- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 8
Tres, dos, uno
Ich hab noch nie gerne gespielt. Aber manchmal komm ich einfach nicht drumherum. Und dann hab ich die ganze Sauerei. Die muss ich jetzt aufwischen. Obwohl ich gewonnen hab, bin ich der Loser und muss putzen. Sie verstehen nicht? Okay, ich erklär's Ihnen. Nebenbei bemerkt, ich hole den Putzlumpen. Hat Schnuggi bestimmt im Bad auf die Heizung gelegt. Ach Schnuggi, wenn du wüsstest, was ich alles für dich tue. Sie ist meine Mitbewohnerin, wir machen einen auf WG. Atemberaubend, sag ich Ihnen. Ein Rubensmodell, Hüften hat sie zum Hinschmiegen und Durchkneten, einen Hintern zum Schwelgen, Brüste zum Feiern, wenn man nur dran dürfte. Ich schweife ab. Da ist er ja, der Putzlumpen.
Also, jetzt mal chronologisch, damit Sie mir folgen können: Seit zwei Monaten wohne ich mit Schnuggi zusammen. Eigentlich heißt sie Monika und kommt aus Leipzig. 'Ne Osttussi, hab ich mir gedacht. Naja, aber ihre Figur hat mich überzeugt, gibt ja auch Gutes, was aus'm Osten kommt. Süßer süffiger Sekt, zum Beispiel. Ich hab mir gedacht, wenn wir zusammen wohnen, dann pirsch ich mich an sie ran, ganz langsam. So 'ne Frau muss man umgarnen, einwickeln, Kaffee ans Bett uns so. Es lief gut am Anfang, ehrlich. Ach Mist, dass das hier gar nicht rausgeht. Ich schrubbe den Dielenboden. Auf Knien, ich, können Sie sich das vorstellen? Ich meine, vor Schnuggi auf die Knie zu sinken, wär was anderes. Eine Wonne wäre das, aber das hier ist für einen Mann entwürdigend: Putzen.
Jedenfalls Schnuggi und ich wurden die besten, die allerbesten Freunde. Sie hat mir ihre Lieblingswollsocken geliehen, wenn ich kalte Füße hatte. Das dramatische Ende ihre letzten Beziehung habe ich mit ihr ausdiskutiert bis zum Exzess. Viele Wodkaflaschen später durfte ich in ihrem Bett schlafen. Sie drückte sich mit ihrem Busen an meinen Rücken. Oho, kann ich nur sagen. Ich hab mich beherrscht, das kann ich Ihnen sagen. Leicht war das nicht. Es war alles so schön. Es lief prima. Ich war kurz vorm Zieleinlauf, kurz davor, sie zu küssen. So, die Spritzer sind weg, aber was mach ich mit dem Glibberzeug? Ich muss fertig werden, bevor Schnuggi nach Hause kommt. Sonst erschreckt sie sich noch. Warum bin ich der Loser und muss putzen, obwohl ich gewonnen habe?
Er tauchte vor zwei Wochen auf. Norbert. Randlose Brille, Seitenscheitel, fliederfarbene Krawatte. Schnuggi bekam immer ganz rote Flecken auf ihren zarten Wangen, wenn er zu Besuch da war. Und dieses Kichern. Für mich hat sie noch nie so gekichert. "Nobbi-Schatz, möchtest du Kaffee?", flötete sie. "Nein, Moni-Schatz, ein Kuss wäre mir lieber." Schleimer. Ich hätte sie umbringen können, alle beide. Schatzi hier und Schatzi da, und wo bleibt Tommi? Das bin ich, der Putz-Loser, falls es Ihnen entgangen ist. Sie sagen, ich bin eifersüchtig? Unfug, eine Stinkwut hab ich gehabt. Ich baggere monatelang an dieses Vollblutweib hin, und dann kommt Nobbi und macht sich nackig in ihrem Bett breit. Mit mir nicht, hab ich mir gedacht. Mit mir nicht. Schnuggi ist meine Beute.
