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Und sie löschte deiner Füße Spur

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04.11.2009
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Und sie löschte deiner Füße Spur

Langsam bewegte sich die junge Frau über den Strand. Der weiche, kühle Sand unter ihren Füßen gab nach, passte sich ihrem Fuß an und so rollte sie ihn langsam ab. Erst den Ballen, dann die Fläche und zum Schluss die Zehen.
Seit sie aus dem Auto gestiegen war fühlte sie sich befreit. Seit Tagen konnte sie endlich wieder richtig atmen, zog nun die salzhaltige Luft tief in ihre Lunge ein und atmete sie langsam wieder aus. Der Wind ließ die Sträucher am Rande des Strandes sanft und gleichmäßig nach Westen wehen, durchspielte die blonden Haare des zierlichen Geschöpfs. Währenddessen überschwemmte das kalte Wasser die Füße der Unbekannten und lies sie zusammenzucken. Die Flut war am kommen und würde das Watt bald an sich reißen, würde den Problemen der jungen Frau ein Ende setzen. Probleme, die in ihrem Kopf ein letztes Mal spukten, sich ein letztes Mal in ihren Augen widerspiegeln würden.
Das Meer zog sich zurück, einige Meter, bis es wieder vorschnellte und ihre Füße traf. Ihre Finger zogen sich zusammen und ballten sich zur Faust, sie biss sich auf die blasse, raue Lippe. Ihre Augen schmerzten vom scharfen Wind, die Beine taten ihr weh vom hartnäckigen, nassen Sand, in den sie immer wieder mit den Füßen einzusinken drohte. Wieder zog sich das Wasser zurück, nur nicht mehr so weit wie vorher, es würde zurückkommen. Und die junge Frau blieb stehen. Ihr dünnes, weißes Sommerkleid wurde an der feinen und zugleich alten Spitze nass. Eine Gänsehaut überlief den ganzen Körper des zierlichen Geschöpfs, das sich mit aller Kraft gegen die Angst wehrte. Irgendwo in ihr schlummerte noch dieser kleine Funken Hoffnung, eine Stimme, die ihr sagte, dass es nicht richtig war, was sie tat.
Die Minuten vergingen. Ein auf und ab ihrer Gefühle, die Freude über die Erlösung, die Angst vor dem Ende, die Panik vor einem Schiefgehen. Und in ihrem Kopf schrie doch diese Stimme. Die Stimme des kleinen Mädchens, das statt Helena meist nur Lena gerufen hatte, mit einem engelsgleichen Lächeln, dem Strahlen in den Augen, die Arme nach ihr streckend. Und ein kleines Lächeln umspielte die rauen Lippen der Schönen während in ihren Augen die Tränen hochstiegen. Sie blinzelte sie schnell weg, verschränkte die Arme, schaute an sich hinunter. Das Wasser befand sich bis zu ihren Knien, es schwappte immer wieder hoch, befeuchtete die Spitze ihres Kleides. Ihre Füße fühlten sich taub an, auch ihre Beine, und doch trugen sie die junge Frau noch.
Sie würden sie tragen bis die Lebendigkeit aus Helena wich, bis das Ende bevor stand. Das Ende, das sie sich seit Wochen, ja Monaten ausmalte. Und es in letzter Zeit auch ausgesprochen hatte.
