Unheimliche Begegnung
Unheimliche Begegnung
„Habt ihr auch davon gehört?“, fragte Ingo seine Freunde, drehte sein Bierglas in den Händen und nahm dann einen großen Schluck. Interessiert und fragend schauten Gerd und Andreas Ingo an.
„Na ja, es ist so, da gibt es ein Waldstück, soll gar nicht so weit weg von uns sein. Mein Großvater erzählte mir, dass es da nicht mit rechten Dingen zugeht. Er war wohl einmal dort gewesen und hat sich so gefürchtet, das er sich geschworen hat, nie wieder dorthin zu gehen.“ „Und, was hat er dort erlebt, was hat er dir noch erzählt?“, fragten die Anderen voller
Neugier. „Am Tage soll es dort wohl ganz normal sein, aber am Abend, wenn es dunkel wird, soll es spuken.“ „Das glauben wir nicht“, lachten Gerd und Andreas, „es gibt keinen Spuk, dein Großvater wollte dich erschrecken.“
„Na, wenn ihr euch so sicher seid, lasst es uns herausfinden,“ meinte Ingo und grinste. „Schlafen können wir bei meinem Großvater. Er hat ein großes Haus mit Garten, da ist genug Platz. Wann soll es losgehen?“
„Na, gleich am Wochenende“, antworteten seine Freunde. “Stoßen wir darauf an“.
Laute Musik erklang aus dem Auto-Radio. Die 3 jungen Männer lachten, scherzten und freuten sich auf das gemeinsame Wochenende und vielleicht auch auf ein bisschen Abenteuer. Jedenfalls war es schön, einmal etwas Anderes zu erleben und so genossen sie bereits die Fahrt zu Großvaters Haus in vollen Zügen. Ingo hatte ihn angerufen und auf das Kommen vorbereitet.
Das Dorf, in dem Großvater lebte, lag wunderschön, viel Wald, frische Luft - entspannend für einen Stadtmenschen. Der alte Herr freute sich, holte den Grill heraus und verwöhnte alle mit Würstchen und Fleisch und dazu ein paar kalte Getränke.
Erst als sie satt und zufrieden gen Sternenhimmel schauten, fragte Ingo, ob Großvater ihnen das Waldstück zeigen könnte.
Am nächsten Morgen fuhren sie ins schöne Briseland. „Hier ist es“, sagte Großvater, lehnte sich nach dem Aussteigen ans Auto und blinzelte gen Licht. Enttäuscht schauten die Drei auf das Waldstück. Es sah ganz normal aus, nichts wies darauf hin, dass man sich hier gruseln könnte. Langsam schlenderten sie darauf zu und sahen sich um.
Ein kleiner Trampelpfad schlängelte sich durch die Bäume. Links und rechts war Gras, dann Gehölz, Tannennadeln, na ja, alles typisch für ein Waldstück.
„Hier schaut mal“, rief Andreas, bückte sich und hob aus dem Gras eine Taschenlampe auf.
„Ha, noch voll funktionstüchtig“, freute er sich und fügte hinzu: „Hat wohl jemand in Eile vergessen oder fallen gelassen.“
Den Nachmittag verbrachten sie ruhig. Jeder hing so seinen Gedanken nach und bereitete sich seelisch und moralisch auf den Abend vor. Dann, als es dämmerte, wurden Taschenlampen und ein Fotoapparat ins Auto gepackt.
Großvater beobachtete das Treiben mit einem verschmitzten Lächeln.
„Na dann bis später“, rief er und winkte den jungen Leuten nach. Dann setzte er sich in seinen Schaukelstuhl, zündete sein Pfeifchen an, dazu gönnte er sich ein Gläschen Rotwein.
Der Himmel war voller Sterne und der Mond schien wunderschön.
Durch den Mondschein war es nicht zu dunkel und man konnte etwas sehen.
Aufgeregt stiegen Ingo, Gerd und Andreas aus. Die Taschenlampen fest in den Händen haltend bewegten sie sich auf das besagte Waldstück zu.
Es war schon komisch. Alles war ganz still. Es lag so ein Kribbeln in der Luft und irgendwie war da so ein klammes Gefühl, obwohl alles normal schien.
„Lasst uns den Weg von heute Mittag gehen“, schlug Ingo vor und ging mutig als erster in den Wald. Die Taschenlampen leuchteten. Die Zwei folgten Ingo. Nur der Schein der Lampen wies ihnen den Weg. Es war, als wenn sich hinter ihnen die Bäume schlossen. Auch der Mond konnte sein Licht durch die Baumkronen nicht entfalten. Keiner sagte ein Wort. Die Stille, die Dunkelheit – da, ein Knacken. Abrupt blieben die 3 stehen und lauschten dem Geräusch, leuchteten in die Richtung - nichts.
Ihre Herzen schlugen vor Aufregung lauter, die Hände wurden nass.
„Mir ist es hier zu blöd“, flüsterte Andreas.
„Ihr seht ja, hier ist nichts, als die Dunkelheit des Waldes.“
In diesem Augenblick bemerkte Ingo in ungefähr 100 m Entfernung einen kleinen hellen Lichtpunkt.
Das Licht bewegte sich. Doch bevor er seine Freunde darauf aufmerksam machen konnte,
sahen sie es auch. Es war ein kurzes helles Leuchten, entschwand dann wieder, um erneut sein Licht zu entfalten. Wie gebannt starrten sie in die Richtung. Sie waren wie gelähmt, konnten nicht weiter laufen. “Da schaut, rechts von uns leuchtet es auch“, bemerkte Andreas.
Wie aus dem Nichts kam das Licht, um dann wieder zu verschwinden.
Die Kehlen der Drei wurde trocken, Andreas flüsterte ganz heiser: „Es werden immer mehr
Lichter und ich denke, sie bewegen sich auf uns zu. Kommt lasst uns hier verschwinden.
Ihnen war, als würden sie von diesen Lichtern eingekreist. Langsam rückwärts gehend, die näher kommenden Lichter im Auge behaltend, bewegten sie sich wieder in Richtung Auto.
Die Lichter waren schnell, Panik ergriff die Drei, sie drehten sich um und rannten aus dem Wald, stürmten ins Auto, verschlossen die Türen und sahen zu dem unheimlichen Waldstück.
Wie Lichterketten war das Leuchten jetzt, es kam und verschwand, war mal größer, dann wieder klein und weg.
Was kann das wohl sein, grübelten sie, starteten im gleichen Augenblick das Auto, um diesen unheimlichen Ort zu verlassen.
„Na, wie war es“, fragte Großvater, als die Drei den Garten betraten.
„Habt Ihr die Lichter gesehen? Unheimlich, nicht wahr?“
„Ja“, antwortete Ingo seinem Großvater. „Du hattest Recht, es war gruselig und wir sind froh, wieder hier zu sein. Was könnte es wohl sein?“
„Kommt, setzt euch her, ich erzähle es euch“, lächelte der alte Herr. Ich wollte es euch nicht vorher sagen, damit auch ihr dieses Gefühl erlebt, wie ich in jungen Jahren.“
Fragenden Blickes nahmen die jungen Männer an seiner Seite Platz und lauschten gespannt seinen Worten.
„Das wir darauf nicht gekommen sind“, lächelte Ingo, drückte seinem Großvater die Hand und bedankte sich für dessen Schweigen. „Nur so konnten sich unsere Gefühle in heller Aufregung entfalten.“
Und später im Bett dachte jeder an das Geschehene, an das Leuchten der Glühwürmchen und an die Aufregungen, die damit verbunden waren.
Regina Kaute 04/04