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Timoteos Reise
Sie ist eigentlich viel zu groß für ihn.
Beinahe verschwindet Timoteo hinter der Gitarre, wenn er sie auf seine Knie legt. Er kann gerade mit seiner Nasenspitze über ihr hervorspähen. Und seine Arme sind zu kurz, viel zu kurz.
„Gitarre, das kannst du lernen, wenn du größer bist“, hatte sein Vater stets gesagt, wenn sie am Laden von Meister Abelardo vorbeikamen und Timoteo sehnsüchtig auf die honigfarbenen Klangkörper zeigte. „Wenn du selber arbeitest und Geld verdienst, dann kannst du dir solchen Firlefanz selber kaufen.“
Meister Abelardo lächelte immer, wenn Timoteo den Laden betrat, auf dem Rückweg vom Einkauf oder von der Schule; er kam außer Atem, weil er gerannt war, um einige wenige Minuten im Reich der Gitarren zu gewinnen.
„Da bist du, mein Junge, schön, dich zu sehen“, sagte Meister Abelardo, ohne sich jemals von seinem schwarzen Schemel zu erheben. „Soll ich dir ein paar Akkorde zeigen?“
Wenn Timoteo, wieder außer Atem, nach Hause kam, schmerzten seine Finger, aber seine Augen leuchteten. Die Gitarren von Meister Abelardo waren sein Geheimnis.
Aber diese hier, auf der er jetzt sanft erste Töne anschlägt, das ist seine eigene.
Es war eine Überraschung, als sein Vater nach Hause kam an jenem Abend, mit der Gitarre über der Schulter.
„Du … wirst ja bald zehn“, sagte er zu Timoteo und ließ das Instrument vor ihm auf den Boden gleiten. Timoteo riss die Augen auf, ließ die Fingerkuppen über das glatte Holz gleiten, schluckte und sah seinen Vater an.
„Aber ich habe doch erst in fünf Monaten Geburtstag, Papá.“
Schweigen trat ein. Sein Vater schaute zu Boden.
„Papá?“
„Weißt du, Junge“, antwortete sein Vater mit rauer Stimme, „spiel mir einen huayno, aber einen schönen. Das hast du doch gelernt, oder?“
Es gibt ein sanftes Klimpern, wann immer jemand einen Sol in Timoteos Cordmütze fallen lässt. Die Leute bleiben nicht stehen, aber sie lächeln.
Es sind die Nonnen, die anhalten; graue Kutten, blaues Kopftuch. Eine von ihnen nickt sanft im Takt von Timoteos Lied: El Cóndor Pasa.
Die Nonne, die genickt hat, applaudiert leicht, als er fertig ist.
„Du spielst aber schön“, sagt sie.
Timoteo schaut sie schräg von unten her an. „Danke, Schwester.“
Die beiden Nonnen wechseln einen Blick.
„Solltest du nicht in der Schule sein?“, fragt die zweite.
Timoteo schüttelt den Kopf. „Nein, Schwester.“
Ihr Blick ist durchdringend, streng, aber nicht unfreundlich.
„Nun, wie du meinst. Wir müssen zur Kirche von San Blas. Kannst du uns sagen, wo das ist?“
Timoteo wird rot im Gesicht, weicht ihrem Blick aus und starrt auf die Cordmütze.
„Nein, Schwester.“ Er hebt den Kopf, sieht die Nonne wieder an und fügt hinzu: „Ich bin nicht von hier.“
„Das dachte ich mir, dass du nicht aus Cuzco bist“, sagt die Nonne. „Woher kommst du denn, mein Kleiner?“
Timoteo hat Bilder im Kopf, von nacktem Fels, von Metallrohren und Schornsteinen, die in den grauen Himmel hineinragen. „Aus La Oroya“, sagt er.