Gut, ich gebe zu, die Idee war blöd. Aber jetzt ist es zu spät, und ich muss putzen. Gummihandschuhe wären nicht schlecht. Dieses Glibberzeug ist wirklich eklig. "Nobbi", hab ich gesagt, "Nobbi, lass uns Uno spielen, bis Schnuggi zurück ist." So 'ne Maniküre dauert seine Zeit, und Schnuggi ist da echt penibel. Hach, wenn ihre Nägel mal über meinen Rücken streichen würden. Schon allein bei dem Gedanken vibrieren meine Lenden. Ich komme vom Thema ab, sagen Sie?
Uno für Erwachsene, nicht der Popelkinderkram. Nobbi zupfte sich unsicher an seiner Krawatte rum. Ich sage: "Bist du ein Spielverderber oder was?" Was so ein Krawatten-Nobbi ist, der lässt sich leicht überreden. Er will kein Loser sein. Ha, der bin ich, das haben Sie schon mitgekriegt. Sie wollen die Spielregeln wissen? Okay, ich erklär's Ihnen. Im Spiel. So hab ich es mit Nobbi auch gemacht. Es gibt gelbe, rote, grüne und blaue Karten. Jeder kriegt sieben. Legt rot auf rot, Zahl auf Zahl. Alles ganz easy. Aber Achtung, jetzt kommt's. "Okay, Nobbi", hab ich gesagt, "wir machen es wie beim Strip-Poker. Es gibt auch Karten, bei denen Richtungswechsel oder einmal Aussetzen angesagt ist. Da muss man sich ein Kleidungsstück ausziehen."
"Ist doch lächerlich.", sagte Nobbi.
"Nicht doch", antwortete ich, "schämst du dich etwa?" Krawattenträger sind so leicht zu überzeugen. Der Blödmann hat sich an den Tisch gesetzt. Zugegeben, ich hatte Pech und war zuerst nackt. Aber er kannte meinen Trumpf noch nicht.
Als ich die Knarre auf den Tisch geknallt habe, ist er erschrocken zurückgezuckt. Ich hab's genau gesehen. Feigling, hab ich mir gedacht. Entweder du oder ich, so einfach ist das. Er wollte nicht mehr mitspielen. Hat gesagt, ich sei verrückt. "Genau", hab ich gesagt, "verrückt nach Schnuggi", und hab ihn mit dem Fernsehkabel an den Stuhl gebunden. Arme an die Lehnen, Fußfesseln an die Stuhlbeine. So fix ging das, dass Nobbi gar nicht wusste, wie ihm geschah. Die Krawatte hab ich ihm in sein Maul gestopft. So'n hysterisch kreischender Typ ist echt nix für meine zarten Ohren.
"Zweite Runde", hab ich gesagt. Sieben Karten hat er gekriegt, ich auch. Ich meine, das ist nur fair. Sie sagen, festbinden ist unfair? Manche muss man eben zu ihrem Glück zwingen. "Wenn du gewinnst, darfst du zuerst schießen, Russisch Roulette, alles klar?", hab ich zu Nobbi gesagt. Er hat genickt, also war er einverstanden. Ist ja nur ein Spiel. Ich hab gemogelt, ich geb's zu. Aber für Schnuggi muss man eben auch mal zu anderen Mitteln greifen. Nobbi hat ganz schön dämlich aus der Wäsche geguckt. Seine Krawatte scheint ihm auch nicht recht geschmeckt zu haben. Er würgte regelrecht, der Ärmste. Nur gut, dass der erste Schuss saß, sonst hätte er am Ende noch gekotzt. So, jetzt stören Sie mich nicht weiter. Diese Putzerei ist echt elend. Ich muss den Typen auf den Balkon schaffen, zwischenparken. Schnuggi kommt gleich. Gott, ist der schwer. Jetzt schmutzt der auch noch, oh Mann. Ich sag's doch. Ich hasse spielen: Obwohl ich immer gewinne, hab ich den Ärger am Hals und bin der Loser, der putzen muss.