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Urubu

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15.03.2009
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Urubu

Du bist so hässlich, Urubu. Schau mich nicht so an mit deinen nackten Augen. So richtig unschuldig, treuherzig blickst du auf mich herab. Mich ekelt vor dir. Ich kenne dich, Urubu. Für dich gibt es keine Treue, kein Mitleid, keine Scham. Nur die Gier ist dein Herr. Du hackst deinen Brüdern die Augen aus um einen Leckerbissen, du zerrst an Fleisch, das sich noch windet im Schmerz. Die Grausamkeit hat deine Federn schwarz getränkt, auch wenn du rein und flauschig geboren bist, weiβer als die Milch, mit der unsere Kinder Dich gefüttert haben. Sie wollten mir nicht glauben. Haben dich aufgezogen wie einen Säugling, wie ein Menschlein. Deinesgleichen, einen Geier, einen Aasfresser! Sobald du fliegen konntest, hast du gestohlen, gehackt und gekratzt, Gedärme, Unrat und Verwesung ins Haus gebracht, das Unheil selbst zu uns gebracht. Und deine Federn wurden schwarz. Dein nackter Kopf, kein zartes Rosarot, nur schmutziges Grau. Schau mich nicht so an, Urubu. Ich kenne deine Gier. So schnell wirst du mich nicht holen. Ich habe ein ganzes Leben vor mir, den Reichtum eines langen Lebens - des Erlebten. Glück und Schmerz, Freude und Tränen, die ich Tag für Tag zurückholen kann, wecken aus ihrem Schlaf. Tage, für die ich noch lebe!

Schau hinaus auf den Steg, Urubu, siehst du die Kinder ins Wasser springen? Fernando hat erst schwimmen gelernt. Paulo meistert den Fluss wie ein Delphin. Er schwimmt so weit hinaus, dass seine Mutter die Farinha stehen lässt und warnend ihren Mörser schwingt. Sie kann nicht schwimmen und fürchtet sich vor Krokodilen. Laurinha! Paulo weiβ längst, dass sie nur bei Nacht jagen. Wenn wir abends am Feuer sitzen, zählt er eifrig die Augenpaare. Und siehst du, Urubu, wie Fernando seinen ersten Fisch fängt? Wie er ganz allein da drauβen in seinem Kanu steht, und seinen Speer kaum aus dem Wasser bringt, so schwer ist der Pirarucu. Beinahe lässt Laurinha Maria von ihrem Schoβ fallen, aus Angst, der Fisch ziehe den Jungen ins Wasser. Dort, de gebückte Gestalt unter dem Strohhut ist mein Vater, der schweigsam in der Abendsonne ans andere Ufer rudert. Hinter ihm ein Junge, der Paulo zum Verwechseln ähnlich sieht. Da sitze ich in dem Kanu, das wir zusammen gebaut haben. Er nimmt mich mit auf meine erste Jagd. Mein Herz schlägt schnell in Erwartung des Busches bei Nacht, die Laute locken, der Puma ruft. Ich bin ein Mann.

Ich bin ein Mann, Urubu, ein Mensch. Ich sterbe nicht, ich komme in den Himmel, sagen die Missionare, oder in die Hölle. Ins ewige Feuer, sagen sie, weil ich das Buch nicht verehre. Auf nichts geschriebenes einschlagen, nicht zustimmen, wenn man die Zeichen nicht versteht. Das hat mir der Vater beigebracht, und keinem fremden Mann trauen, das hat uns Caboclos nur Unheil gebracht. Die Indios sagen, wir laufen der Sonne nach ins Reich von Tiwijo, dem Herrn der Flut. Wir fliehen aus dem Grab und der Fluss trägt uns nach Westen. Doch wer soll mich zur Erde setzen? Den Regenbogen erreichen wir, wenn uns eine Schlange beiβt. Wenn du mich frisst, Urubu, wo bringst du mich hin? Du bist wie die Indios, die ihre Neugeborenen begraben, wenn sie zu schwach sind, und ihre Alten verkommen lassen. Nur Axa ist anders. Bei Vollmond fand ich ein geräuchertes Antabein mit einem Pfeil an der Tür befestigt. Er versteckt sich, aber ich weiβ, dass Axa es war. Er war damals noch klein, doch die Umklammerung der Anakonda auf der Brust kann ein Mensch niemals vergessen, auch nicht den erlösenden Schuss. Ich höre noch seine panischen Schreie. Axa ist immer nah. Zuerst war es Neugierde auf den weiβen Mann, der mit lautem Schall eine Schlange tötet. Er war mir immer nah und jetzt bezahlt er mir für sein Leben. Axa wird mich begraben. Er lässt mich dir nicht ausgesetzt. Das schuldet er mir. Du bist niedriger als die Indios, Urubu. Du tötest deinesgleichen, um sie zu fressen, wenn sie schwach und verletzlich sind. Ich bin ein Mensch, ein Caboclo, ein Mann des Flusses, ein Riberinho. Ich schwöre nicht auf das Buch der Missionare und huldige nicht Tiwijo mit Opfern und Gesängen. Wie mein Vater und dessen Vater zuvor, ehre ich den Sonnenaufgang, das Strömen des Wassers, den Wind in den Bäumen und den Regen. Ich huldige dem Himmel, den Wolken und dem Regenbogen, würdige sie mit jedem Atemzug, mit jedem Schritt, jeder Bewegung. Wohin sie meinen Geist auch bringen mögen. Ich sterbe nicht.

Zuerst ging der Vater. Er ging so still dahin, dass ich es kaum bemerkte. Schlief einfach ein, ruhig und tief. Ich grub ihm ein tiefes Loch neben dem Goiababaum. Mit jeder Schaufel Erde, die auf ihn fiel, wurde mir bewusster, dass ich auf mich gestellt war. Der Bruder und die Schwester suchten ein neues Leben, die Freiheit in der Ferne. Die Törichten! Die Mutter nahmen sie mit. Sie suchte die Ferne vom Schmerz und starb bald an gebrochenen Wurzeln. Laurinha blieb. Die Ihren waren schon lange weg. Die meisten waren schon gegangen, doch fiel es mir kaum auf. Ganz langsam, direkt heimlich, verwandelte sich die Ruhe in Leere. Die Besuche wurden seltener, schon lange kein Fest gefeiert, die Schule seit Jahren geschlossen. Die Händler hielten es nicht mehr für lohnenswert, den weiten Weg zu fahren. Damals lebte der nächste Weiβe sechs Stunden mit dem Floβ entfernt. Heute sind es zwei Tage bis zum Gut von Seu Raimundo, wenn er noch lebt.

