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Szenen einer Affäre

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10.08.2006
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Szenen einer Affäre

„Wo bleibst du denn?...Ach was, das fällt dir ja früh ein...Nein, du hast mir nicht Bescheid gesagt...Ja vielen Dank auch, für diesen tollen Abend...Du hast was besseres vor?...Das muss ja wirklich toll sein, wenn du mich dafür sitzen lässt...Was glaubst du eigentlich wer ich bin? Dein...Was?...Lässt du mich vielleicht mal ausreden? Du hast sie doch nicht mehr alle! Ich sitze hier seit einer dreiviertel Stunde, weil du mich unbedingt sehen wolltest, und dann vergisst du einfach unsere Verabredung?...Nein, du hast dich nicht gemeldet. Wo warst du überhaupt die letzten Tage? Immer war nur deine Mailbox dran. Zig mal habe ich dir eine Nachricht hinterlassen. Und meinst du, der gute Herr hätte mal zurück gerufen? Nein, hat er bestimmt auch vergessen, oder was?...Ich? Nee, nee, nee, ganz bestimmt nicht. Jetzt schieb mir nicht den schwarzen Peter in die Schuhe. Das lass mal schön bleiben...Wie bitte? Ich soll...? Wo hast du das denn her?...Von Thomas? Ganz bestimmt nicht...Nein, jetzt hörst du mir mal zu! Ich habe mich doch noch gar nicht entschieden, ob ich mit nach Rügen komme...Ach so, das ist jetzt auch egal? Dein Auto ist voll? Wer fährt denn da jetzt plötzlich noch mit?...Andrea? Na, das hast du ja fein ausgeheckt...Das soll ich dir glauben? Das weiß doch jeder, das die mit dir in die Kiste will...Lass mich doch mal ausreden...Nein, jetzt hörst du mir zu und schrei mich nicht an...Ich soll mit Gunther was?...Auf dem Wilhelmstraßenfest?...Ja, so sehe ich aus. Nur weil ich...Wie?...Du hast doch...Jetzt hör mir doch mal zu...“
Handies sind ein Gräuel. Eine Geisel der Menschheit. Jedem Depp wird es möglich gemacht, sich in aller Öffentlichkeit zum Kasper zu machen. Einen Exhibitionismus an den Tag zu legen, wie man ihn sonst nur von schlechten Doku-Soaps, wie „Ich suche eine Familie“, „Die Super Nanny“, „Helft mir aus der Schuldenfalle“, „Die Heimwerker“, „XXL-Family“ oder „Frauentausch“ auf RTL, RTL 2, Pro 7 oder sonstigen Unterklassen Fernsehsendern kennt. Jeder soll sehen oder in diesem Fall hören, das mein Leben Scheiße ist. Nur das es im Fernsehen wenigstens noch Geld dafür gibt, oder ein neues Haus oder einen Opa. Sie bekam dafür, wohl nichts von dem.
Sie war Ende dreißig, schon ein wenig angetrunken und schaffte es mit einer bemerkenswerten Leichtigkeit, sich einhändig eine Zigarette nach der anderen aus ihrem Marlboro Lights Päckchen zu fingern und anzustecken, während sie mit der anderen ihr Handy hielt und sich langsam aber sicher immer mehr in Rage redete.
„Ich habe mit dem doch nicht in den Büschen gebumst. Gar nichts habe ich mit dem gehabt...Ach hör doch auf, nur weil ich mir zwei Sekt habe ausgeben lassen, ficke ich doch nicht mit dem. Ich bin doch keine Nutte. Und was ist denn mit dir? Seit Tagen rufst du mich nicht an, reagierst nicht auf meine sms...Ja, ja, der Gute ist im Stress. Was für ein Stress denn, außer zuhause vor der Glotze zu hängen machst du doch nichts...Ach du hast Arbeit? Das ist ja toll, das habe ich ja noch nie gehört....Erzähl mir doch keinen Scheiß! Also, mit wem fickst du in der Gegend rum? Wer ist die Schlampe?...“
Es ist schon komisch. Immer hören die Menschen am lautesten Musik, die die schlechteste Musik hören. Phil Collins oder neunziger Jahre Euro-Dancefloor. Da muss man sich nur Mal eine Viertelstunde an eine viel befahrene Kreuzung stellen und warten bis die Ampeln auf rot springen. Irgendwo her wird immer ein launiges „Uz-Uz-Uz“ oder ein „I can´t dance“ erklingen. Oder aber die Menschen mit den unangenehmsten, weil schrillen, Stimmen, müssen in aller Öffentlichkeit, lautstark ihre Probleme, die keinen interessieren, kundtun. So auch sie. Sie saß zwei Plätze links von mir an der Theke und schon seit einer guten halben Stunde schaffte sie es mit ihrer Stimme, den Lärmpegel der vollbesetzten Kneipe zu übertönen. Klar, ich hatte durch meine Sitzplatzwahl einen Standortvorteil, und das gebe ich auch freimütig zu, den ich nicht aufgeben wollte. Eine gewisse voyeuristische Ader kann ich nun einmal nicht verleugnen. Und sie hörte nicht auf zu reden. Ich fragte mich immer, wie die Menschen aus „Hilfe, ich sitze in der Schuldenfalle“ zu einer Handyrechnung von 700 Euro oder mehr im Monat kommen können. Jetzt begriff ich es.
Und ihre Stimme wurde immer lauter und schriller zu einer verbalen Kackophonie der Wut und des Zorns. Und dann schrie sie: „Du kannst mich mal, du blödes Arschloch. Geh doch zum Teufel! Und Ficken kannst du auch nicht! Im Bett warst du die größte Flasche, die ich jemals hatte!“ Und plötzlich herrschte Stille. Alles war verstummt. Man hätte in diesem Moment in der Kneipe eine Stecknadel auf den Boden fallen hören können. Sie musste die Blicke in ihrem Rücken gemerkt haben. Sie drehte sich um und meinet nur lapidar: „Ist doch so.“ Dann stand sie auf, griff nach ihrer Handtasche, legte einen Geldschein auf die Theke, nahm ihre Zigaretten und ging.