Manchmal fuhren sie nach Huancayo, wenn dort Markt war, die Fahrt ging einige Stunden am Fluss entlang, bergab. Emilia und er hingen an den Händen seiner Mutter – damals ging es Emilia noch gut -, sein Vater bahnte ihnen einen Weg durch die Menschen. Manchmal nahm er Timoteo hoch und setzte ihn auf seine Schultern. Manchmal gab es Eis für die Kinder, oder chichasara, eine süße Maisknabberei. Huancayo war ganz anders als La Oroya, er sah hier keine Fabriken, nur das endlos wogende Farbenmeer des Sonntagsmarktes schien es zu geben. Timoteo spazierte in schmalen Gassen, vorbei an Lederwaren und Plastikdosen, Obst und Gemüse, gewebten Tüchern und Elektrogeräten. Manchmal gingen sie auch zur Plaza, Timoteo mochte die hellsteinige Kirche in deren Mitte.
„Huancayo ist viel, viel schöner als La Oroya“, sagte er einmal, als sie im Bus nach Hause saßen, und Emilia nickte eifrig.
Seine Mutter lachte. „Ach was, Timo, das kommt dir nur so vor, weil du den Markt magst.“
„Nein, nein“, beharrte er. „Es ist etwas anderes. Die Luft. Hier in Huancayo riecht es viel besser.“
„Red keinen Unsinn, Junge!“, fuhr sein Vater ihn an. „In Huancayo gibt’s keine Arbeit für niemanden!“
Sie fuhren heim, Timoteo kauerte sich auf dem Schoß seiner Mutter zusammen, und sein Vater hatte ganz schmale Lippen.
Die Nonnen haben ihn zum Mittagessen eingeladen. Nudeln mit roter Sauce und Hähnchen. Timoteo fährt ein, was er kann. Die Nonnen trinken nur Tee, stellen ihm Fragen, wechseln ab und zu einen Blick.
Wozu sie wissen wollen, seit wann er hier ist, warum er hier spielt, ob seine Eltern noch in La Oroya sind? Er hat überlegt zu lügen, aber das ist verboten, und es sind immerhin Nonnen. Die würden das sicher schnell merken. Gott sieht alles, sagt seine Mutter immer, und bestimmt sagt er auch seinen Nonnen gleich, wenn jemand lügt.
„Nein, sie wissen nicht, dass ich hier bin“, sagt Timoteo schließlich und schiebt den leeren Teller mit einem Seufzer beiseite, bevor er nach dem Glas mit frischem Apfelsaft greift. Er schaut die Nonnen eindringlich an und fügt hinzu: „Bitte sagen Sie’s auch nicht. Ich fahr ja bald wieder zurück.“
„Brauchst du Geld für die Fahrkarte?“, fragt Schwester Rosa. „Spielst du darum Gitarre?“
Ach, wenn sie wüsste!
Er leert das Glas und wischt sich den Mund ab. Nonnen. Ihm fällt etwas ein.
„Reden Sie mit Gott?“, fragt er schüchtern.
Beide Nonnen lächeln.
„Immerzu“, antwortet Schwester Micaela.
Timoteo zögert, holt Luft. „Na ja, ich hab mich nur gefragt … Hat er mal was von meiner Schwester gesagt?“
Es ging ganz schnell, das mit Emilia. Sie waren immer zu Doktor Valdivia gegangen, er nahm ihnen Blut ab und schenkte ihnen Pfefferminzbonbons, damit sie nicht weinten. Die Nachbarskinder gingen auch immer zur Blutabnahme, das gehörte zum Leben dazu wie die Schule und die eklige Leber, die es manchmal zu Hause zu essen gab. Aber einmal kam der Doktor zu ihnen nach Hause. Er hatte Papiere in der Hand und war ganz grau im Gesicht.
„Die Werte, Señor Quispe ...“, sagte er und fuhr sich über die Augen. Emilia war im Hof und wusch ab, aber Timoteo stand hinter dem Türrahmen, vielleicht gab es ja einen Pfefferminzbonbon. Stattdessen hörte er das Papier knistern, und den Doktor ganz leise reden, und seine Mutter begann zu weinen.
Am Abend hörten sie die Eltern streiten. Es gab nur zwei Zimmer, die Wand war dünn wie Papier.