Laurinha blieb, warum sie blieb, verstand keiner auβer mir. Unser erstes Kind verlor sie durch die Hiebe ihres Bruders. Er jagte es aus, damit sie frei sei. Ein freies Mädchen wollte er in die Stadt mitnehmen. Sie floh in der Nacht vor der geplanten Abreise, verbrachte drei Tage im Busch, bis sie es aufgaben und sie dort lieβen, wo sie sein wollte.

Laurinha, du warst wie der Maracanã, der sein Nest von Generation zu Generation auf dem selben Baum baut. Auch treu warst du, wie der Maracanã, der ein Lebensbündnis eingeht und zu zweit die Jungen eitel behütet, damit sie nicht ausfliegen. Deshalb bliebst du bei mir.

Der Regen gleitet an mir ab, Urubu, so wie er an dir abgleitet. Wenn du da sitzt mit gebeugtem Haupt und geduldig die Schauer über dich ergehen lässt, nur dann siehst du würdig aus. Würdig des Himmels und der Erde. Doch der Regen wäscht dich nicht rein. Auch mich nicht, ich weiβ, Urubu, auch mich nicht. Der Wind bläst mir kalte Güsse ins Gesicht. Die Hängematte ist durchnässt, aber ich rühre mich nicht. In der Hütte regnet es durch das Dach. Das Holz ist morsch, zwei Bretter am Boden schon gebrochen. Käfer und Spinnen kriechen nachts durch das Loch und breiten sich aus. Sie haben mich nicht ausgetrieben. Hier drauβen ist mein Platz. Der Fluβ ist mein Leben. Lass die Ameisen suchen, ob es im Haus noch etwas zu Essen gibt. Lass die Eidechsen dort Unterschlupf finden. Ich brauche kein Haus mehr. Ich dulde den Regen so gut wie du.

Ich konnte sie nicht halten, Laurinha, konnte sie nicht mehr behüten. Paulo und Tefilia waren schon fort. Paulo wollte sich selbst überzeugen. Er glaubte uns nicht, was wir noch nie gesehen hatten. Vom Zorn getrieben zerhackte ich sein Kanu, Laurinha, und hättest du dich nicht dazwischen gestellt, dann hätte ich auch ihn erschlagen und sein Blut wäre auf unserem Boden geblieben. Auch Tefilia wäre geblieben, hätte ich dem Fischer ins Herz geschossen und nicht ins Bein, wie du mich anflehtest es zu tun. So erreichten wir nur, dass sie mich hassten und trotzdem flohen. Sie wussten nicht, was sie hatten, verstanden nicht, was sie brauchten, sie machten sich auf die Suche. Als du gingst, Laurinha, da konnte ich sie nicht mehr halten. Kein Maracanã kann die Jungen alleine halten. Es gab keine Schüsse mehr, keine Axt versperrte ihren Aufbruch. Ich hatte keine Energie. Mir fehlte deine Kraft. Du ruhst so nah bei unserer Hütte, doch die Kraft verlieβ mich, als das Leben aus deinen Augen wich. Sie gingen dahin, Laurinha, einer nach dem anderen. Keiner hat sein Nest auf unserem Baum gebaut.

Belinda liegt in unserer Hängematte, eine Hand in deiner, den Rücken zu mir. Ich höre sie atmen, wir sehen sie an, sehen einander an, und hoffen, dass sie bleibt. Wir hören Carlos und Nestor atmen, Renata und Maria, so nah bei uns. Fernando schläft mit Vania auf der Veranda. Ich sehe die Angst in deinen Augen, Angst, dass sie nicht bleiben.

Ich öffne die Augen, von einem Zwicken am Bein geweckt, und sehe schwarz, sehe dein schwarzes Gefieder vor mir. Du hast mir den Rücken zugekehrt. Eine Kralle auf der Hängematte, die andere bohrt sich in mein Fleisch. Das Zwicken kommt von weiter unten. Ich richte mich erschrocken auf, meine Faust schlägt nach dir aus. Ein kurzer Widerstand, das Flattern, der Wind, die Federn in meinem Gesicht, Verwirrung. Dann sehe ich dich auf deinem Baum landen. Höhnisch schaust du auf mich herab. Ich werfe den Krug nach dir und er zerbricht. Du hebst nur gleichgültig deinen nackten Kopf und verspottest mich mit deinem Blick. Mein Bein blutet. Du hast mit deinem schmutzigen Schnabel in meiner Wunde gestochert. Ein Krampf tief in meinem Bauch überwältigt mich, und der Ekel will hinaus, ich neige mich über den Rand der Hängematte und spucke alles aus.

Belinda war die letzte. Nestor kam und holte sie. Sie wollten mich mitnehmen, Laurinha, mich mitnehmen! Sie wollten mich nicht allein lassen. Doch gibt es eine gröβere Einsamkeit, als jene, die einen überkommt, wenn man seinen Wurzeln entrissen ist? Wir haben es gewusst, Laurinha, wir haben es gewusst, aber sie haben es nicht verstanden. Sie bauen ihr Nest an einem fremden Ort und pflanzen Bäume ohne Wurzeln. Sie pflanzen Kinder der Einsamkeit.

Wo bist du, Urubu? Flieg auch in die Stadt, wo der Abschaum wuchert. Die Verschwendung nährt dich gut. Treue kennst du nicht. Es zieht dich hin, wo sich dein Magen füllt. Wo etwas verwest, da gedeihst du. Aber mich bekommst du nicht. Axa hat wieder Fleisch gebracht. Hier ist ein Knochen für dich, denn ich weiβ, du wirst wiederkommen. Wo bist du? Hol ihn dir, bevor ihn die Ameisen fressen. Mich bekommst du nicht.

Carlos und Belinda kamen zurück, aber sie blieben nicht. Belinda kam, als verschwendete Liebe ihr tiefe Wunden kerbte, und nach langer Zeit hörte das Haus wieder Kinder lachen. Unsere Enkelkinder lernten rudern und Fische fangen, Belinda pflanzte Macaxeira und röstete Farinha. Ein Maracanã war zurückgekehrt. Doch als ihr Schmerz geheilt war, stellte sich die Leere ein, und sie machte sich erneut auf die Suche. Was sie nicht verstehen, Laurinha, ist dass man nichts findet, wenn man auf der Suche ist nach sich selbst. Nestor und Fernando haben nichts gefunden, die Stadt war nicht groβ genug, um ihre Einöde zu füllen. Sie sind weitergezogen, auf einem groβen Boot, entlang dem weiten Fluss bis in die Hauptstadt. In Lärm und Gewirre versuchen sie, die Stille zu vergessen, die sie zurücklieβen. Fernando verfolgt den Tumult mit gehetzten Schritten, und Nestor gieβt verzweifelt Cachaça in das Grab der Wurzeln.
Carlos kam oft vorbei, um nach mir zu sehen. Sowie ich schwächer wurde, bekräftigte er sein Drängen, ich sollte mit ihm kommen
Einen Arzt, ein Krankenhaus, Pflege, das bräuchte ich. Ich sollte zumindest bleiben, bis es mir besser ginge. Besser?
“Mein Sohn, hast du auch nicht die einfachsten Dinge von deinem Vater gelernt? Was geschieht mit einem Fisch, wenn du ihn aus dem Wasser ziehst?”

