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Sommerloch
Bauer Piepenbrink latschte übellaunig in den Stall.
Seine Olle war mal wieder krank, und er musste die Eier allein einsammeln. Wütend scheuchte er sein Federvieh von den Nestern, und Hoppla, was war das denn?
Henriette, die, die eigentlich schon lange im Topf schmoren sollte, die aber einfach zu gut zu Fuß war, hatte ihm da doch etwas Besonderes aus den Därmen gedruckt. Er pfiff leise und legte das besondere Ei, weil eins mit Taille war, zu den anderen.
Später am Tage, als seine Olle wieder etwas beisammen war, zeigte er ihr das Ei, und auch sie staunte. Noch etwas später rief seine Olle dann ihre Freundin Hulda an, und Sabbel und Tratsch den restlichen Tag. Das er nun die Arbeit auf dem Hof allein machen durfte, juckte sie nicht. Und natürlich erzählte sie Hulda von dem besonderen Ei, das jetzt in dieser netten, kleinen Eierform im Kühlschrank ruhte.
Hulda tratschte das Ereignis auf Piepenbrink sein Hof natürlich weiter, und so trudelten nach und nach die ersten Nachbarn bei ihnen ein, um das große Ereignis sofort zu bestaunen. Dann bekam der Bürgermeister nach zwei Tagen Wind davon. Dieser rief daraufhin seine Olle an, und vereinbarte mit der einen Besichtigungstermin. Piepenbrink passte das nun überhaupt nicht, aber er musste halt dabei bleiben, auch wenn die Kühe mit dicken Eutern auf der Weide brüllten. So rauschte der Bürgermeister an, sabbelte mit ihm wie auch mit seiner Ollen und betrachtete staunend das schlanke Ei. Ließ sich dann die Henriette zeigen, die es nicht war, denn die Henriette war mal wieder schneller als Piepenbrink, und viele Fotos wurden geschossen.
Nächsten Tages wackelte seine Olle keifend über den Hof auf ihn zu und fuchtelte dabei wild mit der örtlichen Tageszeitung herum. Sie zeigte ihm atemlos die Überschrift, die da lautete „Besonderes Ei in unserem Ort“ und schlug ihm stolz auf die Schulter, als hätte er höchstpersönlich das Ei gelegt.
Piepenbrink machte des alles keinen Spaß mehr, aber es kam noch dicker:
Die Presse der nächsten Kleinstadt nahm Witterung auf, und auch sie erschien auf Piepenbrink sein Hof. Interviewte, maß und fotografierte, befragte Freunde und Verwandte, und natürlich machte Henriette sich vom Feld, als man sie gebraucht hatte. „Schlaues Vieh“, dachte sich Piepenbrink.
So erschien in der nächsten Kleinstadt eine recht auffällige Meldung zum besonderem Ei, das in einem kleinen Dorf gelegt worden war. Natürlich mussten er und seine Olle danach wieder für diverse Fotos posieren.
Darauf wurden nun die Jagdhunde der großen Zeitungen aufmerksam, und fast stündlich tauchten immer neue Reporter bei Piepenbrink auf. In diesem ganzen Gewusel ging sein Hof den Bach runter; er vergaß die Kühe, die Schweine wurden mager, und der alte Jerry, sein Hofhund, war heisergebellt. Die Hühner waren eh schon alle weg, denn jeder nahm die ihm präsentierte Henriette für etwas Bares mit. Außer der echten Henriette, denn die hatte Nachbars Schäferhund gerissen. Laufend bimmelte das Telefon. Seine Olle machte den Reportern schöne Augen. Die ständig anwesenden Nachbarn plünderten alle Vorräte. Laufend war sein Hof voller Leute, die er nicht kannte. Das Einzige, was irgendwie blieb, war das besondere, weil eine Taille besitzende Ei. Und das wechselte tagelang vom Kühlschrank in irgendwens Hände, und wenn seine Olle nicht son Adlerblick darauf gehabt hätte, wäre des sicher schon ein Spiegelei geworden. Doch so blieb es irgendwie immer ganz. Bis zu dem Tag, als Piepenbrink es schließlich zerbrach, damit dieser Spuk mal ein Ende hätte, Salz drauf streute und es genüsslich verdrückte.