Ich bring mich um, hatte sie zu ihrer besten Freundin gesagt. Und die hatte gelacht. Was für ein Quatsch, dafür liebst du das Leben viel zu sehr. Marie hatte gegrinst. Den Kopf leicht geschüttelt. Nein, nein! Ich bring mich wirklich um. Ich kann das nicht mehr. Ihr versteht mich nicht! In Panik war sie einige Schritte im Maries Wohnzimmer zurückgegangen, war nach hinten auf den mächtigen Ohrensessel gefallen.
Nein, Lena, das würdest du mir nicht antun.
Die nächste Stimme in ihrem Kopf.
Helena, tu das nicht. Du weißt was du mir bedeutest. Du weißt wie sehr wir dich lieben. Mein Herz hängt an dir, hörst du?
Es war unreal. Das war nicht Marie. Marie würde schreien, Marie würde in Tränen ausbrechen, Marie würde sie in den höchsten Tönen anflehen. Diese Stimme in ihrem Kopf war eher wie eine Synchronisation mit falschem Inhalt. Und diese Lüge brachte sie nicht von ihrem Vorhaben ab.
Sie hob den Kopf an, in Richtung des klaren, blauen Himmels. Die Wolken des Tages hatten sich verzogen, die Sonne langsam auch. Die letzten Sonnenstrahlen trafen auf ihr ebenes, klares Gesicht, die so sanften, geglätteten Gesichtszüge in denen man ihre Sorgen nicht erkannte. Helena schloss die Augen, breitete die Arme aus als wolle sie fliegen und hob den rechten Fuß an, zog ihn durch das Wasser und setzte ihn vor sich auf. Versank wieder in dem Sand und ihre Beine zitterten. Das Wasser streifte an ihrem Oberschenkel vorbei, schwappte hoch bis zu ihrem Bauch, der sich schmerzhaft zusammenzog. Es trug den Saum, die Spitze des Kleides auf seiner Oberfläche. Der Wind riss am zerbrechlichen Körper des jungen Geschöpfs, ihre Augen zuckten leicht, die Haare wehten durcheinander. Und ihre Beine zitterten immer mehr. Doch außer diesem Zittern spürte sie nicht mehr viel. Sie spürte die Kälte nicht mehr, ihr Unterkörper fühlte sich taub an und das Wasser stand der jungen Frau bis zur Hüfte.
Lass es schnell gehen. Schnell vorbei sein. Lass mich nicht leiden. Gott, lass mich bei dir sein. Lass mich zu dir. Sei gnädig, bitte!
Ein letztes Stoßgebet gen Himmel. Eine Träne lief Helena die Wange hinunter, sie presste ihre Augen zusammen, das Meer schwappte über ihre Brust, ihr Körper krümmte sich und der entscheidende Moment schien gekommen zu sein. Das Geschöpf schnappte nach Luft, ihre Beine gaben nach, sie sackte zusammen und hielt sich die Hände vors Gesicht. Ein letztes Mal zuckte ihre Hand, ihre Lippen lösten sich voneinander, formten ein tonloses Wort, die Luft wich aus ihrer Lunge, das Wasser strömte in ihren Mund.
Es ergriff ihren Körper wie einen wehrlosen Gegenstand, einen Sack, die Flut hatte ihr Opfer gefunden. Das Opfer, das das Meer schon immer geliebt hatte. Die schönsten Tage am Strand erlebt, die Klippen waren ihr Ort der Ruhe gewesen. Und jetzt der Ort ihrer ewigen Ruhe.

