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Tonáli
Tonàli
Feuerschein flackerte über die geflochtenen Seitenwände der beiden Langhäuser, die auf ihren Stelzen thronten wie ein gedrungenes Königspaar. Vom Feuer der Erwachsenen wehten die Düfte des Festtagsbratens und das Lachen und Trommeln des uralten Tete über die Lichtung. Ein Tukan übersah des Fest von seinem Sitz in einem Baum inmitten des ansonsten dunklen, undurchdringlichen Dschungels.
Am Kinderfeuer tollten begeistert die Kinder, die heute auch lange nach Einbruch der Dunkelheit noch nicht ins Schlafhaus geschickt worden waren. Kichernd spielten sie die Jagden und rituellen Tänze der letzten Tage nach.
Die Trommeln wurden lauter und schneller, und die Jugendlichen, die das erste Mal am Erwachsenenfeuer sitzen durften, erhoben sich zu ausgelassenem Tanz.
Das war das Zeichen für die Älteste, sich zurückzuziehen. Aber zuerst... Schmunzelnd schlurfte sie auf das Kinderfeuer zu, wo prompt alles Toben und Kichern erstarb. „Die Tene kommt!“ flüsterten die Kleinsten scheu. Doch die Älteren rannten aufgeregt auf die gebeugte Gestalt zu und zogen sie am Arm mit sich: „Tene, Tene, erzähl uns eine Geschichte!“
Die Alte setzte sich am Kinderfeuer nieder und fragte verschmitzt: „Und welche Geschichte wollt ihr denn hören?“ ,obwohl sie natürlich genau wusste, welche Geschichten gefordert werden würden. „Erzähl die Geschichte vom Prinzen Mitihuìctl und den eisernen Dämonen!" "Bitte bitte, die Geschichte von der Blumendame!“ "Nein, nein, die von dem Puma und dem Quetzal, die ist gut!" Die Kinder schrien und bettelten wild durcheinander und verlangten ihre Lieblingsgeschichten. Aber die Tene hatte andere Pläne: Eine Geschichte gab es, die schon lange, vielleicht zu lange nicht mehr erzählt worden war, und nicht in Vergessenheit geraten durfte.
Endlich bedeutete die Tene ihnen zu schweigen, und als die Kinder mit erwartungsvoll aufgerissenen Augen und Mündern an ihren Lippen hingen, begann sie: „Ja, die Geschichte von dem Puma und dem Quetzal ist eine gute Geschichte, und auch die vom Prinzen und dem Eisendämonen.
Heute aber, meine kleinen Vögelchen, heute berichte ich euch von Tonáli, denn es ist eine wichtige Geschichte. Eine lehrreiche Geschichte. Oh, schaut nur nicht so, sie wird euch gefallen. Hört gut zu...." Die Alte hob ihre Arme, und alles Gemurmel verstummte.
"Lauscht, Kinder! Hört auf die Geräusche des Waldes, der euch umgibt! Das Zirpen, das Kreischen, das heisere Gezeter der Brüllaffen, das Krächzen des Tukans.. Es umgibt euch wie ein Schleier in einer Nacht wie der heutigen, wie die Geister der Verstorbenen wehen sie um unser Dorf. So eine Nacht war es auch, als ich fortging, um den Tonáli in unsere Welt zurück zu bringen.
Man nannte mich damals Zànya, und ich war jung und stark, nicht so buckelig und zittrig wie ihr mich heute seht.
Mit dem Tete, den man damals Zàa nannte, und der unser Zauberer war, war ich zu den Wasserfällen im Norden gereist, um den Göttern das jährliche Opfer darzubringen und meine Taschen mit der heiligen geölten Asche zu füllen. Wie stolz war ich!
Doch was für ein Schrecken erwartete uns, als wir zurückkehrten! In unserer Abwesenheit war unser Dorf von schrecklichen eisenbewehrten Dämonen überfallen worden. Ihr habt von ihnen gehört: Sie kamen von weit her, von hinter den Bergen, von hinter dem östlichen Meer sogar. Eingesperrt in ihre glänzenden Rüstungen wüteten sie in unserem Wald und unserem Dorf. Ihr Begehren waren Gold und junge Frauen. Beides nahmen sie sich, und die jungen Männer töteten sie oder nahmen sie mit als ihre Sklaven. Nur die Alten und die Kinder hatten überlebt.
