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Tod

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23.04.2007
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Tod

Tod

Es klingelte an der Tür, wieder und wieder. Aufdringlich.
Langsam öffnete Keno die Augen. Schloss sie wieder. Dann rappelte er sich auf. Im Morgenmantel schlurfte er zur Tür, dunkle Ringe unter den Augen. Er schniefte. Toll, dachte er, auch noch eine Erkältung eingefangen. Der gestrige Abend war lang gewesen, er erinnerte sich an ein paar Arbeitskollegen, Billard und...und? Irgendetwas wichtiges fehlte ihm. Das angestrengte Nachdenken weckte bohrende Kopfschmerzen, also ließ Keno es sein. Außerdem war da ja immer noch jemand an der Tür, jemand der mit der Ausdauer und der Berechenbarkeit einer ungeliebten Jahreszeit immer wieder klingelte. Nachdem er ein paar Mal tief Luft geholt und sich die Augen gerieben hatte, öffnete Keno die Tür.
Draußen stand ein kleiner Mann mit Nickelbrille, grauem Anzug und Halbglatze, eine graue Melone hielt er in der einen, eine Aktenmappe in der anderen Hand. Nachdem sie sich eine Weile angesehen hatten, ergriff Keno die Initiative und versuchte zu sprechen.
„Mmf...äh...sie, ich...“ Er schwieg, erstaunt darüber, dass er die Kontrolle über seine Stimmbänder fast vollständig verloren hatte. Der Mann nickte ermutigend, also begann Keno erneut. Seine Stimme hörte sich seltsam an und schien von weit her zu kommen, aber die Worte schienen diesmal zu stimmen.
„Äh, falls sie hier sind um, um...äh... ah ja! Also, falls sie hier sind, um mir etwas zu verkaufen, hätten sie keinen ungünstigeren Zeitpunkt wählen können.“ Von dieser außerordentlichen Leistung erschöpft, bedankte sich Keno und schloss die Tür. Hätte sie geschlossen, wenn der Mann nicht geistesgegenwärtig seinen Fuß hineingerammt hätte. Keno öffnete sie wieder. Diesmal sprach der Mann.
„Guten Morgen Herr McArthur. Auch wenn sie anderer Meinung sind, muss ich ihnen sagen, dass der Moment ideal ist. Oder sagen wir besser, sie werden keinen besseren mehr erleben.“
Eine schreckliche Vorstellung. Kein besserer Moment als dieser? Grauenvoll! Er rang sich zu einer Antwort durch.
„Wer sind sie. Was wollen sie?“ Antworte schon, dachte Keno ungeduldig, ich will zurück ins Bett!“ Der Mann lächelte aufdringlich und nickte.
„Ich bin ein Vertreter der Thanatos Inc. und ich bin hier, um ihnen ein unglaubliches Angebot zu unterbreiten. Unsere Firma ist eine Neugründung, die von der Privatisierung profitiert und sie haben die Chance, einer unserer ersten Kunde zu werden.“ Thanatos? Irgendwo schon mal gehört. Nur wo?
„Falls sie nicht Bescheid wissen, Thanatos ist der Tod in der griechischen Mythologie, der Bruder des Schlafes, Hypnos.“ Ja, Schlaf wäre jetzt toll.
„Wie der Name ja zweifellos impliziert, sieht es unsere Firma als Pflicht, sie gegen ein geringes Entgeld, schnell und reibungslos ins Jenseits zu befördern, ohne die ganze Bürokratie, die staatliche Organisationen mit sich bringen. Unterschreiben sie gleich hier und halten sie sich überflüssige Sorgen und Wartezeiten vom Hals.“ Der Mann hatte einen Vertrag aus der Tasche geholt, der weiß auf schwarzem Papier bedruckt war, und der Versuch, die Buchstaben zu fixieren, jagte Keno weitere Schauer von Schmerzen über die Großhirnrinde.
