Was ist neu

Sonne und Sand

Mitglied
Beitritt
13.04.2005
Beiträge
4

Sonne und Sand

Sonne und Sand, nach jeder verfluchten Düne, Sonne und Sand. Keine Schatten, keine Oasen mit dem Wertvollsten aller Geschenke von den Göttern. Der Durst ist unerträglich und mein Urin ist zu einer Köstlichkeit geworden. Doch das letzte Mal, wo ich urinieren konnte, liegt vierundzwanzig Stunden zurück.
Ich Träume von Überfluss. Von Wannen, gefüllt mit Wasser bis zum überlaufen. Sehne mich nach den Tagen, an denen mich der Regenschirm vor dem kostbaren Nass schützte. Meine Gedanken gaukeln mir vor, hinter der nächsten Sanddüne einen Getränkemarkt zu finden. All diese Flüssigkeiten, ob süß, fruchtig, säuerlich oder bitter, lassen mich für einen Bruchteil einer Sekunde von meiner tödlichen Lage ablenken. Nur ein paar tropfen auf meine schmerzenden spröden Lippen und ich bin bereit zum sterben.
Langsam setzt sich ein Fuß vor dem anderen. Immer im gleichen Takt meiner Erschöpfung.
Seit zehn tagen, irre ich durch diese Hölle aus Glut und Schmerzen. Vor vier Tagen ging mir das Wasser aus und vor sieben Tagen erlebte mein Magen das letzte Mal, das freudige Ereignis von Essen. Doch Hunger verspüre ich keinen, nur brennenden durst.
Abenteuerreisen, welch modischer Ausdruck. Unsere Gesellschaft ernährt sich aus Langeweile, sodass man in seiner Freizeit den Nervenkitzel sucht. »Bus oder Jeep?«, fragte unser deutscher Reiseführer. »Jeep!«, lautete meine Antwort. Ich wollte selber das Abenteuer finden und nicht in einem Bus darauf zuhalten, mit Menschen, die ich nicht kannte. Welch eine Kraft würde mir jetzt zuteil, wenn ich nicht allein durch diese Unwirklichkeit wandern müsste. Meine Ängste und Befürchtungen würden sich halbieren, wenn jemand an meiner Seite wäre.
Die Pistenstrecke zu den Pyramiden glich einer deutschen Landstraße. Gut ausgeschildert und asphaltiert fuhr ich auf der vor Hitze Glimmerden und von Sanddünen umzäunten Straße. Mein Jeep langweilte sich, also beschloss ich eine kleine Düne zu erklimmen. Ich spürte mich dabei lebendig und lachte und schrie, vor Aufregung und Freude. Noch eine Düne, noch eine, noch eine, noch eine … dann war die Piste verschwunden.
Ich fuhr eine weile weiter, sie konnte nicht weit entfernt sein. Doch nach ein paar Stunden ging mir der Sprit aus. Der Versuch das Funkgerät zu bedienen missglückte und die Bedienungsanleitung sollte nicht in meiner Sprache verfasst sein. Nur ein verdammtes Rauschen hörte ich stundenlang. Mit dem festen Glauben, aus diesem Dilemma gerettet zu werden, schlief ich unter einer Wolldecke im Jeep ein.
Am nächsten Tag begann meine Odyssee. Mein Plan sollte perfekt sein. Ich folge den Reifenspuren zur Straße zurück. Wie lange kann das dauern? Ein Tag vielleicht oder zwei. Eine Notfallausrüstung mit Wasser, Müsliriegel, Leuchtpistole und Verbandstasche sollte mein Schatz im Jeep sein, den ich fand und auf meiner Reise mitnehmen würde.
Tag eins war ein heißer Spaziergang. Ich stellte fest, dass Reifen im Sand nur für kurze Zeit spuren hinterlassen. Meine Idee wurde vom Winde verweht.
Mein zweiter Plan sollte ebenso logisch wie zweifelhaft werden. Hinter mir der Wagen, vor mir der Weg in die Zivilisation. Eine Landkarte hätte mir soviel genützt, wie ein Schlittschuhverleih. Ich beobachtete wie kleine Dünen verwehten und sich woanders aufbauten. Die Landschaft verwandelte sich in jeder Sekunde ihres Seins.
Sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwand und die Dunkelheit sich mit ihrer Kälte über den noch heißen Sand legte, erwachte die Wüste um mich herum zum Leben. Die Geschöpfe der Nacht heulten, jaulten, zischten und erfüllten die klare Nachtluft, aus allen Himmelsrichtungen, mit ihrer Anwesenheit. Wind fegte über die Dünen hinweg und ließ den feinen Sand aneinander reiben. Meine Augenlider senkten sich für einen kurzen Moment, aber Schlaf fand ich keinen.
Am zweiten Tag gab es keine Spuren von Leben, außer dem Meinigen. Wo kamen die Laute und Geräusche her, fragte ich mich. Oft glaubte ich in der Ferne Bäume oder Menschen zu sehen. Ein Augenzwinkern später waren meine Illusionen nur ein Traum gewesen.
Tag drei war der Tag der Hoffnung. Jetzt konnte ich nicht mehr weit von der befestigten Straße entfernt sein. Meine Schritte wurden schneller und in meiner überschwänglichen Vorfreude aß ich meine Vorräte auf. Die Hoffnung hinter der nächsten Düne die Zivilisation zu erblicken trieb mich voran.
Nach der vierten und fünften Nacht weinte ich. Mein kurzes Leben sollte besiegelt sein. Viel zu wenig habe ich erlebt oder vollbracht. Weder im Beruf, noch im Aufbau einer Familie habe ich etwas vorzuweisen. Sollte ich sterben, hinterlasse ich nur Staub, der sich mit dem Sand vermischt, ohne dass mein Wissen und meine Gene weiter existieren. Für immer werde ich eingeschlossen sein in der Wüste aus Qualen.
Als mir am sechsten Tag das Wasser ausging, machte ich wieder Witze. »Na wenigstens ist das Wetter gut. Keine Wolke am Himmel zu sehen.«, lachte ich laut, ohne den Grund zu kennen. Außerdem kam mir die Erkenntnis, dass die Wüste einem Laufband gleicht. So sehr ich mich bemühe, ich komme nicht von der Stelle, denn alles gleicht sich und besteht aus Sonne und Sand.
Tag sieben. Schwacher Körper, starker Geist. Wie ein Roboter bewegte ich mich vorwärts. Schritt für Schritt. Ich dachte darüber nach, mich fallen zu lassen und im heißen Sand mein Ende herbeizuwünschen. Eine Stimme in meinem Kopf sagte mir »Du hasst die Sonne und den Sand, gib jetzt nicht auf und besiege Sie.« Ja, ich hasse die Sonne und noch mehr hasse ich den Sand. Überall ist er, er umgibt mich, er ist in meiner Kleidung, in meinen Haaren und selbst in meinem Mund. Meine Spucke ist nicht mehr vorhanden, meine Zunge gleicht einem ausgetrockneten Lederlappen. Der Hass treibt mich weiter.
Der achte Tag wurde für mich der Tag der Reue. Für meine Sünden sollte ich büßen. Das war der Grund, hier mitten in der Einöde zu stehen. Ich überlegte, was ich der Natur und meinen Mitmenschen angetan hatte. Für jede kleine Fliege, die ich jemals in meinem Leben zerquetscht habe und für jedes Gebot, gegen das ich verstoßen habe, nimmt die Welt hier und jetzt ihre Rache.
Am neunten Tag erblickte ich von Weitem eine Schlange, die sich fröhlich eine Düne hoch bewegte. Sie bestärkt mich in meiner Auffassung gegen diese, aller Wüsten, anzukämpfen. Ich habe Hände und ich habe einen Kopf so groß wie eine Wassermelone. All das hat die Schlange nicht. Ich kann denken und dinge erfinden. Auch hier habe ich der Schlange etwas voraus. Doch bin ich hier nur Gast.
Heute ist der zehnte Tag und ich überquere wieder eine Düne. Mein Lebenswille ist ungebrochen doch weiß ich, dass ich bald sterben werde, denn ich stehe wieder vor meinem Jeep.
Ich lege mich neben den Jeep in den Schatten. Mit letzter Kraft feuere ich eine Leuchtkugel dem blauen Himmel entgegen. Dann schließe ich die Augen und bin bereit mein Schicksal zu akzeptieren.