Als der Tete das Ausmaß des Schreckens begriffen hatte, wurde er von tiefer, schwarzer Verzweiflung gepackt. Er hätte hier sein müssen, das zu verhindern! Und er versteckte sich in seiner Hütte und sprach mit niemandem mehr.
Seine Angst und Verzweiflung jedoch steckte die anderen Bewohner an: Denn was, wenn die Dämonen zurück kämen, und der Tete würde sie in seiner Verzweiflung wieder nicht schützen können? Eine rätselhafte, undurchdringliche Nacht senkte sich über das Dorf, die kein Sonnenlicht durchbrechen konnte.
Da erinnerte ich mich der Sage von Tonáli: Es gäbe im Herzen des Waldes die smaragdene Pyramide Guayabo, bewacht vom Herrn Pfefferfresservogel, vom Herrn Jaguar und der Dame Tapir. Und in diesem Hügel befände sich Tonáli: Der Große Wunsch. Und wenn man den Wächtern entgehen könnte, dann würde der Wunsch in Erfüllung gehen.
Ich wusste nicht recht, was der Große Wunsch eigentlich war, aber eins wusste ich: Wir alle hier im Dorf brauchten etwas, was uns wieder Kraft geben würde, und Zàa brauchte neuen Mut, um uns schützen zu können. Und so machte ich mich in einer Geisternacht auf den Weg, denn der Weg ins Herz ist nur in den Geisternächten begehbar.
Der Mond schien fahl auf mich herab. Um mich herum spürte ich die Geister der Ahnen, kalt und schaurig, und die Brüllaffen riefen mich in ihr luftiges Reich. Nebelfetzen hingen zwischen den Ranken und Bäumen, und die Luft roch modrig.
Ich war keine Kriegerin, und auch nicht besonders wagemutig. Ängstlich stolperte ich über die verwucherten Pfade, die zur Pyramide führten, und mein Herz schlug einen rasenden Takt.
Als der Mond am höchsten stand und den Nebel weiß erstrahlen ließ, hörte ich etwas, das mir das Blut in der Adern gefrieren ließ: Das Brüllen eines Jaguars in den Bäumen!
Wie gelähmt vor Angst hob ich mein Gesicht den Baumwipfeln entgegen. Dort, direkt über mir, saß auf einem Ast der ungeheuerlichste Jaguar, den ich je gesehen hatte: Seine gold-gefleckte Schwanzspitze zuckte auf und ab, und sein rubinrotes Maul war drohend aufgerissen. Am schrecklichsten jedoch waren seine Augen: Kalte Menschenaugen starrten aus dem Gesicht des Untieres!
Geschmeidig sprang es auf den Pfad vor mir. So groß war der Jaguar, dass sein Gesicht auf einer Höhe mit dem meinem war. Widerlicher Atem blies mir in die Nase.
„Ich bin Tequìua, der Kriegsherr, der Herr Jaguar. Sprich, was tust du hier, und wie nennt man dich, Menschentochter?“ fauchte er, und seine Zähne blitzen im bleichen Mondlicht.
„Zànya, Herr. Ich... ich suche nach Guayabo. Mein Dorf braucht den Großen Wunsch, und ich bin die Einzige, die ihn noch suchen gehen kann“ ,antwortete ich mit vor Angst stockender Stimme.
„Nun, dann weißt du, dass ich die Pyramide bewache. Kehre zurück in dein Dorf oder stelle dich mir zum Kampf.“ Das Untier spannte seine Muskeln wie zum Sprung, und sein stinkender Odem umgab mich wie eine Wolke.
Was sollte ich tun? Ich konnte den Herrn Jaguar niemals besiegen. Seine Pranken waren ebenso groß wie mein Kopf, und seine Zähne scharf wie Speerspitzen. Er würde meinen schmalen Körper mit einem Hieb zerfleischen!
Verzweifelt suchte ich nach einem Ausweg, einem Versteck, doch die Augen des Jaguars sind scharf, und er beobachtete jede meiner Bewegungen. Wenn er mich nur nicht sehen könnte! Ach, wenn Zàa und ich doch nie zu den Opferritualen im Norden gereist wären! Záa hätte das Dorf schützen können!
