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Uma maneira de sentir
Uma maneira de sentir -eine Form der Empfindung
Kyara geht, nein sie schwebt, ihre Fußspitzen berühren nicht den Boden, über die eiserne Brücke, die gleich dem Eiffelturm den Fluss überspannt, dessen Ufer verbindet, die obere Stadt mit der unteren Stadt vereinigt. Mond und Mondin leisten Kyara Gesellschaft. Der Mond scheint, weil er Mond ist, kann nicht verhindern, dass Kyara Mondins Antlitz zerstört, nur weil sie, trotz ihres Buckels, mit Schwung über das Geländer springt. Kyara fällt tief. Das Wasser schlägt über ihr zusammen. Kyara denkt, dass nicht der Tod sie umfängt. Nein, eine Blase aus Wasser umhüllt sie, trägt sie zum Grund. Zäher Morast wartet dort auf sie, feuchtkalte Finger greifen, zerren an ihren Gliedern. Kyara bekommt Angst. Sie krümmt sich vor Schmerzen, die noch mehr tiefe Furchen um ihren Mund herum ziehen.
Fado beugt sich über die Frau, die der Fluss ausgespuckt hat. Fado riecht nach Armut und Elend, aber er ist nicht so verzweifelt, dass er ihr die silbernen Armbänder stiehlt. Ein Zipfel des Schultertuches bedeckt Kyaras Gesicht. Zärtlich streicht Fado der Frau die Feuchte aus dem grauen Haar. Kyara schlägt die Augen auf.
„In der Oberstadt war es, in der Rua da Palma, ich verlor mein Herz an Pedro, der es mit Füßen trat. Ich gebar seinen Sohn und er bekannte sich nicht zu mir. Meine Eltern, der Lehrer und der Polizist richteten mich, zwangen mich in die Berge um dort eins zu werden mit dem Granit“.
„Was ist aus deinem Sohn geworden?“
„Er ging übers Meer.“
Fado singt. Seine Stimme ist dunkel. Er presst die Wahrheit in seine Stimme, lässt Kyara als junges Mädchen wiedererstehen. Singt bis Kyara vergessen hat, dass sie einst so grausam um ihr Leben betrogen worden ist. Mit einem Lächeln auf den Lippen stirbt sie am Ufer des braunen Flusses.