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Unerreichbar
Unerreichbar
--- Deine Träume sind wie die Sterne. Du kannst sie nicht erreichten, aber dich nach ihnen orientieren.
Es war ein Mädchen. Ein fremdes Mädchen. Ich wusste nicht, woher sie kam und wie sie hieß. An den sonnigen Nachmittagen im Frühling saß sie oft auf dem grünen Rasen im Park. Oft hatte sie ein Buch in der Hand, oder schrieb irgendetwas in ein Heft hinein.
Damals hatte ich nach der Schule oder in den Ferien nicht sonderlich viel zu tun. Deshalb ging ich oft in den Park, der sich gleich in der Nähe von meinem Wohnort befand.
Dann sah ich sie dort fast jedes Mal. An einem schönen, ruhigen Platz im Halbschatten. Ich glaube, ich hatte mich damals in sie verliebt.
Sie hatte lange Haare und dunkle Augen. Die Augen waren nicht düster. Im Gegenteil, sie besaßen einen unglaublichen Glanz. Es schien so, als würde sie mit diesen Augen träumen und gar nicht mehr wahrnehmen, wo sie sich befand und was um sie geschah.
Ich saß einfach etwa fünfzehn Meter von ihr entfernt und beobachtete sie. Ich achtete darauf, welche Kleidung und Frisur sie trug. Manchmal sah ich auch, wie sie vor sich hin strahlte. Vielleicht war ihr in diesem Moment etwas besonders Lustiges eingefallen, oder sie hatte eine witzige Stelle in ihrem Buch entdeckt.
Wenn ich sie immer so aus der Entfernung betrachtete, fühlte ich mich seltsam glücklich. Wenn ich jetzt zurückdenke, besaß dieses Mädchen vielleicht genau das, was ich damals nicht hatte. Deshalb fühlte ich mich so dermaßen von ihr angezogen.
Sie war wie ein Engel und eine Göttin zugleich in ihrer eigenen Welt. Niemand konnte ihr diese Freiheit und Freude nehmen. Das ließ sie in meinen Augen sehr überlegen und faszinierend erscheinen.
Damals ging ich noch zur Schule. Ich wusste noch nichts mit meinem Leben anzufangen. Ich wusste nicht, wozu ich kämpfte und für wen ich kämpfte. In einer solchen Welt sah ich kein Licht, das für mich strahlte.
Dann, ganz zufällig, traf ich auf sie. Sie kannte mich nicht und würde mich auch nie kennen lernen. Trotzdem gab sie mir etwas, was ich aus welchem Grunde auch immer bereits lange losgelassen hatte.
Sie verkörperte den Glauben und die Hoffnung. Es reichte mir bereits, sie dort antreffen zu können. Ich wollte sie in ihrer Welt nicht stören und mir dieses schöne Bild von ihr zerstören.
Deshalb hatte ich sie nie angesprochen. Auch nicht, als ich mit meiner Familie in einen anderen Stadtteil zog. Von da an hatte ich sie nicht mehr gesehen, weil man über eine Stunde brauchte, um von dort zum Park zu fahren. Außerdem gab es ein anderen Park in der Nähe.
Jetzt, nach all den vielen Jahren, erinnere ich mich noch manchmal an sie. Ich habe mir all die schönen Bilder sorgfältig in meinen Erinnerungen aufbewahrt. Jedes Mal, wenn die Sonne scheint und ich wieder in einem Park sitze, sehe ich das Mädchen noch genau vor meinen Augen.
Das Mädchen mit all den Erinnerungen an sie, die zum Teil meines Lebens geworden sind. Die schönsten Erinnerungen, die mich bisher im Leben begleitet haben.