 

Hallo,

bin neu hier und das ist mein erster Beitrag. Ich hoffe die richtige Rubrik getroffen zu haben. Eure Meinung interessiert mich.

 

Hallo Garfield!

Wenn´s Deine allererste Geschichte ist, ist sie wirklich nicht schlecht! Mir gefiel, wie der Held jeden Tag eine volkommen neue Stimmung hatte, mal optimistisch, mal dem Untergang geweiht... Das klang zwar irgendwie wie ein Tagebucheintrag, aber vielleicht sollte es auch so klingen?
Was ich schade fand, dass die Geschichte so früh aufhörte - ich weiß, Kurzgeschichten sollten ja offenen schluß haben - aber trotzdem wirkte das Ende irgendwie unfertig auf mich. Auch habe ich mir gewünscht (vielleicht habe ich ja eine despotische Ader :) ), dass der Beschreibung seiner Qualen etwas mehr Platz gewidmet sein würde.

Insgesamt habe ich aber einen positiven Eindruck von der Geschichte, ich fragte mich nach dem Lesen nicht "warum habe ich die überhaupt gelesen?" und das ist immer gut. :)

tschüß
Roland

P.S. Da sind ein paar Groß- Kleinschreibfehler und Kommasetzungsfehler in der Geschichte, schau Dir sie noch mal an. :)

 

Hallo Garfield,

bei mir hat deine kleine Geschichte einen eher durchzogenen Eindruck hinterlassen. Geschrieben ist sie nicht schlecht und das Ende war auch okay, aber irgendwie hat man halt alles schon tausendmal gelesen, gesehen und gehört. Es gibt so viele Geschichten über Leute, die sich durch die Wüste kämpfen und sterben oder fast sterben. Folglich muss sich eine Geschichte dieser Art in anderen Belangen vom Durchschnitt abheben um nicht langweilig zu sein und das fehlt nach meiner Meinung hier. Eine Möglichkeit wäre, der Person mehr Charakter zu geben - vielleicht könnte sie ein Ziel fassen fürs Leben nach der Rückkehr, was dem ganzen Überlebenskampf mehr Sinn gäbe. Oder aber es geht um mehr als 'nur' das Leben der Hauptperson - möglicherweise hat er ein wichtiges Geheimnis entdeckt und muss dieses weitergeben. Insgesamt fehlt es einfach an Drammatik und Spannung.
Noch eine Anmerkung zum Schluss: Da widersprichst du dir selber. Erst sagst du, dass der Lebenswille ungebrochen sei und dann ist die Person doch bereit, das Schicksal zu akzeptieren und zu sterben. Daraus könnte man aber durchaus auch noch etwas herausholen, zB in dem du seine Entwicklung zeigst - weshalb will er jetzt aufgeben, obwohl er doch so lange gekämpft hat?

Alles in allem: Potential wäre zwar vorhanden, aber man könnte es noch besser nutzen - vor allem auch, weil du durchaus gut schreibst. Ich hoffe dir etwas geholfen zu haben und ansonsten ist das natürlich meine rein persönliche Meinung.

Viele Grüsse

Sorontur

 

Hallo Roland,

danke das Du meine Geschichte gelesen hast.

Deine Meinung hat mich positiv überrascht. Die genannten Kritikpunkte nehme ich dankend an und versuche sie in meinen nächsten Geschichten umzusetzen.

Gruß
Garfield

 

Hallo Sorontur,

danke für Deine persönliche Meinung. Mit dem Punkt Charakter hast Du recht, da hätte ich mehr machen müssen. Die Idee mit dem Geheimnis finde ich gut.

Mit dem Wiederspruch wollte ich folgendes ausdrücken: Er wollte leben, doch der Körper konnte nicht mehr. Auch wenn man weiß das man stirbt, kann man immer noch hoffen und dennoch versuchen sein Schicksal zu akzeptieren.
Das Ende hätte ich ausführlicher gestalten sollen, auch da stimme ich Dir zu.

Deine Kritik war wirklich konstruktiv und hat mir weitergeholfen.