Ich wusste, du würdest zurückkommen. Weit konntest du nicht sein. Du willst der erste sein beim Leichenschmaus. Nimm noch ein Stückchen Fleisch! Es reicht für uns beide. Ich brauche nicht viel. Komm näher. Es widert mich an, wie du an jedem Bissen würgst. Komm, friss aus meiner Hand! Du traust mir nicht, doch bist du gierig. Komm noch ein bisschen näher!

Schau mich nicht so an, Urubu! Es ist so hässlich, wie du würgst. Fast treuherzig flehst du mit deinem Blick ums Leben, doch niederträchtig krallst du die Klauen in meinen Bauch. Ich kenne kein Mitleid mehr, fühle keinen Schmerz. Dein Hals fühlt sich schmutzig und rauh an. Er windet sich in meinem Griff. Es widert mich an, wie deine starren Augen aus ihren Höhlen ragen. Lass dein abscheuliches Haupt nicht auf mich fallen. Der Fluss soll dich tragen, weit fort. Sein Strömen singt mich in den Schlaf.

 

Hi Lisa,

Schwere Kost - wenngleich sie mich auch entführt hat in eine andere Welt.
Glaube bei den Indios gelandet zu sein - Amazonas oder so.

Was Du da kurz mal so erzählst wäre schon eines Buches würdig. Du scheinst ja eine Menge darüber zu wissen. Ich glaube 50 neue Namen gelesen z uhaben, die alle irgendwas bedeuten - aber was?

Es ist zuviel erzählt auf zu wenig Text - wenn ich mir das erlauben darf zu sagen.

Aber durchaus ein eigenwilliger Sprachstil - vielleicht auch typisch für den Indio.

Trotzdem - mach ein Buch draus, dann kannst Du Dir mehr Zeit lassen, die einzelnen Passagen auszuschmücken.

Hier gehts um den Umgang mit dem Tod, den Priestern, denen man nicht vertraut, dem Aufwachsen, Kämpfe mit Schlangen, ... Und immer wieder den Vogel, der lauernd auf einen wartet und versucht zu holen. Nicht zu vergessen die Krankheiten.

Hoffe ich habe das alles richtig rausgelesen - einfach wars nicht :-)

Riecht nach Karl May am Amazonas :-)

lg gdeki und mach ein Buch draus.

 

Salve Elisabeth,

ein paar von Deinen Geschichten hintereinander weggelesen, und man hat den Eindruck, man riecht schon Südamerika :).

Deine Geschichte ist dicht, sehr dicht. Ich mag das, weil sich bei solchen Texten bei jedem Lesen immer weider neue Türen und Türchen öffnen.

Verstehe ich es richtig, dass ein alter Caboclo (oder wie auch immer er sich selbst bezeichnen mag) in seinen letzten Tagen sein Leben Revue passieren lässt?
Dabei adressiert er einen Urubu, den offensichtlich die Kinder aufgezogen haben - keine hanung, ob diese Vögel so alt werden können, vielleicht ist es auch Hausgeier Nummer drei oder vier, jedenfalls darf der den ganzen Lebensfrust des alten Mannes erfahren, der sich nicht entwurzeln lassen wollte, und dafür seine Flügel verloren hat. Seine ganze Zukunft, die Dorfjugend, seine Kinder, Enkel, sogar seine Frau gehen weg in die Stadt, in der Hoffnung auf ein besseres Leben.

Zum Schluss scheint er mir selbst wie ein zerzauster alter Urubu zurück zu bleiben, vielleicht ein Symbol des ursprünglichen Brasiliens. Wie er mit Gewalt die anderen am Gehen zu hindern versuchte, und sich dabei selbst ins Bein hackte (wer mag bei einem herrschsüchtigen alten Mann bleiben), wie die Bitterkeit ihn aufgefressen hat, frisst der Urubu ihn bei lebendigem Leib auf.

In der Ermordung des Vogels steckt für mich damit auch ein Stück Suizid.

Ein Wermutströpfchen: Ich musste lange nach "Urubu" googeln, bis ich auf des Rätsels Lösung kam. Vielleicht würde es dem nicht zoologisch bewanderten Leser helfen, an ein oder zwei Stellen "Urubu" durch einen geläufigeren Begriff zu ersetzen.

Und och eines habe ich nicht kapiert: wennd der Erzähler nun ein Native ist(immer diese verkrampfte Suche nach politisch korrekten Begriffen), und Axa einem weißen Mann das Leben verdankt, weil der die Schlange erschoss, wie kriege ich das in meinem Kopf zusammen?

Egal, bestimmt hab ich nur was überlesen. Oder der Erzähler ist eben hellhäutiger als Axa, und damit für diesen ein "Weißer".

Gerne gelesen!

LG, Pardus

 
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Hallo Gdeki,

Vielen Dank für Deine Mühe und die hilfreichen Kommentare. War eigentlich nicht meine Absicht, schwere Kost vorzusetzen. Ich hoffe, es war nicht nur anstrengend. “Entführt”, klingt allerdings gut, das freut mich, und Karl May (echt oder?) ist ja, glaub ich, auch nicht so mühsam. (nix von ihm gelesen, zugegeben, nur die alten Winnetou und Old Shatterhand Filme als Kind geliebt).

Habe versucht, die nicht-deutschen Wörter aus dem Zusammenhang verständlich zu machen. Bei manchen war’s auch egal, was das jetzt genau sein soll. Werde schaun, ob sich da noch was machen lässt, dass nicht zu viele ausländische Brocken den Text erschweren.

Hatte allerdings von Deinen Kommentaren den Eindruck, dass Du sehr gut mitbekamst, worum es geht.