Schon wollte ich verzagen und unverrichteter Dinge in mein Dorf zurückkehren, da kam mir eine Idee. Hastig blickte ich zu Boden, damit Herr Jaguar das freudige Aufblitzen meiner Augen nicht sehen konnte.
Ich nickte dem Herrn Jaguar zu und antwortete so ruhig ich konnte: „Ihr habt Recht, Herr Tequìua. Ich kann Euch nicht besiegen, und deshalb kehre ich zurück in mein Dorf.“ Langsam drehte ich mich um. Noch in der Bewegung jedoch ließ ich meine Hand in meine Tasche gleiten, und ertastete die heilige Asche, die ich von den Wasserfällen mitgebracht hatte. Mit aller Kraft wirbelte ich herum und warf die ölig-ätzende Asche in die Augen des Untiers.
Ich vergeudete keine Zeit damit nachzusehen, ob mein Angriff erfolgreich war, sondern rannte so schnell ich konnte den Pfad in Richtung des Herzens entlang. Immer weiter raste ich, über Wurzeln und Steine, und die Äste und Ranken haschten nach meinen Knöcheln.
Das Blut rauschte in meinen Ohren und vermischte sich mit dem schon fernen Schmerzgebrüll des Jaguars, als ich einen Fluss erreichte.
Der fahle Mond schimmerte in den reißenden Fluten des Wassers. Ich konnte sehen, dass der Pfad, dem ich folgen musste, sich durch eine enge Bresche am anderen Ufer schlug und dann im dichten Dschungel verschwand. Neben der Bresche stand mit funkelnden Augen die Dame Tapir, die Spötterin. Boshaft rief sie zu mir herüber: „Zànya, Menschentochter, du willst diesen Fluss überqueren? Sieh dir die Strömungen an, sieh die saugenden Strudel und die strudelnden Söge. Du wirst ertrinken, dummes Menschenkind!“ Spöttisch reckte sie ihren schwarzen Rüssel in die Luft.
Ich versuchte, nachzudenken: Wie, wie nur sollte ich den Fluss überqueren? Unwillkürlich sah ich mich nach losen Baumstämmen um.
“Oh, das Menschlein denkt nach, es versucht, sich etwas zusammen zu reimen! Lächerlich! Ein Baumstamm, nicht wahr? Das denkst du. Oh, schon viele vor Dir haben das versucht, und Klügere als du!“ , höhnte die Dame Tapir, und fügte mit glitzernden Äuglein hinzu: „Ihre Gebeine liegen auf dem Grund des Flusses, viele Meilen von hier. Der Fluss reißt sie mit sich, die Toren, und spuckt sie aus, zerschunden und zerschlagen, wenn er genug mit ihnen gespielt hat.“ Dann wurde ihr Ton vertraulich: „Auch du, Zànyachen, wirst so enden, bleiche Gebeine in braunem Schlamm.“
Elend starrte ich in die Wogen. Immer tobendender und tödlicher schienen sie mir, je länger ich der Dame lauschte. Hatte sie nicht Recht, die Dame Tapir? Wollte sie mich nicht nur vor einer großen Torheit bewahren?
Doch ich schüttelte den Gedanken ab: Das Dorf brauchte mich, und wenn nicht mich, so doch den Großen Wunsch. Ich musste einen Weg finden.
„Ah, ein ganz entschlossener Fratz bist du also! Glaubst, ausgerechnet du wirst schaffen, was vor dir noch keinem gelungen ist! Wie töricht! Wie dumm und lächerlich! Hör auf mich, hör auf die Dame Yoáli!“ schmähte die Spötterin vom anderen Ufer. Aber ich hörte nicht hin. Ich holte tief Luft und betrachtete die Bäume an meinem Ufer. Und tatsächlich: Eine Ranke, ein biegsamer junger Baum. Ich machte mich ans Werk, taub für den Spott, der sich vom anderen Ufer her über mich ergoss.
Ich schnitt die Ranke mit einem scharfen Stein, und band sie an einen geraden und starken Ast, den ich vorne zuspitzte. Dann schleuderte ich den Ast wie einen Speer mit aller Kraft, so dass er sich einen Fuß weit in die Erde am anderen Ufer bohrte. Das lose Ende der Ranke band ich fest um den jungen Baum und sprach ein Stossgebet zu Quetzalcoátl, der Gefiederten Schlange.