„Äh...Bedenkzeit?“ Keno zog alle Register seines Könnens, um nicht augenblicklich umzufallen und einzuschlafen. Der Mann verzog das Gesicht.
„Natürlich können sie Bedenkzeit haben. Zeit ist etwas, worum sie sich keine Gedanken mehr machen müssen.“ Der Mann hüstelte. „ Aber wozu warten, wenn sie gleich unterschreiben können?“ Keno schlug die Augen wieder auf, man schien eine Antwort von ihm zu verlangen.
Der Mann schwankte unangenehm vor ihm auf und ab.
„Ich warte gern, wirklich. Das ist kein Problem.“ Der Mann schien zu überlegen.
„Ist in Ordnung Herr McArthur ich werde später wiederkommen. Aber vergessen sie nicht, wir sind nicht nur die günstigsten, sondern auch die zuverlässigsten.“ Keno nickte ergeben. Endlich schloss er die Tür.
Es klingelte. Keno riss die Tür auf, um sich einer schönen, blonden Frau in Ritterrüstung gegenüberzusehen. Weiter hinten, augenscheinlich an seinem Briefkasten, war ein Pferd angebunden, ungeduldig wieherte es. Keno blickte sich hilflos und verwirrt um.
Nirgendwo war eine Spur des kleinen Mannes im Anzug, obwohl er die Tür sofort nachdem sie geschlossen war, wieder geöffnet hatte.
„Wie hat er das nur geschafft?“ murmelte er. Die Frau, bisher unbeachtet, runzelte die Stirn.
„Wer hat was geschafft?“
„Na ja, der kleine Mann im Anzug halt...Sie müssen ihn doch gesehen haben. Keno rieb sich erneut die Augen.
„Verdammt! Er war schon wieder schneller!“ Eine Zornesfalte war auf der Stirn der Frau erschienen, ruckartig drehte sie sich zu ihrem Pferd um.
„Du bist einfach zu lahm, verdammte Schindmähre! Einfach zu lahm!“ Das Pferd warf den Kopf herum und ließ lange blaue Flammen aus den Nüstern schießen. Die Frau wandte sich wieder Keno zu.
„Entschuldigen sie bitte.“ meinte sie höflich, jedoch mit unterdrückter Wut. „Ich bin gekommen, um ihnen ein Angebot zu machen, das sie nicht ablehnen können, als Vertreterin der Walhalla GMBH&Co versichere ich ihnen, dass sie voll auf ihre Kosten kommen werden.“ So langsam wurde Keno wacher. Walhalla hatte er definitiv schon gehört. Das Reich der Toten in der nordischen Mythologie...Warum kam an einem solchen Morgen niemand der ihn tröstete, sondern all diese seltsamen Gestalten, die ihm seinen eigenen Tod verkaufen wollten? Er beschloss, zu fragen.
„Warum kommen eigentlich andauernd Leute, die mir den Tod verkaufen wollen? Vielleicht fühle ich mich ja noch zu jung zum sterben. Schon mal daran gedacht?“ Die Frau stutzte.
„Da haben sie etwas falsch verstanden, Herr McArthur, tot sind sie schon, es geht nur darum- Keno ließ sie nicht ausreden.
„TOT? ICH? WIESO IN ALLEN SIEBEN WELTMEEREN BIN ICH DENN TOT?“ Die Frau wich mit angeekeltem Blick einen Schritt zurück und hielt sich die Nase zu. Keno schloss den Mund und sie kam wieder näher. Sie deutete ins Innere des Hauses.
„Riechen sie doch mal! Das ist Gas, ihr Haus ist voll davon gewesen und dann gab es eine Explosion...Na ja, und das war´s dann.“ Etwas machte „Klick“ in Kenos Schädel. Das hatte ihm gefehlt. Der Gasgeruch. Er besah kritisch sein völlig intaktes Haus.
„Explosion? Aber das Haus ist doch noch ganz, oder sehen sie das anders?“
„Das tue ich tatsächlich, aber das tut nichts zur Sache. Was sie sehen, ist ihre letzte Erinnerung, da sie sich in einer Art Wartezimmer befinden. Und genau damit dieses Warten so kurz wie möglich ausfällt, bin ich hier.“ Die Frau hatte wieder ein Vertreterlächeln aufgesetzt. Plötzlich legte sich ihr eine Knochenhand auf die Schulter, sie fuhr herum.