Und: Natürlich darfst Du das sagen, dass da zu viel passiert, dazu ist das Forum ja da, oder? Die positiven Kommentare tun zwar gut, aber lernen tut man mehr von konstruktiver Kritik. Hat mich eher überrascht, muss ich sagen, dass da zu viel Inhalt drinsteckt, denn bei anderen Geschichten wurde mir eher das Gegenteil gesagt. Also, danke Dir dafür, ist sehr hilfreich.

Bis ich ein Buch zusammenbringe, muss ich allerdings noch lange üben. Und so der Experte bin ich dann auch wieder nicht, v.a. was die Tierwelt angeht, ein paar Details sind geblufft.

Habe mich sehr gefreut über Dein Kommentar.

Gruss

Elisabeth

Hallo Pardus,

Danke Dir ebenfalls für Deine Mühe und Dein Feedback. Dass Du sogar nachgegoogelt hast!. Já, schätze, das sollte man dem Leser schon vereinfachen. Also ein grosser Vogelexperte bin ich gewiss nicht, nur sitzt so ein hässlicher Urubu halt oft in meinem Garten. Es wäre mir nicht eingefallen, dass es noch andere Vögel gibt, die sich zum Leichenschmaus geladen fühlen, ausser Geiern.

Was mich immer wieder überrascht auf diesem Forum und als Lernprozess dient ist, wie viel man sich beim Schreiben einbildet ist sonnenklar, und wie missverstanden das dann doch werden kann. z. B. muss ich die Frau des Alten – Laurinha – wohl doch etwas offensichtlicher sterben lassen, denn die treue Seele, so wie ich sie mir ausgemalt hatte, würde ihren Mann niemals verlassen.

Ach, ja, der Urubu ist nicht unbedingt der, den die Kinder aufgezogen haben. Ist ein Bisschen konfus, ich weiss, und vielleicht unverschämt, weil ich das einbauen wollte, dass die Dinger weiss geboren werden. Könnte ich auch rauslassen oder irgendwie klären.

Besonders gefreut hat mich, dass die Passage, wo er den Vogel erwürgt und somit endlich selbst sterben kann, rüberkam. Das fand ich schwer in der ersten Person, wollte aber die Erzählerstimme nicht wechseln.

Freut mich sehr, dass Dir die Geschichte gefiel

Gruss

Elisabeth

@ Gdeki und Pardus

PS: Zum Thema “Indios”: Nein, er ist kein Indio.

Caboclo hat mehrere Bedeutungen, (und erst jetzt habe ich gegooglet) z.B. ein übernatürliches Wesen der brasilianischen Glaubensgemeinschaft des “Candomblé”, oder Mischling zwischen Indios (“Indigene Völker”, hab ich mir sagen lassen, sei der politisch korrekte Ausdruck) und Weissen.

Im Amazonas wird der Ausdruck aber hauptsächlich benutzt, um die Flussbesiedler (Riberinhos) zu bezeichnen, also "Weisse", die grossteils aus dem Nordosten Brasiliens zureisten während des Kautschukbooms. Auch wenn sie meist Mischlinge (von überall her) sind, würden sie sich bestimmt nicht als Indios bezeichnen, und auch jene indigenen Völker, die noch (mehr oder weniger) ihren traditionellen Lebensstil erhalten haben, würden sie nicht zu den ihren zählen.

Caboclos leben am Fluss irgendwo im Busch, fischen, jagen und pflanzen das wenige Notwendige an. Kautschuk gibts auch noch, aber ist in keinem grossen Ausmass mehr rentabel. Auch wenn man von “Comunidades Riberinhas” (Flussbesiedlergemeinschaften) spricht, kommt da mal ein Haus und dann lange, lange nichts und dann das nächste Haus. Alte zurückgebliebene wie den, der hier mit dem Geier spricht, gibt es tatsächlich. Allein im Busch, Stunden oder Tage Entfernung bis zum nächsten Menschen.

Tja, den Hintergrund fällt es mir jetzt schwer in dem Text zu erläutern, da er es wohl kaum selbst erzählt. Er weiss es ja zur Genüge, und sogar der Urubu weiss es. Habe versucht, es klarzumachen, indem er von den Indios in der dritten Person spricht, teils auch sehr abwertend, und sich von ihren Gebräuchen ausschliesst, sowie er sich auch von dem Glauben der Missionare ausschliesst. Und auch die Namen sind portugiesisch. (ausser Axa). Vielleicht geht’s já doch noch deutlicher, Tips willkommen.

 

Hallo Elisabeth,

fast jede Geschichte kann man anstatt in der ersten in der dritten Person erzählen.
Der Erzähler kann sehr dicht an den Gedanken des alten Mannes dran sein, so dicht, dass er fast im Schädel hockt - und sich nur dann distanzieren, wenn eine kleine Erklärung nötig ist, wie z.B. das mit den Caboclos.
Der personale Erzähler könnte auch in ein, zwei Sätzen die Vorgeschichte erläutern, oder anhand der Schilderung der "Siedlung" klar machen, um was für Menschen es sich handelt.

Zu den Urubus: zum einen kenne ich mich in der Fauna Südamerikas kaum aus. Zum anderen ist mir von einigen europäischen Greifvögeln bekannt, dass sie auch fremderlegtes Getier (z.B. vom Auto überfahren) nicht verschmähen; Raben halten es mWn ebenso.

LG, Pardus

 

Hi Pardus,

Wow, Du bist schnell. (und so spät am Abend beim KG stöbern) Wort "Geier" schon eingefügt, (war gerade dabei) hoffe einmal ist genug. Das mit der Hintergrundbeschreibung wird wohl noch etwas dauern. Die direkte Anrede des Vogels möchte ich drinlassen.

Danke erneut

Elisabeth

 

Salü Elisabeth,

Deine Geschichte gefällt mir. Sehr eindringlich und sparsam in der Sprache, dieser Monolog des alten, sterbenden Indios, der auf sein Leben zurückblickt. Als sähe er auf einer Leinwand, wie seine Kinder spielen, erwachsen werden und die Wurzeln verlassen. Alle verlassen ihn und gehen in die Einsamkeit. Schöne Bilder, Mischungen aus Mythologie und Realität - sie erinnern mich stark an die Reliefs, die ich an Mexikos Pyramiden sah. Und, durch Deine Sprache angeregt, erinnere ich mich wieder an die unglaublich eindrücklichen Schattenspiele der wandernden Sonne …

Weil mir die Geschichte so gefällt, hab ich die Stellen rausgesucht, die Du noch überarbeiten könntest. Es sind Stolpersteine, die mir beim Lesen auffielen:

Gedärme, Kot und Verwesung ins Haus gebracht, das Unheil selbst ins Haus gebracht.
Zweimal ‚ins Haus gebracht’ ist nicht so schön: Gedärme, Kot und Verwesung, das Unheil selbst ins Haus gebracht.