Noch immer konnte ich die Dame Tapir keckern hören, doch ich sammelte meinen ganzen Mut und packte die Ranke mit beiden Händen. Dann ging ich, Schritt für Schritt, ins tobende Wasser. Ein stechender Schmerz jagte in meine Lunge, als meine Brust ins Wasser glitt. Fast wären mir die Sinne geschwunden, so kalt war es. Schon bald fühlte ich keinen Grund mehr unter meinen vor Kälte tauben Füssen und klammerte mich mit aller Macht and die Ranke, an der ich mich Elle für Elle, Fuß für Fuß entlang hangelte. Die ganze Zeit rissen und zogen Strudel an mir und beutelten gewaltige Strömungen meinen Körper. Ich fühlte, wie mich meine Kräfte verließen, und gerade als ich glaubte, nicht mehr atmen zu können, ertasteten meine Zehen erdigen Boden.
Als ich schließlich das Ufer erreichte, sackte ich, keuchend und zitternd, am Ufer zusammen. Erst als ich wieder ohne Schmerzen atmen konnte, sah ich mich um und erkannte, das die boshafte Spötterin Tapir verschwunden war.
Schließlich erhob ich mich und setzte zitternd meinen Weg fort. So schrecklich waren die ersten beiden Wächter gewesen, und doch wusste ich, das der Dritte noch auf mich wartete: Der Herr Pfefferfresservogel. Bei jedem Schritt lauschte ich gehetzt auf Geräusche. Doch nichts tat sich. Der Mond stand schon tief am Himmel. Tiefe Stille lag über dem Wald, kein Tier, kein Vogel, kein Lüftchen regte sich. Verbissen setzte ich meinen Weg fort.
Der Nebel war gesunken und wogte weich um meine nackten Füße. Wo war der Herr Pfefferfresservogel, der Zermürber? Mit jedem Moment wurde ich nervöser. Jedes Knacken unter meinen Füssen ließ mich zusammenfahren, und einige Male schien mir, als sähe ich aus den Augenwinkeln etwas Riesiges, Buntes durch die Baumwipfel streichen.
Stunden vergingen, in denen ich fahrig den Pfad entlang stolperte, immer mich um mich selbst drehend, um meine Umgebung im Auge halten zu können. Schweiß brach mir aus, trotz der Kälte, die mein Herz gepackt hielt.
Da! Blitzschnell drehte ich mich um, als ich ein Keckern in den Wipfeln vor mir hörte.
Doch nichts geschah. Das Blut pochte in meinen Schläfen. Hatte ich mich geirrt? Langsam schlich ich ein paar Schritte weiter, ehe mich ein neuerliches Krächzen herumfahren ließ, diesmal aus der entgegengesetzten Richtung. Ich glaubte, den Verstand zu verlieren. Wo? Wo war der Zermürber? Waren nicht die ersten Aufgaben schrecklich genug gewesen? Was erwartete mich jetzt, das diese Entsetzlichkeiten noch übertreffen sollte?
Zermürbt vor Angst und Erschöpfung begann ich zu weinen. Mir war kalt, und ich war so müde! Ich konnte es nicht schaffen, niemals würde ich Tonáli in mein Dorf bringen können! Ich war zu schwach, zu feige um meinen Leuten helfen zu können. Entmutigt drehte ich mich um und wollte mich auf den Rückweg begeben. Zàa wäre nicht zurückgegangen!, schoss es mir da durch den Kopf.
Unschlüssig verharrte ich auf dem mondbeschienen Pfad. Wieder glaubte ich, den Herrn Pfefferfresservogel zu hören. Da atmete ich tief ein und ballte meine Hände zu Fäusten, um meinen letzten Mut zusammenzukratzen. „ Wo seid Ihr? Zeigt Euch, Zermürber! Kommt heraus!“ schrie ich in die stille Nacht hinein.
Nichts regte sich, und der Nebel schluckte gemächlich meine Worte.
„Zeigt Euch endlich! Kommt und stellt mir die letzte Aufgabe!“
Noch immer nichts.
Ich schloss die Augen und flüsterte: „ Kommt heraus! Ich stelle mich Euch!“
Da begann ein Wind zu wehen, der heulend den Nebel vertrieb und rauschend durch die Blätter des Waldes fuhr. Und direkt vor mir saß auf einem tiefen Ast, bunt und herrschaftlich, der riesige Herr Pfefferfresservogel.
