St.Francis Pub
St.Francis Pub
Es passierte vor 3 Jahren. Ich ging wieder einmal in diese Bar. Ich war nicht oft hier. Doch wenn ich hier war , hatte ich meinen festen Platz. Der letzte Hocker an der langezogenen Bar war immer frei. Also nahm ich dort Platz, wie immer. Obwohl ich niemanden kannte, sahen die meisten zu mir rüber. Ein paar Gesichter hatte ich schon öfter gesehen, doch ich hatte hier noch nie mit jemanden ein Gespräch geführt. Denn immer wenn ich hier war, wollte ich für ein, zwei Stunden für mich allein zu sein. Also bestellte ich, wie immer, einen Whisky -Sour. Der Barkeeper schaute mich lange an, er machte das immer so wenn ich hier war. Er wüsste sicher viel zu erzählen, die Narben in seinem Gesicht sagten mir dass er schon viel erlebt haben muss.„Komischer Kauz“ dachte ich mir.
Die Zeit verstrich, und die Luft wurde immer dicker. Die Leute schienen es zu geniessen dass sie hier ohne schlechtes Gewissen rauchen konnten. Die grünen Tapeten schimmerten grau und der alte englische Teppich schien auch schon bessere Zeiten erlebt zu haben. Nur die Ecke um meinen Hocker rum musste wohl vor einiger Zeit ersetzt worden sein, denn dieser schien sauberer zu sein als der Rest der Bar. Auch ein Stück der Fusstange ist wohl ersetzt worden, denn dass Messing glänzte als ob gerade erst gegossen worden wäre.
Nachdem ich meinen dritten Drink bestellt hatte drehte ich mich zu den Leuten um, damit ich diese besser beobachten konnte. Bis jetzt hatte ich immer nur die Flaschen hinter dem Tresen beobachtet, besonders die grosse Whisky-Flasche die sich je länger mein Besuch wurde immer mehr leerte. Die Leute benahmen sich seltsam, immer wenn sich mein Blick mit ihrem kreutze schauten sie schnell weg. Mir fiel auf das niemand lachte oder laut redete. Ganz anders als in den Pubs die ich aus der Stadt kannte. Gelangweilt drehte ich mich wieder den Flaschen zu. Ich betrachtete das Bild welches links von mir an der Wand hing. Es zeigte eine Ansammlung von Menschen die lachend vor einem weissen Kleinbus standen. Im Hintergrund war eine grüne Hügelkette zu erkennen auf welcher der Schnee verzweifelt mit der Sonne zu kämpfen schien.
Als ich mir das Bild genauer anschaute, fiel mir gleich auf das ich die meisten auf dem Bild kannte. Es waren die Leute die hier sind, doch auf diesem Bild waren sie fröhlich und in Natura schienen sie sehr ernst zu sein. Ich schaute den Barkeeper an, doch der drehte sich schnell ab und wischte im gehen den Schnurrbart ab. Ich sah dass er sich ganz ans andere Ende der Bar begab. Ich schaute mir das Bild noch mal an, da war er. Die Glatze schien er schon damals zu haben auch den breiten Schnurrbart hatte sich wohl nicht sehr verändert. Doch die Narben, die hatte er damals noch nicht. In der Bildmitte stand eine hübsches junges Mädchen welches ein T-Shirt trug auf dem stand „ I survived Las Vegas“. Sie lachte und zeigte ihre Zähne welche weisser schienen als der Schnee im Hintergrund. Unter den T-Shirt zeichneten sich ihre wohlgeformten Brüste ab und die engen roten Hosen zeigten das sie sehr schlank war. Und irgendwie schien sie im Mittelpunkt zu stehen. Im Hintergund stand eine Torte auf der eine grosse Kerze stand, die eine 18 darstellte. Sie war also das Geburtstagskind. Wo sie wohl war, hier hatte ich sie noch nie gesehen.
