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Unten in der Gruft
„Machen Sie die Taschenlampe an!“
Ich machte den Durchgang frei von den Spinnenweben und leuchtete mit dem Strahl der Taschenlampe in den Schlund der Dunkelheit, den uns die Gruft der Mauerfeilern nun frei gab. Eben noch drehten wir den Schlüssel herum und zogen mit vereinter Kraft die riesige Steintür auf.
Die Gruft, die schon von außen einen unheimlichen Anblick bot, mit den verschnörkelten Verzierungen und Engelsskulpturen, gab jetzt wohl den Inbegriff der abartigen Dunkelheit wieder. Die Dunkelheit, die mir und meinem Partner gegenüber stand schien herauszuquellen und jedes noch so starke Licht zu verschlingen. Selbst der Schein meiner Taschenlampe wurde von den unsichtbaren, pechschwarzen Händen erstickt.
Ich sah zu meinem Partner. Dieser stand wie versteinert da und starrte gebannt in die Öffnung die man selbst mit dem aufgerissenen Maul eines Alligators vergleichen konnte. Scheinbar ungewiss wo hin der Weg führen sollte.
Ich bemerkte, wie mein Partner all seinen Mut zusammen nahm. Ich versuchte die Stimmung aufzulockern.
„Na los, dann sehen wir noch mal in die Sonne und dann schauen wir mal was wir so finden werden.“
Mein Partner lächelte mich ironisch an und wir taten unseren Ersten Schritt in die Gruft.
Immer mehr entfernte sich das natürliche Tageslicht und wir mussten uns auf den künstlichen Schein der Taschenlampe stützen.
Über unser Gesicht, spannten sich Spinnenweben und irgendwie schien es überall zu leben und zu krabbeln.
Ich leuchtete uns den Weg entlang, der endlos erschien.
Mein Partner, ließ Laute des Erstaunens von sich, bei dem Anblick der grässlichen Engelsskulpturen, die an der Wand auf großen Sockeln standen.
Die Engel, strahlten vor allem in dieser Dunkelheit etwas bedrohliches, wenn nicht sogar dämonisches aus.
Die Erzengel, die herrschend über das Gruftinnere wachten, schienen meinen Partner auf das höchste zu beeindrucken, da er immer wieder mit seinem Licht über ihre steinernen Körper fuhr.
„Bleiben Sie bitte dicht hinter mir, wir kommen gleich zu der Treppe.“
Ich leuchtete weiter. Ich bemerkte eine Maus, die knapp vor meinen Füßen über den Boden flüchtete.
Endlich erschien vor mir die erste Treppenstufe, die noch tiefer unter die Erde führte.
Dort unten war unser Ziel.
Wir gingen Schritt für Schritt immer weiter nach unten.
Wo wir oben noch dachten es würde nicht dunkler werden können, so erfuhren wir schnell das Gegenteil.
Ich bemerkte dass mein Partner immer nervöser wurde, je weiter wir runter gingen.
„Wir sind gleich da!“
Endlich spürte ich wieder geraden Boden unter meinen Füßen und schon stand ich auch vor dem Eisengitter.
„Hier, leuchten Sie mal.“
Während mein Partner mit zittriger Hand leuchtete, schloss ich das Schloss auf und schob das Gitter mit einem krächzenden Quietschen zur Seite.
Der Raum, den wir betraten, war nicht ganz von Dunkelheit erfüllt.
Wenige Löcher in der Decke beziehungsweise der Erde ließen weißes Licht in den Raum gleiten.
Meinem Partner verschlug es die Sprache.
Das was uns nun geboten wurde, war in gleichen Maßen beeindruckend, schrecklich, unheimlich und künstlerisch schön.
In diesem übergroßen Raum, waren mindestens zwei dutzend hölzerne Särge.
Alle in Reih und Glied aufgestellt. Alles Holzsärge, nichts besonders, nur zusammen gezimmerte Holzplanken.
Auf manche fiel das Licht und das gab einen gespenstischen Anblick.
Von anderen wiederum, konnte man nur vage die Umrisse ausmachen und es ließ sich nur vermuten wo sie standen.
„Tja, da sind sie wohl!“
Ich holte meinen Partner aus dem Erstaunen heraus und erinnerte ihn dass wir noch Etwas zu tun hatten.
Mein Partner und ich schritten zum ersten Sarg und packten unsere Instrumente aus.
