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Taugenichts

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18.04.2007
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Taugenichts

Taugenichts​

„Du sollst vorsichtig sein, mit dem, was du dir wünschst“ pflegte meine Mutter mir immer wieder mitzuteilen, wenn ich fluchend von der Schule nachhause kam, meine Sachen in die Ecke schmiss und mich trotzig auf einen Stuhl in der Küche fallen ließ. Meine Mutter war ihr ganzes Leben lang Hausfrau gewesen. Jeden Mittag, wenn ich von der Schule kam, war sie damit beschäftigt, zu kochen. Sie kochte gerne, das wusste ich. Denn immer, wenn ich sie dabei beobachtete, lächelte sie und summte dabei mir unbekannte Melodien. „Wieso darf ich mir nicht wünschen, dass Till Lindmann vom Blitz getroffen wird? Die Wahrscheinlichkeit, dass es ihn trifft, ist eh viel zu gering.“
„Weil Gott alles hört und über deine Worte sehr traurig sein wird.“ Sie sah mich dabei nicht an, doch ich wusste, dass sie es ernst meinte. Das war schon immer das größte Übel an meiner Mutter gewesen – sie war sehr religiös. Ich rollte nur die Augen, unterließ es jedoch, etwas darauf zu erwidern.
„Und wie war dein Tag, abgesehen von der Begegnung mit Till, sonst noch?“
„Nichts Besonderes bis auf die Tatsache, dass wir in zwei Wochen eine neue Lehrerin bekommen werden. Frau Bernstätt sagte, dass die Neue, Frau Lorenz, sie für einige Wochen ersetzen würde, da sie selber aus familiären Gründen verreisen muss.“ „Tatsächlich?“ Erst in diesem Moment drehte sich meine Mutter zu mir um und auf ihrer Stirn waren Sorgenfalten zu erkennen „Dann lass uns zu Gott beten und hoffen, dass es nichts Ernstes ist.“
„Lass uns eher zu Gott beten, dass Frau Lorenz eine freundliche und gute Lehrerin ist, die ein wenig fortschrittlicher denkt als Frau Bernstätt.“ Diese Aussage heimste mir einen Klaps auf den Hinterkopf ein, was mich jedoch zum Lächeln brachte, da ich genau mit einer derartigen Reaktion gerechnet hatte „Du bist unverbesserlich“ stellte sie fest, doch auch auf ihren Lippen lag ein Lächeln.
„Ich bin wie mein Vater.“
„Dann bist du ein Taugenichts dazu.“ Sie drehte sich wieder von mir weg und bereitete weiter das Essen zu. Ich grinste noch ein wenig vor mich hin, doch mein Lächeln erstarb als ich realisierte, dass meine Mutter nicht wieder zu summen begann.

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Okay, das ist meine erste Kurzgeschichte, die ich hier veröffentliche. Sie ist spontan entstanden und hat sich somit quasi ohne viele Überlegungen selbst geschrieben. Ich hoffe, sie hat dennoch einen gewissen Reiz. Der Titel gefällt mir nicht, aber mir wollte einfach nichts passendes einfallen. Vllt habt ihr eine bessere Idee.

Grüße Jaded

 
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Hallo Jaded,

erst mal herzlich willkommen bei kg.de.

Die Anmerkung zur Kurzgeschichte bitte in Zukunft extra posten.

:confused: Die Geschichte hab ich nicht so ganz gerafft.

Mutter ist streng katholisch, Vater ein Taugenichts , Tochter versucht mit Mutters streng katholischer Art klarzukommen. Mutter ist verstimmt, wenn Tocher behauptet: "Ich bin wie mein Vater".

Warum ist der Vater ein Taugenichts? Hat er die Familie verlassen? Hat er Schulden hinterlassen oder ist er einfach nicht streng religiös?
M.E. wird alles viel zu knapp abgehandelt.
Aber es ist ja deine erste Geschichte. Sehr kurz aber dafür flüssiger Schreibstil, gute Dialoge. Aber das Wesentliche fehlt noch.

