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Taube Nüsse

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27.06.2007
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Taube Nüsse

„Günther! Kommst du mal?“ Nichts.
„Günther!“ Genervtes Stöhnen, sie schiebt den Stuhl zurück.
„Der hört nix.“

Ich sitze neben meinem Vater im Wohnzimmer. Wir lesen.
„Papa.“ „Hm?“ „Mama ruft.“
Er legt die Zeitung weg und dreht den Kopf zur Treppe.
„Ja?! Hast du mich gerufen?“ Ihr Kopf erscheint.
„Ja! Kannst du bitte mal kommen?“
„Ja, klar.“ Sie gehen die Treppe hinunter.
„Was ist denn Schatz?“ „Ich krieg das Sägeblatt nicht da rein.“
„Ich mache das für dich. Warte…“

Wir lesen wieder. Die Säge bohrt sich unerbittlich und kreischend in mein Ohr.
Ich lese die letzten Zeilen nun schon zum dritten Mal.
„Boah ist das laut.“ Papa liest.
„Ich halte das nicht mehr aus. Ich gehe ins Arbeitszimmer.“
Stehe auf.
„Wo willst du hin?“ „Hoch.“
„Ins Internet?“ Nein, lesen.“
„Was?“
„Lesen! Mir ist das hier zu laut!“
„Ach so. Die sägt nicht lange.“
„Egal. Ich bin oben.“ Noch eine Treppe rauf.
Tür zu. Ruhe.

Das Telefon klingelt. Nein, es scheppert.
Das Mobilteil liegt unten. Neben Papa. Der liest. Die Säge kreischt.
„Papa! Das Telefon!“
Treppe runter, an Papa vorbei.
„Was?“ „Das Telefon!“ „Ach so!“

„Schneider?!“ Pause. Die Säge erstummt.
„Wer? Ach, Hallo!...Ja Moment. Die ist im Keller. Charlotte! Da ist die Marina für dich!“ Warten. Keine Antwort.
„CHARLOTTE! Die hört nix. Ich bring dich runter.“
Treppe runter. „ Charlotte!“ „ Ja?“
„Telefon. Marina.“
"Ach so! Hallo Marina!"

Papa setzt sich wieder.
„Deine Mutter hört wirklich schlecht.“ „Hm.“

„Günther!“ Keine Reaktion.
„Papa!“ „Ja?“ „ Mama will irgendwas.“
„Ja?“
„Schreib mal auf, dass wir am 16. bei Blechers zum Essen sind!“

In die Küche. Da hängt der Kalender.
„Wann war das noch mal?“ Im Keller hört man stumpfes Feilen.
„Charlotte!“ Feilen.
Raus aus der Küche.
„Charlotte! Wann sind wir bei Blechers?“ Keine Antwort.
„Am 16., Papa.“
„Was?“
„Am 16.!“
„ Sicher?“
„Jep.“

Der Stift kratzt auf dem Kalenderblatt. Schritte. Treppe runter.
In den Keller. „ Ich hab´s notiert. Is doch schön. Mit Blechers haben wir lange nix gemacht.“
„Mh.“
Kichern. „Die sieht ja klasse aus. War schwer zu sägen, was?“
„Ja. Da sind so viele Ecken dran.“ „Lackierst du die noch?“
„Ja, aber da brauche ich nen andren Pinsel. Der ist oben. Lisa?“
„Ja?“
„Lisa!“
„JAAA!“
„Wo ist die denn?“ „Keine Ahnung. Eben saß sie noch im Wohnzimmer. Vielleicht im am PC im Internet.“

Ich gehe zur Treppe. „Was denn? Ich höre euch!“
„Ah! Kannst du mir mal den dicken Pinsel bringen?“
„Wo ist der denn?“
„Was?“
„Wo denn?!“
„In der Küche. Auf der Fensterbank!“

Da steht ein Glas. 5 Pinsel. „Welcher denn?“ Keine Antwort.
Mit dem Glas in der Hand die Treppe runter. „Welcher denn?“
„Der hier. Danke.“

Oben klingelt es an der Tür. Ich setze mich in Bewegung.
„Wo willste jetzt hin?“
„An die Tür. Es hat geklingelt!“ Treppe rauf.
„Hast du es klingeln hören?“ „Nö.“
„Komisch.“

Der Postbote steht an der Tür. Päckchen per Nachnahme.
„Papa! Komm mal!...PAPA!...Moment, ich hole ihn.“
Treppe wieder runter. „Da steht der Postbote. Ihr müsst was bezahlen.“
„Häh? Wofür? Hast du was bestellt, Charlotte?“
„Ich? Nö.“
Stöhnen. „Ich geh mal gucken.“
Schritte die Treppe rauf. Diskussionen. Geld klimpert.

