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Unbedeutende Sekunden

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11.07.2015
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Unbedeutende Sekunden

Ein Mann öffnet seine Augen. Es ist morgens, draußen herrscht die Dunkelheit. Er schaut auf seine Uhr, der Sekundenzeiger springt; vierzig, einundvierzig. Aufstehen, Frühstücken, anziehen. Vor seiner Wohnungstür hält er kurz inne. Ein tiefes Ausatmen verlässt seinen Körper.
Er tritt hinaus, die morgendliche Kälte trifft auf sein Gesicht. Der nahegelegene Bahnhof ist schnell erreicht. Wie jeden Tag folgt an diesem Ort die erste Zigarette. Kreischend hält der Zug. Das Abteil ist voller Menschen, voller Seelen, voller Schicksale und Geschichten, die niemand registriert.
Er bahnt sich seinen Weg. Seine Blicke suchen eilig nach einem freien Platz doch sie treffen auf wunderschöne, ihn ansehende, braune Augen.
Zweiundvierzig.
Er sieht Bilder von gedeckten Tischen und Kerzenlicht, von Spaziergängen über Brücken und zaghaften Küssen. Er hört Kindergelächter und Hundegebell. Er sieht ein altes Ehepaar, sich an den Händen haltend, auf einer Parkbank sitzend. Er spürt wärme. Die braunen Augen wenden sich ab.
Dreiundvierzig.
Der Mann findet einen freien Platz und schaut aus dem Fenster in die Dunkelheit. Sein Arbeitsplatz ist schnell erreicht. Der Tag verrinnt schnell. Es ist abends. Wieder schlägt ihm beißende Kälte entgegen. Es schneit.
Wieder der Zug, wieder die Menschen, die Seelen, die Schicksale und Geschichten. Er steigt aus dem Zug und geht langsam zu seinem Haus. Als der Mann seinen Kopf hebt und seine Zigarette wegwirft sieht er vor sich langes blondes Haar und ein Lächeln.
Sonnenuntergänge, Wein, ein Hochzeitskleid. Lachende Kinder, Streit, Versöhnung. Ein Urlaub, ein Haus, ein Garten. Wärme erfüllt seinen Körper. Der Sekundenzeiger tickt, die Zigarette landet im Schnee. Vierundvierzig.
Der Mann ist zuhause. Er sinkt auf seinem Bett zusammen, sein Blick und seine Gedanken sind leer, so leer wie seine Wohnung aber nicht annähernd so leer wie sein Herz. Seine Augen schließen sich. Fünfundvierzig.
Ein Mann öffnet seine Augen. Es ist morgens, draußen herrscht die Dunkelheit. Er schaut auf seine Uhr, der Sekundenzeiger springt; vierzig, einundvierzig.

 

Hallo Mkr0,

zuerst einmal ein herzliches Willkommen hier. Mit Deinem Debüttext kann ich im Moment nicht viel anfangen. Du erzählst keine Geschichte, sondern lässt im Zeitraffer eine Zeitspanne vorüberziehen. Du hast nicht wirklich einen Protagonisten, mit dem sich der Leser auseinandersetzen könnte.

Wieder der Zug, wieder die Menschen, die Seelen, die Schicksale und Geschichten. Er steigt aus dem Zug und geht langsam zu seinem Haus. Als der Mann seinen Kopf hebt und seine Zigarette wegwirft sieht er vor sich langes blondes Haar und ein Lächeln.

Hier hatte ich gedacht, dass doch noch etwas passiert, aber Fehlanzeige. Schade eigentlich, denn sprachlich ist der Text, zumindest von der Rechtschreibung und Grammatik her, sauber. Du solltest aus dem Gerüst eine interessante Geschichte machen. Gib Deinem Protagonisten doch einen Namen und nenn ihn nicht nur „Mann“. Erzähle eine Geschichte, Baue eine Handlung auf, bring Spannung rein.

Seine Blicke suchen eilig nach einem freien Platz doch sie treffen auf wunderschöne, ihn ansehende, braune Augen.

Hier hast Du doch schon mal einen Keim für Dein Pflänzchen, das Du wachsen lassen kannst. Die schönen Augen haben einen Namen und dem Treffen im Zug folgt noch eins und ... Aber da fällt Dir sicher viel mehr dazu ein.

Sein Arbeitsplatz ist schnell erreicht. Der Tag verrinnt schnell.

Zweimal schnell gleich hintereinander ist ungünstig.

Mich hat Deine Geschichte nicht abgeholt, aber ich glaube, Du kannst mehr. Ich bin gespannt, was Du draus machst.

Schönen Gruß
khnebel

 

Hallo khnebel,

das doppelte "schnell" ist wirklich nicht so schön, danke dafür :-)

Mein Protagonist und seine beiden Begegnungen haben keinen Namen weil die gesamte Kurzgeschichte eine Kritik an die Anonymität der Großstadt sein soll. Jeden Tag sieht man tausende Leute, man lernt aber niemals jemanden kennen obwohl der oder die eine "große Liebe" dabei sein könnte. Man geht lieber nach Hause und sitzt dann einsam in seiner Wohnung und fragt sich, wieso man keinen Lebenspartner hat ...
Meine Geschichte soll mit ihren unbekannten Darstellern genau das Thema der "Einsamkeit in einer Millionenstadt" angehen.

Danke für die erste Kritik :-)

 

Hallo Mkr0,

und ewig grüßt das Murmeltier :)

Mir hat deine kleine Geschichte über die Anonymität in der Stadt gefallen. Dass die Figur namenlos bleibt, passt völlig.
Nur eines hatte ich anders verstanden:
Du sagst in deinem Kommentar, er habe keinen Partner. Ich hatte hier

sieht er vor sich langes blondes Haar und ein Lächeln.
gedacht, er erinnert sich an seine Ex zurück.

Willkommen hier und viel Spaß noch.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

eigentlich sollte das nicht seine Ex sein, sondern einfach eine zweite Begegnung die eventuell seine "Seelenverwandte" hätte sein können, aber ich freue mich wenn die Gedanken meiner Leser angeregt werden und sie eigene Vorstellungen entwickeln.
Aber wer weiß schon genau, wer die Blondine ist, vielleicht ist sie tatsächlich seine Ex ;)

 

Hallo Mkr0,

Mein Protagonist und seine beiden Begegnungen haben keinen Namen weil die gesamte Kurzgeschichte eine Kritik an die Anonymität der Großstadt sein soll.

Okay, nach dem zweiten Lesen verstehe ich dich besser und ich sehe auch seine Sehnsucht nach Änderung dieses Schlamassels, er kann sich aber nicht allein dagegen wehren. Kurze Augenblicke machen ihm Hoffnung, die sich nie erfüllt.

Trotzdem würde mir ein Durchbruch als Konflikt in dieser vertrackten Situation schon gefallen, um zu zeigen, dass es doch geht. Ich glaube nämlich, dass sich Menschen verlieben, und da ist es egal, ob sie in der S-Bahn sind oder auf dem Fußweg. Dann schauen nämlich die braunen Augen nicht weg. Und ich glaube auch, dass das auch in Großstädten passiert.

Ein tiefes Ausatmen verlässt seinen Körper.

Ich stelle mir im Gegenzug vor, wie ein tiefes Einatmen seinen Körper betritt. :D

Schönen Sonntag noch!
khnebel

 

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