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18.07.2001
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Veränderungen

Der Blitz schlug direkt neben dem Haus ein.

Ich erinnere mich noch, dass es das schlimmste Gewitter war, das ich je erlebt hatte. Man hörte den Donner grollen, und plötzlich schrie einem der Lärm direkt ins Ohr. Was sollte ich also anderes tun, als mich vor mein Bücherregal zu knien? Ich hatte keine Ahnung, was ein Blitzeinschlag bei laufendem Fernseher anrichten könnte und ich war wahrlich nicht scharf darauf es herauszufinden.

Ein wenig mulmig war mir schon, hatte ich doch oft genug darüber gelesen - in schlechten Horrorbüchern oder in den Geschichten, die ich selbst geschrieben hatte - was möglicherweise, wenn man mal seinen Verstand ausschaltet und sein logisches Denken ignoriert, passieren könnte. Ich meine, wow, er hat direkt neben dem Haus eingeschlagen! Würde es gleich schellen und ich öffne dem schwarzen Mann? Würden sich die Türen meines Wandschranks öffnen und den Blick in eine andere, fremde Welt preisgeben? Oder würden die Wände aufreissen und alles verändert sich plötzlich? Nein, denn das tut es für gewöhnlich nicht. Das ist wahrscheinlich auch besser so.

Der Regen ließ langsam nach und mir fiel auf, dass sich unter meinen Büchern wahre Schätze verbargen. An die meisten konnte ich mich kaum noch erinnern. Die Zeit hatte mir jegliche Erinnerung geraubt. Ich hatte früher sehr gerne gelesen, meist jene Bücher, die mein eigenes Leben in ein besseres Licht rückten. Zumindest gab es hier keine echten Monster, nur die üblichen Dämonen, welche uns ständig heimsuchen, so wie zu viel zu trinken, zu viel zu rauchen, oder die ewigen Marotten die wir nicht ablegen können. War da sonst noch etwas? Ja, natürlich. Doch jenes andere war tiefer, verborgener, in unserem Unterbewußtsein eingeschlossen. Aber dafür gab es ja die Bücher. Kein Grund also, sich irgendwelche Sorgen zu machen. Die Geister der Vergangenheit würden noch ein Weilchen schlafen.

Warum ich aufgehört hatte zu lesen? Tja, das weiß ich nicht genau. Vielleicht gab es nichts mehr, keine Dämonen, oder mein Leben und das der Protagonisten in den Büchern nahmen die selben Züge an. Natürlich rein thematisch. Auch bis heute habe ich keine Monster gesehen.

Als ich gerade ein total eingestaubtes Buch aus dem Regal zog fiel mir ein Brief in die Hände. Der Umschlag war ungeöffnet, an mich adressiert, kein Absender. Zu meinem Erstaunen erkannte ich die Schrift. Es war meine. Nicht sicher, ob das Unwetter vielleicht doch einen Horrorfilm aus meinem Leben zu machen drohte, öffnete ich den Brief.

Es passierte nichts. Nichts ungewöhnliches. Draußen hörte ich noch immer den Regen, ab und zu donnerte es weit entfernt. Ich war froh, dass sich das Unwetter langsam verzog. Bald würde ich wieder vor dem Fernseher sitzen und das zu Ende gucken können, was auch immer ich gesehen hatte, als der erste grelle Blitz aufzuckte. Ich sah hinunter, und da lag er aufgefaltet in meinen Händen. Ich konnte mich nicht erinnern, das weiße Stück Papier aus dem Umschlag gezogen zu haben. So ist das eben, wenn man in Gedanken ist.

Der Brief war nicht besonders lang, eigentlich war es mehr eine Notiz bestehend aus ein paar sauber geschriebenen Zeilen. Ja, ich war früher wirklich sehr ordentlich gewesen. Wie lange es wohl her gewesen sein mag, seit ich dies geschrieben hatte.

Blitze sind es in den Geschichten, Zeit ist es im wahren Leben. Zeit kann alles verändern, auch wenn man das in jungen Jahren nicht für möglich gehalten hat. Sogar die Dämonen verschwinden irgendwann, nur kann man nicht dafür garantieren, dass sie eines Tages widererwartend aus einem langen Urlaub zurückkehren.

"Schaffst du es noch? Noch immer? Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm. Ich halte es ja schon jetzt kaum noch aus. Das Leben scheint mir nicht besonders gut zu tun. Ich habe keine Angst vor seinem Ende."

Wieder donnerte es. Ich starrte den Brief an. Hatte ich also doch noch einen Dämon entdeckt. Ob er wohl noch lebendig war? In meinem Alter ist ein Jahrzehnt fast das halbe Leben. Wäre ich älter gewesen, ich hätte die Zeit für einen Zwerg gehalten. Aber ein Jahrzehnt war eine Ewigkeit für mich. Überraschenderweise lebte ich noch, hatte mein Leben weitergelebt. Schaffst du es noch? Ich bin hier...ich bin hier. Heißt das ja? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur eines. Als der Blitz eingeschlagen war, direkt neben dem Haus, da wollte ich nicht sterben. Ich hatte Angst, Angst vor dem Ende.

War das jetzt der Blitz, der Brief, oder die Zeit?

 

Hallo Jessica,

von der Fantasie her eine schöne Geschichte, auch wenn sie mir etwas zu sher nach tiefe giert. Aber bei einem heftigen Gewitter kann einem ja so mancher Blödsinn durch den Kopf gehen.
Um den Dämon des Breifes zu verstehen, wären einige zusätzliche Informationen nett, nicht nur dieses scheinphilosophische Gefasel über Zeit. Dadurch bleibt es zu abstrakt.

Details:

Oder würden die Wände aufreissen und alles verändert sich plötzlich?
- aufreißen
- veränderte sich (Tempus- du schreibst in der Vergangenheit)
Nein, denn das tut es für gewöhnlich nicht. Das ist wahrscheinlich auch besser so.
Entsprechend musst du auch hier in der Vergangenheit bleiben oder die Geschichte ins Präsens setzen.
und hier gehst du auf einmal in den Megaquamperfekt und wiederhost auch noch gewesen
nur kann man nicht dafür garantieren, dass sie eines Tages widererwartend aus einem langen Urlaub zurückkehren
so erwarten die Dämonen etwas nicht. Richtig: wider Erwarten
Als der Blitz eingeschlagen war, direkt neben dem Haus, da wollte ich nicht sterben. Ich hatte Angst, Angst vor dem Ende.
ebenfalls Tempus: Als der Blick einschlug

Lieben Gruß, sim

 

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