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Sommerschlussverkauf
„Heute ist Sommerschlußverkauf “, voller Begeisterung stand meine Schwester vor mir, „da kann man bestimmt in Euskirchen jede Menge Schnäppchen machen! Geh‘ doch mit!“ Sie strahlte in mein skeptisches Gesicht.
Ach Du liebe Zeit ..... Sommerschlussverkauf ..... Vor meinem geistigen Auge sah ich Menschenmassen vor verschlossenen Türen, die sich dann rennend, drückend und schiebend in die Geschäfte wälzten. Sah Wühltische mit Mengen von Waren total durcheinander. Sah endlose Schlangen vor den Kassen und Gedränge vor Umkleidekabinen. An die Luft, die bei diesen Aktionen nicht nur knapp wurde, mochte ich gar nicht erst denken.
„Muss das denn sein?“ Es nutzte nichts – wer meine Schwester kennt, der weiß: Widerspruch ist absolut zwecklos!
Das Wetter war ausnahmsweise mal großartig und ich hätte lieber im Café gesessen, ein Eis gegessen und den Leuten zugeschaut.
Wir landeten an einem Schuhgeschäft. „Oh – schau‘ mal, da gibt es Kinderschuhe! Carrie (6 Jahre) braucht unbedingt ein Paar Hausschuhe. Die letzten hat der Hund zerkaut!“
Eine ältere Dame wühlte auf dem Tisch, in der einen Hand hielt sie eine blaue Sandale, die andere Hand wühlte das Unterste zu Oberst. Ihre weißen Löckchen wippten aufgeregt hin und her, energisch wischte sie sie aus dem hochroten Gesicht.
„Die sind süß!“ Meine Schwester hielt freudestrahlend einen roten Hausschuh mit blauen Punkten hoch, „jetzt müssen wir nur noch den Zweiten finden.“ Oh nein!
Was macht man nicht alles – jetzt wühlte ich auch schon verzweifelt in dem Wust von Sandalen, Turnschuhen, Hausschuhen und – was war das denn – auch ja, Socken waren auch dabei.
Aber man meinte es gut mit mir – dachte ich, denn ich hatte ziemlich schnell den zweiten Schuh gefunden; triumphierend hielt ich ihn hoch. „Welche Größe?“ Meine Schwester winkte ab, als ich ihr „30“ zurief. „Wir brauchen 31“.
„Ich brauche auch 31!“ Die junge Frau am anderen Ende des Tisches sah uns herausfordernd an. „Ach bitte, geben Sie mir Ihren Hausschuh, einen hab‘ ich schon.“ Aha, da war also der Zweite.
Wenn ich nun gedacht hatte, das Problem würde sich sehr schnell lösen, dann hatte ich mich gründlich geirrt. Keiner der beiden Frauen war bereit, IHREN einen Hausschuh herzugeben. Im Gegenteil – meine Schwester kämpfte und hatte die tollsten Geschichten parat. „Ich habe drei kleine Kinder (wieso das? hat sie den Hund mitgezählt?), mein Mann verdient nicht so viel, wir müssen jeden Cent umdrehen, Schuhe sind doch so schrecklich teuer, die können wir uns kaum leisten. Kinder wachsen doch so schnell aus allem heraus.“ Flehend sah sie die Frau an: „Ach bitte, geben Sie mir doch den Schuh!“ Vorsichtig schielte ich auf den Preis. War er das ganze Theater wert?
Ich zupfte meiner Schwester am Ärmel. „Los komm, die Schühchen kosten noch nicht mal 8 Euro, bist Du eigentlich noch zu retten? Was erzählst Du denn da?“
Aber sie ließ sich nicht beirren und ich ergriff die Flucht.
Eine halbe Stunde später trafen wir uns in einem Café. Sie lachte Tränen. „Das hat richtig Spaß gemacht“ und dabei schwenkte sie eine Tüte.
Gestern habe ich mit meiner Nichte telefoniert. Sie erzählte mir, dass sie neue Hausschlüppchen habe. „Aber Tante Gudrun, es ist zu blöd, der Rechte drückt ganz fürchterlich!“ Auf meine Frage, welche Größe sie denn habe, antwortete sie: „Links hab‘ ich 31 und rechts 30!“