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Tiefste Melancholie der Suchenden
Nebelschleier und Schneeschauer, eingebettet zwischen Gebirgen mitten dort im überhaupt Nichts.
Sie legten diesen Pfad - Gott wusste, wer den angelegt hatte - müde und schlaftrunken zurück.
Ein Weg im Diesseits der Dinge, wo es keine Menschen geben durfte.
Ein Adler zog weite Kreise unter dunklem, schläfrigen Himmel; Geröll bröckelte müde Fratzen zeigend in die Ewigkeit der uneinsehbaren Schlucht. Die Luft war dünn zu atmen.
Das Tier demonstrierte seine Kunststücke, vollführte vor dem Massiv gerade und auch kreisende Bahnen, erschuf zufällige Wege in der Luft.
Sie keuchten schwer, stolperten jedoch weiter.
Inmitten aller Verlassenheit, hielt er die Karte gen Himmel.
Grau in Gräue. Alles ohne Sinn.
Sie nickte.
Hier, wo alles Nichts war und sämtliches ohnehin verloren, gab es tatsächlich diesen Eingang im Fels. Immer schon dagewesen.
Gemeinsam sahen sie sich ihn an, öffneten die Luke.
Eine Leiter, in die Tiefe der Welt führend.
"Wir haben die Fabrik gefunden", sagte er.
Sprosse um Sprosse stiegen sie hinab. Bald schon sollte alles Bitterkeit sein.
Sie erreichten die merkwürdige, vom Wasser geflutete Halle, in den Innereien des Berges verankert. Einige Stege verliefen zur Mitte und mündeten in eine stählerne Plattform.
Düster war es hier. Nur eine schwache Lichtquelle irgendwo von oben; das Wasser jenseits der Metallbrücken muffig und schwarz.
Als sich die Luke hinter ihnen schloss, wussten sie, dass es kein Zurück mehr gab.
"Was ist das", fragte sie.
Zwei Geräusche.
Eines war der ewige Laut einer weit entfernten Maschine. Wie ein Hammer, der im Sekundentakt auf Metall schlug.
Das andere war die Obszönität eines lauten Furzes, der in ein gejammertes, klagendes Röcheln überging.
Immer und immer wieder.
Sie nahmen sich in die Arme, voller Angst.
"Wo kommt das her?"
Er konnte es erst nicht beantworten, vernahm dann jedoch den prallen Schleimbeutel, der weit über ihnen in einer Ecke der Halle pulsierte.
Ein Fragment war es bloß.
"Es existieren hier seltsame Wesen."
Einige Sekunden lang standen sie auf der mittleren Plattform, sammelten sich, während die gewohnte Welt um sie herum in eine groteske Erinnerung zerfiel.
Sie musste weinen.
"Wir machen das", flüsterte er. - "Ich schaue mich um."
Die Tür glitt lautlos auf, und ein langer Korridor erstreckte sich vor ihm.
Sofort sah er die Glaswand an seinem Ende, und den gigantischen Sessel, dessen wuchtige Rückseite sich gleich hinter dem Glas erstreckte.
Ob da jemand saß?
Sehr, sehr langsam näherte er sich der durchsichtigen Wand, doch blieb ihm nicht mehr als die Sicht von hinten.
Vor dem Sessel standen einige blinkende Apparaturen.
Zaghaft klopfte er gegen das Glas. Dann kehrte er um.
Er konnte unmöglich sehen, wie das merkwürdige Wesen in dem Sessel seine Augen aufgerissen hatte.
Erst viele Minuten später, als er längst zurück in die Halle gekehrt war, schloss es diese wieder und träumte weiter.
"Wir müssen den Fluss finden. Den Fluss im Berg, der durch die Schluchten führt", sagte er zu ihr. Doch sie konnte jetzt schon nicht mehr.
Ziellos irrten sie durch die Gänge, entdeckten Andeutungen von Dingen, die sie nicht wissen wollten.
Irgendwann schwammen beide dann durch enge Pässe im Felsmassiv, vernahmen Bewegungen unter den Füßen.
Ganz kurz noch grauer Himmel am oberen Ende; Enge, dass sie sich die Schultern anstießen.
"Dies ist das Triebwerk der Welt und wir werden ihren Schöpfer finden", beruhigte er sie.
Dann verschwanden sie in einem dunklen Durchlass.
Vielleicht gibt es einen Antrieb, der uns in dieser Welt zu funktionierenden Maschinen seiner Zahnräder macht.
Was wohl geschieht, findet jemand jemals diese Fabrik.