Ich gab meinen Partner den Pflock und den Hammer in die Hände und nahm selber die Brechstange und setzte sie an den Deckel des Sargs an.
Ich schaute noch mal zu meinem Weggefährten dem die Angst in das Gesicht stand, dann riss ich krachend den Deckel auf.
Mein Partner ließ einen kurzen Schrei los und wich ein Stück zurück.
Ich ermahnte ihn ruhig zu bleiben.
Im Sarginneren, entblößte uns das Grauen ein neues Gesicht.
Der Körper, der im Inneren lag, wurde genau von einem der Lichtkegel getroffen. Vor allem das Gesicht wurde dadurch entsetzlich betont.
Die Leiche hatte weißgraue, die Haut war gelblich und war kahl.
Sie war vollkommen nackt, nicht mal eine Decke lag darin.
Der Körper war sehr dürr, die Arme waren kaum dicker als ein Gartenschlauch und man hätte alle Knochen, die unter der Haut hindurch schienen, benennen können.
Mein Partner war nun vollkommen erstarrt, ich glaube er konnte nicht einmal blinzeln.
Das Gesicht der Leiche war ebenfalls sehr erschreckend.
Die narbige, runzelige Stirn und die blutleeren Lippen.
Doch seltsamer weise strahlten die geschlossenen Augen etwas Ruhiges und Friedliches aus, als ob sie nur schlafen würde.
Ich blickte nach oben, das Licht aus der Welt über uns wurde schwächer. Es wurde Nacht. Es musste schnell gehen.
„Okay kommen Sie, ich zeige ihnen jetzt wie das gemacht wird.“
Er kam zu mir an den Sarg und ich nahm ihn Hammer und Pflock ab.
Ich legte den Pflock auf die dürre Brust des Körpers. Mein Partner bebte, auch meine Hand zitterte. Ich hob den Hammer in meine Hand und zielte darauf den Pflock in den Körper zu stoßen, genau an die Stelle an der das Herz liegen sollte.
„Können Sie auch genug sehen? Kommen Sie noch ein Stück näher!“
Mein Partner tat es und in diesem Moment, als er sich über den Sarg beugte, nahm ich den Hammer und schmetterte ihn auf dessen Kopf.
Sein Körper erstarrte und fiel in einem Wall aus unkontrollierbaren Armbewegungen um.
Nachdem ich mich wieder gesammelt hatte, blickte ich wieder nach oben.
Es war schon fast dunkel draußen. Ich beugte mich zu meinem Begleiter und schnappte mir die Instrumente, sowie seine Taschenlampe und rannte aus dem Raum. Ich schmiss das Gitter wieder zu und schaffte es erstaunlich schnell abzuschließen.
Mit meiner Taschenlampe konnte ich auf dem Körper meines Partners sehen und bemerkte dass er langsam wieder zu sich kam. Er richtete sich auf und torkelte auf mich zu. Vor dem Gitter ging er in die Knie und sah mich schmerzverzerrt an. Ich wusste noch nie was ich in so einem Augenblick sagen könnte.
Plötzlich tat sich etwas im Hintergrund, ein krachen und ein kratzen drang an unser Ohr.
Zeit für mich zu gehen.
Ein letztes Mal sah auf meinen Partner, dann fing ich an zu rennen.
Ich rannte die Treppe hinauf, ich brauchte keine Taschenlampe, denn ich bin den Weg so oft gelaufen das ich ihn auswendig kannte. Hinter mir hörte ich es plötzlich laut krachen. Scheinbar sind die Holzsärge aufgerissen worden. Ich rannte weiter.
Ich kam an den Engeln vorbei und immer lauter wurden die Geräusche von unten.
Plötzlich ertönten Schreie, Schreie von meinem Partner. Ich konnte das noch nie ertragen.
Endlich konnte ich den Ausgang sehen.
Es war zwar schon Dunkel in unsere Welt aber für mich kam es vor wie mitten am Tag.
Ich stürmte aus der Gruft. Nahm all meine Kraft zusammen und schmiss die schwere Steintür zu. Krachend fiel sie in das Schloss. Mein Schlüssel drehte sich mehrmals herum. Jetzt konnte man nichts mehr hören, doch in meinem Kopf konnte ich es noch sehen.
Ich sah genau vor mir was sich dort unten abspielte.
Unten in der Gruft
Guten Appetit meine Lieblinge!