„Und wohin? Wohin sollen wir gehen?“, schrie der Vater. „Wo gibt es noch Arbeit in diesem verdammten Land?“
Emilia musste nicht mehr zur Schule.
„Na toll“, sagte sie und zog die Nase kraus. „Jetzt kann ich bestimmt den ganzen Tag im Haushalt helfen.“
Aber so war es nicht. Es war nichts wie bisher.
Irgendwann, erinnerte sich Timoteo, hörte Emilia zu lachen auf, und dann ging es ganz schnell.
Das Bett ist groß, er kommt sich etwas verloren vor. In La Oroya hat er seine Pritsche mit Emilia geteilt. Lange Zeit zumindest.
Seine Gitarre lehnt an der Wand, er kann ihre Umrisse im fahlen Mondlicht sehen.
Im Nebenzimmer reden die Nonnen. Fast nur ein Wispern, aber Timoteo hat gute Ohren.
„Ich weiß nicht, ob das richtig ist“, sagt Schwester Micaela nun schon zum dritten Mal.
„Was willst du denn sonst tun?“, antwortet Schwester Rosa. „Wer soll sich denn um ihn kümmern?“
„Seine Eltern waren bestimmt schon bei der Polizei. Man sucht ihn vielleicht.“
„Willst du das Kind auf einem Kommissariat abgeben? Das ist doch Unsinn.“
„Wir sollten den Eltern Bescheid sagen. Wenigstens.“
„Aber wir wissen doch nichts. Keine Adresse. Keine Nummer.“
„Man muss mit ihm reden.“
Einen Moment lang herrscht Schweigen.
„Weißt du“, Schwester Rosas Stimme ist leise und nachdenklich, „ich glaube, wir haben nicht viel Zeit.“
Timoteo rollt sich zusammen. In seinen Ohren klingt El Cóndor Pasa. Dann ist er eingeschlafen.
Von Machu Picchu hatten sie geträumt, seit er denken konnte. Die verlorene Stadt. Die grüne Festung. Im Krämerladen an der Ecke hing seit Jahren ein Kalender, darauf war sie zu sehen. Die Kinder starrten darauf, wenn sie Zucker und Reis kaufen gingen.
Jedes Mal knuffte Emilia ihn in die Rippen.
„Wenn wir groß sind, fahren wir dahin“, sagte sie. „Mit Mamá und Papá. Es muss so schön sein.“
Manchmal gab ihr Vater ihnen Taschengeld – einen Sol oder fünfzig Centavos – für Süßigkeiten. Emilia bewahrte ihr Geld in einer Metallbüchse auf, die sie im Hof vergrub. Nur Timoteo kannte ihr Geheimnis.
„Das ist meine Spardose“, flüsterte sie verschwörerisch, wenn sie im Hof saßen. „Und wenn wir erst groß sind, ist da drin so viel Geld, damit können wir alle zusammen nach Machu Picchu fahren.“
Manchmal tat Timoteo sein Geld dazu, verzichtete auf die Kekse oder die Bonbons, die er sich sonst davon gekauft hätte. Dann freute sich Emilia.
„Bald können wir fahren“, sagte sie verträumt.
„Ich kann nicht anrufen“, sagt Timoteo. „Sie werden wollen, dass ich gleich wieder komme. Sie werden’s nicht verstehen. Oder vielleicht kommen sie her und das kostet viel Geld. Ich möchte das nicht.“ Er starrt in seine Schüssel: Die Nonnen haben ihm Haferbrei zum Frühstück gegeben. Mit frischer Milch. Daheim gibt es die aus Dosen, die dickflüssige, die mit Wasser aufgegossen wird. Oder Pulver.
„Schau mal“, sagt Schwester Rosa geduldig. „Wir werden auch mit deinen Eltern reden. Sie haben dich sehr lieb und verstehen bestimmt …“ Sie bricht ab.
„Wir werden mit ihnen reden“, bekräftigt Schwester Micaela.
