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Sternenreigen
Die Sterne veränderten ihre Bahnen, bildeten immer neue Konstellationen und spiegelten sich bei diesem Spiel in den großen, schimmernden Augen des Mädchens tief unter ihnen.
Taja verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf und kuschelte sich noch etwas tiefer in das weiche, hohe Wiesengras, das in dem kleinen Garten hinter ihrem Haus wuchs. Ein warmer Abendwind spielte rauschend in den Blättern des alten Pflaumenbaumes. Es klang wie das Seufzen eines einsamen Wesens, welches verloren in irgendeinem fernen Winkel der Welt hockte. Taja knickte einen Grashalm ab, steckte ihn sich in den Mundwinkel und kaute eine Weile darauf herum. Die Lider schließend, strömten ihr wieder Gedanken an die Ereignisse der Vergangenheit durch den Kopf, pochten schmerzhaft gegen die Stirn. Menschenmassen die in Panik flohen und niedertrampelten, was sich hunderten von Füßen in den Weg stellte. Es interessierte sie nicht, ob es nun Blumenbeete oder eine zarte Hand waren. >So zerbrechlich.< Blasse Unschuld, umrahmt von strudelndem Rot. >Mein...<
Ein trauriges Lächeln umspielte Tajas Lippen. Wieder verschleierte Feuchtigkeit ihren Blick und ließ den Himmel verschwimmen, worin die Sterne auf ein Neues ihren munteren Reigen aufnahmen. >Es ist genug.< Langsam erhob sie sich und ging langsam auf ihr Heim zu. Müde und voller niederdrückender Gefühle war die Dunkelheit des Schlafes ein willkommener Zufluchtsort für sie. Es war Zeit auszuruhen und endlich zu vergessen.
Leises Kinderlachen erfüllte die frische Morgenluft im Garten. Erschrocken schaute sich eine kleine Spitzmaus um, die gerade von der nächtlichen Nahrungssuche unterwegs in ihren Bau gewesen war. Erleichtert setzte sie den Weg fort, als sie die Quelle des Geräusches entdeckte.
Taja erwachte. Kein Alpdrücken, wie so oft zuvor, war der Grund gewesen, sondern eine vertraute, lang vermisste Stimme, die im Traum zu ihr gesprochen hatte.
Dünne, abgemagerte Beine wurden über die Bettkante geschwungen und barfuss tapste das Mädchen zum Fenster, durch das der Sonnenschein auf alte, dunkle Bodenbretter fiel. Knarrend öffnete sie die Läden und beugte sich, auf den Sims lehnend, hinaus. Lose umwallten karmesinrote Haare ihr Gesicht und ließen sie fast wie die eben aufgegangene Sonne selbst erscheinen. „Ich liebe dich auch. Leb wohl.“ Zarte Finger aus Wind strichen sanft über helle Wangen und lockten ein letzte Träne hervor.