Ich habe ein ganzes Leben vor mir, den Reichtum eines langen Lebens, des Erlebten, Glück und Schmerz, Feude und Tränen, die ich Tag für Tag zurückholen kann, wecken aus ihrem Schlaf.
Das ist verwirrlich. Er hat das Leben ja hinter sich! Aber die Erinnerung lässt es wieder auferstehen. Dieser Satz vielleicht so:
Ich habe den Reichtum eines langen Lebens: Glück und Schmerz, Freude und Tränen wecke ich aus ihrem Schlaf, kann sie Tag für Tag zurückholen.

Auf nichts geschriebenes einschlagen, nicht zustimmen, wenn man die Zeichen nicht versteht, das hat mir der Vater beigebracht, und keinem fremden Mann trauen, das hat uns Caboclos nur Unheil gebracht.
Den Satz würde ich aufteilen:
Auf nichts Geschriebenes einschlagen, nicht zustimmen, wenn man die Zeichen nicht versteht. Das hat mir der Vater beigebracht, und keinem fremden Mann zu trauen, das hat uns Caboclos nur Unheil gebracht.

Doch wer soll mich zu Erde setzen?
zur Erde (oder in die Erde legen?)

Wie mein Vater und sein Vater zuvor, ehre ich den Sonnenaufgang, das Treiben des Wassers, den Wind in den Bäumen und den Regen. Ich huldige den Himmel, die Wolken und den Regenbogen, würdige sie mit jedem Atemzug, mit jedem Schritt, jeder Bewegung. Wohin sie meinen Geist auch bringen mögen.
Das Treiben des Wassers stört mich hier, was treibt es denn? Überleg mal: Den Fluss (?), den Lauf (?) des Wassers … Ich huldige dem Himmel, den Wolken, dem Regenbogen …

Mit jeder Schaufel Erde, die auf ihn fiel, wurde mir bewußter,
bewusster

Die ihren waren schon lange weg. Die meisten waren schon lange weg, nur fiel es mir nicht auf.
Doppelung weg: Die Ihren waren schon lange weg, wie die meisten, nur fiel es mir nicht auf.

Damals lebte der nächste Weiβe sechs Stunden mit dem Floβ entfernt, heute sind es zwei Tage, wenn Seu Raimundo noch lebt.
Hier kann ich den ‚Seu Raimundo’ nicht einordnen - ein Naturgeist? Ein Mensch? Ein Kapitän?

Unser erstes Kind verlor sie durch die Hiebe ihres Bruders. Er jagte es aus, damit sie frei sei, damit er sie mitnehmen könne.
Unser erstes Kind verlor sie durch die Hiebe ihres Bruders. Er jagte es aus, damit sie frei sei und er sie mitnehmen könne. (Doppellung: damit er sie ...)

der sein Nest von Generation zu Generation auf dem selben Baum baut.
demselben

Eine Kralle auf der Hängematte, die andere bohrt sich in meinen Fleisch.
in mein Fleisch

Belinda kam, als verschwendete Liebe ihr tiefe Wunden kerbte,
Umstellung: Belinda kam, als ihr verschwendete Liebe tiefe Wunden kerbte,

Einen Arzt, ein Krankenhaus, Pflege, das bräuche ich.
bräuchte

Du traust mir nicht, doch bist du gierig. Komm noch ein bisschen näher!
Umstellen: Du traust mir nicht und bist doch gierig. Komm noch ein bisschen näher!

doch niederträchtig kralls du die Klauen
krallst du

Lass dein abschäumliches Haupt
meinst Du hier abscheulich oder abschäumlich, hergeleitet von Abschaum? Letzteres ist eher ungewöhnlich :)

Sein Strömen singt mich in den Schlaf. Endlich Ruhe.
‚Endlich Ruhe.’ würde ich ersatzlos streichen, das nimmt dem Satz vorher total die Kraft und den finde ich als Schlusssatz sehr schlicht und schön.

So, das war’s, was mir so auffiel. Ich hoffe, Du kannst damit was anfangen. Viel Spass noch hier im Forum und

lieben Gruss,
Gisanne

 
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Hallo Gisanne,

Hat mich sehr gefreut, dass Dir der Text gefallen hat. Schön, Deine Interprätation davon. :)

Vielen Dank für Deine Mühe und die ausführlichen Verbesserungen. Ich werde die Geschichte in Kürze überarbeiten und sie einfügen.

Ja, den Schluss, wie Du gesagt hast, finde ich auch besser. Ich war mir nur nicht sicher, ob man dann kapiert, dass das sein Ende ist. Glaub, ich lass das "Endlich Ruhe" weg, Du hast Recht.

Seu Raimundo ist übrigens der nächst lebende Weisse. Das muss ich wohl noch klarer stellen.

Danke Dir und liebe Grüsse

Elisabeth

PS: Ja, wenn ihr meint, dann ist er halt ein Indio.

 

Hallo Elisabeth,

du hast hier eine wunderschöne Geschichte geschaffen. Sie geleitet den Leser in ein fernes Land, und, noch wichtiger, in das "inner universe" eines alten, am Ende des Weges angekommenen Mannes. Dieser Mann blickt auf sein Leben zurück, schwankt zwischen Hölle und Verdammnis. man spürt seinen Wunsch, es möge enden, friedlich. Es ist genug.
Insbesondere der letzte Absatz hat mich berührt. Man ahnt, dass der Vogel stellvertretend für des alten Mannes Leben steht, für alles Schlechte, was im -in seiner Lesart- Böses widerfuhr.

Fazit: wunderbar, gerne gelesen.

lg
Dave

 
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Hallo Dave,

Vielen Dank für Dein Kommentar. Hat mich wirklich riesig gefreut, dass Dir die Geschichte gefiel und wie Du sie interpretierst. Musste da mal nachgooglen, was "Lesart" heisst, und der Begriff verwirrt mich immer noch ein Bisschen. Schätze, Du meinst, wie er sein Leben interpretiert?

Hier ist noch eine Überarbeitung ausständig, und ich komm im Moment nicht so recht dazu. Fühle mich auf jeden Fall sehr geschmeichelt.