Gruss
Garfield

 

Hallo Garfield,

da dies deine erste Geschichte ist, fällt meine Kritik weit weniger negativ aus, als sie es vielleicht sonst getan hätte. Dein Schreibstil ist nicht schlecht, lässt aber noch viel Raum weit mehr daraus zu machen. Zum Teil verwendest du einen sehr theatralischen Stil, der jedoch deplaziert wirkt, da er nur hier und da auftaucht. Anmerkungen hierzu findest du aber noch im folgenden Textkram.
Was deiner Geschichte fehlt, ist ein Prot in den man sich hereinversetzen kann. Du musst der Figur weit mehr an Tiefe verleihen, da Geschichten dieser Art durch ihren Charakter leben. Die Zerrissenheit, die er später spürt, musst du ebenfalls deutlicher herausarbeiten. Mal will er sterben, am nächsten Tag nicht mehr.
Zudem fehlt eine Art Höhepunkt. Die story wirkt in der Tat wie ein Tagebucheintrag und die sind meistens eher nicht spannend. Wenn du das beachtest und bei deiner nächsten Geschichte umsetzt, dann wird diese sicherlich lesenwerter. Also immer fleißig weiterschreiben. Das Potential ist da und für eine erste Geschichte war die gar nicht mal so schlecht.

So, nun kommt noch der Textkram:

Ich Träume von Überfluss.
- träume

Nur ein paar tropfen auf meine schmerzenden spröden Lippen
- Tropfen

Langsam setzt sich ein Fuß vor dem anderen
- setze

Seit zehn tagen, irre
- Tagen

das freudige Ereignis von Essen.
- das würde ich anders ausdrücken

Doch Hunger verspüre ich keinen, nur brennenden durst.
- Durst

fuhr ich auf der vor Hitze Glimmerden und von
- glimmenden

Ich fuhr eine weile weiter, sie konnte
- eine Weile

Der Versuch das Funkgerät zu bedienen missglückte und die Bedienungsanleitung sollte nicht in meiner Sprache verfasst sein
- wieso sollte?

Mit dem festen Glauben, aus diesem Dilemma
- Komma weg

Ich folge den Reifenspuren zur Straße zurück. Wie lange kann das dauern?
- Tempus: folgte, konnte

Eine Notfallausrüstung mit Wasser, Müsliriegel, Leuchtpistole und Verbandstasche sollte mein Schatz im Jeep sein, den ich fand und auf meiner Reise mitnehmen würde.
- Dieser Satz holpert: den ich fand, kannst du einfach weglassen. Außerdem verwendest du nun häufig das Wort sollte

nur für kurze Zeit spuren hinterlassen
- Spuren

Die Landschaft verwandelte sich in jeder Sekunde ihres Seins.
- ihres Seins? Klingt doch schwer poetisch...


Die Geschöpfe der Nacht heulten, jaulten, zischten und erfüllten die klare Nachtluft
- heulten und jaulten? Was für Tiere leben in deiner Wüste?


Am zweiten Tag gab es keine Spuren von Leben, außer dem Meinigen
- außer den meinigen

Für immer werde ich eingeschlossen sein in der Wüste aus Qualen.
- klingt für mich ein wenig zu melodramatisch und passt nicht zum übrigen Stil des Textes

Außerdem kam mir die Erkenntnis, dass die Wüste einem Laufband gleicht. So sehr ich mich bemühe, ich komme nicht von der Stelle, denn alles gleicht sich und besteht aus Sonne und Sand.
- Tempus

gib jetzt nicht auf und besiege Sie
- sie

Ja, ich hasse die Sonne und noch mehr hasse ich den Sand. Überall ist er, er umgibt mich, er ist in meiner Kleidung, in meinen Haaren und selbst in meinem Mund. Meine Spucke ist nicht mehr vorhanden, meine Zunge gleicht einem ausgetrockneten Lederlappen. Der Hass treibt mich weiter.
- Tempus

Sie bestärkt mich in meiner Auffassung gegen diese, aller Wüsten, anzukämpfen
- aller Wüsten?

Ich habe Hände und ich habe einen Kopf so groß wie eine Wassermelone
- Der Vergleich mit der Wassermelone wirkt deplaziert

Ich kann denken und dinge erfinden
- Dinge

Einen lieben Gruß...
morti

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom