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Spontane Selbstentzündung
Der kleine Angestellte Hubert K. setzte sich, wie jeden Abend, so auch heute, vor seinen Kamin und betrank sich. Es kam ihm dabei zu passen, dass er alleine war - wie sollte er anders sein, hatte er doch seine Familie in einem tragischen Wattwanderunfall verloren (Selber schuld: Er schüttete ein Spülmittel in das Wasser einer Wattrinne, worauf seine dort drinnen schwimmende Familie im Wasser versank). Jetzt nahm er sich eine Flasche Korn, goss sich ein - es sollte sein letzter Schluck auf Erden sein, er wusste es nur noch nicht. Der Tod trat schnell ein.
Nach drei Tagen machte sich die Sekretärin Anneliese M. Sorgen. Es ist normal, dass Herr K. zu spät zur Arbeit erschien, doch dass er drei Tage zu spät war, sowas hatte sie auch nur zweimal erlebte. So machte sie sich die Mühe, hob den Hörer und informierte ihren Vorgesetzen, Herrn Manfred M. (der merkwürdigerweise den gleichen Nachnamen wie seine Sekretärin hatte). Dieser empfahl, den Angestellten zu feuern, falls er noch am gleichen Tag in der Firma erscheinen sollte, und andernfalls aktiv zu werden.
Wie es zu erwarten war, passierte auch nach der abgelaufenen Frist nichts, so dass man sich entschloss, aktiv zu werden. Da Hubert K. aus für uns verständlichen Gründen nicht auf das Telefon reagierte, zog man die Polizei zu Rate, die einen persönlichen Besuch in der Wohnung des Delinquenten empfahl.
Von aussen sah man dem Haus die Tragödie nicht an, die sich im inneren abgespielt hatte. So betätigte der mitgekommene Polizist die Haustürklingel auch nicht mit mehr als einem mulmigem Gefühl. Jedoch erhielt man keine Reaktion, worauf man daran ging, die Haustür aufzubrechen.
Die Tür zerbarst unter dem wuchtigen Tritt des Schutzmannes, und die Delegation konnte in das Haus eindringen. Man fand den so lange Vermissten auch schnell, als man das Wohnzimmer betrat, oder besser, man fand die Überreste von Hubert K. im Sessel liegend ... und um diesen herum verteilt. Der Polizist, als einziger mutig genug, sich dem Möbelstück zu nähern (tatsächlich stand er als einziger noch aufrecht), fand folgendes vor: Der Sessel stand mit dem Fussende zum Kamin hin, wo noch die Asche eines Holzfeuers zu finden war. Die Torsoumrisse des fettleibigen Herrn K. zeichneten sich als schwarzer Fleck auf dem Polster ab, wobei die beiden Arme links und rechts auf den zugehörigen Lehnen lagen, sauber vom Körper abgetrennt. Auf der Sitzfläche selber konnte der arme Mann nur noch einige Knochenfragmente entdecken, vermutlich von der Wirbelsäule. Auf dem Boden befand sich eine gelbliche Schicht, die den Polizisten würgen machte. Sie hatte das aussehen und die Konsistenz einer Fettschicht, wie man sie nach einem zubereitetem Mittagessen in einer Pfanne vermuten mochte.
Der schnell herbeigerufene Notarzt konnte nur noch den Tod des Ex-Angestellten feststellen. Hubert K. war verbrannt.
Die Untersuchung blieb unergiebig, aber die Umstände des Todes waren merkwürdig genug, dass in der örtlichen Presse ein kleiner Artikel erschien: "Mensch verbrannt!" mit dem Untertitel: "Wieso verbrannte Hubert K.?/Möglicher Zusammenhang mit UfO-Sichtungen"
Hubert K. wäre bald wieder dahin gekommen, wo er hingehört, nämlich in der Versenkung, doch ergab sich, dass zwei Wochen später erneut ein Mensch unter seltsamen Umständen ums Leben kam. Es traf den hauptamtlichen Pathologen der Stadt, der in der Untersuchung "Hubert K." federführend war. Auch er, der er als Einzelgänger bekannt war, verbrannte in seiner Wohnung, vor seinem Kamin sitzend. Böse Zungen verstreuten die Ansicht, dass der verbissene Gerichtsmediziner die Umstände des Todes nachstellen wollte, und dabei für seine Sache starb. Auch hier reimten die Zeitungen wieder einen Zusammenhang mit vermeintlichen UfO-Sichtungen zusammen, doch entbehrte das jeder wissenschaftlichen Grundlage.
Es trat nach diesem Fall der angesehene Universitätsmediziner Prof. Dr. med Detlef P. ins öffentliche Licht, der diese beiden Fälle von "spontaner Selbstentzündung" wissenschaftlich fundiert erklärte: Es habe sich in beiden Fällen durch den Alkohol ein Rauschzustand ergeben, worin die beiden Opfer nicht mehr in Lage waren, sich selber vor dem Feuer zu retten, dass langsam auf sie übergriff. Danach hätte dann, durch den hohen Alkoholgehalt im Blut, eine selbsterhaltende Verbrennung stattgefunden, die noch durch das Körperfett der beiden, als vollschlank bekannten Männer unterhalten wurde.
Diese Theorie befriedigte auch Skeptiker, sogar die Zeitungsmenschen, die neuerdings einen Zusammenhang von UfO-Sichtungen und dem Verschwinden von Haustieren wie Mäusen und Hamstern erkannten. Dies änderte sich allerdings, als Detlef P. beim Einkaufsbummel auf offener Strasse plötzlich in Flammen stand, und vor den Augen seiner Frau und 46 anderer, primär unbeteiligter Passanten qualvoll verbrannte. Der Notarzt, der den Tod des grossen Mediziners feststellte, war ironischerweise derselbe, der schon im Fall des Hubert K. hinzugezogen wurde. Hier waren die Anhänger des Verbrannten plötzlich mit ihrem Latein am Ende.
Gerüchte, wonach es sich um den Mordanschlag eines rachsüchtigen Kollegen, dem Professor G., verstummten schnell, als dieser während seines wöchentlichen Trainings in der örtlichen Karateschule sich spontan entzündete, und wie seine Vorgänger vor den entsetzten Augen der Karateschüler zu einem Haufen Asche verbrannte. Als der alarmierte Notarzt erschien, um den Tod von Professor G. festzustellen (es war der gleiche, der schon Hubert K. die nicht mehr existenten Augen zudrückte), war dieser auf einmal ebenso Feuer und Flamme, und verbrannte, bevor auch nur ein Mensch etwas zu seiner Rettung unternehmen konnte. Daraufhin verliessen die noch Anwesenden das Haus fluchtartig.
In den Nachrichten am Abend nahmen diese Fälle von spontaner Selbstentzündung naturgemäss einen grossen Raum ein, jedoch wurde die Ausstrahlung der Sendung unterbrochen, als auf einmal der Moderator in Flammen stand. Kurzentschlossen sendete man den Pilot zu Traumschiff.
Der Reigen hatte seinen nächsten Höhepunkt, als der Kameramann und der verantwortliche Programmdirektor kurz nach den abgebrochenen Nachrichten beide sich simultan spontan selbst entzündeten.
Man war ratlos. Ein Anruf der Redakteure beim Verteidungsministerium ergab nichts, da man aus dem Telefonhörer nur ein Fauchen hörte, und man annehmen musste, dass der Verteidungsminister in Flammen stand. Auf einmal hatte der Tonleiter Gerhard Ä. einen Geistesblitz: "Fragt mal bei der Zeitung nach!", als die Flammen auf ihn übergriffen und er kurzerhand verbrannte. Auch der leitende Redakteur entsann sich der Zeitungsnotiz, wo ein über einen Zusammenhang mit UfO-Sichtungen nachgedacht wurde, und man rief also bei der örtlichen Presse an, doch nur um zu erfahren, dass der Journalist Markus C. gerade eben ein Opfer der Flammen wurde. Dort konnte man noch berichten, dass die Meldungen über UfO-Sichtungen in einem beunruhigendem Maße zugenommen hätten, als auch jetzt aus dem Hörer ein plötzliches Fauchen zu Hören war. Der leitende Redakteur konnte nur noch verkünden: "Sie hats auch erwischt...", als es hell aufblitzte und er verbrannte.
Der letzte übriggebliebene Mensch, die Putzfrau Anke L., wurde von Entsetzen gepackt und flüchtete aus dem Gebäude. Draussen ergab sich ein Bild des Schreckens: Überall lagen Aschehäufchen, und Passanten liefen kreischend umher, und ab und zu leuchtete einer mal hell auf, nur um kurz darauf als Asche zu Boden zu fallen. Über der ganzen Szenerie schwebten UfOs, die entgegen der landläufigen Meinung nicht rund waren, sondern eckig (was aber nichts zur Sache tut). Dieses war das letzte Bild, was Anke L. je zu Gesicht bekam, denn auf einmal wurde ihr schwarz vor Augen, ihr Blut kochte, und dann fiel sie zu Boden - als Aschehäufchen.
Der grünhäutige, fünflippige Raumschiffkommandant jaulte seinem Kanonier ein Lob über die gelungene Aktion zu. Durch den Sichtschirm konnte er den Fortgang der Aktion beobachten, und ein ... Lächeln um spielte seine ... fünf Lippen. Vor sich hingurgelnd drehte der Kommandant sich um und wollte den Raum verlassen, als er stolperte, mit dem Kopf auf eine Kante schlug und dabei umkam.