Liebe Grüsse

Elisabeth

 

Hallo Elisabeth,

das ist wirklich eine sehr gute Geschichte. Passt gerade gut bei mir. Lerne an der Uni gerade Spanisch und habe eine kleine Leidenschaft zu Lateinamerika entdeckt.
Auch sprachlich erste Sahne. Nach ungefähr einem Drittel ist mir etwas langweilig geworden, da hätte vielleicht noch mal etwas passieren können, was inhaltlich wie auch sprachlich aus der KG ragt. Aber muss nicht, ist auch so sehr gut.

lieben Gruß

 

Hallo Aris,

Muchas gracias por tu comentario. ;) Hab' mich sehr über Dein Lob gefreut. Kann verstehen, dass die Geschichte etwas monoton werden kann. Vielleicht fällt mir ja noch was ein, um sie aufzuspicken.

Danke schön und liebe Grüsse

Elisabeth

 

Hallo,

Du bist so hässlich, Urubu
Den Einstiegssatz kann man gar nicht genug loben. Der ist wirklich ausgezeichnet; da kann man gar nicht nicht weiterlesen wollen.

Direkt unschuldig, treuherzig blickst du auf mich herab.
Das „direkt“ stört.

Nur deine Gier ist dein Herr.
Nur die Gier statt „deine“; vermeidet die Wortdopplung und mit Possesivpronomen sollte man ohnehin sparsam sein.

weiβer als die Milch, die dir die Kinder gefüttert haben
Hier: „die, die dir die“ – das muss unbedingt was gemacht werden. Eins, besser zwei von den Dingern raus.
Weißer als jene Milch, mit der dich Kinder fütterten.

wie ein Menschlein
Menschenkind?

Gedärme, Kot und Verwesung
Kot ist eine andere Stilebene. Unrat vielleicht.

gestohlen, gehackt und gekratzt, Gedärme, Kot und Verwesung ins Haus gebracht, das Unheil selbst zu uns gebracht.
Die „ge“-Dinger häufen sich vielleicht ein wenig. Vor allem die doppelte Verwendung von „gebracht“, wie wäre es mit: Gedärme, Unrat und Verwesung hast du ins Haus geschleppt, das Unheil selbst zu uns gebracht.

kein zartes Rosarot, nur schmutziges Grau
Braucht es die Adjektive hier?

und seinen Speer fast nicht aus dem Wasser bringt,
Fast ist nicht die richtige Stilebene – kaum

Dort, das ist nicht Paulo, auch nicht Fernando, die Ähnlichkeit zwar unbestreitbar.
Unbestreitbar passt wieder nicht, finde ich. Ohnehin: So viele Namen – wer soll da folgen?

Belinda liegt in unserer Hängematte, eine Hand in deiner, den Rücken zu mir. Ich höre sie atmen, wir sehen sie an, sehen einander an, und hoffen, dass sie bleibt. Wir hören Carlos und Nestor atmen, Renata und Maria, so nah bei uns. Fernando schläft mit Vania auf der Veranda. Ich sehe die Angst in deinen Augen, Angst, dass sie nicht bleiben.
Der Text wirft mich richtig ab. Es ist so schade. Ich will ihn ja verstehen, ich will mich auf ihn einlassen, aber … puh. Das sind echt … soo viele Namen. Und dann noch die Bezeichnungen für einzelne Tiere und Götter, also da verliert der Text mich. Ich bin dann irgendwie noch bei „Ja, könnten damit Kraniche gemeint sein?“ und dann wups, weiter. Und dann bin ich bei: „Ach, ist das nicht ihr Bruder nun?“ und wieder weiter. Und es ist wirklich schwer, der Text überfordert mich total.

Ja, ich weiß es nicht. Der Text lässt mich nur an die Oberfläche ran. Da bricht eine Welt auseinander und ein Leben, da brechen Traditionen weg. Und fast schamanistisch wird der Dialog zu diesem, ich hab den nun als Geier gesehen, eben „Geier“ aufgebaut. Und das ist schon ein Kreislauf des Lebens, ein Abschied nehmen. Fast ein Neid auf diesen Vogel, der in die Stadt ziehen kann, der auch kein Leid kennt, und der das einzige ist, dass dem sterbenden Mann mit der Wunde im Bein geblieben ist (ich hätte auch den nicht als „alten“ Mann gesehen). Aber es ist halt nur die Oberfläche, ich komm nich weiter in den Text rein, weil die Abfolge von Namen und Begriffen dann zu schnell wird. Und der Kniff, über den Dialog mit dem Tier, indirekt ein Leben zu erzählen, mit diesen gesellschaftlichen Veränderungen (dass da ein Mann seiner Schwester das Kind aus dem Leib prügelt, damit er sich in der Stadt nicht mit einer Schwangeren rumschlagen muss), das ist dann schon wieder zu weit weg, finde ich. Der Kniff das so zu erzählen, überlastet mich.
Es ist ein ausgezeichneter Einstiegssatz, ein starker erster Absatz und dann gleitet der Text vom Lesegenuss in ein Interessant herüber, bei dem man das Gefühl hat: man sieht nichts mehr, man hört nur noch. Ich find’s schade. Ich hab das Gefühl, der Text hätte es verdient, intensiver behandelt zu werden, aber das kann ich eben nicht, weil er mich abwirft.

Gruß
Quinn

 

Hallo! Also ich finde den Text echt ein wenig anstrengend. Die Sprache ist zwar ganz interessant, und die Thematik auch, aber ich lese und lese, und das geht ein wenig an mir vorüber. Kann einfach nicht die Geschichte jedes Indios der ganzen Welt in so kurzer Zeit verdauen. Ist meiner Meinung nach einfach zu viel.


mfg,


JuJu

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Quinn,

Freut mich sehr von Dir zu hören. Fand Deine Bemerkungen äußerst hilfreich, vor allem das Herausheben der sprachlichen Stolperstellen. Wie Du die nicht passenden Stilebenen rausgefischt hast, ist echt beeindruckend. Darin werde ich mich noch üben müssen. Wenn’s einem gesagt wird, scheint es plötzlich sonnenklar.

Kann ich gut nachvollziehen, dass der Text sich nicht gerade leicht liest. Um dies ganz auszumärzen, müsste ich wohl die Geschichte neu schreiben.

Da bricht eine Welt auseinander und ein Leben, da brechen Traditionen weg. Und fast schamanistisch wird der Dialog zu diesem, ich hab den nun als Geier gesehen, eben „Geier“ aufgebaut. Und das ist schon ein Kreislauf des Lebens, ein Abschied nehmen. Fast ein Neid auf diesen Vogel, der in die Stadt ziehen kann, der auch kein Leid kennt, und der das einzige ist, dass dem sterbenden Mann mit der Wunde im Bein geblieben ist

Wenn ich das lese, dann kommt mir aber gar nicht vor, dass Du dermaßen an der Oberfläche geblieben bist, denn viel mehr wollte ich eigentlich nicht aussagen. “Geier aufgebaut” :D bezeichnet den Text meiner Meinung nach ausgezeichnet, und auch den Werdegang der Geschichte.

