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Sonnenuntergang

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17.07.2005
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Sonnenuntergang

Ich habe den Text nun mit einigen Änderungen versehen. Ich hoffe er vermittelt nun einen klareren Ablauf als vorhin. Es handelt von einem Typen der seinen Heimatbezug verloren hat. Die Ursachen werden bewusst im Dunkeln gelassen. Ich danke für die aufschlussreiche Kritik und hoffe auf weitere Reaktionen. Hier die überarbeitete Version:


Sonnenuntergang​

Die schlimmste Hitze war gerade überstanden. Die Sonne stand nun tief genug um durch die Windschutzscheibe des Wagens seine müden Augen zu verspotten. Vielleicht war diesmal das letzte Mal. Er fluchte auf sie. Er fluchte, dass sie ihn seit Jahren am Leben hielt. In diesem Augenblick hasste er nichts mehr als sie. Seine Gedanken waren schon seit Tagen so wirr und er wusste nicht wie lange er das noch durchhalten konnte. Wo war die Zeit in der er noch gerne unter ihrem Glanz spaziert war, vielleicht sogar leise vor sich hin gesungen hatte? War es so falsch gewesen zurückzugrinsen wenn das Leben ihm wieder einmal einen Streich gespielt hatte?
Er biss sich die Lippen wund und die letzten Reste seiner Zigarette verglühten auf seinen Fingerspitzen. Es war ihm egal. Er erschrak. Für eine Sekunde vergaß er wo er war und schon hatte die Müdigkeit seinen Kopf mit sanfter Gewalt aufs Lenkrad gezwungen. Er wechselte dabei die Spur und wäre beinahe in einen hellblauen Volvo gerast. Die Straßen sind fremd und neu, der Verkehr doch rege genug um jederzeit mit einem entgegenkommenden Fahrzeug rechnen zu müssen. Aber wer weiß…vielleicht war das seine Chance endlich etwas Gutes zu tun. „Verwirrter Tourist rammt fünfköpfige deutsche Familie. Keine Überlebenden “ Er wollte lachen aber es ging nicht.
Zweieinhalb Stunden waren vergangen seit er seine Heimat hinter sich gelassen hatte. Verdammte neun Stunden sitzt er nun in diesem Auto und außer an der Grenze war ihm noch kein Wachbeamter zu Gesicht gekommen. …Doch! Einmal. Es war vor so zirka fünf bis sechs Stunden. Da haben sie irgendwo Geschwindigkeiten gemessen. Sie waren wie fast immer zu zweit hinter ihren immer gleich hässlichen Karren. Irgendwie störte es ihn jetzt dass er bei ihrem Anblick nicht noch mal kräftig aufs Gaspedal gestiegen ist. Vielleicht hätte ihn eine kleine Verfolgungsjagd auf andere Gedanken gebracht. Blödsinn…er wollte ja doch nur weg und sollte sich nicht mit solchen Kinderspielchen aufhalten.
„Ich glaub, ich brauch einfach eine Pause.“
Hinter einem der Wäldchen die seinen Weg umsäumten schimmerte bereits etwas vom Meer hindurch. Sein Blick glitt kurz über den silbernen Schimmer der unzählbaren Wellen. Er schüttelte sich und fuhr an den Rand der Straße.
Sein Schädel brummte. Er hielt ihn noch ein oder zwei Minuten gegen das Lenkrad gepresst, schnallte sich ab. Vielleicht kann man seine Gedanken irgendwie ableiten. Den Stöpsel rausziehen oder einfach auf ein Stück Holz übertragen um es dann zu verbrennen. Es ist ja doch immer dasselbe alte Spiel. Wieder und wieder platzen die alten Narben. Der Schmerz wird nur tiefer, und der blaugelbe Ausfluss muss schon längst bis zur Hölle hinab getropft sein.
Nichts das ihm Gelegenheit böte die Stimmen zum Schweigen zu bringen. Sie hatten keine Gesichter die er zerschlagen konnte. Noch immer war kein Dämon gekommen um ihm endlich die Richtung in seine Heimat zu weisen.