 

Moi beatingHEARTS,

Dein Text konnte mich leider nicht überzeugen. Und zwar aus zwei Gründen:

* Sicher auch Geschmacksache, aber das ist schon dickes Pathos - für mich ist die Grenze zum Kitsch eindeutig weit überschritten:

Der Wind ließ die Sträucher am Rande des Strandes sanft und gleichmäßig nach Westen wehen, durchspielte die blonden Haare des zierlichen Geschöpfs.
Die letzten Sonnenstrahlen trafen auf ihr ebenes, klares Gesicht, die so sanften, geglätteten Gesichtszüge in denen man ihre Sorgen nicht erkannte. Helena schloss die Augen, breitete die Arme aus als wolle sie fliegen (...)
Die Stimme des kleinen Mädchens, das statt Helena meist nur Lena gerufen hatte, mit einem engelsgleichen Lächeln, dem Strahlen in den Augen, die Arme nach ihr streckend. Und ein kleines Lächeln umspielte die rauen Lippen der Schönen während in ihren Augen die Tränen hochstiegen.
Puha, das ist schon volle Breitseite. Und dann auch noch dieser religiöse Dreh am Ende. Mag aber ja durchaus bei anderen Lesern funktionieren.

* Was ich nicht glaube: Da ertränkt sich eine im hüfttiefen Wasser? Niemals. Wenn Du mal bei stärkerem Wellengang im Meer schwimmen warst, untergegangen bist, unter Wasser die Orientierung verloren hast, wirst Du wissen, wie schnell Du instinktiv kämpfst. Selbst wenn die Situation nichtmal ansatzweise lebensbedrohlich ist. Diese Instinkte lassen sich nicht einfach durch Verzweiflung ausschalten; eine Person gleitet da nicht derart friedlich, sanft und schnell in den Tod, sorry.

Insgesamt fehlt mir der Zusammenhang, warum das genau geschieht, die Figur bleibt mir daher fremd, ihre Motivation ebenfalls. Sprachstil und Handlung schaffen für mich zu viel Distanz; der Text kann mich nicht fesseln.


Tut mir leid, daß ich nichts Positives sagen kann, vllt geht es anderen Kommentierenden ganz anders.
Moi moi, Katla

 

Hallo beatingHEARTS und herzlich willkommen erstmal :)

Nur beim Titel dacht ich schon: Auweia, das wird entweder heftig kitschig oder krampfhaft tiefsinnig.
Naja, am Ende isses ne Selbstmordgeschichte geworden... hm, die ham ja konsequent Hochkonjunktur, warum auch immer, und bieten Potential für beides (daran liegts warscheinlich :D ).

Mir als Leser den Freitod eines Menschen, seine Gefühle die ihn dazu bewegen nachvollziehbar, oder zumindest irgendwie erahnbar zu machen ist keine leichte Aufgabe. Wenn ichs mir recht überlege falln mir wenig Texte ein die diese Intensität jemals in meinen Augen rübergebracht haben. Häufig wird das Thema leichtfertig benutzt aufgrund der emotionalen Aufladung welche es an sich mit sich bringt. Ich will dir das hier nicht als Intention unterstellen, ich betrachte nur den Text und sehe eine farblose Figur die sich umbringt (auf eine recht unrealistische Art, da muss ich Katla beistimmen), es wird mir nicht ersichtlich warum, ich kann nicht mitfühlen, ich kann es nicht verstehen. Der Text dreht sich nur um die Oberflächlichkeiten ihres Ablebens, die Erinnerungen sind Klischees und bieten auch keine Erklärungen.

Für eine kleine Schreibübung finde ich das Thema zu heftig, das hinterlässt den schalen Beigeschmack der Oberflächlichkeit.
Frage dich einfach: Was willst du erzählen? Einfach nur das sich eine Frau ertränkt in einer Szenerie die an eine Davidof-Werbung erinnert? Das kann ich mir kaum vorstellen. Wenn es dir aber darum geht Gefühle zu beschreiben, dem Leser eine Figur erlebbar zu machen, dann musst du nicht so dick auftragen um das zu erreichen. Lass den Leser der Figur folgen, mit ihren Augen sehen. Das können Kleinigkeiten seien, es muss nicht um Suizid und Totschklag gehen. Schlichte Sätze die dem Leser Interpretationsraum lassen und Identifikationsspielraum, der Druck auf die Tränendrüse ist überflüssig...
Das lässt sich leicht daherreden, ich weis, die Praxis erfordert viel Übung; Aber ich hoffe es ist rübergekommen welche Tendenz ich meine.