Dass der Text einen abwirft, weil man nichts mehr sieht, nur hört, ist eine wichtige Schwäche, hoffe mir fällt irgendwann noch was dazu ein. Der Erzählton ist monoton, ein Alter kurz vor dem Sterben schwelgt in Erinnerungen und spricht mit einem Geier. Also heiter soll es ja nicht sein, etwas lebendiger schon.

Die Sache mit den Namen … kann verstehen, dass das verwirrt, obwohl sie eigentlich ziemlich nebensächlich sind, solange man versteht, dass “Laurinha” seine Frau ist und alle anderen Namen tragenden (abgesehen von einem unwichtigen Nachbarn) seine Kinder – und dort wo er lebt haben die Leute jede Menge davon. Werd mir noch überlegen ob sich da was machen lässt, z. B. einfach “die Kinder” schreiben.

Bin jetzt ziemlich distanziert von der Story, was gut ist, hoffe in nächster Zukunft die Zeit zu finden um mich noch einmal eingehend mit ihr zu befassen.

Freut mich jedenfalls, dass Dir zumindest der Anfang gefiel. Den hab' ich dem Vogel zu verdanken. Ist auch wirklich was von hässlich ...

Danke Dir für Deinen Komm und dass Du die Geschichte noch mal rausgefischt hast.

Liebe Grüße

Elisabeth


Hallo JuJu,

Na, ja, die Geschichte jedes Indios der ganzen Welt zu erzählen ... so viel hatte ich mir nun auch wieder nicht vorgenommen. ;) Um die Sache noch etwas komplizierter zu machen, ist der Prota gar kein Indio – siehe Antwort auf die ersten zwei Komms.

Spaß beiseite, kann Deine Kritik gut verstehen. Der Text ist sehr dicht geworden. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ein Auflockern ihm gut täte, aber werde drüber nachdenken.

Dank Dir auf jeden Fall fürs Lesen, trotz der Anstrengung, und fürs Kommentieren.

Liebe Grüße

Elisabeth

 

hey Elisabeth, es war der lautmalerisch dunkle titel, der mich anlockte.
ich überlegte ein paar mal was er bedeuten könnte. einen schwarzen felsen stellte ich mir vor, vielleicht wegen uluru, dem heiligen berg der aborigines.
es scheint aber ein aasfresser zu sein, ich bin mir nicht ganz sicher, stelle ihn mir aber als vogel vor, hast du nicht irgendwo geschrieben, dass urubu ein geier ist?

die geschichte verorte ich irgendwo im südamerikanischen dschungel.
der ich-erzähler lässt im angesicht des urubu sein leben und das seiner nächsten revue passieren. ich frage mich, welche hautfarbe der erzähler hat, denn er spricht über die indios, als wäre er keiner von ihnen. andererseits scheint er doch abergläubisch zu sein. urubu wirkt wie ein böser geist, den der erzähler fürchtet. möglicherweise ist urubu ein vogel, dem die eingeborenen übernatürliche fähigkeiten zusprechen.

mich erinnerte die geschichte ganz entfernt an den bekannten roman eines südamerikanischen autors, auch dort wird sehr komprimiert erzählt, ohne das viel erklärt wird oder hintergründe beleuchtet werden. die geschichte fließt wie der große fluß durch den dschungel, geheimnisvoll und dunkel. zwischendurch glühen die augen der krokodile durch die nacht oder es blinkt am rande des gesichtskreises ein fernes großstadtlicht. aber bald taucht man wieder ein in diese fremde welt, deren anfang und ende vom urubu bewacht wird.

kubische grüße

 

Hallo Kubus,

Dank Dir recht herzlich fürs Lesen und Kommentieren. Schön, Deine Interpretation der Geschichte, da verblasst meine Schreibe.

Ja, mir gefällt der Name "Urubu" auch sehr gut, vom Berg Uluru hatte ich noch nicht gehört. Richtig, ist ein Geier, scheußliches Viech. Von aussergewöhnlichen Kräften, die ihm zugeschrieben werden, habe ich noch nichts gehört, aber irgendeinen Aberglauben, was ihn angeht, gibt's bestimmt. Gibt's hier für so ziemlich alles, egal welche Hautfarbe. Der Mann spricht mit ihm, weil sonst keiner da ist, und ihm ist unwohl bei seinem Anblick, weil er nicht gern in seinem Magen enden würde.

Geographisch auch richtig getippt - Amazonasgegend. Der Mann ist Weißer oder Mischling - Caboclo - Ribeirinho - Flussbesiedler. (bist glaub' ich der Erste, der ihn - trotzdem er, wie von Dir bemerkt, von den Indios in der 3. Person spricht - nicht als Indio eingeordnet hat). Wer Ribeirinhos sind, hab' ich in meiner Antwort auf die ersten zwei Kommentare etwas ausführlicher beschrieben.

Dass es Dich an einen südamerikanischen Autor erinnert, ehrt mich. Ich steh' auf Realismo Mágico. Welchen Roman meinst Du denn?

Hab' mich sehr über die kubischen Grüße gefreut und dass Du Dich mit der Geschichte beschäftigt hast.

Liebe Grüße aus dem Dschungel

Elisabeth

 

>Ich bin ein Mann, Urubu, ein Mensch. Ich sterbe nicht, ich komme in den Himmel, sagen die Missionare, oder in die Hölle. Ins ewige Feuer, sagen sie, weil ich das Buch nicht verehre< und Urubu ist ein Neuweltgeier.

Diese wunderbare kleine Geschichte kann immer wieder gelesen werden und niemand nimmt Schaden, wenn sie wieder mal nach vorne kommt,

liebe Elisabeth,

und fand nix von Karl May, d. i. der Mann aus der sächsischen Schweiz. der Apachen zu Pueblo-Indianern erhöht.

Eine schöne Geschichte eines >Caboclos< (rot-weiße Mischung in Brasilien) und der Beziehung zu seinem wunderlichen „Haustier“, was aber in der erzählten Umgebung „natürlicher“ wirkt, als hierzulande einen Waran zu halten oder das Krokodil in der Badewanne und/unterm Sofa.

Wenn wir jetzt erfahren, dass die Neuweltgeier weder verwandt noch verschwägert sind mit den Altweltgeiern, also gar keine Greifvögel sind, stattdessen den Stelzvögeln zugerechnet werden und damit dem Storch verwandt sind, dann versteh ich, warum der Kerl in der Hängematte sich nicht gerne beißen lässt … Schon gar nicht von einem Storch!

