Und wieder ein Tag
Und wieder ein Tag
Es dämmert. Ein neuer Tag bricht an.
Es fühlt sich an als hätte ich die ganze Nacht kein Auge zugemacht, nur mühsam kann ich die Augen öffnen. Warum schlafe ich nur so schlecht in letzter Zeit?
Ich drehe mich zu deiner Seite des Bettes. Du bist ja gar nicht da. Du bist weg.
Also raus aus den Federn! Bevor ich ins Büro fahre muss ich noch zur Tankstelle und ich möchte heute mal ein frisches Brötchen zum Frühstück. Wie immer artet es in Stress aus.
Warum bekomme ich das eigentlich nicht hin mal früher aufzustehen und alles ganz in Ruhe zu machen? Das wird mein neuer guter Vorsatz! Wird schon klappen, oder auch nicht.
Jetzt schnell ins Bad. Was soll ich bloß anziehen? Na die Klamotten von gestern tun es heute auch noch mal. Werde einfach einen anderen Schal nehmen, merkt schon keiner.
Wo ist denn jetzt mein Handy? Ach da liegt es ja. Nein das ist ja deines. Du hast es vergessen. Typisch, mein Schatz! Und deine Jacke liegt auch noch über dem Sessel.
Früher hat mich das wahnsinnig gemacht, wenn hier immer alles von dir rumlag.
Heute nicht mehr. Man verändert sei Sichtweise wohl doch im Laufe der Zeit.
Jetzt aber schnell raus hier.
Wie immer sind die Straßen voll. Warum fahren eigentlich alle dann, wenn ich auch zur Arbeit muss? Immerhin muss ich erst um halb neun im Büro sein, da sollten doch die meisten schon durch sein. Ach nee! Jetzt muss natürlich auch noch die Müllabfuhr vor mir hereiern.
Weg da! Ich habe es eilig. Mein Blutdruck steigt. Ich spüre meine Halsschlagader pumpen.
Endlich im Büro angekommen. Natürlich habe ich den blödesten Parkplatz bekommen,
nachdem ich nicht tanken war und mir auch kein Brötchen gegönnt habe!
Ich war ja damit beschäftigt meinen Blutdruck unter Kontrolle zu halten.
Warum wird hier seit neuestem immer getuschelt auf den Gängen? Haben die nichts zu tun?
„Biggi, kannst du mir meine Post geben?“
„Auch die von gestern?“ fragt sie zurück.
„Wieso auch die von gestern ? Hast du mir da keine gegeben?“
„Wozu sitzt du eigentlich hier, Biggi? Du sollst du nur ein paar Dinge für mich machen.
Bist du damit schon überfordert, oder was!?“
Ich bin wütend!
Der Tag zieht sich. Ich hatte soviel zu tun, dass mir erst am Nachmittag einfällt das du gar nicht angerufen hast. Gerade als ich mich etwas in meinem Bürostuhl zurücklehne
klingelt das Telefon. Na geht doch, denke ich.
Meine Mutter!
„Mama, kannst du mir mal sagen, warum du jetzt täglich anrufst? Bisher war es doch auch egal wie es mir geht! Warum auf einmal diese mütterlich Fürsorge? Nein, ich bin nicht genervt! Und nein, ich komme auf gar keinen Fall heute Abend noch vorbei! Ja doch, ich melde mich. Bestimmt. Aber ich muss jetzt hier auch weitermachen. Tschüss.“
Ok, ich war auch schon mal netter zu ihr, aber diesen Anruf wollte ich jetzt so überhaupt nicht. Ich mache das wieder gut. Bestimmt.
Aber in diesem Moment wollte ich doch etwas anderes, als den Anruf meiner Mutter.
Raus aus dem Büro. Mein Magen knurrt. Keine Lust einkaufen zu gehen, zuhause findet sich schon was und wir können ja auch was bestellen.
Im Treppenhaus treffe ich Maja.
„Hallo Maja. Ja, mir geht’s gut, ich schlafe nur schlecht. Aber danke der Nachfrage.
Spieleabend? Seit wann stehst du denn auf so was? Nein, ich brauche keine Gesellschaft.
Ich habe genug zu tun. Da ist man froh, wenn man wieder zuhause ist und seine Ruhe hat.
Ich wünsche dir auch einen schönen Abend!“
Auch so eine fürsorgliches Seelchen, die liebe Maja. Weiß gar nicht was das soll.
Ich schließe die Türe hinter mir. Es ist ganz still. Unheimlich still. Ich mag es nicht, wenn ich abends in diese Stille zurückkehren muss. Ruhe ist ja ganz schön, aber diese Stille.
Meine Beine sacken weg, mir bleibt kurz die Luft weg. Ich glaube ich falle um.
Schön stark sein und tief durchatmen. Ich atme zehnmal ein und wieder aus.
So langsam geht es wieder.
Jetzt sehe ich deine Sachen auf der Kommode liegen. Die Sachen die ich abgeholt habe.
Deinen Autoschlüssel habe ich in die Schale geworfen. Wie immer. Da liegt er nun auch noch. Dein Portemonnaie liegt da. Was machst du denn ohne Geld? Jeder braucht Geld, egal wo er hingeht. Dein Schuh steht auf der Kommode, da gehört er nun nicht hin, aber du hast einen in dem ganzen Chaos verloren hat man mir gesagt. Eigentlich könnte ich ihn ja wegwerfen. Was soll man noch damit, aber ich kann nicht. Noch nicht. Ich kann gar nichts mehr seitdem du weg bist. Ich atme nur und gehe durch den Tag. Du rufst nicht an. Nie mehr.
Nie mehr deine Hand auf meiner Hüfte. Nie mehr der Duft deines Aftershaves in der Luft.
Kein Lächeln, das mir deine wunderschönen blauen Augen zuwerfen. Keine Berührung und kein Kuss. Alles aus und vorbei. Für immer.
Ich nehme dein Hemd in die Hand. Es ist ein bisschen Blut daran. Ich werde es in kaltem Wasser einweichen, dann geht es wieder raus. Das bekomme ich wieder hin.
Aber jetzt lege ich mich zuerst einmal ein bisschen auf’s Bett. Heute bin ich besonders müde.
Ich schlafe so schlecht in letzter Zeit.