„Aber jetzt machen sie sich bestimmt Sorgen.“
„Nein. Ich habe doch einen Zettel da gelassen, dass es mir gut geht.“
„Timoteo.“ Schwester Rosa streckt den Arm aus und streicht sanft über seinen Handrücken. „Bitte.“
Er weicht ihrem Blick aus, unsicher.
„Versprechen Sie mir, dass wir fahren.“
Er hatte oft darüber nachgedacht, ob er die Metalldose nehmen und eine Gitarre von dem Geld kaufen sollte. Emilia wäre bestimmt nicht böse gewesen. Aber er hatte sich nicht getraut, und dann kam sein Vater mit dem Instrument nach Hause. Seine Mutter weinte an diesem Abend, aber sie weinte viel in letzter Zeit, er dachte sich nichts dabei. Er dachte sich auch bei der Gitarre nichts. Erst zwei Tage später, als seine Mutter ihn beiseite nahm, um mit ihm zu reden.
„Weißt du, Timo …“ Sie senkte den Blick, er sah ihre Lippen zittern, spürte, wie sie nach Worten suchte. „Was hältst du davon, wenn wir dich zu Meister Abelardo schicken, damit du noch ein bisschen besser spielen lernst?“
„Das wäre schön, Mamá.“ Er schlang die Arme um ihren Hals, er wusste ja, es war nicht viel Geld da, aber dieses Geschenk war zu schön, das wollte er nicht ablehnen.
Plötzlich fühlte er es feucht an seiner Wange und fuhr zurück.
„Jeden Tag, Timo, würde dir das nicht gefallen?“, und sie versuchte zu lächeln.
„Ja, Mamá. Jeden Tag nach der Schule.“
„Timo …“
Sein Vater glitt in den Raum wie ein Schatten. Die Hand auf seiner Schulter war plötzlich da, das Lächeln in der Stimme klang nicht echt.
„Wir dachten, du könntest für eine Weile zuhause bleiben. Es sind ja auch bald Ferien. Und es hat sich so viel verändert …“
„Ich muss nicht mehr zur Schule?“, fragte Timoteo.
Sein Vater schüttelte den Kopf.
„Nein. Freust du dich?“
Da begriff er.
Seine Eltern haben kein Telefon. Aber im Krämerladen, da kennt man sie und kann sie holen, wenn es nötig ist. Timoteos Hände sind feucht, während er in den stummen Hörer lauscht. Dann die Stimme seines Vaters, rau.
„Aló.“
„Papá.“
Stille.
„Timo! Wo steckst du? Was hast du getan, Junge?“
„Papá, es geht mir gut. Ich komm auch bald nach Hause.“
„Wo zum Teufel bist du? Ich will das sofort wissen!“
„Papá, bitte.“ Timoteos Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. „Ich bin in Cuzco. Aber komm nicht her, bitte.“
Diesmal ist die Pause noch länger.
„In Cuzco … Aber was … Und wie zum Teufel …“
„Mit dem Spielen, da konnt ich mir Geld verdienen“, sagt Timoteo leise. „Für die Fahrkarte. Und ich hab mir Emilias Spardose genommen.“
„Was für eine Spardose?“
„Das war ein Geheimnis, Papá. Sie wollte so gerne nach Machu Picchu.“
Schweigen.
„Ich dachte“, sagt Timoteo, „jetzt, wo sie nicht mehr … Papá … Ich dachte, es wäre gut, wenn ich fahre. Denn ich bin ja bald bei ihr. Ich will ihr erzählen, wie es ist. Sie freut sich bestimmt, Papá.“
„Timo“, sagt sein Vater am anderen Ende, und zum ersten Mal ist seine Stimme brüchig, unsicher. „Das ist Unsinn. Ich meine … Du glaubst doch nicht, dass du … dass dir das Gleiche passieren wird, nur weil …“
„Ich hab keine Angst, Papá“, flüstert Timo, „ihr könnt mir die Wahrheit sagen. Es ist wie bei Emilia, nicht wahr? Weißt du? Emilia ist wirklich im Himmel. Die Nonnen haben es mir gesagt. Es geht ihr gut. Soll ich dir Schwester Rosa geben?“
„Was für Nonnen, Timo? Was soll das alles?“
„Küss Mamá von mir. Ich hab euch lieb“, und Timoteo drückt den Hörer Schwester Rosa in die Hand.