Schöne Grüße,
Skalde

 

Hi BeatingHEARTS!
Im Grunde kann ich mich den beiden anderen nur anschließen, ich möchte aber noch zwei Sachen anmerken:
1. Ich weiß nicht wie relevant das ist, aber folgender Satz ist unlogisch:

Lass es schnell gehen. Schnell vorbei sein. Lass mich nicht leiden. Gott, lass mich bei dir sein. Lass mich zu dir. Sei gnädig, bitte!
Für die christliche Religion (auf die du dich wahrscheinlich beziehst) ist Selbstmord die einzig unsühnbare Sünde. Ich weiß nicht - ich bin nicht christlich - wie genau das heute noch von den Gläubigen genommen wird.
2. Glaube ich das ein Teil des kitsches in den immer neuen Beschreibungen der Heldin liegt. Warum ist es wichtig wie sie angezogen ist? Wer achtet auf so etwas wenn er sich umbringt? Warum ist es wichti dass sie gut aussieht? Macht es einen Unterschied? Interessanter wäre was für Probleme sie hat. Man bringt sich nicht einfach so aus heiterem Himmel um. Ich glaube - aber ich bin mir nicht sicher - es sind diese Beschreibungen von unwesentlichen Details, die natürlich alle wunderschön sind, die Kitsch ausmachen. Diese sanfte Sprache passt einfach nicht zu den Emotionen der Handlung.
Ich hoffe du kannst irgendetwas mit meiner chaotischen Kritik anfangen ;)
S:)nnige Grüße
Cathy

 

Hallo beatingHEARTS und herzlich willkommen hier!

Ich stimme meinen Vorkritikern vollumfänglich zu. Zusätzlich möchte ich aber noch einen Punkt anbringen: Du hast häufig falsche Bezüge im Text, was es relativ schwer macht, selbst der dünnen Geschichte zu folgen.

Hinzu kommt: Alles dreht sich um eine sehr blasse Protagonistin, von der man nicht viel erfährt. Dann kommen noch andere Personen ins Spiel, von denen man ebenfalls nahezu nichts erfährt. Mir war nicht ganz klar, wer hier wer ist und welche Rolle er/sie spielt. Beispiel:

Und in ihrem Kopf schrie doch diese Stimme. Die Stimme des kleinen Mädchens, das statt Helena meist nur Lena gerufen hatte, mit einem engelsgleichen Lächeln, dem Strahlen in den Augen, die Arme nach ihr streckend.
Hier dachte ich zunächst, die Stimme des kleinen Mädchens in ihrem Kopf sei von ihr selbst, als sie noch Kind war. Und wunderte mich, wer denn nun Helena ist. Das kleine Mädchen könnte aber auch ihre Tochter sein (aber dann bliebe immer noch die Frage, wer Helena ist, denn ein Kind spricht seine Mutter in den seltensten Fällen mit Vornamen an). Das kleine Mädchen könnte auch ein Nachbarskind sein. Oder wer auch immer. Gleiches trifft auf Helena zu. Hier ist nichts klar. Die Verwirrung hält auch noch an, als Marie ins Spiel kommt. Erst gegen Ende der Unterhaltung (Warum kursiv und nicht in Anführungszeichen? Bei Sprecherwechsel sollte ein Zeilenumbruch erfolgen, so kann der Leser einem Gespräch besser folgen) wird klar, dass die Selbstmordkandidatin mit Helena gemeint ist. Nun aber die nächste Verwirrung: Wer ist Marie? Und warum ist sie wichtig? Beziehungsweise unwichtig, denn sonst würde sich Lena-Helena ja nicht umbringen, wenn sie Marie sehr viel bedeutet und Marie ihr ebenfalls.

Dein Text wirft mehr Fragen auf als er beantwortet. Das Motiv ist auch absolut nicht nachvollziehbar, es findet ja keinerlei Erwähnung. Das haben meine Vorkritiker ja bereits angemerkt. Mitgefühl kommt keines auf, weil deine Protagonistin zu blass bleibt und ihr Handeln nicht nachvolziehbar ist. Ein Text, den man schnell wieder vergisst, sorry.

Versuch mal, deine Hauptfigur mehr in den Vordergrund zu stellen, sie besser kennen zu lernen und dem Leser näherzubringen. Das ist schwierig, aber lohnend.

Viele Grüße
Kerstin

 

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