Gruß
Leia4e

 

Hallo Leia4e,

erstmal vielen Dank für den Hinweis mit dem eigenen Kommentar. Ich werds mir merken :)

Deine Kritik find ich auch sehr hilfreich. Die Fragen, die du dir am Ende stellst finde ich recht interessant.
Gerade die Tatsache, dass man nicht weiß, was die Mutter verstimmt, bringt den Leser ja erst zum Nachdenken.
Meine geschilderte Situation wirkt ja, wie ich hoffe, anfangs noch recht 'heil'. Die Mutter die zufrieden ist mit ihrer Ausübung als Hausfrau und Mutter, das Kind, das, wenn auch nicht auffällig, Schutz bei der Mutter sucht.
Mit dem Ende sollte dem Leser jedoch, aufgrund der Erzählweise, mit dem Kind klar werden, dass der Schein trügen kann, dass die Welt nicht mehr so heil ist, wie man glaubte. Dadurch ist das offene Ende entstanden, bei dem man sich, so wie du es getan hast, fragt, was diese Idylle zerrissen hat. Der Aspekt, dass ich versucht habe einen Erzähler zu schaffen, der aus zeitlicher Distanz erzählt (erster Satz), war dafür da, um einen Hinweis darauf zu geben, dass es etwas war, das in der Vergangenheit passiert ist, die Welt des Erzählers aber soweit hat entgleisen lassen, so dass dies quasi der Beginn einer ganzen Lebensgeschichte sein könnte.
Also war diese Kurzgeschichte eine Versuch einen Einblick in eine Alltagssituation zu geben, die obwohl sie so unscheinbar und nichts aussagend zu sein scheint, lebensverändernd ist.

So, ich glaube, ich hab nun genug versucht meine Geschichte zu erklären ^^. Die Erklärung selber ist ja bald länger als die Geschichte. Leider ist mein Plan wohl nicht so aufgegagen wie ich wollte, d.h. für mich, das nächste Mal besser überlegen, wie ich meine Intention der Geschichte verdeutliche.

Lieben Dank, Jaded

 

Hallo Jaded,

und herzlich willkommen hier.
Die Geschichte ist eine Alltagsszene und ich persönlich vermisse ein bisschen das, was diese Alltagsszene für die Allgemeinheit interessant macht.
Treffend ist sicher der plänkelnde Dialog. Der ist so locker, dass man weder die Ermahnungen noch die Antworten böse aufnimmt. Auch in den Ermahnungen, so spießig sie uns anmuten mögen, steckt Liebe.
Dabei frage ich mich ein bisschen, warum davon erzählt wird.
Zum Ende hin schaffst du dann eine Pointe, die deswegen nicht richtig funktioniert, weil sie nicht vorbereitet ist. Ein neuer Charakter wird eingeführt (der natürlich logisch ist, ohne Vater ja kein Kind) und verändert die Stimmung trotz persönlicher Abwesenheit. Das mag er schon so getan haben, als er noch da war.
Bei solchen Pointen fühlen sich Leser oft verschaukelt, denn die Überraschung liegt nicht in der Geschichte begründet, sondern schlicht in der Willkür des Autoren.
Natürlich kann man solche Knalleffekte bringen. In der Literatur werden sie aber meistens eher an den Anfang gesetzt, weil sie eben genau diese Erklärungen brauchen, von denen du dachtest, das sollte das sein, worüber der Leser zum Schluss nachdenkt.
Dabei wird ein bisschen Raten und Spekulieren über Möglichkeiten mit Nachdenken verwechselt. Denn nachdenklich kann man nur über etwas werden, was einem begegnet und in die eigene Lebenssituation zu übertragen ist.
Hier wäre alles drin. Der Vater kann gestorben sein, er kann sich aus dem Staub gemacht haben, er kann im Gefängnis sitzen. Selbst zum Taugenichts passt das alles.
Für die Gefühle der Mutter bleiben also nur Spekulationen. Sie kann sich darüber grämen, dass ihr Kind (ich hatte es übrigens als Sohn gelesen) den Taugenichts immer noch liebt, sie kann sich darüber ärgern, dass er überhaupt zur Sprache gebracht wurde oder sie kann den Schmerz des sich verlassen Fühlens noch einmal durchleben.
Ein zweiter Punkt, warum die Pointe bei mir nicht funktioniert, ist der nicht deutliche Gefühlsumschwung. Die beiden Protagonisten frotzeln liebevoll über ihren Tagesablauf. Ein Begriff wie Taugenichts passt derart gut in diese Stimmung, dass er überhaupt nicht auffällt. Das Lächeln bleibt sozusagen auf dem Gesicht.
Ein drittes Problem ist, dass man die Arbeitsgänge der Mutter nicht weiß. Essen zubereiten ist vielseitig. Sie kann Kartoffeln schälen, oder gerade Fleisch braten, Tomaten entkernen usw. Das muss natürlich nicht Schritt für Schritt in der Geschichte stehen. Aber es kann mit dem Arbeitsschritt zu tun haben, wenn sie nicht wieder beginnt zu summen. Zwar legt die Geschichte etwas anderes nahe, aber ausgeschlossen wird es nicht.
Es sind noch ein paar Fehler drin, "jedoch zum lächeln" zum Beispiel (das Lächeln wird da groß geschrieben) oder "dass es nichts Ernstes ist". Bei "dass meine Mutter nicht wieder zu Summen begann" aber wird summen klein geschrieben.