„Also ich hab nix bestellt. Der hat sich bestimmt wieder irgendwas am Telefon andrehen lassen. Hier ruft ja ständig wer an und will uns was verkaufen. Und dann hört der nix und sagt immer nur jaja.“
Ich muss grinsen. „Ja, is doch so! Und hinterher bin ich es dann in Schuld!“

„Ich habe keine Ahnung, was das hier soll!“
„Was sagt er?“
„Er meckert.“
„Siehste? Was ist denn drin?“…GÜNTHER!“

„Charlotte, hast du ein Buch bestellt?“
„Was?“
„Ein Buch, Mama.“
„Was denn für ein Buch?“ Keine Antwort, aber Schritte.

„Und für den Scheiß musste ich jetzt 20 Euro latzen! Ich rufe da jetzt sofort mal an.
Wie kommen die dazu, uns das zu schicken? Das ist doch Betrug!“
„Was steht denn drin? Zeig doch mal.“
Sie schaut auf den Buchdeckel und fängt schallend an zu lachen. „Hörverlust im Alter!? Na, das ist doch genau dein Thema!
„Was? Jetzt werd mal nicht so frech! Du bist doch die taube Nuss in der Familie!“
„Das stimmt doch gar nicht! Den ganzen Tag schreie ich mir hier die Kehle aus dem Leib, weil du nix hörst!“
„Ja? Und wer macht alle zwei Sekunden: Häh? Wie? Was?“ Neckend kneift er sie in den Hintern.

„Ach weißt du was? Wir schenken deiner Mutter das Buch zum 80. Vielleicht geht sie dann endlich mal zum Ohrenarzt.“
„Da hast du Recht! Wie oft hab ich der schon gesagt, dass sie dringend ein Hörgerät braucht. Aber das stimmt natürlich nie!“

„Ja“, sagt mein Papa, „so sind sie, die Alten.“

 

Der Titel verrät ja schon im Voraus, wo du mit den Dialogen hinwillst. Allerdings plätschert alles öde vor sich hin, nicht nur gesprächsintern, sondern auch inhaltlich. Belangloser Alltag in noch belangloserer Darstellung. Kann zum einen an der Länge des Textes liegen. Zum anderen daran, dass die gewählte Situation etwas heitere Dialoge erfordert, damit der Leser am Ball bleibt. Deswegen ging - zumindest für mich - die Pointe am Ende unter.

Formal würde ich dir raten, nach jeder direkten Rede eventuell eine neue Zeile zu beginnen. Das würde helfen, die Personen besser auseinander zu halten.

 

Vielen Dank für die Kritik. Ja, du hast Recht, dass das Ganze etwas tröge ist. Für mich war es auch mehr ein Versuch, den Inhalt über direkte Rede zu transportieren. Werde sicherlich noch eine Weile daran herumfeilen. Vielleicht wird es dann noch etwas besser.

 

Hallo aprilhexe,

eigentlich nicht schlecht, Deine Alltagsbeschreibung. Kurz und auch sehr lebendig, man kann sich wiedererkennen. Allerdings fehlt natürlich schon der "letzte Kick" in der Geschichte. Aber ich bin mir ehrlich gesagt auch gar nicht so sicher, ob es den braucht. Okay, wenn Deine Geschichte in Erinnerung bleiben soll, sollte es ihn geben. So ist sie kurzweilige Unterhaltung. ;)

Liebe Grüße
stephy

 

@stephy
Vielen Dank! Kurzweilige Unterhaltung finde ich doch durchaus annehmbar! :-)

 

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