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und so sprach der Affe
„Nein, nein, nein, hör mir doch zu. Wie hast du das gemacht? Verstehst du? Wie? Jetzt tu‘ nicht so, als ob du mich nicht verstehen könntest?!? Wie? Nur das Wie und dann bin ich glücklich, nur wie okay? Ein Wort dazu. Bitte. Wie?“
Der Schimpanse starrte Franz bloß mit großen Augen an.
„Siehst du diese Banane hier, siehst du sie? Du hast sie geklaut. Geklaut, verstanden? Ich möchte wissen wie. Wie hast du diese Banane geklaut?“
„Hey Blödmann! Affen können nicht sprechen!“, sagte ein vorbeilaufender Schüler.
„Verpiss dich, Arschratte!“
Franz glaubte daran. Er hatte den Affen sprechen gehört. Er wusste es. Dieser Affe kann sprechen. Warum kann er sprechen? Eigentlich war es das, was Franz wissen wollte. Und diese Banane! Einfach unmöglich! Wie hat er es geschafft, an sie heran zukommen?
„Ich weiß, dass du mich verstehst. Du kannst mich nicht verarschen. Weiß du eigentlich, dass du quasi mein Vorläufer bist? Ich bin dir in der Evolution Millionen von Jahren voraus. Deine Vorfahren sind in den Bäumen verblödet, während meine die Welt erobert haben. Die gesamte Welt, verstehst du? So wie ich dich kenne, weiß du das wahrscheinlich sogar. Und trotzdem willst du mich verarschen. Das gib‘s doch nicht! Jetzt möchte ich erstens wissen wie es dir gelungen ist, so verdammt intelligent zu werden und zweitens wie du es geschafft hast, diese Banane zu klauen.“
Der Schimpanse drehte sich um und kratzte seinen Hintern.
„Ach, das ist ja toll! Nur zu, kratz deinen Arsch wenn‘s juckt. Mich stört‘s nicht. Ja, schnüffele auch dran. Schnüffele! Du wirst mich nicht damit beeindrucken. Also gut, also gut, tut mir leid... Ich versteh‘ ja schon, ich verstehe. Du bist ein kluger Businessmanaffe. Mach‘s schon. Nenn deinen Preis. Nenn ihn. Was willst? Ich kann dir alles besorgen. Tausend weibliche Affen, wenn du willst. Unendlich viele Bananen. Das hört sich gut an, nicht wahr? Bananen und Affenweibchen. Was will man mehr? Wer weiß, vielleicht bekommst du deine eigene Talkshow. Das wär‘ doch nicht schlecht.“
Der Schimpanse sprang hoch und machte einen Salto. Er schrie und wälzte sich auf dem Boden.
„Jetzt lacht er mich auch noch aus. Lach du nur, ich krieg‘ dich noch. Ich weiß was du für einer bist. Ich hab‘ dich durchschaut. Du bist so was wie ein Affengenie, und du sitzt hier den ganzen Tag, schon seit Jahren, und guckst Fernsehen durch deinen Käfig, nicht wahr? Und so hast du das Sprechen gelernt, stimmt‘s? Und jetzt willst du es geheimhalten, damit man dich nicht als Forschungsobjekt benutzt. Komm schon! Alles hat seinen Preis. Nenn ihn, Affe, nenn ihn. Ich arbeite in den Medien. Wenn die Welt dich erst mal gesehen hat wird niemand mehr zulassen, dass man dich für die Forschung verwendet. Das verspreche ich. Es gibt nichts auf der Welt, was ich dir nicht geben könnte. Geld , Reichtum, Ruhm , Ehre... Die ganze Welt könnte dir gehören. Alles, was dein Affenherz begehrt. Die ganze Welt, hörst du? Die ganze Welt!!!“
Der Schimpanse streckte seine Hand durch den Käfig und deutete mit seinem Finger an, dass Franz doch näher kommen solle.
„Ich will Dschungel. Ja genau, du Mensch, Dschungel will ich. Ganz viele Bäume, so wie unsere gemeinsame Vorfahren sie früher hatten. Überall Bäume, soweit das Auge reicht. Außerdem will ich meine Familie wieder zurück. Ich will so leben wie in meiner Jugend, bevor ihr Menschen mich gefangen habt. Kannst du mir meine Familie wieder geben? Kannst du das mit deiner tollen Technik, Mensch? Kannst du die Schüsse wieder rückgängig machen. Kannst du meine Brüder wieder zum Leben erwecken? Kannst du wieder einen jungen unbesorgten Affenjüngling aus mir machen? Kannst du das? Ich will in einem Dschungel leben, wo es keine Menschen gibt. Wohin keine Menschen kommen und meine Familie ermorden oder um die halbe Welt schicken, um Zirkusclowns aus ihnen zu machen. Ich will wieder Fangen spielen mit meinem Bruder Tilo. Kannst du mir das beschaffen, Mensch? Nein. Das kannst du nicht. Und jetzt sage ich dir mal was zum Thema Evolution, du hochentwickeltes Wesen. Weisst du warum ihr Menschen es geschafft haben, die Weltherrschaft an euch zu reissen und warum wir noch in den Bäumen hängen? Wir liebten es in den Bäumen. Deshalb. Wir tun es immer noch. Das ist der Grund. Wir leben mit der Welt. Nicht gegen sie. Wenn ihr Menschen keine Bäume mehr habt, dann will ich sehen wie du guckst. Tausend Affenweibchen und eine Million Bananen. Hört sich echt prima an. Dazu Ruhm und Ehre. Echt gut. Echt toll. Aber ich bin nur ein dummer Affe. Ich bleibe lieber hier sitzen, täusche ein paar Menschen und klaue nachts heimlich Bananen. Mittags träume ich von meinem Bruder Tilo, meiner Schwester Jana und allen anderen, die nicht mehr sind. Ich träume von Afrika, nicht von der Welt. Genau darin liegt der Unterschied. Jeder Mensch würde gleich zusagen und die Welt von dir empfangen wollen, aber ich bin halt ein Affe. Die Welt, die ich gern hätte, existiert micht mehr. Und nun lass mich bitte, du... Arschratte. Ich träum‘ jetzt weiter...“