 

Hello Falk Fatal,

einerseits ganz munter erzählt, andererseits sehr griesgrämig kommentiert. Zu deutlich ist durchzuschmecken, dass der Autor nicht mehr als tiefe Verachtung für seine Figuren übrig hat. Wobei seltsam anmutet, dass offenbar alle Fernsehsendungen oder Musikstücke, die so sehr geschmäht werden, offenbar bis ins Detail bekannt zu sein scheinen und sich die Frage stellt, wer sich denn da aus welchem Grund über andere erheben möchte.
Den Schluß 'Und Ficken kannst du auch nicht! Im Bett warst du die größte Flasche, die ich jemals hatte!“ Und plötzlich herrschte Stille.' empfinde ich als sehr abgedroschen.

Viele Grüße vom gox

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin Falk,

gox hat schon Recht, dieses "Ihr seid mir alle viel zu doof hier" liest sich nicht sehr interessant, der Feststellung, dass Klo 7 & Co organisierte Volksverdummung betreiben, mangelt es an jeder Originalität. Mal abgesehen davon, dass "Frauentausch" 'ne Supersendung ist.

PunktPunktPunkt geht so: Punkt ... Punkt ... Punkt

Handys (Das Y bleibt, weil das kein englisches Wort ist, kein Mensch außerhalb Germaniens weiß, was ein Handy ist ...) sind und Attila der Hunne war die Geißel der Menschheit, nicht Ihre Geisel. Außerdem sind diverse Kommafehler drin, aber ich muss jetzt arbeiten, sonst flieg' ich raus. Um mich dann womöglich in der Schuldenfalle wiederzufinden ... :D

Grüße,

Jan-Christoph

 

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