Lieben Gruß, sim

 

Auch dir Sim vielen Dank für dein Feedback.
Mir macht es klar, dass ich lernen muss mich besser in die Rolle des Lesers hineinzuversetzen. Denn was für mich als Schreiber scheinbar auf der Hand liegt (höchstwahrscheinlich, weil sich die Rahmenbedingungen alle in meinem Kopf dazu entwickelt haben, ohne dass ich sie in die geschichte eingearbeitet hab), ist für einen Leser der die weiterführenden Gedanken nicht sieht, unmöglich so wahr zu nehmen, wie ich sie beim Lesen und Schreiben dann wahrnehme.
Beim nächsten Mal werde ich mich bedachter ans Schreiben geben ^^*

LG Jaded

 

Im Großen und Ganzen wurde schon alles gesagt. Doch ich finde im Unterschied zu meinen Vorrednern die Pointe, wenn man sie denn so nennen will, absolut in Ordnung.

Mir geht eher die Begründung ab, warum denn das Kind (das ich auch eher als Sohn gelesen habe) trotzig ist. Der Rest ist eben Alltag und nochmals, ich für meinen Teil finde die beklemmende Stille am Schluss gut.

Ansonsten hätte ich da (neben den von sim angezeigten Fehlern) noch ein paar fehlende Kommas.

Jeden Mittag, wenn ich von der Schule kam, war sie damit beschäftigt zu kochen.
nach beschäftigt
Denn immer wenn ich sie dabei beobachtete lächelte sie und summte dabei mir unbekannte Melodien.
nach immer und nach beobachtete
Ich rollte nur die Augen unterließ es jedoch etwas darauf zu erwidern.
nach Augen und nach jedoch
„Tatsächlich?“ erst in diesem
...
Kein Kommafehler, aber das "Erst" gehört hier groß


LG
Lev

 

Hab Dank, Lev.
Asche über mein Haupt für solche Fehler, doch befürchte ich, dass ich derartige immer wieder machen werde ^^*. Dennoch versuche ich draus zu lernen, weshalb ich nun mal die hier genannten Fehler verbessert habe.
Es freut mich, dass immerhin für deinen Geschmack das Ende nicht zu unpassend war :).

LG Jaded

 

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