Eines Tages hatte ihm Meister Abelardo El Cóndor Pasa beigebracht, und da kam ihm die Idee, er wusste auch nicht genau, wieso gerade da.
Am Abend grub er Emilias Spardose aus und zählte nach, es waren zweiundzwanzig Soles darin, genug bis Huancayo, vielleicht sogar bis Cuzco. Sicher war er nicht. Und er hatte ja die Gitarre.
Den Zettel schrieb er im flackernden Licht eines Dochtes, den sie in einen Klumpen Wachs gesteckt hatten. Sie sollten sich keine Sorgen machen, das war das Wichtigste.
Er ging noch in der gleichen Nacht los, ein paar Stunden vor Morgendämmerung. Die eisige Kälte der Sierra schnitt ihm ins Gesicht, füllte seine Lungen bei jedem Atemzug, aber er war es gewohnt.
Er nahm das erste Combi, das an diesem Tag fuhr. Auf den schmalen Sitzen des klapprigen Kleinbusses stellte niemand Fragen, und keiner kannte ihn. Als er den Motor unter sich vibrieren fühlte und das Gefährt sich in Bewegung setzte, fühlte er sich das erste Mal seit langem glücklich.
Die Sätze in seinem Kopf sind wie streunende Hunde. Sie schleichen vorbei, hin und her, er nimmt sie kaum wahr, sie sind nur ein Widerhall.
„Wenn wir groß sind, fahren wir dahin.“
Im Morgengrauen plagt sich der Bus die Serpentinen hinauf. Timoteos Kopf lehnt an Schwester Rosas Schulter. Ohne hinzusehen spürt er ihr Lächeln.
„Wir dachten, du könntest eine Weile zuhause bleiben.“
Die Schlange am Eingang, so bunt wie der Markt von Huancayo. Fremde Menschen mit heller Haut. Gringos. Ein Sprachgewirr, das er nicht versteht. Die Luft ist ganz rein.
„Die Werte, Señor Quispe.”
Sie stehen in der Schlange, seine Hand liegt in Schwester Rosas, er ist ganz ruhig, unglaublich ruhig, wird denn das Unglaubliche wirklich gleich geschehen?
„Solltest du nicht in der Schule sein?“
Er sieht zu, wie ihre Eintrittskarten durch einen Schlitz in einer seltsamen Maschine gezogen werden, es rattert, sie sind vorbei, ist es das? Ein mit runden Steinen gepflasterter Weg führt voran, Schwester Micaela winkt sie auf einen schmalen, ansteigenden Pfad. „Ein Weltwunder zu sehen“, sagt sie ungewohnt schelmisch, „das muss man sich verdienen.“
„Wo zum Teufel bist du, Timo?“
Der Weg ist steil, führt mitten hinein in ein grünes Labyrinth. Die Luft ist feucht und frisch. Er spürt seinen Herzschlag, und ihm ist warm. Das Morgenlicht ist noch ganz grau, und sie sind die ersten auf dem Weg.
„Señor Quispe, ich bin Schwester Rosa. Wir werden uns um Timo kümmern. Wir bringen ihn bald nach Hause.“
Hört es denn nie auf? Die Schwestern haben ihre Röcke gerafft, scheinen den Anstieg kaum zu spüren.
Dann, plötzlich, endet der Weg.
Da liegt es.
Unwirklich.
So echt.
Er atmet tief und starrt es an.
Weltwunder …
Die Sonne tritt über die Gipfel. Blau füllt das Licht das Tal. Timo setzt sich auf einen Stein, er hat alles vergessen, die Nonnen, die Fremden, die Lamas, die zwischen den Ruinen spazieren.
„Schau mal, Emilia“, flüstert er ins Morgenlicht, „ich bin in Machu Picchu.“