Milde betrachtete er mich mit seinem goldenen Blick und sagte schließlich sanft: „ Zànya, Menschentochter, du bist tapfer, und du bis klug. Das ehrt dich, mein Kind.
Nur eine Aufgabe liegt noch vor Dir, dann sollst du Tonáli haben. Es ist ein Rätsel: Was, denkst du, ist Der Grosse Wunsch?“ fragte er freundlich. Erschöpft starrte ich den Herrn Pfefferfresservogel an, sein rotes und schwarzes Gefieder und seinen furchterregenden Schnabel. Was hatte ich nicht alles durchgestanden in dieser Nacht... Angst vor dem Herrn Jaguar, dem ich nichts entgegen zu setzen gehabt hatte, die spottende Dame Tapir, die mich fast von meiner eigenen Schwäche überzeugt hätte, die Ungewissheit der letzten Stunden... Und dann wusste ich es. Ich verbeugte mich vor dem weisen Herrn Cuachic, und antwortete mit Bedacht, denn der Weg hierher und die Art der Aufgaben hatten mich gelehrt, was der Große Wunsch war, was er sein musste.
Da lachte der Herr Cuachic fröhlich, nickte und geleitete mich in den ersten goldenen Sonnenstrahlen des neuen Tages in die smaragdene Pyramide Guayabo. Dort befand sich in einem smaragdenen Nest ein goldenes Ei. Der Herr Pfefferfresservogel übergab es mir und brachte dann mich und das Ei auf seinen gewaltigen Schwingen ins Dorf zurück.
Noch während das Dorf sich versammelte, um das Ei zu bewundern, brach es, und ein winziger, kahler Tukan, wie ihr den Pfefferfresservogel nennt, schlüpfte. Er schmiegte sich in meine Hand, und sang: Es war dieser Gesang, der die Dunkelheit von unseren Gemütern nahm, auch von Zàa’s. Wie flüssiges Gold ergoss sich der Tag in unser Dorf, und brachte Mut und Hoffnung.
Zàa kam aus seiner Hütte, und verbrachte die nächsten Tage und Nächte im Gespräch mit den Dorfbewohnern, und schon bald hatte er eine Idee: Er errichtete um das Dorf und viele fruchtbare Gebiete ein magisches Feld, das uns heute von der Außenwelt abschirmt. Die Dämonen werden uns nie wieder finden, noch sonst ein Feind, denn für den Krieger und Zerstörer ist das Schild, ist der Dschungel undurchdringlich.
Und das, ihr kleinen Waldgeister, ist das Ende der Geschichte.“
Sofort brach der übliche Tumult los. Die Kleinen, die sich aufgeregt an den Händen gehalten hatten, sprangen auf und riefen wild durcheinander: „Tene, Tene, was war der Wunsch?“ „ Ja, was, was?“ „Und der Tukan?“ „Woher hast du es gewusst?“
Die Älteste kicherte vergnügt. „Patòli, Töchterchen, sag du es!“ forderte sie die Älteste unter den Kindern auf. Sie würde nächstes Jahr in den Kreis der jungen Frauen aufgenommen werden, und war die Einzige, die die Geschichte schon einmal gehört hatte. „Hoffnung!“ strahlte das Mädchen begeistert. „Weil es das war, was das Dorf am dringensten brauchte. Und weil es Hoffnung war, die die Tene brauchte, waren die Wächter Hoffnungsschlucker!“ belehrte sie die Jüngeren. „ Übermacht, Spott und dauernde Ungewissheit!“ „Sehr schön, Mädchen.“ Die Tene gluckste zufrieden. „Und jetzt ab ins Schlafhaus mit euch! Husch, husch!“ Kichernd und fröhlich verschwanden die Kinder nach und nach im linken der beiden Stelzhäuser.
Die Älteste sah noch einmal zurück auf die Menschen, die um die Feuer versammelt saßen. Wehmut lag in ihren dunklen Augen.
Jetzt würde sie sich zurückziehen, in dem guten Wissen, dass die Hoffnung auch in der Generation der Jüngsten nicht sterben würde.
In der Ferne sang ein Tukan sein Lied.