Hinter ihr stand eine hünenhafte Gestalt, die vollständig in einen braunen Langmantel mit Kapuze gehüllt war, eine titanische Sense in der rechten Hand, die Andere lag immer noch auf der Schulter der Walküre. Er hatte offensichtlich die ganze Zeit neben ihr gestanden, aber Keno hatte ihn nicht bemerkt. Seine Stimme war leise, aber dennoch durchdringend, eine Stimme mit der man ein Punkrockkonzert mühelos hätte übertönen können. Sie kam aus den Tiefen seiner Kapuze wie aus einem Grab.
„Verzieh dich! Los!“ Die Walküre stolperte die Vortreppe hinab und ging langsam rückwärts.
„Du hast nicht mehr Rechte als wir! Du kannst mir nichts befehlen!“ Aber ihre Stimme war schrill, nervös und unsicher. Sie schwang sich auf ihr Pferd und verschwand im Himmel, nicht ohne dem neuen Besucher eine wüste Geste zu präsentieren. Der Tod sandte ihr einen wahren Todesblick hinterher und wandte sich dann Keno zu.
„Du glaubst ja wohl diesen komischen Gestalten nicht, oder?“ Keno schüttelte zaghaft den Kopf. Der Tod nickte zufrieden.
„Du musst nämlich wissen, dass ich mich schon seit mehreren Jahrtausenden im Staatsdienst befinde, niemand hat mehr Erfahrung als ich. Hast du noch Fragen?“ Keno nickte energisch.
„Ich bin also tot, ja?“ Sich damit abfinden kam später, erst würde er sich beschweren. Der Tod nickte.
„Warum streitet ihr euch dann alle um mich? Hat das irgendeine Bewandtnis?“ Der Tod nickte erneut, diesmal irgendwie bekümmert.
„Ja, es ist so...ähm. Da ist etwas ziemlich Unerfreuliches passiert, man nennt es Privatisierung. Der Staat hatte nicht mehr das Geld, die Institution zu unterhalten, also beschloss er, sie den Gesetzen der freien Marktwirtschaft zu unterwerfen. Seitdem schießen diese Möchtegernfirmen wie Pilze aus dem Boden.“ Keno, der sich immerhin ein wenig in diesem Gebiet auskannte, fragte noch einmal nach.
„Aber wenn jetzt alles privatisiert wurde, warum gibt es dich dann noch?“ Die Frage wurde umgehend von einem kleinen, rundlichen Mann mit grauem Anzug beantwortet, der dem von vorher bemerkenswert ähnlich sah und anscheinend auch die ganze Zeit herumgestanden hatte, ohne bemerkt zu werden.
„Das ist eine vortreffliche Frage, Herr McArthur. Lassen sie mich kurz erklären. Nach der Privatisierung sollte er eigentlich abgeschafft werden, aber es gab eine Sondervereinbarung.“
Der Tod spielte den Ahnungslosen, woraufhin der kleine Mann ein Haifischlächeln aufsetzte und sich auf aufdringliche Weise die Hände rieb. Sein Tonfall hatte etwas Joviales.
„Schon vergessen, alter Freund? Private-Public-Partnership. Kurz PPP. Sie haben übrigens die Absprache verletzt, für das Gewinnen von Kunden bin von jetzt an ich zuständig, sie sorgen für den Abtransport. Das kann ihnen ein Disziplinarverfahren einbringen.“
Der Tod hob langsam eine Hand und schloss sie sehr fest um die Kehle des Anderen, aber er fasste in dünne Luft. Der kleine Mann krähte los:
„Fassen sie mich nicht an! Ich bin unantastbar! Wenn sie ein Anliegen haben, melden sie es dem Chef!“ Der Tod schüttelte den Kopf und zischte:
„Widerliche Ratte!“ Dann verschwand er in einer Dunstwolke. Der kleine Mann rieb sich erneut die Hände.
Dann holte er einen Vertrag heraus. Weiß auf Schwarz.

