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Snowboarden im September

HGD

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11.12.2001
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Snowboarden im September

Sie kennen doch diese Parties im Sommer. Wenn die eine Hälfte der Freunde im Urlaub war, die andere gerade ist, und die dritte noch fährt. Viele Parties finden in der Zeit nicht statt, meistens nur die der Unglücklichen, die in dieser Zeit geboren wurden.
Einer dieser Urlaubsraben hatte (natürlich) auch diesen Sommer Geburtstag. Und so trafen sich alle wider Gestrandeten und vorfreuden Getränkten in einer Bucht, die sich Garten nannte und genug Platz für hohen Zerstreuungsfaktor bot. Es gab Bier, natürlich Radler, wie es sich im Sommer gehört, eine Kiste Cola für die Fahrer und eine etwas größere Anlage, die Musik in die Zäune blökte, aber das war in Ordnung, denn alle noch anwesenden Nachbarn waren selbstverständlich darauf vorbereitet worden und hatten selbstverständlich zugestimmt nichts dagegen zu haben, dass es heute Abend etwas länger etwas lauter werden könne.
Da saßen wir nun alle, die nichts besseres zu tun hatten, schon um neun mit einem Bier in der Hand auf Gartenstühlen und regten uns über den DJ, also den Kerl, der gerade eine CD in den Schacht gelegt hatte, auf. Besser machen konnte es jeder, besser machen wollte es keiner. Die Sonne ging langsam unter und mit steigendem Alkoholpegel traute sich der eine oder andere von uns an die fremde Plattensammlung und die Resonanz stieg; im Einklang mit den Promille. Als der Grill warme Kohlen hatte, die Würstchen aus der Tüte, zum Garen und späteren halbrohen Verzehr, entlassen wurden und die Gartenbeleuchtung entzündet wurde, trudelten schon die Vorletzten für diesen Abend ein. In der Sommerflaute ist das halt anders. Den ganzen Tag aalen sich alle am See oder Gartenteich in der Sonne, schläft dann ein paar Stunden und kreuzt dann auf der Party auf. Selbst unter diesen Vorletzten fehlten immer noch einige bekannte Gesichter, die ihr Erscheinen zugesagt hatten.
Das ist dann meist die dritte Hälfte, die noch Normalrhythmus hat. Alle anderen stehen schon im Garten, die gerade erst in der Dusche, und kreuzen erst um elf Uhr dreißig auf. Aber es ist erst viertel nach zehn, also muss man die Geschehnisse ohne sie gestalten. Die Party wird lustiger und man schlängert von Grüppchen zu Grüppchen und hört und erzählt neue Peinlichkeiten allerseits verhasster Personen oder jener, die pubertäre Liebe damals nicht erwidert haben. Langsam gehen die ersten nicht mehr aufs Klo, sondern pissen in die Beete und an die Hecken, der ach so netten Nachbarn. In manchen Ecken fängt es an nach Gras zu riechen, und die Witze werden immer lauter bedacht. Manche schauen nach neuen Junge-Mädchen-Formationen, über die gelästert werden kann, wenn’s in den Büschen richtig abgeht. Solche Sommerlochfeten werden halt immer nach dem gleichen Schema aufgezogen, abgehandelt und beschrieben.
Nun ist es bald halb zwölf, der Garten und deren Gäste größtenteils voll und endlich erscheinen auch die allerletzten Zusager. Meistens haben sie den meisten Spaß, denn nüchtern ist das Treiben zwar nicht so bunt aber schärfer. Sie stehen dann am Eingang und lassen die Betrunkenen auf sich zufliegen, weil das die wenigste Arbeit macht und sich die schon länger Anwesenden immer freuen neue Leute zuzublubben. Eine Person dieser Spätankömmlinge möchte ich ihnen nun näher bringen...
Diese Person ist eine Sie und überall gern gesehen. Halt ein bisschen mehr, als der hippe Durchschnittstyp, mit dem jeder gerne redet. Nicht nur gutaussehend, nett, charmant, etc. und so, sondern... Die erste halbe Stunde ist für sie eigentlich sehr stressig auf solchen Feten, denn jeder freut sich sie zu sehen und will mit ihr reden. Manche ziehen sie auch zur Seite, um sie dort mit den coolen Erlebnissen dieses Abends zu bombardieren; und ihr einen Schnaps anzudrehen. Sie trank mit einem auserwählten Kreis ein paar Likörchen, zu dem ich bald stoßen sollte. Sie freute mich zu sehen, und so wurde ich zwar skeptisch beäugt, aber in den saufenden Zirkel aufgenommen. Ich war auf dieser Fete einer dieser Wiederangekommenen. Zwei Wochen in der Sonne, am Strand, im Meer und in Diskos. Hitze, Sonne saufen und faulenzen war das Motto dieses Urlaubs gewesen, und ich hatte dadurch ziemlich gute Laune, die mir selbst diese Fete nicht zu nehmen vermochte. Einer meiner Kumpels, mit dem ich diesen Urlaub bestritten hatte, stand auch in der Runde und hatte selbstverständlich einige Anekdoten zum besten gegeben, weshalb sie mich sofort fragte, wie ich denn den Urlaub gefunden hätte. Gut, geil und super natürlich, was will man sonst sagen? Auch wenn es diesmal sogar stimmte. Mein Kollege drückte mir ein Pinchen mit grünem Schnaps in die Hand, der richtig widerlich schmeckte. Ich behielt ihn dennoch bei mir, was ein Fehler war, denn das, was nun mein Pinchen war, wurde sofort wieder gefüllt. Sie trank nicht so viel, eigentlich gar nichts, und lächelte in die Runde, die nun ausschließlich aus Kerlen bestand. Um nicht noch einen Schnaps trinken zu müssen, ging wieder meiner Wege, Richtung Garten. Dort fand ich jemanden, mit dem ich einige Leute verarschen konnte, was wirklich Spaß machte, und niemand hielt uns davon ab. Da wurden Frauen angebaggert, die eigentlich gar nicht gut waren, weil zu hässlich oder zu jung, über Besoffene gelästert, oder mit ihnen Schabernack getrieben, indem man ihn die Hose aufmachte, weckte und dann zu ihrer Freundin schickte. Katja verstand sich in diesen Spielchen so gut, dass sie immer nur sagen musste, was ich zu tun hatte. Das ging ca. zwei Stunden so. Dann wurde auf den außen liegenden Treppenstufen Richtung Garten gebaut, und ich musste auch einige Male ziehen, was meinen nun besoffenen Zustand nur verschlimmerte. Es war nun also fast zwei, und immer noch so schweinewarm, wie man zu sagen pflegt. Ich sah, dass sie einen Moment alleine an einem Stehtisch stand, und die Menge immer noch scharf und nicht bunt beobachtete. Ich ging zu ihr hinüber und fing irgendwie ein Gespräch mit ihr an. Es ging um Zukunft, Studium, Beruf und so. Und den Urlaub, den sie noch antreten musste, wenn alles seinen gesellschaftlich gewohnten Gang gehen sollte. Sie wollte. Snowboarden wollte sie, und das Anfang September. Ich war regelrecht geschockt. Wie kann man im Sommer Ski fahren? Ich meine, ich bin eh nur schwer oder gar nicht zum Ski oder Snowboard fahren zu bewegen, und wie kann man dann einen Sommer so verschwenden? Ich ließ mir nichts anmerken, glaube ich, und wechselte das Thema.
Sie verabschiedete sich gewohnt freundlich von mir und ging ihres Weges an der Hand ihres Freundes. Ich blieb, wie es eigentlich üblich ist, bis zum Sonnenaufgang in dieser Gartenbucht und trank so viel Bier, dass ich die nächsten drei Tage noch telefonieren musste, bis ich den Abend zusammen hatte. Es war gegen Ende so ein billiges Gesöff gewesen, das man immer als Notreserven auf solchen Feten hortet; und ich hatte keine Scheiße gebaut! Das Highlight dieser Party war für mich der Punkt gewesen, dass man auch im September snowboarden kann. Zwar nur auf einem Gletscher, aber immerhin...

