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Sommer in der Stadt

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03.11.2007
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Sommer in der Stadt

Der Wind schmeckt trocken auf der Zunge.
Feiner Staub knirscht zwischen den Backenzähnen, während ein Pappschild vorbeiweht, dem eine Plastiktüte direkt folgt. Der Asphalt ist in großen Flecken geschmolzen, wie schwarze Tümpel liegen sie in der Straße. Hoch oben am Himmel steht gleißend die Sonne und brennt die Luft aus, zerstaubt die toten Käfer auf der Mauer. Eine dicke Hummel torkelt brummend durch die Luft, über die Straße, wo sie in voller Fahrt an der Windschutzscheibe eines vorbeirasenden Autos zerplatzt. Das Auto biegt am Ende der Straße viel zu schnell um die Ecke, rutscht mit kreischenden Reifen quer aus der Kurve, dreht sich um seine Achse und kracht seitlich gegen eine hohe Pappel, die vom Aufprall träge schwankt. Der Fahrer kämpft sich fluchend aus den Airbags, krabbelt zur Beifahrerseite aus dem Wrack heraus, sieht gehetzt die Straße hinunter, in die Richtung, aus der er gekommen ist, und rennt humpelnd davon. Aus dem gerissenen Tank plätschert Benzin auf den Bürgersteig, breitet sich zu einer großen Lache aus, entzündet sich am letzten Funken des ersterbenden Motors und lässt einen Teppich aus Flammen um das Auto auflodern. Die Flammen tanzen das Plätschern hinauf, hüpfen durch den Riss im Tank und lassen das Auto mit dumpfem Knall in einer Feuersäule verglühen. Die Pappel reckt die brennenden Äste zum Himmel, von dem herab die Sonne das letzte Quäntchen Feuchtigkeit verdampft und den Wind aufheizt, der den Feuersturm anfacht.
Es knistert und kracht im Holz des Baumes, während er langsam verkohlt.
Ein Fauchen und Donnern ertönt am anderen Ende der Straße, kleine Glutstückchen wirbeln die Querstraße hinunter, Rauchschwaden lagern schwarz über der Erde. Ein Balrog stampft schnaubend um die Häuserecke und bleibt mit schwingender Feuerpeitsche stehen. Flammen lodern von seinen Hörnern und glühen in seinen Augen. Er reißt sein Maul auf und brüllt heißer die Straße hinunter. Mit dem Brüllen rast sonnenheiß ein Orkan die Häuserschlucht entlang, die Fensterscheiben schmelzen, die Autos zerlaufen zu bunten Flecken, das Benzin verdunstet, bevor es brennen kann, die Bäume und Büsche in den Vorgärten zerfallen zu Asche, der Asphalt wird zu einem schmalen schwarzen Fluss, während die Gullydeckel versinken. Zufrieden rülpst der Balrog einen Flammenball, dreht sich weg und stampft weiter.
Morgen soll es noch heißer werden.

 

Hallo!

Diesmal nur eine ganz kurze Geschichte für zwischendurch, die genau so entstanden ist im letzten Sommer, als ich bei brütender Hitze am Schreibtisch saß und aus dem Fenster sah.

Ein schönes Wochenende wünscht

dale cooper

 

Hallo Dale!

Willkommen auf kg.de. Ein kleiner Ratschlag am Rande: Wenn du Texte von anderen kommentierst, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass du zu deinen Texten Kommentare bekommst, erheblich. Dieses Forum funktioniert nur auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit.

So, zu deinem Text:
Eigentlich hast du angenehm wenig Fehler eingebaut, aber dann fällt dieser hier um so mehr auf: "die vom Auprall träge schwankt."

"Ein Balrog stampft schnaubend um die Häuserecke" => Ein was?

"und brüllt heißer die Straße hinunter." => Absicht oder Fehler?

Hm, ja. Inhaltlich: Es ist heiß, ein Unfall passiert, etwas explodiert und dann taucht das seltsame Balrog auf. Daraus könnte man eine spannende Geschichte machen, das ist dir aber leider nicht gelungen. Du beschreibst nur. Das liegt sicherlich daran, dass dein Text keinen Protagonisten hat, an den sich der Leser halten kann, mit dem er fühlen kann.

Aber, wenn dein Text keinen Protagonisten hat, wer ist dann derjenige, dem die Zunge und die Zähne gehören? "Der Wind schmeckt trocken auf der Zunge.
Feiner Staub knirscht zwischen den Backenzähnen"

Gib deinen Lesern eine Identifikationsfigur.

Grüße
Chris

 

Hallo Chris,

erstmal danke für die Kritik, ich werde mich demnächst auch etwas häufiger beteiligen, aber zur Zeit fehlt mir leider genau diese.

Kurz zu deinen Anmerkungen:

Es ist heiß, ein Unfall passiert, etwas explodiert und dann taucht das seltsame Balrog auf.

Nicht das Balrog, sondern der - eine Figur, ein Feuerdämon der alten Zeit aus "Herr der Ringe".

Daraus könnte man eine spannende Geschichte machen, das ist dir aber leider nicht gelungen. Du beschreibst nur.

Das ist ja der Sinn der Sache, es sollte gar keine spannende Geschichte werden, sondern eine mehr oder weniger lakonische Beschreibung der Geschehnisse. Eigentlich baut die ganze Geschichte auf der Steigerung der Ereignisse auf, die in ihrer Verkettung verschiedene Blickrichtungen entstehen lassen: Die Tüte und das Pappschild wehen vorbei, quer dazu torkelt die Hummel, zerplatzt an der Autoscheibe, das Auto nimmt den Blick mit, explodiert an der Pappel, nachdem sich der Humpelnde seitlich davon geschleppt hat. Jetzt schwenkt der Blick in die komplett andere Richtung, ans Ende der Straße, der Balrog tritt auf. Mit dem Feuersturm geht es wieder die Straße hinunter, alles zerfließt in alle Richtungen. Dann wieder Schwenk auf den Balrog, der geht ab. Alles dreht sich um Bewegungen, mit- und gegeneinander laufende, vielleicht ein etwas zu filmischer Blick.

Das liegt sicherlich daran, dass dein Text keinen Protagonisten hat, an den sich der Leser halten kann, mit dem er fühlen kann.

Nein, das liegt an der beschreibenden Grundhaltung und an der angesprochenen Lakonie, die (dachte ich) im Schlusssatz deutlich wird. Die Steigerung der Dinge ins Groteske und Absurde wird mit dem Satz "Morgen soll es noch heißer werden." doch einerseits gebrochen und andererseits ist der Satz die konsequente Fortführung der vorhergehenden emotionslosen Beschreibung des Geschehens: Alles steigert sich bis zur Katastrophe und am Ende folgt nur der Hinweis, dass es morgen wohl noch schlimmer wird.

Aber, wenn dein Text keinen Protagonisten hat, wer ist dann derjenige, dem die Zunge und die Zähne gehören?

Es ist ein allgemeines Bild, ein Symbol für die Hitze und Trockenheit, kein individuelles Empfinden EINER Person. Deshalb gibt es keinen Protagonisten, mit dem man fühlen kann, die Sicht auf die Dinge ist entkoppelt. Eine Identifikationsfigur ist deshalb hier nicht nötig.

So, doch mehr geworden als gedacht, aber evtl. hilft es zum Verständnis meines Anliegens.

Bis dann und Grüße

dale

 

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