 

Hallo Zaphod (übrigens cooler Nickname, ich liebe Douglas Adams!),

diese Geschichte verdient es nicht, hier so wenig Beachtung zu finden. Die Idee mit dem privatisierten Tod finde ich wirklich super. Für eine Satire ist das Ganze vielleicht ein bisschen zahm, viele Stellen könnten bissiger rüberkommen, und gleich kommt auch noch eine Liste von Details, an denen ich herummäkle, aber alles in allem fand ich das schon ganz lustig.

Langsam öffnete Keno die Augen

Keno ist ja ein ziemlich exotischer Vorname. Klingt irgendwie japanisch oder so. Und dann heißt der Typ mit Nachnamen McArthur? Das gefällt mir irgendwie nicht so richtig.

Außerdem war da ja immer noch jemand an der Tür, jemand der mit der Ausdauer und der Berechenbarkeit einer ungeliebten Jahreszeit immer wieder klingelte.

Streich das zweite "der", das stört den Lesefluss. Ansonsten finde ich diesen Satz sehr hübsch.

„Mmf...äh...sie, ich...“

Du hast die Anrede "Sie" durchgehend klein geschrieben. Die schreibt sich aber immer noch groß, bitte im ganzen Text ändern!

Von dieser außerordentlichen Leistung erschöpft, bedankte sich Keno und schloss die Tür.

HÄ? Wenn ich frühmorgens von einem Vertreter geweckt werde, dann bedanke ich mich doch nicht! Wenn dieser Keno ein extrem höflicher Bursche ist, dann verabschiedet er sich vielleicht noch, aber er hat nun wirklich keinen Grund, sich zu bedanken.

Antworte schon, dachte Keno ungeduldig, ich will zurück ins Bett!

Die Anführungsstriche da sind überflüssig, es sei denn, du wolltest die Gedanken auch in "" setzen, dann fehlen noch welche am Anfang des Satzes. In diesem Fall würde ich das aber kursiv setzen, um die Gedanken von gesprochenen Sätzen zu unterscheiden.

Unsere Firma ist eine Neugründung, die von der Privatisierung profitiert und sie haben die Chance, einer unserer ersten Kunde zu werden.“

Meiner Meinung nach verschenkst du hier das Potential für einen späteren Überaschungseffekt, wenn du jetzt schon die Privatisierung erwähnst. Stifte ruhig erst mal Verwirrung, was da eigentlich los ist, und erklär das mit der Privatisierung erst später - das kommt besser!

„Ist in Ordnung Herr McArthur ich werde später wiederkommen. Aber vergessen sie nicht, wir sind nicht nur die günstigsten, sondern auch die zuverlässigsten.

Ist in Ordnung KOMMA Herr McArthur, die Günstigsten und die Zuverlässigsten großgeschrieben.

verdammte Schindmähre!

Äh ... mag ja sein, dass das das Jenseits ist, aber der Ausdruck "Schindmähre" erscheint mir doch extrem altbacken ... Ich würde so was wie "dämliches Vieh" bevorzugen ...

Äh, und dann habe ich noch ein Problem mit der Walküre: Das ist ja durchaus ein "Traditionsunternehmen" in der Todesbranche, sogar älter als der Sensenmann! Also WalhallaInc kann eigentlich keine Neugründung im Zuge der Privatisierung sein, das passt nicht so richtig ... Ich denke sogar, es wäre eine Überlegung wert, ob die die Walküre ganz weg lässt und den Konflikt "Privatkonzern - Staatsunternehmen" nur anhand der zwei Figuren des kleinen Vertreters von Thanatos und des Sensenmanns im "Staatsdienst" abhandelst ...

Vielleicht fühle ich mich ja noch zu jung zum sterben.

Sterben groß

„TOT? ICH? WIESO IN ALLEN SIEBEN WELTMEEREN BIN ICH DENN TOT?“

Ist der Typ etwa ein Matrose oder eine Figur aus "Die Schatzinsel"? anderenfalls finde ich dieses "wieso in allen sieben Weltmeeren" nämlich ziemlich unpassend! Welcher normale Mensch würde so was sagen?

die Andere lag immer noch auf der Schulter der Walküre.

In dem Fall muss "andere" nicht groß geschrieben werden, da es sich auf "Hand" bezieht.

Hat das irgendeine Bewandtnis?

In welchem Jahrhundert lebt der Mann? Ich meine, in welchem ist er tot? Jemand, der an einer Gasexplosion in seinem Haus gestorben ist, wird mittelalterliche Worte wie "Bewandtnis" bestimmt nicht in dem Mund nehmen!

Also, noch ein klein wenig Überarbeitung ... aber dann wird es eine wirklich hübsche Geschichte!

Grüße von Perdita

 

Tut mir, leid, ich war eine weile nicht mehr auf dieser Seite...
Schreibblockade, irgendwie bin ich nicht der schöpferische typ.
gebt mir mal nen tipp für eine geschichte, ich verwurste auch abwegiges :-)
nein im ernst...danke für den ratschlag, ehrlich gesagt stört mich an dieser Seite, dass jede geschichte schon nach 1, 2 Tagen im Orkus (der zweiten Seite)
verschwindet, bevor sie anständig(von vielleicht fünf menschen) besprochen wurde. naja, leben ist hart.

 

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