Tagebuch eines Sünders
So stehe ich hier. Wohlwissend, wie es enden wird. Doch will ich euch erzählen, wie es begann.
Mein Name ist Pyreus, Sohn des Agath, Priester des Solon im Tempel zu Eidolys.
Meine Geschichte begann im neunten Sommer meines Lebens, wo ich als junger Novize in den Glauben des Solon aufgenommen wurde. Mein bester Freund Thymus wurde nicht aufgenommen. Da seine Eltern es sich nicht leisten konnten, verkauften sie ihn an einen jungen Mann, der ihn in die Lehre nehmen wollte. Dieser junge Mann war Lysander, ein Magier, der unerkannt durchs Land reiste. Er brachte meinem jungen Freund Thymus die Wunder der Magie bei.
Doch Thymus ging durch eine harte Schule, denn er lernte nicht nur die Magie kennen. Um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wurde er auch ausgebildet, anderer Leute Lust zu dienen. Schon mit zwölf Jahren wurde er regelmäßig von Lysander vermietet, an jene, die pervers und vermögend genug waren, sich dieses Vergnügen zu leisten.
Mit 16 Jahren war Thymus ein Meister beider Künste und ich lernte einen Teil dieser Künste von ihm, während ich selbst im Dienste Solons voranschritt. Schon bald wurde ich zum Akolythen Solons geweiht und erlangte auf diesem Gebiet einiges an Macht.
Thymus hatte sich derweil seines Meisters entledigt und verkehrte regelmäßig mit dem König als auch mit dem Prinzen von Aischylos, ohne dass diese voneinander wussten.
Ich hingegen hatte den Hochgeweihten unter meinen Willen gezwungen und beherrschte zwei Jahre später die Geschicke des Tempels.
Thymus verleibte sich die Macht im Palast ein und wie beide lernten die Macht und ihre Möglichkeiten zu schätzen.
Ich begann mehr und mehr Solons Segen zu genießen. Immer öfter offenbarte ER mir seine Pläne. Auch im Bezug auf Thymus.
Dieser kaufte sich Bücher über Bücher, aus denen er noch mehr über die Magie lernte. Wir teilten unser Wissen und ich weihte Thymus heimlich Solon, so wie es vorherbestimmt war. Wir schienen auf dem Höhepunkt unserer Macht zu sein. Bis zu jenem schicksalhaften Tag, als das Reich Ulbernias uns den Krieg erklärte, nachdem seine Königin Milea von unserem König Kaleppas zurückgewiesen wurde.
Die Allianz, die Ulbernia mit Aischylos anstrebte, war zunichte gemacht. Innerhalb kürzester Zeit entfesselte Ulbernia die Horden von Daiphos und das Chaos von Lania. Nur der gemeinsamen Macht von Thymus und mir gelang es, den Untergang beider Reiche zu verhindern. Wegen meines angeblichen Hochmutes, der mich getrieben hatte, die Mächte Solons und die der Magie zu einen, wurde ich vom Erzbischof zum Priester degradiert und Thymus, völlige entkräftet dem Feuer übergeben.
Meine Macht entfaltete sich dennoch weiter, der Hohepriester fiel meiner Magie zum Opfer, der König starb unter Solons machtvollem Gleißen. Ich einte Kirche und Thron und regierte unter dem Segen Solons. Um den Tod Thymus’ ungeschehen zu machen, manipulierte ich mit geballten Macht göttlicher und magischer Energien den Fluß des Lebens und holte Thymus zurück. Ich tat es, weil ich ihn liebte und brauchte.
Doch Thymus war verändert. Ich merkte es leider erst, als er Thalon, den Gott der Finsternis, gebar und die Welt im Chaos zu versinken drohte.
All das schreibe ich als Warnung für jene, die die Welt zu verändern trachten. Das Gleichgewicht der Dinge hat höchste Priorität. Tot muß tot bleiben. Eine bittere Lektion, die ich zu lernen hatte. Ich hatte vor, mich selbst zu opfern, um das Licht, Solon, zu gebären. Meine Seele würde dafür jedoch in das Reich tiefster Qualen eingehen. Mein Leib würde verderben und seine Verderbtheit würde meine Seele beflecken.
Möge der Herr mich bewahren. Doch umsonst flüstere ich das Gebet, während ich den geweihten Dolch in mein Herz ramme und das Licht meine Seele umspült und durch mich hindurch fließt. Es raubte, was mir gehörte. Ich wurde verzehrt, nur um wenige Augenblicke später Qualen zu leiden.
Während mich Thymus immer wieder bis kurz vor den Höhepunkt treibt, nur um sich dann in einen Dämon zu verwandeln und mich zu schmerzvoll zu entleiben, bete ich in den klaren Momenten dieses schändlichen Todes um Erlösung. Mein Leib sehnt sich mehr und mehr nach dem Dämonen. Mein Geist fürchtet mehr und mehr den Tod und der Zwiespalt droht mich zu zerfressen, tötet mich wieder und wieder.
Doch ein kleines Licht bleibt dort in der unendlichen Verzweiflung. Durch das Schreiben meiner Geschichte mit den letzten magischen Funken meiner Seele hoffe ich, der Nachwelt von meinem Schicksal zu berichten und sie zu warnen. Also Thymus, zeige mir deine todbringende Zärtlichkeit ein weiteres Mal.