Und wieder
Sie weinte so sehr. Konnte sich nicht beruhigen.
Jedes Mal, wenn ich Sie wieder anprach, sie versuchte in die Arme zu nehmen, entfernete sie sich mehr von mir.
Ich war so hilflos, blickte immer wieder um mich. Doch es kam niemand, keiner der mir helfen konnte, keiner der ihr helfen würde.
Es brach mir das Herz, sie so zu sehen.
Sie sah so anders aus, wie sie da stand, in sich zusammen gesunken, die Haare strähnig vor dem rechten Auge. Die Arme schlang sie nur dann um sich, wenn ich mich ihr näherte. Die andere Zeit hingen sie nur an ihr herunter. Alles an ihr schien traurig. Ihre sonst so leuchtend blauen Augen blickten starr, wenn sie sie für einige Momente öffnete. Die meiste Zeit aber blieben sie geschlossen, als wenn sie sich vor der Wahrheit verstecken würde.
Ich versuchte es nochmal, streckte ihr nur meine Arme entgegen, vor lauter Angst, sie würde bei meinem Näherkommen wieder völlig zurück schrecken.
Dieses Mal wich sie nicht zurück, nahm aber nicht meine Hände, legte sich nicht in meine Arme. Sie stand nur da und blickte mir in die Augen. Schaute mich wortlos an. Sie brauchte nichts sagen. Ihre Augen spiegelten den schieren Schmerz wieder. Ich merkte, wie auch mir eine Träne die Wange herunterrinn.
Sie ging an mir vorbei. Ich drehte mich schnell um, wollte sie einholen, ihr ausreden weiter zu gehen. Als ich ihren Arm festhielt, schob sie ihn sanft, aber bestimmt weg. Ich sah, als ich ihr langsam hinter herging, wie sie ihren Körper aufrichtete. Wie um sich auch innerlich zu strecken, sich selbst Mut zu machen.
Ich hatte diese Geste schon oft gesehen. Ich bekam Angst. "Halt", rief ich. "Warte....bitte."
Doch sie blieb nicht stehen, sondern streckte nur den rechten Arm zu mir aus, um mich zurück zu halten. Die Geste duldete keine Wiederworte. Sie wollte gehen, wollte es nochmal sehen. Und nichts könnte sie aufhalten.
Ich blieb stehen, resigniert. Ich schloß die Augen, atmete tief durch. Ich konnte ihr nicht helfen, noch nicht.
Ich wusste, sie musste wieder hinschauen, um es zu begreifen, es endgültig zu realisieren.
Aber ich spürte selbst den Schmerz, den sie empfand, als sie der Wahrheit noch ein Mal ins Auge blickte.