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Strandkorb der Melancholie
Barfuss gehen wir am Strand spazieren, Ich und ich. Feuchter Sand klebt an unseren Füßen. Der Wind spielt mit meinem Haar. In der frischen Seeluft liegt ein feiner Duft von Freiheit und Größe. Ich atme zufrieden die salzige Klarheit ein. Das Rauschen seichter Wellen lässt meinen Puls ruhiger werden. Sollte ich Frieden suchen, so weiß ich gewiss, wo ich diesen finden kann. Ein verlassener Strandkorb steht an einem abgelegenen Strandabschnitt. Wir suchen ihn auf und nehmen Platz, da er nicht verschlossen ist. Verträumt blicken wir auf die See.
Verspielt brechen sanfte Wellen an einem mittelgroßen Felsen im Wasser. Ich beobachte eine Möwe, die sich sicher auf diesem Felsen behauptet, während kreischend einige ihrer Artgenossen über den Strand hinweg fliegen.
Ich nehme das Panorama in mir auf und schließe zufrieden meine Augen. Den Augenblick zelebrierend treibe ich wehrlos auf dem Meer. Mir ist, als könnte ich fliegen, wenn ich es wirklich wollte. Doch mein Element ist das Wasser, nicht die Luft.
Ich spüre seine zärtlichen Blicke. In seinen liebevollen braunen Augen ertrinke ich. Nur mit großer Anstrengung gelingt es mir, den Blick abzuwenden. Mein kleines Herz hüpft noch immer vor Freude, dass es solch zärtlichen Blicken begegnen darf. Ich spüre die Sehnsucht, die langsam durch meinen Körper zieht. Wohlige Wärme breitet sich aus. Es liegt soviel Liebe in diesem Augenblick, dass die ganze Welt den Atem anzuhalten scheint. Schüchtern berührt er meine Hand und legt vorsichtig unsere Hände ineinander. Wir verlieren den Boden unter unseren Füßen und schweben übers Meer, Hand in Hand.
Ich genieße seine Nähe. Er strahlt soviel Liebe, Wärme und Sicherheit aus und ist sich dessen scheinbar nicht bewusst. Seine Blicke sind fragend und verunsichert. Beim Anblick seines milden Lächelns sehne ich mich in seine Arme, möchte meinen Körper an den seinen drängen. Mit einem lustvollen Schnurren nimmt meine Nase seinen Geruch auf. In seiner Nähe spüre ich was es bedeutet, seine Heimat gefunden zu haben.
Suchende Blicke nähern sich, zaghaft berühren sich sanft unsere Nasenspitzen. Geborgenes Gefühl tief in mir, erwachtes Vertrauen kämpft sich empor an die Oberfläche. Unsere Augen schließen sich, da suchende Lippen sich auch im Dunkel zu finden wissen. Ich spüre seine wohlig warmen, anschmiegsamen Lippen, noch ehe sein Mund den meinen berührt. Die Welt scheint still zu stehen, hat zu schweigen, während verlangende Lippen sich endlich finden. Vereint! Seinen Atem kann ich spüren, denn nun ist sein Atem auch der Meine. Mit jeder Berührung legt er weiter seine Schüchternheit beiseite, sowie ich all meine Ängste. Der Moment gehört uns! Ich liebkose seinen Nacken, während er meinen Körper immer fester an den Seinen drückt.
Der Wind spielt weiter mit meinen Haaren, streichelt kühl mein Gesicht.
„Was willst du mir sagen, lieber Wind?“, flüstere ich träge. Ich erhalte keine Antwort. Schläfrig bleibe ich in meinem Strandkorb sitzen. Der Wind weht heftiger, gewinnt an Stärke. Sand wird in die Lüfte gepeitscht. Das Brechen der Wellen drängt sich mir ins Bewusstsein, wirkt bedrohlicher als zuvor.
Ich öffne verliebt meine Augen und sehe mich am Strand spazieren gehen.
„Wo willst du hin?“, rufe ich mir hinterher.
„Ich muss jetzt gehen.“, sagt das Ich und drehte sich kurz zu mir um. Seine großen Augen wirken traurig und leer.
„Ja, aber wohin denn?“, frage ich leise.
Die Antwort klingt wie ein leichtes Summen, selbstverständlich und doch so fremd: „Nach Hause. Ich habe Heimweh.“
Der Wind peitscht den Strand immer heftiger, Sand wirbelt höher und höher. Erstaunt blicke ich meinem Ich nach. Der Sand kriecht an den Fesseln empor, windet sich um Hüfte und Taille, hüllt den Körper vollends ein. Ein letztes Rauschen, ein leises Säuseln, schon legt sich der Sturm und ich bin wieder allein.
Ich sitze in dem Strandkorb, blicke ängstlich neben mich.
Der Platz neben mir ist noch immer leer. Voller Sehnsucht blicke ich auf die sich beruhigende See und wünschte mir, der Tagtraum möge endlich Wahrheit werden.
„Ich werde wiederkommen und dich zu mir nehmen. Das verspreche ich dir.“ Verträumt lehne ich mich zurück, streichle mit meinen Blicken den Strand, den Horizont und das weite Meer.