eigentlich nicht mit Rechtfertigungen anfangen, aber auf Unterstellungen kann man schlecht anders reagieren.

Öhm, wenn Du Dich aber für den very next Kleist hältst, möchte ich Dir selbstverständlich nicht mit meiner unqualifizierten Meinung im Weg stehen. :)

Finde ich anmaßend und arrogant, solche Bemerkungen entbehren jeder Grundlage für konstruktive Kritik. Ich habe lediglich das Beispiel mit Kleist gebracht, weil Fliege anmerkte, verschachtelte Sätze "würden so und so geschrieben", aber nicht so wie meine. Da es keine Norm gibt, wie man sie zu schreiben hat, wollte ich zumindest mal eine Art Autorität anführen.

Ich bin nichtmal so weit gekommen wie Fliege. Der erste Absatz hat mich so tödlich gelangweilt, daß ich ausgestiegen bin.

Beim Überfliegen der näxten Zeilen wurde auch klar, daß es nicht besser wird.

Ist in Ordnung, aber dann ist das hier hinfällig:

Das erreicht man nicht, indem man Sätze ohne nachvollziehbaren Grund verquast. Die Form sollte stets den Inhalt stützen - sinnvoll, harmonisch. Nicht ihm im Weg stehen.

Wer einen Text nicht liest, darf seine Schlüssigkeit nicht bestreiten.

(Wenn jemand sagt, daß er schon so lange schreibe, daß ihm alle gängigen Formen und Stile überdrüssig geworden sind, sollte er vllt auch ein paar Jahrzehnte, nicht einige Jahre, damit zugebracht haben, hm?)

Herrje, die Stricke, die du einem hier drehst, reichen dreimal um die Welt. Das mit dem "alten Hasen" war eine flapsige Formulierung und sollte andeuten, dass ich länger schreibe als in Foren veröffentliche. Eine Überheblichkeit wollte ich in keiner Weise ausdrücken, also stell es bitte nicht so dar.

Nix für ungut, und auch nicht mehr dazu, da ich den Eindruck habe, Du willst Dich gar nicht verbessern

Starkes, polemisches Finale. Wer braucht da noch RTL II? Trotz allem von mir aber auch nicht mehr zu solch konstruierten Unterstellungen.

Grüße
EinePizza.

 
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Hey Du,

ich noch mal. Wegen des ersten Satzes und Dein angeführtes Beispiel und weil ich gesagt habe, man schreibe Sätze nach einem bestimmten Schema.

Kleist:

(1) Auf Frau von G...s, ihrer würdigen Mutter, Wunsch,

Hier weiß der Leser gleich mit wem er es zu tun hat. Die Personen werden eingeführt, und ihr Verhältnis zueinander. Die Gesellschaftszugehörigkeit wird durch das 'von' klar. In diesen wenigen Worten stecken so viele Informationen, die sich mir als Leser erschließen.

(2) hatte sie, nach seinem Tode, den Landsitz verlassen, den sie bisher bei V... bewohnt hatte,

Hier geht der Satz weiter, wo er im ersten Teil aufhört. Auf den Wunsch hin verließ sie den Landsitz nach jemanden Todes.

(3) und war, mit ihren beiden Kindern, in das Kommandantenhaus, zu ihrem Vater, zurückgekehrt.

Und hier knüpft der Satz ebenfalls an den vorangestellten Teil an.

Aber alles wird in einer klaren Sprache kommuniziert und nicht hinter Rätseln versteckt. Das Kommandantenhaus ist ein Kommandantenhaus, die Beziehungen ganz offen ausgespielt.

Eine Pizza:

(1) Einmal, zweimal drehte er das kalte Stück im Uhrzeigersinn,

Hier dreht irgendjemand irgendwas Kaltes zweimal.

(2) zog es ab und ließ seine Augen die erste der sechs Stufen erfassen,

Dann wechselst Du zu den Stufen, das Kalte ist nicht weiter von Belang. Es steht nun (nach dem Abzug) beziehungslos am Anfang des Satzes.

(3) die sich rechts von ihm geschachtelt oder gestapelt – wie man es betrachten mochte – in- oder auf-, jedenfalls aber miteinander verbunden und ganz still, weil wohl wartend, bis zum nächsthöheren Absatz erstreckten.

Das geht in Ordnung. Hier weiß ich, dass Du über Stufen sprichst - aber wo sich diese befinden - woher soll ich denn wissen, das er zuvor seine Wohnung abgeschlossen hat. Er kann Hausmeister in einem Schloss sein, zu Besuch bei seinem Vater, er kann zuvor einen Armreif oder Ring gedreht haben und mitten in der Stadt stehen. Verstehst Du ... Du tust Deinen Lesern keinen Gefallen, wenn Du bestimmt Dinge verklausulierst. Er verliert den Anschluss.

Von links nach rechts, vom Wesentlichen zum Unwesentlichen.

Kleist: sie hatte nach dem Tode seinen Landsitz verlassen. Kernaussage des Satzes. Gleich zu Beginn. Alle anderen Informationen folgen, oder werden geschickt, ohne zu verwirren zwischengeschoben. Aber in der ersten Hälfte wird der Leser aufgeklärt. Subjekt und Prädikat an den Anfang, oder in nicht allzuweite Entfernung. Der Rest, was immer auch folgt, baut darauf auf.

Mein Metasatzliebling ist übrigens Thomas Mann. Abgucken bei den Großen ist völlig in Ordnung. Denn nicht umsonst sind sie groß ;). Aber eben auch richtig.

So, ich hoffe, ich habe mich irgendwie verständlich gemacht.

Dir einen schönen Abend, Fliege

 

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