In Wahrheit hatte dieses Wort bereits jede Bedeutung für ihn verloren. Seine Freiheit hatte ihm ein Bein gestellt.
Er ging hinaus und machte einige Schritte Richtung Wald. Auf einer kleinen verwucherten Wiese blieb er stehen und starrte auf die hervortretenden Wurzeln eines uralt wirkenden Baumes. Für einen Moment schien die Qual nachzulassen als er sich in dessen fahlem Anblick verlor. Bloß das Knurren seines Magens erinnerte ihn wieder daran wo er war. Ärgerlich stapfte er einfach drauflos. Um sich die Beine zu vertreten, dachte er schnell. Seine Finger glitten durch die Zigarettenschachtel in seiner Hose und er stellte fest, dass sie leer war.
Warum machen die keine Schachteln mit schärferen Kanten, so, dass man sich beim zerdrücken schneidet? Das Gefühl von warmem Blut das über die Finger fließt hat etwas Beruhigendes. Er wusste das, denn es war ja nicht das erste Mal dass er so verloren durch die Welt lief. Eigentlich, so schien ihm, machte er sein ganzes Leben nichts anderes. Nur vergisst man das manchmal, …und hasst sich dafür später umso mehr.
Seine Schritte wurden jetzt etwas schneller. Seine Beine spielten ihm Entschlossenheit vor. Er klammerte sich an das neu gewonnene Tempo und begann zu laufen. Schreie flüchteten aus seiner Kehle als ihm einige Äste ins Gesicht peitschten und er zwang seine Beine immer schneller zu werden. Dann war der Wald plötzlich zu Ende, an seinem Rumpf hingen nur mehr zwei nutzlose alte Äste. Ein schäbiger Trick seiner Beine. Die wollten ihren alten Herrn ohnehin schon lange abschütteln. Der war ja doch schon reichlich seltsam geworden auf seine Tage.
Die Äste brachen und er fiel hin. Von der Straße bis zum Meer hatte er zu sehr an seiner Substanz gezehrt um sich länger aufrecht zu halten.
Nun waren die Hände dran sich heimlich im Sand zu vergraben. Ein paar kleine Wellen machten ihn jedoch darauf aufmerksam und erschrocken zog er sie zurück. Die Sonne war bereits etwas orange und es schmerzte ihn nicht mehr so sehr wenn er sie verachtend anschaute.
Da bemerkte er eine seltsame Veränderung in seinem Kopf. Denn plötzlich empfand er Mitleid für die scheinbar schwächer gewordene Sonne.
Sie muss sich den ganzen Film ansehen der in diesem vertrockneten Gehirn läuft. In all diesen vertrockneten Gehirnen. Vielleicht ist das Ozonloch ihr verzweifelter Versuch dieses dämliche Schauspiel langsam aber sicher zu beenden.
Es tat ihm weh zusehen zu müssen wie sie langsam herabsank und der Wahnsinn in seinem Kopf erreichte neue Höhen. Wenn dem Körper seit Tagen keine Ruhe gegönnt wird spielt auch der Verstand irgendwann nicht mehr mit. Und der verabschiedete sich nun vollends. Er stapfte mühevoll nach vorne und streckte seine Hände aus um den plötzlich lieb gewonnenen Stern ein letztes Mal festzuhalten. Er wünschte sich gemeinsam mit ihr die Welt zu verbrennen. Herzen vertrocknen zu lassen und Löcher in Ozonschichten zu brennen. Er sehnte sich nach all den Schmerzen die sie verursachte und wünschte sich nichts mehr als von ihr zu einem Häufchen Staub verbrannt zu werden, nur um ihr einen Moment nahe zu sein. Jetzt zogen ihm die Wellen sachte den Boden unter den Füßen hinfort. Er tat ihnen leid und auch sie konnten nicht länger einfach zusehen wie er sich, die Seele blutig gekratzt, ständig weiter verlor. „Komm, “ riefen die Wellen, „wir bringen dich zu ihr.“ Er konnte das Funkeln in ihnen wieder sehen.
Doch das Meer ist dumm und weiß nicht um die Notwendigkeit des Atmens. Und so zog es ihn fort und er schmeckte wie seine Tränen nun literweise in seinem Hals versanken. Das Meer floss aus seinen Augen und die Sonne sah nur still lächelnd dabei zu. Sie war zu sehr mit sich selbst beschäftigt um den Schmerz zu spüren, der unter ihrer Pracht verging. Nur der Himmel weinte kurz und schämte sich für sie.
Doch auf der anderen Seite der Welt erwacht ein kleiner Junge in seinem Bettchen und schreit. Die Dunkelheit hatte ihn frösteln gemacht. Zum Glück hat seine Mutter die Tür ein Stück aufgelassen, so dass er das Licht am Gang sehen konnte. Er war zu Hause. Alles war gut.

 

Danke für deine Tipps. Bin jetzt mal alles durchgegangen und hab "nochmal gebügelt". Einen roten Faden gibts vielleicht immer noch nicht-kommt drauf an wie das zu verstehen is- aber es handelt nunmal über einen Typen der etwas verwirrt durch die Welt läuft. Wenn er sich selbst nicht versteht wie soll ein Leser das können? Ich hoffe der Text langweilt zumindest nicht beim lesen, aber auch das muss wohl jeder für sich entscheiden.

Danke und lg Tom

 

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