 

Das Highlight dieser Party war für mich der Punkt gewesen, dass man auch im September snowboarden kann. Zwar nur auf einem Gletscher, aber immerhin...
Tja, man lernt eben nie aus... :whocares:


Obwohl deine Geschichte von der Thematik her sich nicht in mein Interessensgebiet erstreckt, hat mir deine ironische Haltung doch recht gut gefallen; zumindest habe ich so eine Einstellung herausgelesen. :read: :dozey:

Witzig dagegen fand ich die Geschichte ganz und gar nicht, falls jegliche Art von Humor beabsichtigt gewesen sein sollte; aber dies spielt im Endeffekt sowieso keine Rolle, zumal ein Pluspunkt auf jeden Fall herausgesprungen ist! :engel:


Gruß, Hendek

 

Hallo HGD,

auf eine gewisse Weise spiegelt Deine Geschichte wirklich gut die Art und Weise dieser "Sommerloch" Parties wieder.
Die ganze Geschichte plätschert so vor sich hin, erst lernt er Sie kennen, dann entfernt er sich wieder, um dann später (angetrunken und stoned) noch mal mit ihr zu sprechen. Und alles was bleibt: kein Date - schon gar nicht ein One-Night-Stand, sie hat ja leider doch einen Freund, - sondern nur der schale Nachgeschmack eines oberflächlichen Gesprächs, aus dem er nur eine relativ nutzlose Erinnerung behalten hat: man kann im September auch irgendwo snowboarden.
Gefällt mir gut, und beängstigt mich, da ich die Szene (leider) sehr gut nachvollziehen kann...

Gruss,
philipp.

 

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