Aus den Lautsprechen sang irgend so ein alternder Countrysänger eine Heimweh-Melodie. Das Bild liess mich nicht los. Ich musste wissen was aus der jungen Frau geworden ist, also trank ich mein halbvolles Glas auf einen Zug aus um ein weiteres zu bestellen. Ich hob die Hand um auf mich aufmerksam zu machen. Der Barkeeper drehte sich um und hinkte langsam auf mich zu. Er bemerkte das Foto in meiner Hand und hielt kurz inne. Ich schaute ihn fragend an und tippte mit meinem Zeigfinger auf die junge Dame in der Bildmitte. Er zögerte, und für einen kurzen Moment dachte ich zu sehen wie eine rasende Wut in Ihm aufstieg. Doch seine dunklen Augen schlossen sich, er bückte sich und nahm einen alten zerknitterten Umschlag aus der Theke. Dieser lag sicher schon lange dort denn er holte ihn aus der hintersten Ecke der Schublade. Er hielt ihn in den Händen und schaute in die Runde. Alle Besucher hatten sich zu uns umgedreht. Einige nickten dem alten Mann zu andere bewegten sich kaum. In der Bar herrschte plötzlich eine Stille, sogar der Musikautomat schien den Atem anzuhalten. Mir wurde beinahe Schwindlig.
Zögernd hob er seine Hand und streckte mir den Umschlag hin. Ich hob ebenfalls meine Hand und erfasste langsam den geheimnisvollen Papierbeutel. Um nicht ungeduldig zu erscheinen senkte ich die Hand kurz und legte sie auf die Theke. Mit der anderen Hand öffnete ich den ungeklebten Umschlag. Beim Reingreifen spürte ich das dünne Papier und kurz darauf hielt ich einen rausgerissen Zeitungsartikel in der Hand. Es folgten noch weitere. Ich schob die Papierfetzen auseinander um mir einen Überblick zu verschaffen. Ich zog den grössten Auschnitt an mich heran. Auf der Kopfzeile stand St. Francis Herald, das Datum war abgerissen. Weiter unten stand in kleinen zierlichen Buchstaben geschrieben:
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Brutales Verbrechen in St. Francis beliebtestem Pub
ST-FRANCIS. Schreckliches Ende eines Geburtstagsausflugs im St.Francis-Pub. Vor den Augen der anderen Gäste wurde die junge Annie W.(18) brutal ermordet.
„Ich habe noch nie so etwas schreckliches gesehen und werde es mein Leben lang nicht vergessen“, so ein Augenzeuge zu St.Francis-Herald.
Das Fest an dem rund fünfzehn Personen teilnahmen begann am Morgen mit einem Ausflug in die Berge rund um den Williams-Lake. Am Abend wollten die Gäste den Tag mit ein paar Drinks im Pub ausklingen lassen. So gegen 23 Uhr stürmt ein junger Mann in die Bar und geht völlig grundlos auf das Opfer los. Er schlägt mit einer Messingstange, welche er vorher aus der Verankerung gerissen hat, mehrmals brutal auf das hilflose Mädchen ein. Die Gäste versuchen den rasenden Täter aufzuhalten. Doch der Mann ist nicht zu bremsen. Nach endlosen Minuten wendet sich der Täter ab und flüchtet zu Fuss.
Der Barkeeper welcher als erster eingegriffen hat, musste mit schwersten Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Das arme Opfer verstarb noch am Tatort.
Die örtliche Polizei geht von einem Beziehunsdrama aus. Genauere Angaben zum Täter und dem Tathergang könne noch nicht gemacht werden. Die Polizei sucht weitere Zeugen welche am Freitagabend in der Nähe des Tatortes waren.
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Fassungslos schob ich den Zettel von mir fort, die Tränen stiegen mir in die Augen. Der Knoten der sich um meinen Hals legte zog sich immer enger zu und schnürte mir die Luft ab. Ich konnte nicht aufschauen, ich wollte so schnell wie möglich nach Hause Ich versuchte mich von meinem Platz zu heben. Mein Platz ? Nein das war nicht mein Platz. Das war Annies Platz.