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Sonnenaufgang
Du mein geliebter Sonnenaufgang. Wie oft habe ich dir schon sehnsüchtig entgegengeblickt. Wie oft habe ich dich kommen und gehen sehen? Wie oft habe ich dir in banger Stunde meine intimsten Geheimnisse anvertraut? Du, mein bester Freund. Du, der mir gezeigt hat, dass alles ein Anfang und ein Ende hat und doch immer wieder von neuem beginnt.
Aber nun ist die Stunde gekommen, in der ich mich von dir, meinem Gefährten, verabschiede. Dies ist das letzte Mal, dass ich dich begrüßen kann. So sehr es mir auch mein Herz bricht, so bin ich doch an die letzten Sandkörner gebunden, die durch meine Lebensuhr fallen.
Ich wünsche dir, Wesen der Unendlichkeit, weiterhin eine schöne Reise. Weißt du, manchmal, da wollte ich gerne so sein wie du. Auch jetzt, das möchte ich dir nicht verschweigen, bäumt sich noch immer ein Teil in mir gegen meine Bestimmung auf. Doch habe ich irgendwann auf meiner Reise erkannt, dass es nicht darum geht, nach dem wie oft oder wie viel zu fragen. Nein, es geht darum, nach dem wie gut zu fragen. Ich habe gelernt Augenblicke, jeden einzelnen, bewusst zu erleben und sie in vollen Zügen zu genießen. Damit erreicht das Leben eine Tiefe, der auch die Unendlichkeit nicht das Wasser reichen kann. Wenn ich nun vergehe, dann mit einem Lächeln auf den Lippen, neugierig dem Neuen entgegenblickend. Hier habe ich alles erlebt, was es zu erleben gab. Ich habe selbst die Unendlichkeit in jedem Augenblick meines Seins erfahren.
Ich hoffe bloß, dass ich dir nicht fehlen werde, wenn du morgen früh wieder an diesem Fluss vorbeischaust. Aber wer weiß, vielleicht findet ja jemand anderes dieses geheime Plätzchen und vielleicht wirst du einen neuen wunderbaren Gefährten in ihm finden. Ich wünsche es dir von Herzen!