Was mich irritiert ist der "ekel"-Satz im Dativ. Nun gut, selbst Max Frisch bringts's so: wenn ihm vor Scham graut "...,ja. mir ekelte vor dir!" Sonst steht die Person nur im Akkusativ: "Ich hatte Hunger, aber der Hummer ekelte mich" kommt Frisch auch daher.

Aber gern gelesen!

Gruß

Friedel

 

Hallo Friedel,

Freut mich sehr, von Dir zu hören, und ebenso, dass Du die Geschichte wieder rausgefischt hast. Dein Lob ehrt mich. Schön, dass Dir die Geschichte gefiel.

Daschauher - hatte keine Ahnung, dass die Urubus mit unsren Geiern gar nicht so eng verwandt sind. Danke für die Anmerkung.

Ob mir jetzt vor dem Viech ekelt, oder es mich ekelt, das hat mir auch schon Kopfzerbrechen bereitet. Eigentlich würd´ ich sagen "mich ekelt", ist aber wohl sehr lokal angehaucht oder eben nur schlechtes Deutsch. Ich schau mal, ob mir noch was einfällt.

Dank Dir recht herzlich fürs Lesen und Kommentieren. Hab im Augenblick weder Zeit zum Schreiben noch zum Kommentieren, aber bin schon noch am Ball.

Liebe Grüße

Elisabeth

 

Hallo Elisabeth,

ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen, obwohl ich sagen muss, dass ich nicht alles verstanden habe. Zusammengefasst hat mir die Story an sich , die Idee und die Erzählweise sehr gut gefallen. Mit de Sprache hatte ich allerdings echt ein Problem und nun habe ich das Gefühl, nicht alles vom Leben des Protagonisten verstanden und ihn aucht nicht wirklich kennengelernt zu haben.

Nun mein Feedback im Detail:

-Teilweise wies deine Geschichte einen zu hohen Informationsgehalt auf. Das ist zwar einerseits ganz gut, neue Dinge zu erfahren, nur wirkte es manchmal zu aufgesetzt und künstlich. Und fordert es den Leser banahe zu sehr, sodass man ohne manche Absätze mehrmals zu lesen (und nachzugooglen), vieles nicht mitbekommt.

- Zu viele Namen, zu wenig Beschreibung. Als Leser hätte ich mir gewünscht, wenn ich die Zeit, in der ich Namen gelesen habe, lieber mehr über die Charaktere erfahren hätte. So wie es schon gesagt wurde, viel Stoff für einen kurzen Roman, aber für eine Kurzgeschichte wäre es vielleicht besser gewesen, wenn der Protagonist weniger Kinder gehabt hätte und man dafür von diesen mehr erfahren hätte. Mir hätte Maria ja gereicht, weil sie zu Beginn der Geschichte fast vom Schoß gefallen wäre. Am Ende dachte ich, was??? So viele Geschwister hast sie?

- Manchmal zu ungenaue in der Sprache
Das waren doch Marias Geschwister, oder? Das bekam ich nicht ganz raus und teilweise war die Geschichte schwer verständlich. Klar, ein alter Mann, im angesicht des Todes wird keine superklaren Gedanken haben... aber die Verwirrung und die Assoziationen könnte man vielleicht auch anders ausdrücken.

- Manchmal überflüssiges
Ich fände es gut, wenn du die Geschichte noch ein wenig straffen könntest, sowohl an Informationsgehalt, als auch an überflüssigen Beschreibungen, sie sich vor allem am Anfang häufen. Ein Beispiel:

"Dort, das ist nicht Paulo, auch nicht Fernando, die Ähnlichkeit zwar unbestreitbar. Die gebückte Gestalt unter dem Strohhut ist mein Vater, der schweigsam in der Abendsonne ans andere Ufer rudert."

"Dort, die gebückte Gestalt unter dem Strohhut ist unser Vater, der schweigsam in der Abendsonne ans andere Ufer rudert."

Fände ich flüssiger zu lesen, ohne, dass es essentiellen Infos verliert. Wenn du ein bisserl kürzt und dafür mehr/genauer über die Figuren erzählst, fände ich das super.

Stilbruch - den fand ich am schlimmsten. Sofern der Urubu keine Reinkarnation von Laurinha ist, würde ich den protagonisten nur mit dem Urubu sprechen lassen und Sätze wie:
"Laurinha, du warst wie der Maracanã, der sein Nest von Generation zu Generation auf dem selben Baum baut. " umformulieren, sodass sie nicht direkt angesprochen wird. An dieser Stelle verirrt sich die Geschichte meines Erachtens ein wenig und auch der Leser ist verloren und weiß nicht, mit wem der Protagonist spricht.

Ich hoffe, das ist so einigermaßen hilfreich. Wortwiederholungen und fehlende Worte wurden schon aufgezeigt, das wiederhol ich nun nicht.

Und nun zum Positiven (tatttatatatataaa):

- Die Story finde ich großartig. Ein Sterbender schimpft einen Geier (ich hoffe, der Urubu verzeiht mir, wenn ich ihn so nenne), weil er nicht gefressen werden will und tötet ihm am Ende. Klingt, als hätte der alte Mann noch einen kräftigen Sieg gefeiert, bevor er starb. :)

- Sehr stimmungsvoll wird die Geschichte, wenn der Protagonist direkt mit dem Urubu spricht. Dann wird das ganze auch Emotional, was mir sont ein bisser gefehlt hat. Gutes Beispiel "Der Regen gleitet an mir ab, Urubu, so wie er an dir abgleitet..." Das ist mein Lieblingsabsatz in der Geschichte, weil er ganz nah an dem Erzähler und dem Urubu ist, ohne zu viel oder zu wenig zu beschreiben... genau richtig! Gut gemacht!

- Auch die Erzählweise finde ich gut gelungen. Dass man sich nicht immer 100% auskennt, erinnerte mich sehr stark an Gespräche, die ich schon mit alten Menschen geführt habe. Die sprechen genauso, wie du es erzählst. Sie verlieren sich in Details, machen Gedankensprünge, erklären nicht jedes Wort und glauben auch schonmal, mit anderen Personen zu sprechen. Im Sinne einer Geschichte, würde ich das aber wie gesagt etwas stilisieren und mehr Zusammenhang und Klarheit reinbringen.

Sonst super!

Gern gelesen (auch wenn ich jetzt mal eine Verdauungspause brauche).

Liebe Grüße aus Wien,
Peter

 

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