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Suppengemüse
Suppengemüse
"Wieviel kostet dieses wahrlich lecker wirkende Suppengemüse eigentlich?" fragte mich die freundlich dreinblickende, ältere Frau mit zitterndem Kopf und ebensolcher Stimme.
"5 Mark" entgegnete ich schelmisch darauf vertrauend, dass die offensichtlich nicht ganz taufrische Dame längst nicht mehr gut sah, wobei diese Annahme von den dicken Brillengläsern, die auf ihrer Nase thronten untermauert wurde. Zudem war ich überhaupt nicht an diesem Stand oder auf dem Markt beschäftigt, sondern auch nur Kunde bzw. unkundig über die Preislage der feilgebotenen Waren.
"Oh das ist aber teuer, naja, ohne geht's ja schließlich auch nicht."
Da ging ich weiter und ließ die Alte stehen, die mir noch irgend etwas hinterher brabbelte, was ich aber nicht verstand.
Ich verließ den Markt mit einer Tüte voll Paprika und 2 Stangen Sellerie, doch leider verlor ich letztere auf dem Heimweg und so kam es zu diesen haarsträubenden Ereignissen, die mich diesen Tag nie mehr vergessen lassen sollten.
Ein seltsamer, ungewohnter Geruch empfing mich bereits an der Wohnungstür. Als ich eintrat viel mir augenblicklich auf, dass jemand hier gewesen war.
"Ich bin immer noch hier!" raunte eine heisere Stimme aus Richtung meines gemütlichen Ledersessels der in jener Ecke meines Appartments stand, in die immer genau so das Tageslicht fiel, dass das Gesicht des dort Sitzenden stets von Schatten verdunkelt wurde.
"Wer sind sie?" fragte ich alamiert "Wie sind sie verdammt noch mal hier rein gekommen und was ist das für ein Geruch?"
Ein schnarrendes Lachen erklang, das bald in ein keuchendes Husten, schließlich in ein rasselndes Röcheln überging und nach zwei Minuten war es endlich wieder still im Raum.
Mir war ein bisschen mulmig zumute und ich brachte nur ein klägliches "Das klingt aber weniger gesund, sie sollten mal einen Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Ich habe da zufällig eine relativ ausführliche Liste, die erst vor zwei Wochen auf den aktuellsten Stand gebracht wurde. Waren sie denn überhaupt schon mal beim Arzt deswegen??" heraus.
"Sie stellen viele Fragen, mein Bester und auf alle sollen sie beizeiten Antwort erhalten, doch momentan gibt es Wichtigeres. Setzen sie sich, wir haben einiges zu besprechen!" Stumm setzte ich mich ungeschickt dem seltsamen Herren gegenüber.
"Ich habe einen Auftrag für sie, Paprikant!" wisperte der Fremde geheimnisvoll.
"Äh, das ist gar nicht mein Name, ich heiße....." setzte ich an, doch wurde jäh unterbrochen.
"Mir ist klar, dass sie ihre wahre Identität verschleiern wollen, da sie mich ja kaum kennen, aber ich verfüge über mehr Scharfsinn als man mir ansieht. Sie können mir voll und ganz vertrauen."
Er zeigte auf die braune Papiertüte mit den saftig glänzenden Paprikaschoten, die ich aufgrund der jüngsten Ereignisse völlig vergessen hatte und daher immer noch in der Hand hielt. Einmal mehr wurde mir schmerzlich der Verlust des leckeren Sellerie bewusst, ich murmelte leise, ohne erkennbaren Zusammenhang "Verdammte Gewerkschaft!" und lauter fügte ich hinzu: " Verzeihung, sie müssen mich verwechseln, ich bin nicht der, für den sie mich halten."
Wieder ertönte dieses an einen Erstickungstod erinnernde Gelächter und ich begann mir ernsthaft sorgen zu machen.
"Dann wollen sie also abstreiten, dass das da Paprika ist?" brachte er schließlich zwischen diversen Japsern hervor und deutete einmal mehr auf die, mir immer unsympathischer werdenden, Nachtschattengewächse.
Ich steckte in der Klemme, dieser gerissene Fuchs hatte mich ausgetrickst.